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Als im Jahr 1832 1832 ist das Todesjahr von Emile Erckmanns Mutter ( Benoit-Guyod (Fußnote 4 zum Vorwort), S. 32). der Hüneburger Eine Stadt mit diesem Namen gibt es nicht, nur eine Burg Hunebourg in den Nordvogesen, nordöstlich von Phalsbourg. Amtsrichter Zacharias Kobus gestorben war, sah sein Sohn Fritz Kobus, dass er nun Herr über ein hübsches Haus am Akazienplatz Emile Erckmanns Familie wohnte in Phalsbourg an der Place des Acacias (heute Place de la halle aux grains, Benoit-Guyod (Fußnote 4 zum Vorwort), S. 20 ). Philippe Erckmann, Emiles Vater, war allerdings nicht juge de paix, sondern Kaufmann (ebenda)., ein stattliches Landgut im Meisental Im Originaltext Meisenthâl. Es gibt in den Nordvogesen – etwa 10 km nördlich von Phalsbourg – eine kleine Ortschaft mit diesem Namen. und eine Menge Taler war, die in soliden Hypotheken angelegt waren. Da wischte er die Tränen fort und sprach zu sich mit dem Prediger Salomo Zum Folgenden vgl. im Alten Testament Koh 1, 2-11.: »Oh Windhauch Im Originaltext Vanité des vanités, tout est vanité..., eng angelehnt an den lateinischen Bibeltext vanitas vanitatum, et omnia vanitas... Im Zusammenhang des Romans erscheint mal die Übersetzung in ›Eitelkeit‹ bzw. ›eitel‹ passend, mal das dem hebräischen Text angenäherte Windhauch, Windhauch, alles ist Windhauch... (so die Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Aschaffenburg 1980: Paul Pattloch); wieder an anderen Stellen bieten sich Begriffe wie nichtig, hohl, leer, dumm etc. an., oh Eitelkeit, wie nichtig doch alles ist! Welchen Vorteil hat der Mensch von seiner Arbeit auf Erden? Eine Generation geht dahin und die andere kommt. Die Sonne geht heute wie gestern auf und unter. Der Wind weht einmal aus Norden, dann wieder aus Süden. Die Flüsse ergießen sich in das Meer, das davon nicht voll wird. Alles müht sich mehr, als es je ein Mensch sagen könnte. Weder wird das Auge satt vom Sehen noch das Ohr vom Hören. Man vergisst das Vergangene, und auch das Zukünftige wird vergessen werden – am besten, man tut nichts, damit man sich nichts vorzuwerfen hat.«
So dachte Fritz an jenem Tag.
Als er am nächsten Tag erkannte, dass seine Überlegungen vom Vortag gut gewesen waren, sagte er weiter zu sich:
»Du stehst morgens zwischen sieben und acht Uhr auf, und die alte Katel bringt dir ein Frühstück nach deinen Wünschen und deinem Geschmack. Dann gehst du ins Kasino zum Zeitunglesen oder ins Grüne, um deinen Appetit anzuregen, kommst mittags heim zum Essen und führst danach deine Bücher, ziehst Forderungen ein oder machst Besorgungen. Abends nach Tisch gehst du in die Schenke zum
Großen Hirschen
Emile Erckmann beschreibt hier seine eigenen Lebensgewohnheiten aus der Jugendzeit, als er in Phalsbourg häufig das Café Hermann-Forty an der dortigen Place d'Armes besuchte (
Benoit-Guyod, Fußnote 4 zum Vorwort, S. 41 und passim). Allerdings war
Erckmann seinerzeit eher ein armer Schlucker. und spielst dort ein paar Partien
Jucker oder
Ramsch
Im Original
youker und
rams. Nach
David Parlett: The Oxford Guide to Card Games (Oxford und New York 1990: Oxford University Press), S. 187 ff und 190 ff, waren diese Spiele (in beiden ging es um Trümpfe, Stiche und Punkte) um die Mitte des 19. Jahrhunderts u.a. in Belgien, dem Elsass und in Deutschland verbreitet und vor allem deshalb beliebt, weil die Anzahl der Spieler nicht festgelegt war und man nebenher essen, trinken oder sich unterhalten konnte, ohne dass es den Spielablauf störte (s. auch
Friedrich Anton: Encyklopädie der Spiele (4. Auflage Leipzig 1884: Otto Wigand), S. 47 f und S 415 ff; ferner
René Alleau und
Renaud Matignon (Hrsg.):
Dictionnaire des Jeux (Tchou), bei R wie Ram).
