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Hier könnten wir diese Erzählung beschließen, wenn wir nicht dem Leser einen Bericht von dem physischen Ende des geistig schon längst untergegangenen Kambyses und dem ferneren Schicksale einiger Nebenpersonen dieser Geschichte geben zu müssen glaubten.
Kurze Zeit nach der Abreise der Königinnen kam die Kunde nach Naukratis, der Satrap von Lydien, Oroetes, habe seinen alten Feind Polykrates durch List nach Sardes gelockt und an's Kreuz schlagen lassenSiehe III. Theil Anmerkung 41.. Somit war das traurige Ende, welches Amasis dem Tyrannen vorausgesagt hatte, zur Wahrheit geworden. Der Satrap hatte diese That ohne den Willen des Königs kühnlich begangen, weil im medischen Reiche Veränderungen eingetreten waren, welche das Herrscherhaus der Achämeniden zu stürzen drohten(Anm. 168) Wir folgen auch bei diesem Theile unserer Erzählung im Wesentlichen dem Herodot III. 61–68 und der Inschrift von Bisitun oder Behistân. Die Nachrichten des Ktesias sind, obgleich er am persischen Hofe gelebt hat, an dieser Stelle ähnlich der Erzählung des Halikarnassiers, aber weit unwahrscheinlicher als diese..
Der lange Aufenthalt des Königs in einem fernen Lande hatte die Furcht geschwächt oder gebrochen, welche sein bloßer Name in früherer Zeit allen zum Widerstande Geneigten einzuflößen pflegte. Die Nachricht von seinem Wahnsinn entzog ihm die Ehrfurcht seiner Unterthanen, während die Kunde, daß er Tausende von Landeskindern, aus bloßem Uebermuth, einem sichern Tode in der äthiopischen und libyschen Wüste preisgegeben habe, den aufgebrachten Asiaten einen Haß einflößte, der, von den mächtigen Magiern genährt und geschürt, sehr bald, erst die Meder und Assyrer, dann aber auch die Perser zum Abfall und zur offenen Empörung reizte.
Der von Kambyses zum Statthalter eingesetzte ehrgeizige Oberpriester Oropastes stellte sich in eigennütziger Absicht an die Spitze dieser Bewegung, schmeichelte dem Volke durch den Erlaß von Steuern, große Geschenke und noch größere Versprechungen, und versuchte endlich, als er sah, wie dankbar man seine Milde anerkannte, durch einen Betrug die persische Königskrone für sein Haus zu gewinnen.
Eingedenk der wunderbaren Aehnlichkeit seines der Ohren beraubten Bruders Gaumata mit Bartja, dem Sohne des Cyrus, faßte er, sobald er Kunde von dem Verschwinden des allen Persern so theuren Jünglings erhalten hatte, den Entschluß, Gaumata für den Gemordeten auszugeben, und ihn an Stelle des Kambyses auf den Thron zu setzen. Diese List gelang um so leichter, je verhaßter der wahnsinnige König im ganzen Reiche geworden war, mit je größerer Liebe ein Jeder an Bartja hing.
Als endlich zahlreiche Boten des Oropastes alle Provinzen des Landes bereisten und den unzufriedenen Bürgern die Nachricht brachten, der jüngere Sohn des Cyrus befinde sich, trotz des entgegengesetzten Gerüchtes, noch am Leben, sei von seinem Bruder abgefallen, habe den Thron seines Vaters bestiegen und gewähre allen Unterthanen auf drei Jahre volle Freiheit vom Kriegsdienste und allen Abgaben, so wurde der neue Herrscher im ganzen Reiche mit Jubel anerkannt.
Der falsche Bartja war seinem Bruder, dem Oberpriester, dessen überlegenem Geiste er sich willig unterordnete, gefolgt, hatte den Palast von Nisäa(Anm. 169) Spiegel, Inschrift von Behistân: »Es ist eine Festung, Cikathauvatis mit Namen, ein Bezirk, Niçâya mit Namen, in Medien, dort tödtete ich ihn.« Welche Stadt hier gemeint sei, ist nicht zu bestimmen; dagegen war der Bezirk Nisaja, namentlich wegen seiner vorzüglichen Roßwaiden, hochberühmt. Eustath., in Dionys. Perieg. p. 178. Nach Diodor XVII. 110 und Arrian Anab. VII. 13 soll es dort mehr als 150,000 Rosse, die sich namentlich durch ihre Größe auszeichneten, gegeben haben. Nach Herodot ging dieser ganze Theil unserer Erzählung in Susa vor sich. in der medischen Ebene bezogen, die Krone auf sein Haupt gesetzt, den Harem des Königs für den seinen erklärt und sich dem Volke, das in seinen Zügen diejenigen des Gemordeten wieder erkennen sollte, aus der Ferne gezeigt. Später hielt er sich, um nicht dennoch entlarvt zu werden, im Palaste verborgen und gab sich, nach asiatischer Herrscherart, allen Lüsten hin, während sein Bruder mit sicherer Hand das Scepter führte und alle wichtigen Stellen und Aemter seinen Freunden und Stammgenossen, den Magiern, übertrug.
Als er festen Boden unter seinen Füßen fühlte, schickte er den Eunuchen Ixabates nach Aegypten, welcher dem Heere den Thronwechsel mittheilen und es bereden sollte, von Kambyses abzufallen und auf Bartja's Seite zu treten, der, wie wir wissen, namentlich von den Soldaten vergöttert worden war.
Der gut gewählte Botschafter erfüllte seine Sendung mit Geschick und hatte bereits eine große Zahl von Soldaten für den neuen König gewonnen, als er von einigen auf Belohnung hoffenden Syrern gefangen genommen und nach Memphis gebracht wurde.
In der Pyramidenstadt angekommen, führte man ihn vor den König, welcher ihm, im Fall er die volle Wahrheit sagen würde, Straflosigkeit zusicherte.
