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Und habt ihr die Höhe der Insel erreicht, so sucht den Schutz ihrer Leeseite auf. Nicht lange mehr hält der Schoner die See, und weit ist der Weg noch bis Frederikshavn.«
Es waren die letzten Worte Jens Lie's, die der braune Bretone am Steuer vernahm. Denn in dem nämlichen Augenblick kam knatternd der halbe Fockmast herunter mit einem höllischen Splitterhagel von Holzteilen, Eisen- und Segelwerk, das, niederstürzend in wirrem Getöse, Jens Lie am Eingang der Luke traf und ihn bewußtlos über die Back an eine der Ankerbetings warf.
Heilige Jungfrau, Stern der Meere!
Sie jagen dahin mit wahnsinniger Geschwindigkeit, ein Wrack nur, unter dem kleinen Notsegel fliegen sie atemlos her vor den Böen, daß selbst die pfeilraschen Sturmmöwen nicht die »Marguerite« zu begleiten imstande und ängstlich kreischend zurückbleiben müssen, die Bahn einsäumend des gurgelnden Kielwassers.
Steil bäumt der Schoner die Woge empor, mit tiefem Ächzen taucht er hinab in das vor ihm klaftertief gähnende Dunkel, indeß mit dem Donner einbrechender Mauern der nächste masthohe Wasserberg, das Deck überflutend, den Rumpf erschüttert.
Erstickt fast vom Druck der brodelnden Massen, hängt festgeklammert mit eisstarren Händen die Mannschaft rings an Traljen und Tauen, Sekunden die Lungen mit Luft anfüllend, um aufs Neue für endlos qualvolle Herzschläge begraben zu werden in dampfendem Salzgischt.
Noch hält das Schiff, stets wieder sich aufrichtend, den ungeheuren Stößen Stand, die regellos, wild von allen Seiten an die laut aufstöhnenden Planken prallen. Doch bald vermögen die Bolzen nicht mehr mit ermattender Kraft die Fugen zu schließen. Bald wird ein letzter dämonischer Brecher die »Marguerite« auseinanderreißen, und dreizehn Lippenpaare flüstern:
»Wie lange noch, Herr, ach, wie lange?«
Im Stern des Schoners hängt festgebunden der braune Bretone, die Faust am Ruder. Er späht mit zusammengekniffenen Augen, die Kiefer verbissen, hinaus in die Nacht, die, sternenlos, jegliche Fernsicht verwehrend, das Fahrwasser rings den Blicken entzieht.
»Eine Kerze der heiligen Jungfrau von Brest.«
Der Steuermann murmelt es zwischen den Zähnen und schlägt mit fühllosen Fingern ein Kreuz.
Er sah wohl nie wieder die »Petite Jeanne« und den Hafenkai und die grellweißen Molen.
Dann jählings:
»Ein Feuer hart Steuerbord!«
War er denn verrückt? Ein Feuer?
Nein! Ja doch, ein Feuer wars, jetzt konnte er deutlich den Schein erkennen.
So gabs also Land dort, die Spitze der Insel, die man im Bogen umsegeln mußte, um in der Leeseite Schutz zu gelangen?
Und blitzschnell der Worte Jens Lie's sich erinnernd, reißt wirbelnd er das Ruder herum, daß schlingernd der Schoner vom Winde abkommt.
Heilige Jungfrau, Stern der Meere!
Sie jagen dahin mit wahnsinniger Geschwindigkeit, ein Wrack nur, unter dem kleinen Notsegel fliegen sie atemlos her vor den Seen, die sprühend das Schiff der Länge nach von hinten nach vorne zu hohl unterlaufen.
Und plötzlich steigt eine Riesenwand von schwarzem Glas aus dem Grunde auf, steigt auf und wälzt sich mit gellendem Brausen, anwachsend stetig zur doppelten Haushöhe vor den entsetzten Gesichtern der Mannschaft, hängt lauernd, gebeugt einen Augenblick in sinnloser Steilheit über dem Schiff und bricht, das Dunkel des Himmels verfinsternd, mit eisernem Dröhnen schmetternd zusammen.
»Miséricorde!«
Ein dumpfer, schaumerstickter Schrei aus dreizehn rauhen Seemannskehlen.
Hoch auf den Westerbänken schwenkt der Tod das flackernde Licht seiner Grablaterne.