Youker (engl.
yuker oder
uker, amerikanisch
euchre) kommt von dem deutschen Namen
Jucker, das Spiel hieß in Deutschland auch
Bester Bube, Bester Bauer oder
Hasenpfeffer.
Rams dagegen stammt von dem frz. Wort ramasser (= aufsammeln, einsammeln) und war in Deutschland als Rams, Rammes, Ramsch oder Mauscheln bekannt. mit den ersten besten. Du kannst Pfeife rauchen, Bier trinken und dabei der glücklichste Mann auf der Welt sein. Sieh nur zu, dass du stets einen kühlen Kopf behältst, einen unbeschwerten Magen und warme Füße, denn das ist vernünftig. Vor allem aber vermeide drei Dinge, nämlich zu fett zu werden, Industrieaktien zu kaufen und zu heiraten. Alt wie Methusalem kannst du auf diese Weise werden, das wage ich dir vorherzusagen, Kobus. Die nach dir kommen, werden sagen: ›Er war ein geistreicher, vernünftiger Mann und ein fröhlicher Mitmensch.‹ Was willst du mehr, wenn doch König Salomo selbst Vermutlich frei nach Koh 3, 19. sagt, dass das Unglück, das dem Menschen geschieht, und das Unglück eines Tiers ein und dasselbe ist, dass der Tod des einen dem des anderen gleicht, und dass sie denselben Atem haben!... Wenn's denn so ist,« dachte Kobus, »dann soll man doch wenigstens atmen, solange man kann.«
Fünfzehn Jahre Der Vergleich mit der Jahresangabe im ersten Satz dieses Kapitels zeigt, dass die hauptsächliche Handlungszeit des L'ami Fritz im Jahr 1847 liegt. lang befolgte Fritz Kobus die Regeln genau, die er sich selbst vorgeschrieben hatte. Seine alte Magd Katel – die beste Köchin von Hüneburg – setzte ihm stets seine Lieblingsgerichte vor, die sie so zubereitete, wie er es wollte. Er bekam nur das beste Sauerkraut, den besten Schinken, die besten Würstchen und den besten Wein weit und breit; regelmäßig trank er fünf Krüge Bockbier in der Schenke zum Großen Hirschen, las die gleiche Zeitung zur gleichen Stunde und spielte tagaus, tagein Jucker und Ramsch, mal mit dem einen, mal mit dem anderen.
Um ihn herum änderte sich alles, nur Fritz änderte sich nicht. Wenn seine alten Freunde Karriere machten, empfand Kobus keinen Neid, im Gegenteil – las er in der Zeitung, dass Hansgeorg soeben wegen seines Muts zum Rittmeister der Husaren befördert worden war, dass Franzseppel eine Maschine erfunden hatte, mit der man Hanf zum halben Preis spinnen konnte, dass Petrus einen Lehrstuhl für Metaphysik in München erhalten oder dass man Nickel Bischof den Verdienstorden für seine schönen Gedichte verliehen hatte, dann freute er sich und sagte: »Schaut doch, wie all diese Pfundskerle sich schinden. Die einen lassen sich Arme und Beine brechen, um mir mein Vermögen zu beschützen, die anderen erfinden etwas, damit ich billiger kaufen kann, wieder andere schwitzen Blut und Wasser, während sie Gedichte schreiben, damit ich manchmal ein amüsantes Viertelstündchen haben kann und mich nicht langweile... Hahaha! Die Guten!«
Da hoben sich Fritz' dicke Wangen, sein breiter Mund spaltete sich bis zu den Ohren, und die große Nase blähte sich vor Zufriedenheit. Er brach in ein Lachen aus, das kein Ende nehmen wollte.