Nun bestätigte der Bote die Nachricht, welche bis dahin nur gerüchtweise bis nach Aegypten gedrungen war, nämlich, daß Bartja den Thron des Cyrus bestiegen habe und bereits von dem größten Theile des Reichs anerkannt worden sei.
Kambyses erschrak über diese Nachricht wie Jemand, der einen Todten aus dem Grabe erstehen sieht. – Trotz seines umnachteten Geistes wußte er, daß er Prexaspes den Befehl gegeben habe, Bartja zu ermorden, und daß ihm dieser sein Gebot ausgeführt zu haben versichert hatte. Er argwöhnte, daß der Botschafter ihn betrogen und dem Jünglinge das Leben geschenkt habe. Indem er diesen schnell aufblitzenden Gedanken ungesäumt aussprach, warf er Prexaspes seine Verrätherei mit bitteren Worten vor und veranlaßte ihn dadurch, einen großen Eid zu schwören, daß der unglückliche Bartja von seiner eigenen Hand getödtet und beerdigt worden sei.
Nun wurde der Bote des Oropastes gefragt, ob er den neuen König selbst gesehen habe. Er verneinte dies und fügte hinzu, der angebliche Bruder des Kambyses habe seine Wohnung erst ein einziges Mal verlassen, um sich dem Volke von Ferne zu zeigen. Nunmehr durchschaute Prexaspes das ganze Lügengewebe des Oberpriesters, erinnerte den König an jene unseligen Mißverständnisse, welche durch die wunderbare Aehnlichkeit Gaumata's mit Bartja herbeigeführt worden waren, und bot schließlich seinen Kopf zum Pfande, wenn sich seine Vermuthung als falsch erweisen sollte. Der geisteskranke König, dem diese Auslegung behagte, hatte von jetzt an nur noch den einen Gedanken, die Magier gefangen zu nehmen und zu tödten.
Das Heer mußte sich marschfertig machen. Aryandes(Anm. 170) Herod. IV. 166., ein Achämenide, wurde zum Satrapen von Aegypten ernannt, und die Armee brach ohne Säumniß nach Persien auf. Von seinem neuen Irrwahne getrieben, gönnte sich der König keine Ruhe und machte die Nacht zum Tage, bis sich in Syrien sein von dem ungestümen Reiter gemißhandelter Hengst mit ihm überschlug, und er das Unglück hatte, während des Sturzes von seinem eigenen Dolche schwer verwundet zu werden(Anm. 171) Herod. III. 64. S. III. Theil Anmerk. 152. In der Spiegel'schen Uebersetzung der Inschrift von Behistân heißt es dagegen: »Darauf starb Kambujiya, indem er sich selbst tödtete.« Oppert überträgt »Uvâmarsiyus« ebenso. Bensey übersetzt. »Darauf starb Kambuija vor übergroßem Zorn.« Ktesias Per. 12 berichtet, Kambyses habe sich aus Versehen mit einem Messer in den Schenkel gestochen und sei an der Wunde gestorben. Diese, sowie die Relation des Herodot, läßt sich mit der Angabe der Inschriften: »Er endete, › uvâmarsiyus,‹ ›von selbst sterbend‹,« sehr wohl vereinen, denn auch die Griechen geben zu, daß seine eigene Waffe den Kambyses, wenn auch gegen seinen Willen, getödtet habe. Wir verwerfen den geflissentlichen Selbstmord an dieser Stelle um so lieber, je besser gerade hier Herodot und Ktesias zusammenstimmen, ein je entschiedener persisch-iranisches Gepräge (M. Duncker, Gesch. d. Alterth. II. S. 544) die Sterberede trägt, welche Herodot den Kambyses halten läßt. III. 65..
Nachdem er mehrere Tage lang ohne Besinnung dagelegen hatte, schlug er die Augen auf und verlangte erst Araspes, dann seine Mutter und endlich Atossa zu sehen, obgleich diese Drei schon vor mehreren Monaten abgereist waren. Aus all' seinen Reden ging hervor, daß er die letzten vier Jahre, von jenem Fieberausbruche an bis zu seiner Verwundung, gleichsam im Schlafe verlebt habe. Alles, was man ihm aus dieser Zeit erzählte, schien ihm neu zu sein und sein Herz mit Kummer zu erfüllen. Nur von dem Tode seines Bruders hatte er vollkommen Kenntniß. Er wußte, daß Prexaspes ihn auf seinen Befehl gemordet und ihm erzählt habe, daß Bartja am Ufer des rothen Meeres begraben liege. – In der diesem Erwachen folgenden Nacht wurde ihm auch klar, daß er lange Zeit vom Wahnsinn befangen gewesen sei. Gegen Morgen verfiel er in einen tiefen Schlaf, der ihm so viel Kraft zurückgab, daß er Krösus herbeirufen und ihm befehlen konnte, ihm ausführlich mitzutheilen, was er in den letzten Jahren gethan habe.
Der greise Mahner gehorchte dem Willen des Königs und verschwieg ihm keine seiner Gewalttaten, ob er auch kaum mehr hoffen durfte, den seiner Fürsorge Anvertrauten auf den rechten Weg zurückführen zu können.
Seine Freude war darum doppelt groß, als er sah, daß seine Worte einen tiefen Eindruck auf die neu erwachte Seele des Königs übten. Mit Thränen in den Augen beklagte Kambyses seine Missethaten und seinen Wahnsinn, bat er Krösus beschämt wie ein Kind um Verzeihung, dankte er ihm für seine Treue und Ausdauer, trug er ihm endlich auf, in seinem Namen besonders Kassandane und Sappho, aber auch Atossa und alle von ihm mit Unrecht Beleidigten um Vergebung zu bitten.
