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Mittlerweile war Mond- und Sternschein bleicher geworden, die Dämmerung kam wieder, was der helle Schein im Osten anzeigte.
Wonström schlug mit seinem Hirschfänger dem getöteten Tiere eine von den riesigen Krallen ab, hing seinen Jagdsack auf den Rücken und kletterte aus der Schlucht.
Mit einem guten Ortssinn begabt und mit Hilfe seines Kompasses kam er nach Verlauf von zwei Stunden in die Gegend, wo er seinen Wagen zurückgelassen und die Schlinge auf Riesenstrauße gelegt hatte.
Als er die Stelle ziemlich erreicht hatte, wo die Schlinge lag, legte er seinen Jagdsack ab und schlich vorsichtig weiter. Ein Pfeifen und Fauchen verriet, daß die Strauße wieder da waren und unter ihnen eine merkwürdige Aufregung herrschte.
Als er so weit war, daß er die Stelle, wo er die Schlinge gelegt hatte, sehen konnte, bemerkte er mit Freude, daß ein Strauß oder Moa mit dem Kopfe durch die Schlinge gefahren war, welche sich zugezogen hatte und ihn halb erdrosselte. Der gefangene Strauß lag auf dem Boden und kratzte mit seinen starken Füßen den Boden auf, daß die Erde weit umherflog. Seine Kameraden sprangen um ihn herum, indem sie mit den Flügeln schlugen und ein seltsames Pfeifen und Fauchen hören ließen.
Vorsichtig schlich er noch etwas näher, was jetzt gar nicht schwierig war, da die Aufmerksamkeit der Riesenmoa auf ihren gefangenen Gefährten gerichtet war.
Da krachte ein Schuß und ein hüpfender Moa stürzte mit zerschmetterndem Kopfe zusammen.
Im Nu stob die übrige Gesellschaft auseinander und Wonström trat mit der noch rauchenden Büchse hervor.
Der gefangene Strauß machte nur noch schwache Bewegungen, weshalb Wonström fürchtete, er könne in der Schlinge verenden, wodurch dann der Zweck des Schlingenlegens, einen Riesenmoa lebendig zu bekommen, verloren gehen würde.
Rasch traf Wonström seine Vorbereitungen. Er nahm einen Strick, machte eine Schlinge und fing den einen Fuß des Riesenmoa, hierauf den andern und schnürte beide fest zusammen, wobei er sich vor etwaigen Tritten hütete; denn der Tritt, den Eduard vor kurzen bekommen hatte, lag noch frisch in seiner Erinnerung. Dann zog er seinen Rock aus und wickelte damit den Kopf des Moa ein, damit er nicht sehen, aber auch nicht ersticken konnte. Hierauf löste er die würgende Schlinge und rüstete sich zur Heimkehr.
Auf den Transportwagen legte er seinen Jagdsack und einige Klumpen salzhaltigen Thon, worauf er sich als Zugtier davor spannte und heimwärts zog.
Als er bei der Ansiedelung ankam, lief ihm Eduard entgegen, sprach von der Angst, die er um ihn gehabt hätte und daß er auch ein kleines Abenteuer gehabt habe. Er erzählte, daß er ruhig bei seinem Feuer saß und in den Büchern studierte, als auf einmal ein riesiges, wie eine Schildkröte gepanzertes Tier auf ihn zulief und kurz vor ihm stehen blieb. Er, dieser neuen Erscheinung vollständig fremd, nahm sein Gewehr und schoß aus unmittelbarer Nähe eine Kugel diesem Tiere in das Auge, da ihm sonst nicht weiter beizukommen war, weil sein Körper über und über mit sechseckigen Panzerplatten bedeckt war. Jetzt liegt es zusammengerollt als eine Kugel bei dem Hause, über die ein Mensch nicht hinwegsehen könnte.