Ansonsten sah Fritz zunehmend besser aus, denn er trieb stets maßvoll Leibesübungen. Sein Vermögen wuchs allmählich, weil er sich nicht auf einen Schlag bereichern wollte und daher keine Aktien kaufte. Als Junggeselle war er von allen Familiensorgen frei. Alles kam ihm zugute, stellte ihn zufrieden und machte ihn froh. Er war das lebendige Beispiel der guten Laune, die man vom Menschenverstand und von der Weisheit bekommt. Und da er Taler hatte, hatte er selbstverständlich auch Freunde.
Obwohl niemand zufriedener sein konnte als Fritz, hatte er doch seine Liebesmüh, denn man kann sich denken, dass er in jenen fünfzehn Jahren ungezählte Heiratsanträge ablehnen musste. Viele Witwen und Mädchen hätten sich mit Wonne seinem Glück gewidmet, und die guten Hausmütter versuchten Monat für Monat und Jahr für Jahr mit List und Tücke, ihn in ihr Haus zu locken und ihn zur Entscheidung für Charlotte oder Gretchen zu bringen. Nur mit Mühe konnte Fritz seine Freiheit vor dieser allgemeinen Verschwörung retten.
Vor allem der alte Rabbi David Sichel Sichel – mit hartem ch gesprochen – soll auf Hebräisch so viel wie ›der Glückliche‹ oder ›der Glückselige‹ bedeuten. – wohl der größte Heiratsvermittler aller Zeiten – versuchte geradezu mit Feuereifer, Fritz unter die Haube zu bringen. Man darf sagen, dass der Rabbi seine Ehre an den Erfolg in dieser Sache geknüpft hatte. Dies war umso schlimmer, als Fritz sehr an dem alten David hing, denn er hatte ihn seit seinen ersten Tagen von morgens bis abends bei seinem Vater, dem angesehenen Amtsrichter, sitzen gesehen, hatte David rund um seine Wiege näseln, palavern und rufen gehört, war auf Davids mageren Knien herumgehüpft, hatte aus seinem Mund Jiddisch gelernt, im Hof der alten Synagoge gespielt und sogar als Bübchen in der Laubhütte mitessen dürfen, die David Sichel wie alle Söhne Israels zum Tabernakelfest bei sich aufgeschlagen hatte.
Weil diese Erinnerungen in Fritz' Gedächtnis mit den schönsten Tagen seiner Kindheit vermischt und verwoben waren, kannte er kein größeres Vergnügen, als von nah oder fern die Gestalt des alten Rebbe David Sichel ist vermutlich dem Rabbiner Meyer Hermann nachempfunden, den Benoit-Guyod (s. Fußnote 4 zum Vorwort, S. 22, 34 und 113) als guten Freund des Elternhauses Erckmann beschreibt, als tiefgläubigen, schriftgelehrten Rabbiner und als nebenberuflich tätigen Laienrichter mit den Qualitäten der Unparteilichkeit und der Fairness. zu erblicken, mit dem abgewetzten Hut auf dem Hinterkopf oder dem schwarzen Baumwollkäppchen im Genick, der alten grünen Kapote Der Originaltext umschreibt sowohl Fritz' Umhang als auch den Alltagsrock des Rabbiners mit dem Wort capote. In der letzteren Bedeutung ist das Wort ins Jiddische eingegangen ( Salcia Landmann: Jiddisch. Abenteuer einer Sprache (München 1964: Deutscher Taschenbuch Verlag), S. 199). mit dem breiten, hochgestellten, fettigen Kragen, der bis über die Ohren reichte, der tabakverschmierten Hakennase, dem grauen Bärtchen, den langen mageren Beinen, die wie Besenstiele in schwarzen Faltenstrümpfen steckten, und den Schuhen mit den runden Kappen und den Kupferschnallen. Dieses liebe gelbliche Gesicht, das Schläue und Gutmütigkeit zugleich ausstrahlte, konnte Fritz Kobus mehr aufmuntern als jedes andere in Hüneburg, und sobald er den alten Rebbe auch nur von weitem auf der Straße sah, ahmte er seine Haltung und Stimme nach und rief in näselndem Tonfall:
»Heda, alter Posche Jisroel Im Original posché-isroel geschrieben und dort mit ›schlechter Jude‹ ( mauvais juif) erklärt. Wie im Original wurde es in der Übersetzung durchweg beim jüdischen Ausdruck belassen. Nach Dr. Georg Herlitz, Dr. Bruno Kirschner u.a.: Jüdisches Lexikon (Jüdischer Verlag), Band IV/1, S. 1054, ist der Posche Jisroel ein gelegentlicher Gesetzesübertreter oder Abtrünniger mit unjüdischer Lebensweise und/oder Gesinnung., wie geht's? Jetzt komm und probier mein Kirschwasser!«
Obwohl David Sichel über siebzig Jahre alt war und Fritz erst sechsunddreißig, duzten sie sich und waren ein Herz und eine Seele.