Der greise Lyder weinte bei diesen Worten Freudenthränen und wurde nicht müde, den Kranken zu versichern, daß er genesen und reiche Gelegenheit finden würde, alles Geschehene durch doppelt edle Thaten wieder gut zu machen. Kambyses schüttelte jedoch, bestimmt verneinend, das bleiche Haupt und bat den Greis, ihn in's Freie tragen, sein Lager auf einen erhöhten Ort stellen zu lassen und den Achämeniden zu gebieten, sich um ihn zu versammeln. Als seine Befehle, trotz des Widerstandes der Aerzte, befolgt worden waren, ließ er sich aufrecht hinsetzen und sprach mit weithin vernehmlicher Stimme:
»Es ist jetzt an der Zeit, ihr Perser, daß ich euch mein größtes Geheimniß entdecke. Von einem Traumgesichte betrogen, aufgebracht und gekränkt von meinem Bruder, hab' ich ihn im Zorn ermorden lassen. Prexaspes vollbrachte auf mein Geheiß diese Frevelthat, welche mir, statt der Ruhe, die sie mir verschaffen sollte, Wahnsinn und eine martervolle Todesstunde einbrachte. – Dieses Geständniß möge euch überzeugen, daß mein Bruder Bartja nicht mehr unter den Lebenden wandelt. Die Magier haben sich des Thrones der Achämeniden bemächtigt. An ihrer Spitze stehen der von mir als Statthalter in Persien zurückgelassene Oropastes und sein Bruder Gaumata, welcher dem verstorbenen Bartja so ähnlich sieht, daß Krösus, Intaphernes und mein Oheim, der edle Hystaspes, ihn einstmals selbst für den Gemordeten hielten. Wehe mir, daß ich Denjenigen, welcher die mir von den Magiern angethane Schmach, als mein Blutsverwandter, hätte rächen sollen, gemordet habe! Aber ich kann ihn nicht vom Tode erwecken, und darum ernenne ich euch zu Vollstreckern meines letzten Willens. So beschwöre ich euch denn, bei dem Feuer [Feruer]Siehe II. Theil Anmerkung 156 [56]. meines verstorbenen Vaters und im Namen aller guten und reinen Geister, daß ihr die Regierung nicht in die Hände der falschen Magier fallen laßt. Wenn sich dieselben mit List der Krone bemächtigt haben, so sucht sie ihnen wiederum durch List zu entreißen; brachten sie das Scepter mit Gewalt an sich, so entwindet es ihnen in gleicher Weise. Folgt ihr diesem meinem letzten Willen, dann soll euch die Erde reiche Früchte bringen, eure Weiber und Heerden gesegnet und Freiheit für alle Zeit euer Loos sein; werdet ihr aber die Herrschaft nicht wieder erlangen oder zu erringen streben, dann soll euch das Gegentheil treffen; ja, dann sollt ihr Alle, dann soll jeder Perser ein Ende nehmen wie ich!«
Als die Achämeniden den König nach diesen Worten weinen und kraftlos zurücksinken sahen, zerrissen sie ihre Kleider und erhoben ein Klagegeschrei. Wenige Stunden später gab Kambyses in Krösus' Armen den Geist auf. In seiner letzten Stunde dachte er an Nitetis und starb mit ihrem Namen auf den Lippen und mit Thränen der Reue in den Augen(Anm. 172) Herod. III. 65. 66. Die sentimental klingende Rede des Kambyses wird ausdrücklich von Herodot erwähnt..
Nachdem die Perser den unreinen Leichnam verlassen hatten, kniete Krösus vor ihm nieder und rief, seine Hand gen Himmel erhebend: »Großer Cyrus! Ich habe meinen Schwur gehalten und als treuer Mahner bei diesem Unglücklichen ausgehalten bis an sein Ende!«
Am folgenden Morgen begab sich der Greis mit seinem Sohne Gyges nach der ihm gehörenden Stadt Barene(Anm. 173) Ktesias Pers. 4. und lebte dort noch manches Jahr, als Vater seiner Unterthanen, hoch geehrt von Darius und gepriesen von all' seinen Zeitgenossen.
Nach dem Tode des Kambyses hielten die Oberhäupter der sieben Stämme der Perser(Anm. 174) Die Namen der verschworenen Stammhäupter bei Herodot stimmen großenteils sehr schön mit denen, welche die Keilschriften enthalten. Spiegel, Keilinschriften S. 37. Bei Herod. III. 70 heißen die Verschworenen: Otanes, Intaphernes, Gobryas, Megabyzus, Aspatines, Hydarnes und Darius Hystaspis, – in der Keilinschrift: Utâna, Viñdafranâ, Gaubaruva, Ardumanis, Vidarna, Bagabukhsa? und Darayavus. mit einander Rath und beschlossen sich vor allen Dingen über die Person des Usurpators Gewißheit zu verschaffen; Otanes schickte darum einen treuen Eunuchen in geheimer Sendung zu seiner Tochter Phädime, welche, wie man wußte, mit dem ganzen in Nisäa zurückgebliebenen Harem des Kambyses in den Besitz des neuen Königs übergegangen war. Bevor der Bote wiederkehrte, hatte sich der größte Theil des Reichsheeres zerstreut, denn die Soldaten ergriffen begierig die günstige Gelegenheit, nach mehrjähriger Trennung zu ihren Angehörigen heimzukehren. Endlich kam der lang Erwartete zurück und überbrachte Otanes die Botschaft: Phädime sei von dem neuen Könige nur ein einziges Mal besucht worden; sie habe jedoch seinen Schlaf benützt, um sich mit großer Gefahr zu überzeugen, daß ihm in der That beide Ohren fehlten. Aber selbst ohne diese Entdeckung könne sie mit Bestimmtheit behaupten, daß der Usurpator, welcher übrigens täuschende Aehnlichkeit mit dem Gemordeten habe, Niemand anders sei, als der Bruder des Oropastes, Gaumata. Ihr alter Freund Boges sei wiederum Oberster der Eunuchen und habe sie in das Geheimniß der Magier eingeweiht. Der Oberpriester habe nämlich den Weiberhüter als Bettler in den Straßen von Susa getroffen und ihm mit den Worten. »Zwar hast Du Dein Leben verwirkt, ich bedarf aber Leute Deines Schlages,« seine alte Stellung zurückgegeben. – Endlich bat Phädime ihren Vater, Alles aufzubieten, um den Magier, der sie mit großer Nichtachtung behandle, zu stürzen. Sie sei, so versicherte sie, das unglücklichste aller Weiber.