Wonström sah schon von weitem diesen neuen Vertreter der vorsintflutlichen Welt und rief als er näher kam: »Das ist ja ein Gürteltier, wie wir solche an der Ostseite von Südamerika angetroffen haben, wo uns die Indianer in Buenos Aires solche zum Kauf anboten, aber natürlich in kleinerem Maßstabe.«
Wonström hatte recht; es war das vorweltliche 'Chlamydothorium gigas Lund', das von Lund beschriebene vorsintflutliche Gürteltier, von welchem man die Überreste, bestehend in sechsseitigen Tafeln im Gürtel geordnet in Südamerika häufig findet.
»Ja wohl, du hast recht, ich habe sofort nachgeschlagen und darüber gelesen; ich werde dir bei gelegener Zeit einen Vortrag halten über vorsintflutliche und noch lebende Gürteltiere.«
»Das soll mir sehr angenehm sein,« lächelte Wonström, »aber augenblicklich verzichte ich auf deine Gelehrsamkeit. Auch ich habe manches erlebt.«
Eduard war natürlich sehr neugierig und so zählte denn Wonström auf:
»Erstens habe ich einen langschwänzigen Esel geschossen; zweitens habe ich auch einen vorsintflutlichen Koloß erlegt, von dem ich hier eine kleine Probe mitgebracht habe.« Damit zog er die abgeschlagene Kralle aus dem Jagdsack und gab sie Eduard, der mit Staunen das große sichelförmige Horn betrachtete. »Und drittens habe ich einen Riesenmoa totgeschossen und einen zweiten lebendig gefangen.«
»Nein, wie ist das nur möglich, einen Riesenmoa lebendig zu fangen; – o warum konnte ich nicht dabei sein! Aber wo hast du ihn?«
»Ich versuchte ihn mit Zuckerbrot und Schmeichelworten zu locken, damit er mir nachliefe, aber er war halsstarrig und mochte nicht und so mußte ich das Vögelchen lassen.«
»Laß doch jetzt deine Späße. Siehst du denn nicht, daß ich wie auf Kohlen sitze? Wo hast du ihn?«
»Na wo wird er sein,« lachte Wonström. »Ich habe ihn gefesselt und auf dem Fangplatz liegen lassen.«
Eduard hatte seine Kopfwunde vergessen. Es war Zeit, noch einmal in die Gegend der salzhaltigen Erde zu fahren und frisch und munter zogen sie mit dem Karren fort.
Nach zwei guten Stunden kamen sie mit ihrem leeren Gefährt an Ort und Stelle.
Schon von ferne hörten sie ein Knurren und Heulen und als sie näher kamen, sprangen 5 - 6 Schakale um die beiden Riesenvögel herum, wie sie erstere in der Eidechsenbucht angetroffen hatten.
Der gefesselte Moa bewegte sich krampfhaft auf dem Boden, indem er mit seinen gebundenen Füßen sich wie ein Gummiball heftig hin- und herschnellte.
Die Schakale schienen erst kurz vorher gekommen zu sein, denn die Bewegungen des gefesselten Riesenmoa hatten sie bis jetzt noch abgehalten, über den lebendigen, sowie auch über den toten Vogel herzufallen.
Die Ankunft der beiden Freunde zerstreute sie.
Wie aber jetzt den Kadaver und den gefangenen Vogel heimschaffen?
Zu gleicher Zeit konnte man sie nicht auf den Wagen laden und ließe man den einen oder anderen zurück, so wäre er sicher verloren; denn die Schakale waren nur in den Wald gehuscht, um so bald als möglich wieder zu kommen und ihren Anteil an der Beute in Empfang zu nehmen.
Wonström wußte Rat. Er zerlegte mit seinem Messer den toten Riesenvogel und hing die einzelnen Stücke an die Äste eines Baumes. Hier waren sie wenigstens vor den Schakalen oder kleinen Wölfen sicher.
Der gefesselte Vogel, welcher die Jacke, die Wonström ihm um den Kopf gewickelt, von sich geschleudert hatte, machte riesige Anstrengungen, seine Füße zu befreien.
Unter vieler Mühe war er endlich auf dem Wagen festgeschnürt worden und als die Dämmerung schon vollständig geschwunden war und die Nacht über der Ansiedelung lag, kam man zu Hause an.