Der alte Rebbe kam nun näher, schüttelte den Kopf in aberwitziger Weise und leierte:
» Schaute Im Original schaude geschrieben und dort in einer Fußnote als ›Dummkopf‹ ( braque) erklärt. Nach Landmann (s. Fußnote 13, S. 244) handelt es sich um die deutsch-jiddische Form von schojte, was so viel wie ›Narr‹ oder ›Tölpel‹ bedeutet.... Schaute... du änderst dich auch nie. Willst du denn ewig derselbe Kindskopf bleiben, als den ich dich von klein auf kenne, seit du auf meinen Knien gespielt hast und mir den Bart ausrupfen wolltest? Kobus, in dir ist der Geist deines Vaters. Das war auch so ein alter Schelm, der den Talmud und die Propheten besser kennen wollte als ich und sich über Heiliges lustig machte wie ein echter Heide! Wenn er nicht der beste Mensch auf der Welt gewesen wäre und seine Urteile bei Gericht nicht so herrlich wie Salomo gefällt hätte, hätte man ihn hängen sollen! Ja, und du gleichst ihm, denn du bist ein Apikaures Im Original épicaures, vermutlich also die hier übersetzte Vulgärform des Namens Epikuros, eines griechischen Philosophen des 4. Jahrhunderts. Die jüdische Philosophie identifiziert in ihm nach dem Jüdischen Lexikon a.a.O. sowie ebenda Band II, S. 432, die Ablehnung des Judentums zugunsten fremder, meist freidenkerischer Anschauungen und die Hinwendung zum Lebensgenuss. Interessant ist übrigens, dass das Jüdische Lexikon (a.a.O.) die Begriffe Posche Jisroel (s.o.) und Apikaures im Zusammenhang diskutiert.. Daher vergebe ich dir, ich muss einfach.«
Da lachte Fritz Tränen, und sie gingen hinein auf ein Glas Kirschwasser, das der alte Rabbiner nicht verschmähte. Auf Jiddisch besprachen sie den neuesten Stadtklatsch, die Getreide- und Viehpreise und so weiter.
Manchmal brauchte David Geld, und Kobus schoss ihm recht ansehnliche Summen zinslos vor, denn er liebte den alten Rebbe sehr, und David Sichel hatte nach seiner Frau Surle und seinen beiden Söhnen Isidor und Nathan keinen Menschen lieber als Fritz. Jedoch benutzte David Fritz' Freundschaft andauernd für seine Versuche, ihn zu verheiraten.
Fast zwanzig Minuten saßen sie beieinander im Gespräch und sahen sich dabei mit dem Behagen an, das zwei alte Freunde jedes Mal erleben, wenn sie einander sehen, miteinander reden und sich so offen und ohne Hintergedanken aussprechen, wie man es mit Fremden niemals kann – sie hockten also beisammen, und für einen Moment hatte sich der Schwatz über Alltagsangelegenheiten erschöpft, als das Gesicht des alten Rebbe einen träumerischen Zug annahm, um sich dann plötzlich mit merkwürdigem Glanz zu beleben. Er rief:
»Kobus, kennst du die junge Witwe des Ratsherrn Römer? Weißt du, dass sie hübsch ist, oh ja, eine hübsche Frau! Sie hat schöne Augen und ist obendrein sehr charmant. Weißt du, da komme ich vorgestern zufällig an ihrem Haus in der Zeughausstraße vorbei, und sie beugt sich aus dem Fenster und ruft mir zu: ›Hallo, da ist ja der Herr Rabbiner Sichel, es freut mich, Sie zu sehen, mein lieber Herr Sichel!‹ Tja, Kobus, ich also ganz überrascht, bleibe stehen und antworte ihr freundlich: ›Kann denn ein alter Mann wie David Sichel so schönen Augen gefallen, Frau Römer? Nein, nein, es kann nicht sein, ich sehe schon, dass Sie das aus Herzensgüte gesagt haben!‹ Und wahrhaftig, Kobus, sie ist so gut und anmutig, und gescheit ist sie. Sie ist – um es mit dem Hohelied zu sagen – wie die Rose von Scharon und das Maiglöckchen im Tal In Hld 2, 1 ist allerdings die Rede von Blumen und Lilien, nicht von Rosen und Maiglöckchen.«, sagte der alte Rabbiner und wurde dabei immer lebhafter.