Obgleich keiner der Achämeniden auch nur einen Augenblick geglaubt hatte, daß Bartja noch am Leben sei und sich in der That des Thrones bemächtigt habe, so waren sie dennoch froh, als sie durch Phädime so bestimmte Kunde von der wahren Person des Usurpators erhalten hatten, und beschlossen, ungesäumt mit den Trümmern des Heeres nach Nisäa zu ziehen und die Magier durch List und Gewalt zu stürzen.
Nachdem sie unangefochten in der neuen Residenz eingezogen waren und gesehen hatten, daß der größte Theil des Volkes mit der neuen Regierung zufrieden sei, gaben sie sich den Anschein, als wenn sie an die Identität des neuen Königs mit dem jüngeren Sohne des Cyrus glaubten und ihm zu huldigen bereit wären. Die Magier ließen sich indessen nicht hinter's Licht führen, blieben streng abgeschlossen in ihrem Palaste, sammelten ein Heer, dem sie hohen Sold versprachen, in der Ebene von NisajaSiehe III. Theil Anmerkung 169. und setzten ihre Bemühungen fort, den Glauben an die Maske des Gaumata zu befestigen. In dieser Hinsicht konnte ihnen niemand schädlicher oder unter Umständen nützlicher werden, als Prexaspes, denn er stand bei allen Persern in hoher Achtung und vermochte darum durch seine Versicherung, Bartja nicht ermordet zu haben, dem sich immer weiter verbreitenden Gerüchte von der wahren Todesart des Jünglings die Spitze abzubrechen. Darum ließ Oropastes den Botschafter, welcher seit den letzten Worten des Königs von allen Standesgenossen gemieden wurde und das Leben eines Geächteten führte, rufen und versprach ihm eine ungeheure Summe, falls er einen Thurm besteigen und dem im Vorhofe versammelten Volke sagen wollte, daß Böswillige ihn den Mörder Bartja's genannt hätten, während er doch soeben mit eigenen Augen den neuen König gesehen und in ihm den jüngeren Sohn des Cyrus, seines Wohlthäters, wiedergefunden und erkannt habe. Prexaspes unterzog sich diesem Auftrage ohne Widerrede, nahm, während das Volk sich im Schloßhofe versammelte, zärtlichen Abschied von den Seinen, richtete bei dem heiligen Feueraltare ein kurzes Gebet an die Götter und begab sich dann in stolzer Haltung zum Palaste. Auf dem Wege dorthin traf er mit den Oberhäuptern der sieben Stämme zusammen und rief ihnen, da er bemerkte, daß sie ihm auswichen, zu: »Ich bin eurer Verachtung werth; will aber versuchen, eure Vergebung zu verdienen!«
Als sich Darius nach ihm umwandte, eilte er ihm nach, faßte seine Hand und sagte: »Ich habe Dich wie einen Sohn geliebt! Sorge, wenn ich nicht mehr sein sollte, für meine Kinder und brauche Deine Schwingen, geflügelter Darius!« Dann bestieg er in stolzer Haltung den hohen Thurm.
Viele tausend Bürger von Nisäa vernahmen ihn, als er mit hocherhobener Stimme folgende Worte hinabrief: »Ihr Alle wißt, daß die Könige, welche euch bis dahin mit Ruhm und Ehre überschütteten, dem Hause der Achämeniden angehörten. Cyrus beherrschte euch wie ein rechter Vater, Kambyses wie ein strenger Gebieter, und Bartja würde euch wie ein Bräutigam geleitet haben, wenn er nicht von meiner eigenen Hand, die ich euch hier zeige, am Ufer des rothen Meeres erschlagen worden wäre. Diese ruchlose That, welche ich, beim Mithra, mit blutendem Herzen beging, vollbrachte ich, indem ich, als treuer Diener, dem Befehle meines Königs und Herrn gehorchte. Dennoch konnte ich, weder bei Tag noch bei Nacht, Ruhe finden und bin wie ein gescheuchtes Wild von den Geistern der Finsterniß, welche den Schlaf von dem Lager des Mörders scheuchen, vier lange Jahre hindurch gehetzt und geängstigt worden; jetzt aber hab' ich beschlossen, dieses Dasein voller Pein und Verzweiflung mit einer würdigen That zu beenden und mir, wenn ich auch keine Gnade an der Brücke ChinvatSiehe II. Theil Anmerkung 104. finden werde, wenigstens im Munde der Menschen den Namen eines braven Mannes, den ich befleckt habe, von Neuem zu erwerben. Wißt denn, daß jener Mann, welcher sich für den Sohn des Cyrus ausgibt, mich auf diesen Thurm schickte und mir reichen Lohn verhieß, wenn ich euch betrügen und versichern wollte, daß er Bartja, der Achämenide, sei. Ich aber lache seiner Versprechungen und schwöre hier mit dem höchsten Eide, den ich kenne, beim Mithra und den Feruer der Könige, daß Derjenige, welcher euch jetzt beherrscht, Niemand anders ist, als der seiner Ohren beraubte Magier Gaumata, der Bruder des Oberpriesters und Statthalters Oropastes, den ihr Alle kennt! Wenn ihr des Ruhmes vergessen wollt, den ihr den Achämeniden verdankt, wenn ihr Undank mit Erniedrigung vereinen wollt, so erkennt die Elenden an und nennt sie eure Könige; wenn ihr aber die Lüge verachtet und euch schämt, nichtswürdigen Betrügern zu gehorchen, dann verjagt die Magier, ehe Mithra den Himmel verläßt, und ruft den Edelsten der Achämeniden, der ein zweiter Cyrus zu werden verspricht, und ruft Darius, den erhabenen Sohn des Hystaspes, zum König aus. Damit ihr aber meinen Worten Glauben schenken und nicht argwöhnen möget, daß mich Darius, um euch für ihn zu gewinnen, hierher gesandt habe, so will ich jetzt eine That begehen, welche jeden Zweifel vernichten und euch beweisen wird, daß mir die Wahrhaftigkeit und die Ehre der Achämeniden lieber ist, als mein Leben. Seid gesegnet, wenn ihr meinem Rathe folgt, verflucht, wenn ihr euch nicht wieder der Herrschaft bemächtigen und an den Magiern rächen werdet! – Seht her, ich sterbe als ein wahrhaftiger und als ein braver Mann!«
Mit diesen Worten stieg der Redner auf die höchste Zinne des Thurms, stürzte sich kopfüber von demselben herab und starb, mit einem schönen Tode das einzige Verbrechen seines Lebens sühnend(Anm. 175) Herod. III. 75..
