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Herr von Gondy hatte um drei Viertel auf sechs Uhr alle seine Gänge gemacht und war in den erzbischöflichen Palast zurückgekehrt. Um sechs Uhr meldete man den Verweser von Saint-Méry. Der Koadjutor warf schnell die Blicke hinter ihn, da er bemerkte, daß ihm ein anderer Mann nachfolge. »Lasset ihn eintreten,« sprach er. Der Verweser trat ein und hinter ihm Planchet. »Gnädiger Herr,« sprach der Gemeindeverweser von Saint-Méry, »hier ist der Mann, von dem mit Ihnen zu sprechen ich die Ehre hatte.« Planchet verneigte sich mit einem Anstande, der zeigte, daß er an guten Umgang gewöhnt sei! »Ihr seid also geneigt, der Sache des Volkes zu dienen?« fragte Gondy. »Ich glaube wohl,« erwiderte Planchet, »da ich vom Grunde der Seele Frondeur bin. Wie Sie mich da sehen, bin ich verurteilt, gehenkt zu werden.« »Weshalb das?« »Ich befreite aus den Händen der Aufseher Mazarins einen Edelmann, als sie ihn nach der Bastille zurückführten, wo er schon fünf Jahre lang geschmachtet hatte.« »Wie nennt er sich?« »O, Euer Gnaden kennt ihn recht wohl, es ist der Graf von Rochefort.« »Ah, wirklich!« rief der Koadjutor, »ich hörte von diesem Vorfalle reden, und wie man mir sagte, brachtet Ihr das ganze Viertel in Aufruhr.« »So ziemlich,« entgegnete Planchet mit selbstzufriedener Miene. »Was seid Ihr Eures Standes?« »Zuckerbäcker, Straße des Lombards.« »Sagt mir doch, wie Ihr kriegerische Neigungen habt, da Ihr ein so friedsames Geschäft betreibt?« »Nun, gnädiger Herr, ehe ich Zuckerbäcker wurde, war ich drei Jahre Sergeant im Regiment Piemont, und ehe ich Sergeant geworden, war ich achtzehn Monde lang Bedienter des Herrn d'Artagnan.« »Des Musketier-Leutnants?« fragte Gondy. »Desselben, gnädiger Herr.« »Man hielt ihn aber für einen wütenden Mazariner.« »Hm!« machte Planchet. »Was wollt Ihr damit sagen?« »Nichts, gnädiger Herr; Herr d'Artagnan steht im Dienste, Herr d'Artagnan erfüllt seine Pflicht, wenn er Mazarin verteidigt, da er ihn bezahlt.« »Ihr seid ein vernünftiger Mann, Freund; kann man Rechnung auf Euch machen?« »Ich dachte,« erwiderte Planchet, »der Herr Verweser habe sich schon für mich verbürgt?« »Allerdings, allein ich wünsche diese Zusicherung aus Eurem Munde.« »Gnädiger Herr, Sie können auf mich rechnen, wenn es sich anders um eine Umgestaltung der Dinge handelt.« »Eben darum handelte es sich. Wie viel Mann glaubt Ihr wohl in der Nacht zusammenbringen zu können?« – »Zweihundert Musketiere und fünfhundert Hellebarden.« »Gäbe es nur in jedem Bezirke einen Mann, der ebensoviel täte, wir besäßen morgen schon ein ziemlich starkes Heer.« »Das glaube ich.« »Seid Ihr geneigt, dem Grafen von Rochefort zu gehorchen?« »Ich würde ihm in die Hölle folgen, und das will nicht wenig sagen, denn ich halte ihn für fähig, da hinabzusteigen. »Bravo!« »An welchem Zeichen wird man morgen früh die Freunde von den Feinden unterscheiden können?« »Jeder Frondeur mag eine Strohschleife an seinem Hute befestigen.« »Wohl, geben Sie Befehl.« »Habt Ihr Geld nötig?« »Gnädiger Herr, das Geld schadet in allen Dingen nie. Hat man keines, wird man auch ohne dasselbe fertig; hat man welches, so macht sich die Sache um so schneller und um so besser.« Gondy ging zu seiner Kasse und nahm einen Beutel heraus. »Da sind fünfhundert Pistolen,« sprach er, »und geht die Sache gut vonstatten, so rechnet morgen auf einen gleichen Betrag.« Planchet nahm den Beutel unter den Arm und sagte: »Ich will Euer Gnaden gewissenhaft Rechnung über diese Summe legen.« »Gut, ich empfehle Euch den Kardinal an.«
»Seien Sie ruhig, er ist in guten Händen.« Planchet entfernte sich; der Verweser blieb noch ein Weilchen. »Gnädiger Herr,« fragte er, »sind Sie zufrieden?« »Ja, dieser Mann scheint mir Entschlossenheit zu haben.« »Nun, er wird noch mehr tun, als er versprochen hat. »Das ist vortrefflich.«
Der Verweser holte Planchet wieder ein, der an der Treppe auf ihn wartete. Zehn Minuten darauf ward der Verweser von Saint-Sulpice gemeldet. Als die Türe von Gondys Kabinett aufging, stürzte ein Mann herein; es war der Graf von Rochefort.