Da sah er, dass Fritz grinste, unterbrach sich, wackelte mit dem Kopf und schrie:
»Du lachst... du musst doch immer lachen! Ist das eine Art, sich zu unterhalten? Also, habe ich nicht recht, ist sie nicht so, wie ich sage?«
»Sie ist noch tausendmal schöner«, antwortete Kobus, »aber jetzt erzähl weiter, sie hat dich hereingebeten, nicht wahr... und sie will wieder heiraten?«
»Ja.«
»Haha! Gut! Das wäre die dreiundzwanzigste...«
»Die dreiundzwanzigste, die du mir ausschlägst?«
«Ja, David, und es fällt mir schwer, sehr schwer. Ich würde gern heiraten, damit du mit mir zufrieden bist, aber du weißt doch...«
Da wurde der alte Rebbe zornig.
»Ja«, sagte er, »ich weiß, dass du ein dicker Egoist bist, ein Mensch, der nur an Trinken und Essen denkt und sich Gewaltiges auf seine Größe einbildet. Fritz Kobus, du tust unrecht, ja, unrecht, so ehrliche Menschen abzuweisen, die besten Partien von Hüneburg, denn – du wirst alt. Noch drei oder vier Jahre, und dein Haar wird grau. Ha, und dann wirst du mich rufen und sagen, ›David, such mir eine Frau, lauf, ist da denn keine, die zu mir passt?‹ Doch dann wird deine Zeit vorbei sein, du verfluchter Schelm, der über alles lacht! Die Witwe war viel zu gutherzig, überhaupt nach dir zu fragen!«
Je mehr der alte Rabbiner sich ärgerte, desto mehr lachte Fritz.
»Dieses Lachen«, schrie David, erhob sich und wackelte mit den Händen neben seinen Ohren, »dieses Lachen will ich nicht mehr hören, denn es macht mich wütend! Wer so lacht, muss doch blöde sein!«
Dann wurde er ruhiger.
»Kobus«, sagte er und schnitt ein verdrossenes Gesicht, »mit diesem Lachen verscheuchst du mich noch aus deinem Haus. Kannst du denn nicht einmal ernst sein, nur einmal in deinem Leben?«
»Ach komm, Posche Jisroel«, erwiderte Fritz, »setz dich her und lass uns noch ein Gläschen alten Kirsch trinken.«
»Soll mich dieses Kirschwasser doch vergiften, wenn ich noch einmal hierherkomme!« sagte der alte Rebbe wütend. »Dein Lachen ist so dumm, so dumm, dass mir davon schlecht wird.«
Mit steifem Nacken stieg er die Treppe hinunter und rief:
»Das war das letzte Mal, Kobus, das allerletzte Mal!«
»Ach was«, sagte Fritz, der sich über das Geländer gelehnt hatte. Seine Wangen waren vor Vergnügen gebläht. »Du bist morgen wieder hier.«
»Niemals!«
»Morgen, David. Die Flasche ist ja noch halbvoll, weißt du.«
Der alte Rabbiner ging mit großen Schritten die Straße hinauf und murmelte etwas in seinen grauen Bart, während Fritz fidel wie ein Zaunkönig die Flasche in den Schrank schloss und zu sich sagte:
»Die dreiundzwanzigste also... Ach, alter Posche Jisroel, hast du mir Spaß gemacht!«
Am nächsten oder übernächsten Tag kam David auf Kobus' Einladung wieder. Sie saßen wieder miteinander am selben Tisch, und was sich zuvor ereignet hatte, war vergessen.