Das Volk, welches seiner Rede lautlos gefolgt war, brach jetzt in ein lautes Geschrei der Wuth und Rache aus, sprengte die Thore des Palastes und wollte eben mit dem Rufe: »Tod den Magiern!« in das Innere desselben eindringen, als sich die sieben Stammhäupter der Perser dem wüthenden Haufen entgegenstellten.
Sobald die Bürger ihrer ansichtig wurden, jubelten sie laut auf und riefen nur noch ungestümer: »Nieder mit den Magiern! Sieg dem Könige Darius!«
Nun stellte sich der Sohn des Hystaspes, getragen von der Menge, auf einen erhöhten Ort und erzählte dem Volke, daß die Magier soeben, als Lügner und Kronenräuber, von der Hand der Achämeniden getödtet worden wären. Neue Jubelrufe beantworteten diese Rede. Nachdem man endlich die blutenden Köpfe des Oropastes und Gaumata dem Volke gezeigt hatte, eilte die heulende Menge in rasender Wuth durch die Straßen der Stadt und tödtete jeden Magier, dessen sie habhaft zu werden vermochte. Nur der Einbruch der Nacht konnte diesem furchtbaren Blutbade ein Ende machen(Anm. 176) Herod. III. 79. An dieser Stelle sagt derselbe auch, daß die Perser diesen Tag als großes Fest, unter dem Namen der »Magierermordung«, feierten. Wlastoff gibt in den Nouvelles annales des voyages 177 me vol. einige neue Gedanken über diesen Theil der persischen Geschichte; doch können wir dieselben ebensowenig theilen, als die Konjektur des Malcolm, Anquetil u. A., welche den Darius der Inschriften für den Gustasps des Firdusi halten. Die Inschrift von Bisitun soll ganz gewiß weit eher die Thaten des Darius, als religiöse Ereignisse auf die Nachwelt bringen..
Vier Tage später wurde der Sohn des Hystaspes, im Hinblick auf seine Geburt und Vortrefflichkeit, von den Häuptern der Achämeniden zum Könige erwählt und als solcher von den Persern mit Jubel begrüßt.
Darius hatte den Magier Gaumata mit eigener Hand getödtet, indessen Megabyzus, der Vater des Zopyrus, den Oberpriester durchbohrte. Während Prexaspes das Volk anredete, waren nämlich die sieben verschworenen Stammfürsten, Otanes, Intaphernes, Gobryas, Megabyzus, Aspatines, Hydarnes und Darius, welcher seinen im hohen Greisenalter stehenden Vater Hystaspes vertrat, durch ein schlecht bewachtes Thor in den Palast getreten, hatten bald erkundet, wo sich die Magier aufhielten, und waren sodann, da sie die innere Einrichtung des Schlosses kannten und die meisten Wachen das der Rede des Prexaspes zuhörende Volk beaufsichtigen mußten, ohne Aufenthalt bis zu den Gemächern gedrungen, in denen die Magier verweilten. Hier traten ihnen einige Eunuchen unter Anführung des uns wohlbekannten Boges entgegen, wurden aber, trotz des Widerstandes, den sie zu leisten versuchten, bis auf den letzten Mann von den Verschworenen niedergestochen. Boges starb von der Hand des Darius, der ihn erkannt und darum mit doppelter Wuth angegriffen hatte. Die Magier stürzten, von dem Geschrei der sterbenden Eunuchen erschreckt, herzu und setzten sich, als sie sahen, was sich ereignet hatte, zur Wehr. Oropastes riß dem sinkenden Boges die Lanze aus der Hand, stieß dem Intaphernes ein Auge aus und verwundete Aspatines am Schenkel, wurde aber dafür von Megabyzus erdolcht. Gaumata war in das Nebenzimmer geflohen und wollte die Thür desselben zuriegeln; Darius und Gobryas stürzten aber mit ihm hinein. Letzterer umfaßte den Magier, warf ihn zu Boden und hielt ihn, auf ihm liegend, an der Erde fest. Darius stand in dem halbdunkeln Gemache unschlüssig neben den Beiden, denn er fürchtete, wenn er zustoßen würde, auch Gobryas zu treffen, der, als er dieses bemerkte, ausrief: »Stoß' zu, auch wenn Du uns Beide durchbohren solltest!« Da schwang Darius den Dolch, traf aber glücklicher Weise nur den Magier(Anm. 177) Herod. III. 78..
Also endete Oropastes, der Oberpriester, und der unter dem Namen des »Pseudo-« oder »falschen Smerdes« bekanntere Gaumata.