»Ah, Ihr seid es, lieber Graf!« rief Gondy, und reichte ihm die Hand. »Ihr seid endlich also entschlossen, Monseigneur?« fragte Rochefort. »Das war ich immer,« entgegnete Gondy. »Reden wir nicht mehr davon, Ihr sagt es, ich glaube Euch; wir wollen Mazarin einen Tanz veranstalten.« »Nun, ich hoffe das.« »Und wann wird der Tanz anfangen?« »Für diese Nacht werden die Einladungen gemacht,« erwiderte der Koadjutor, »allein die Geiger fangen erst morgen früh zu spielen am.« »Ihr könnt auf mich rechnen und auf fünfzig Soldaten, welche mir der Chevalier d'Humières zugesagt hat, wenn ich sie brauche.« »Auf fünfzig Soldaten?« »Ja, er wirbt Rekruten an und leiht sie mir; was daran fehlt, wenn das Fest vorüber ist, will ich ersetzen.« »Gut, lieber Rochefort, doch das ist nicht alles.« »Was gibt es noch?« fragte Rochefort lächelnd. »Was habt Ihr mit Herrn von Beaufort gemacht?« »Er lebt in der Gegend von Vendôme, und wartet, bis ich ihm schreibe, daß er nach Paris zurückkehren solle.« »Schreibt ihm, es ist Zeit.« »Ihr seid also Eurer Sache versichert?« »Ja, doch kaum wird das Volk von Paris aufgestanden sein, so werden sich zehn Prinzen für einen melden, um sich an die Spitze zu stellen. Kommt er zu spät an, so wird er finden, daß die Stelle schon besetzt sei.« »Darf ich ihm die Nachricht in Eurem Namen zukommen lassen?« »Ja, ganz recht.« »Darf ich ihm schreiben, daß er auf Euch rechnen könne?« »Allerdings.« »Und werdet Ihr ihm alle Gewalt einräumen?« »Für den Krieg, ja, doch in bezug auf Politik . . .« »Ihr wißt, das ist seine starke Seite eben nicht.« »Er wird mich nach meinem Belieben über den Kardinalshut unterhandeln lassen; denn da ich schon genötigt bin, bei meinem Stande zu bleiben, so will ich wenigstens einen roten Hut tragen.« »Man soll sich nicht über Geschmack und Farben streiten,« versetzte Rochefort; »ich stehe dafür, daß er einwilligen werde.« »Und Ihr schreibt ihm noch diesen Abend?« »Ich tue noch mehr als das, ich schicke ihm einen Boten.« »In wieviel Tagen kann er eintreffen?« »In fünf Tagen.« »Er möge kommen, hier wird er eine Veränderung finden.« »Das wünsche ich.« »Und ich stehe dafür.« »Nun?« »Geht jetzt, versammelt Eure fünfzig Mann und haltet Euch bereit.« »Wozu?« »Zu allem.« »Wird ein Losungszeichen gegeben?« »Eine Strohschleife am Hute.« »Gut, gnädiger Herr, Gott befohlen!« »Gott befohlen, lieber Rochefort!« »Ah, Herr Mazarin, Herr Mazarin!« rief Rochefort, indem er den Verweser mit sich fortzog, der gar keine Gelegenheit gefunden hatte, auch nur ein Wort zu reden, »man wird sehen, ob ich wirklich schon zu alt bin, um ein tatkräftiger Mann zu sein.«