Wenige Wochen nach der Königswahl des Darius, welche, wie das Volk erzählte, durch wunderbare göttliche Zeichen und die List eines Stallmeisters(Anm. 178) Herod. III. 85 erzählt, die sieben Verschworenen hätten mit einander ausgemacht, sie wollten zusammen vor die Stadt reiten, und Derjenige, dessen Roß beim Aufgang der Sonne zuerst wiehern würde, sollte König werden. Ein Stallknecht des Darius führte nun eine Stute, kurze Zeit vor dem Ausritte, an die Landstraße und vereinte sie mit dem Hengste seines Herrn. Als die Verschworenen an diese Stelle kamen, so lief das Roß des Darius auf dieselbe zu und wieherte laut auf. Zu gleicher Zeit soll es bei heiterem Himmel gedonnert und geblitzt haben. Erstere Geschichte ist darum nicht eben unwahrscheinlich, weil das Pferd der Sonne heilig, und man es wohl für ein göttliches Zeichen halten konnte, wenn es dem aufgehenden Mithra entgegenwieherte. Uebrigens würde Darius auch ohne die List seines Stallknechts begründete Ansprüche auf den Thron gehabt haben. unterstützt wurde, feierte der Sohn des Hystaspes zu Pasargadae ein prachtvolles Krönungs- und ein noch glänzenderes Hochzeitsfest mit der Geliebten seines Herzens, Atossa(Anm. 179) Atossa wird häufig als Lieblingsgattin des Darius genannt. Ihr Sohn Xerxes wurde von Darius zum Könige ernannt, obgleich der letztere von der Tochter des Gobryas drei ältere männliche Erben besaß. Herod. sagt VII. 3 ausdrücklich, das Gewicht und Ansehen der Atossa sei sehr groß gewesen. Aeschylus preist sie in den Persern als hochverehrte, edle Greisin., der Tochter des Cyrus. Das durch ernste Schicksale gereifte junge Weib blieb bis an's Ende des thaten- und ruhmreichen Lebens ihres Gatten die treue, geliebte und hochverehrte Gefährtin desselben; Darius aber wurde, wie Prexaspes vorausgesagt hatte, zu einem Könige, dessen Thaten und Werke wohl geeignet waren, ihm den Namen eines zweiten Cyrus und »des Großen« zu erwerben(Anm. 180) Darius wird z. B. in den Fröschen des Aristophanes »der große Darius« genannt. Arist. ran. V. 1035..
Umsichtig und tapfer als Feldherr, wußte er sein unermeßliches Reich so trefflich einzutheilen und zu verwalten, daß er zu den größten Organisatoren aller Länder und Zeiten gezählt werden muß. Ihm allein haben seine schwachen Nachfolger zu danken, daß sich der asiatische Länderkoloß noch zweihundert Jahre lang erhalten konnte. Freigebig mit seinen eigenen und sparsam mit den Schätzen seiner Unterthanen, wußte er wahrhaft königliche Geschenke zu machen, ohne jemals mehr als das ihm Gebührende zu fordern. Statt der unter Cyrus und Kambyses üblichen willkürlichen Gelderpressungen führte er ein geregeltes Steuersystem ein und ließ sich in der Durchführung des für recht Erkannten weder durch Schwierigkeiten, noch durch den Spott der Achämeniden beirren, die ihn wegen seiner ihrem ausschließlich kriegerischen Geiste kleinlich vorkommenden Finanzmaßregeln den »Krämer« nannten. Es ist keines seiner kleinsten Verdienste, daß er in seinem ganzen Reiche, und somit in der halben, damals bekannten Welt, ein gleiches Münzsystem einführte.(Anm. 181) Herod. III. 89. Böckh, Metrologie S. 45 und 129 fgd. In Rawlinson's Herodotus Bd. II. S. 460. Essay III.
Die Sitte und Religion jedes Volkes ehrend, gestattete er den Juden, nachdem jenes Dokument des Cyrus, von welchem Kambyses nichts wußte, im Archive von Ekbatana aufgefunden worden war, den Bau des Jehovah-Tempels fortzusetzen(Anm. 182) Esra VI. 2–12. Sacharja 1–8. Ueber die Stadien des Tempelbaues. Bunsen, Bibelwerk. Biblische Jahrbücher CCCXXIII–XXV., erlaubte er den ionischen Städten, die Verwaltung ihrer Gemeinden selbstständig auszuüben. Auch würde er seine Heere schwerlich gegen Griechenland ausgeschickt haben, wenn er nicht, namentlich von den Athenern, beleidigt worden wäre.
Die Kunst, einen weisen Staatshaushalt zu führen, hatte er, nebst vielen anderen Dingen, von den Aegyptern erlernt. Darum zollte er diesem Volke eine ganz besondere Achtung und erwies ihm viele Wohlthaten. So ließ er z. B. zur Hebung des ägyptischen Handels den Nil mit dem rothen Meere durch einen Kanal verbinden(Anm. 183) König Ramses II. arbeitete an diesem Kanale, von dem sich schon unter seinem Vater Setos I. Spuren finden. Necho nahm den Bau wieder auf. Herod. II. 158. Darius vollendete ihn vielleicht. Unter den Ptolemäern wurde er jedenfalls fertig. Diod. I. 33. Der in den letzten Jahren wieder aufgenommene Bau des Suezkanals hatte mit der diesem Unternehmen feindlichen englischen Handelspolitik und dem britischen Einfluß auf die inneren Angelegenheiten von Aegypten viel zu kämpfen; doch brachte es der unermüdliche Eifer und das Talent des Herrn von Lesseps, sowie der Patriotismus der Franzosen, welche das Werk als das ihre mit Stolz betrachten, dahin, daß der Süßwasserkanal längst von Booten befahren werden kann und trinkbares Naß den Arbeitern und der Hafenstadt Suez aus dem Nil zuführt. Auch der maritime Kanal, welcher das Mittelmeer mit dem rothen Meere direkt verbindet, ist seit 1869 vollendet. Wir gehörten zu Denen, welche der glänzenden Inaugurationsfeier beiwohnten, und möchten jetzt manchen Zweifel zurücknehmen, den wir in unserem Werke Durch Gosen zum Sinai, aus dem Wanderbuche und der Bibliothek, Leipzig 1872, S. 22 fgd., ausgesprochen haben. Der Kanal wird von einer immer wachsenden Anzahl von Schiffen befahren. Direkte Linien nach Bombay gehen aus von London, Liverpool, Marseille, Genua, Triest, Brindisi und Odessa. Viele Schiffe mit geringerem Tiefgange werden eigens für diese Fahrt gebaut, und es zeigt sich, daß sich namentlich die indische Baumwolle vortheilhafter auf Dampfern durch den Kanal, als auf Segelschiffen um das Kap zu den mediterraneischen und englischen Häfen befördern läßt. Wir weisen den Leser auch auf Stephan's Aufsatz über den Suezkanal in seinem vorzüglichen Werke Das heutige Aegypten S. 425 fgd..
Während seiner ganzen Regierung bemühte er sich, die Härte, mit welcher Kambyses die Aegypter behandelt hatte, durch Güte wieder gut zu machen, und noch in späteren Jahren beschäftigte er sich gern mit den geistigen Schätzen jenes weisen Volkes, dessen Sitten und Religion, so lange er lebte, von Niemand angetastet werden durften. Der greise Oberpriester Neithotep, welcher sein Lehrer gewesen war, erfreute sich bis an sein spätes Ende der Gunst des Fürsten, welcher die astrologischen Kenntnisse des alten Weisen nicht selten in Anspruch nahm.
Die Aegypter erkannten die Güte des neuen Fürsten an, nannten Darius, gleich ihren früheren Königen, eine Gottheit(Anm. 184) Der Name des Darius ist auf ägyptischen Denkmälern unter der Form Ntariusch gefunden worden. Am häufigsten kommt er vor in den Inschriften des jüngst von G. Rohlfs photographisch aufgenommenen Tempels in der Oase el-Khargeh. Besonders interessant sind die ägypto-persischen Denkmälerfragmente aus dem Isthmus von Suez, welche hieroglyphische und Keilschriftinskriptionen tragen. Déscript. de l'Ég. ant. V. pl. 29. Lepsius, Monatsb. der Berl. Akad. d. Wissensch. 17. Mai 1866. S. 285 fgd. Des Darius ägypt. Vorname lautet gewöhnlich »der von Ammon und Ra geliebte«. Ueberall, z. B. auf einem Porzellangefäße zu Florenz und auf Papyrusrollen zu Paris und Florenz, wird er mit den göttlichen Ehrentiteln der Pharaonen genannt., vergaßen aber dennoch in seinem letzten Regierungsjahre, ihrem Drange nach Selbstständigkeit nachgebend, der Dankbarkeit und versuchten das milde Joch, welches sie, weil es ihnen gegen ihren Willen auferlegt worden war, bedrückte, abzuschütteln.
Ihr edler Herr und Beschützer sollte das Ende dieser Kämpfe nicht mehr erleben(Anm. 185) Den ersten schon unter dem von Kambyses eingesetzten Statthalter Aryandes ausgebrochenen Aufstand soll Darius durch einen Besuch in Aegypten, wo er dem Auffinder eines neuen Apis 100 Talente (150,000 Thlr.) versprach, niedergeschlagen haben. Polyän. VII. 11. 7. Der zweite Aufstand begann erst vier Jahre vor dem Tode des Darius, Herod. VII. 1, um 486 v. Chr. Xerxes besiegte die Empörer zwei Jahre nach seiner Thronbesteigung und ernannte seinen Bruder Achämenes zum Statthalter von Aegypten..
Xerxes, dem Nachfolger und Sohne des Darius und der AtossaSiehe III. Theil Anmerkung 179., war es vorbehalten, die Bewohner des Nilthales zu einem erzwungenen und darum unhaltbaren Gehorsam zurückzuführen.
Darius ließ, als ein würdiges Denkmal seiner Größe, einen herrlichen Palast auf dem Berge Rachmed bei Persepolis erbauen, dessen Trümmer heute noch das Staunen und die Bewunderung der Reisenden erwecken. Sechstausend ägyptische Bauleute, welche unter Kambyses nach Asien geführt worden waren, halfen bei diesem Werke und unterstützten die Arbeiter, denen es oblag, eine Königsgruft für Darius und seine Nachkommen anzulegen. Die schwer zugänglichen Felsenkammern derselben haben der Zeit getrotzt und dienen heute zahllosen wilden Tauben zur Wohnung.
In eine Wand des glatt polirten Felsens von Bisitun oder Behistân, unweit der Stelle, bei welcher er Atossa's Leben gerettet hatte, ließ Darius die Geschichte seiner Thaten mit keilförmigen Schriftzeichen in persischer, medischer und assyrischer Sprache einmeißeln. Der persische Theil dieser InschriftenDie sogenannte persisch-achämendische Keilschrift. ist jetzt mit Sicherheit zu lesen. In diesem findet sich auch eine, mit unserer und der Erzählung des Herodot im Ganzen übereinstimmende Mittheilung von den in den letzten Kapiteln geschilderten Ereignissen. Unter Anderem heißt es. »Es spricht Darius der König. Das, was ich that, das geschah durch die Gnade Auramazda's in aller Weise. Nachdem die Könige abtrünnig geworden waren, da lieferte ich neunzehn Schlachten. Durch die Gnade Auramazda's schlug ich sie. Neun Könige nahm ich gefangen. Einer war Gaumata mit Namen, ein Meder, dieser log, indem er also sprach: ›Ich bin Bardiya (Bartja), der Sohn des Cyrus‹; dieser machte Persien abtrünnig.«
Weiter unten nennt er auch die Namen der Stammhäupter, welche ihm, die Magier zu stürzen, geholfen hatten, und an einer andern Stelle heißt es: »Es spricht Darius der König: Das, was ich gethan, das hab' ich in aller Weise durch die Gnade Auramazda's gethan. Auramazda brachte mir Beistand und die übrigen Götter, die es gibt. Deßwegen brachte mir Auramazda Beistand und die übrigen Götter, welche es gibt, weil ich nicht feindselig war, kein Lügner war, kein gewalttätiger Herrscher war, weder ich noch meine Familie. Wer meinen Stammgenossen geholfen hat, den hab' ich wohl begünstigt, wer feindselig war, den hab' ich strenge bestraft. Du, der Du nachher König sein wirst, ein Mann, der ein Lügner oder Aufrührer ist, dem sei nicht freundlich gesinnt, den strafe mit strenger Strafe. Es spricht Darius der König: Du, der Du nachher die Tafel sehen wirst, die ich geschrieben habe, oder diese Bilder, verderbe sie nicht, sondern, so lange Du lebest, bewahre sie u. s. w.«
Schließlich bleibt uns nur noch zu erzählen übrig, daß Zopyrus, der Sohn des Megabyzus, bis an sein Ende der treueste Freund des Darius blieb.
Als ein Höfling dem Könige einstmals einen Granatapfel zeigte und ihn fragte: »Welches Glücksgut möchtest Du wohl so vielfach besitzen, als dieser Apfel Körner enthält?« antwortete Darius, ohne sich zu besinnen: »Meinen Zopyrus(Anm. 186) Plutarch in seinen Apophthegmata p. 173 erzählt diese Geschichte von Zopyrus, Herodot von Megabyzus, dem Eroberer von Thracien. Herod. IV. 193.!«
Dieser wußte die Güte seines königlichen Freundes zu vergelten, denn als Darius Babylon, das sich nach dem Tode des Kambyses von dem persischen Reiche losriß, neun Monate lang fruchtlos belagert hatte, erschien er eines Tages, als man bereits die Belagerung aufheben wollte, blutend ohne Nase und Ohren vor dem Könige und erklärte ihm, daß er sich selbst verstümmelt habe, um die Babylonier, welche ihn ebensogut kennen müßten, als er einstmals mit ihren Töchtern befreundet gewesen sei, hinter's Licht zu führen. Er wolle den übermüthigen Städtern einreden, Darius habe ihn so verunstaltet, und er komme zu ihnen, um sich mit ihrer Hülfe an dem Könige zu rächen. Sie würden ihm Truppen übergeben, mit denen er, um das Vertrauen der Bürger vollkommen zu erwerben, einige glückliche Ausfälle zu machen gedenke. Endlich wolle er sich die Schlüssel der Thore verschaffen und mit ihnen die Pforte der Semiramis seinen Freunden öffnen.
Diese in scherzhaftem Ton gesprochenen Worte und der traurige Anblick seines einst so schönen Freundes rührten den König bis zu Thränen; als aber die beinah' uneinnehmbare Festung durch die List des Zopyrus in der That erobert worden war, rief er aus: »Ich würde hundert Babylon hingeben, wenn sich mein Zopyrus nicht also verstümmelt hätte!«
Dann ernannte er den Freund zum Herrn der Riesenstadt, überließ ihm die ganzen Einkünfte derselben und beehrte ihn alljährlich mit den seltensten Geschenken. In späterer Zeit pflegte er oft zu sagen, daß, außer Cyrus, mit dem kein Mensch verglichen werden könne, Niemand eine so edle That als Zopyrus begangen habe(Anm. 187) Herod. III. 160. Unter andern bekam Darius nach Ktesias, Pers. 22, eine goldene sechs Talente schwere Handmühle zum Geschenke, die vornehmste Ehrengabe, welche ein persischer Unterthan von seinem Herrscher erhalten konnte..
Wenige Herrscher konnten sich so opferwilliger Freunde rühmen, als Darius, weil Wenige gleich ihm Dankbarkeit zu üben verstanden.
Als Syloson, der Bruder des gemordeten Polykrates, eines Tages nach Susa kam und ihn erinnerte, welche Dienste er ihm erwiesen habe, empfing ihn Darius als seinen Freund, stellte ihm viele Schiffe und Soldaten zur Verfügung und half ihm, sich der Herrschaft über die Samier zu bemächtigen.
Die Inselbewohner wehrten sich verzweifelt gegen die fremden Kriegsvölker des neuen Tyrannen und sagten, als sie sich endlich ergeben mußten:
»Um Syloson's willen haben wir viel Platz im LandeSiehe III. Theil Anmerkung 63..«
Rhodopis erlebte noch die Ermordung des Tyrannen Hipparchus, Gewalthabers von Athen, durch Harmodius und Aristogiton und starb endlich, fest vertrauend auf den hohen Beruf der Hellenen, in den Armen ihrer besten Freunde, Theopompus des Milesiers und Kallias des Atheners.
Ganz Naukratis betrauerte die edle Greisin; Kallias aber sandte einen Boten nach Susa, um dem Könige und Sappho den Tod seiner Freundin mitzutheilen.
Wenige Monate später erhielt der Satrap von Aegypten folgende Zuschrift von der Hand des Darius:
»Da wir die jüngst in Naukratis verstorbene Hellenin Rhodopis gekannt und verehrt haben, da die Enkelin derselben, als Wittwe eines rechtmäßigen Thronerben des persischen Reichs, heute noch die Ehren einer Königin genießt, da ich endlich die Urenkelin der Abgeschiedenen, ParmysSiehe III. Theil Anmerkung 165 [146]., die Tochter des Bartja und der Sappho, jüngst zu meiner dritten rechtmäßigen Gattin erwählt habe, so scheint es mir billig, daß wir den sterblichen Ueberresten der Ahnfrau zweier hoher Fürstinnen königliche Ehre angedeihen lassen. Darum verordne ich, daß Du die Asche der Rhodopis, welche wir stets für die größte und seltenste aller Frauen gehalten haben, in dem größten und seltensten aller Denkmäler, das heißt in der schönsten der Pyramiden, mit fürstlichem Gepränge beisetzen lassest. In beifolgender kostbaren Urne, welche Sappho sendet, soll die Asche der Verstorbenen aufbewahrt werden.
Gegeben in dem
neuen Reichspalaste zu Persepolis.Darius, Sohn des Hystaspes,
König.«