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ls vor dreißig Jahren die erste Auflage dieses Werkes erschien, war Westphalen nicht das, was es heute geworden. Noch durch keine Eisenbahnen in den großen Weltverkehr gezogen, noch ohne die rastlos thätige Verwerthung seiner großartigen Bodenschätze und seiner markigen Arbeitskräfte, war es ein stilles, wenig belebtes und auch wenig bekanntes, vielfach als unwirthlich verschrienes Land. Als der größte lyrische Dichter, den es hervorgebracht hat, die Absicht faßte, ein malerisch-romantisches Westphalen zu schreiben, mußte er noch für dies Unternehmen die Art von Schutzrede nöthig halten, welche sein schönes, aus den nächsten Blättern folgendes, Einleitungsgedicht bildet.
Seitdem ist ein großer Umschwung eingetreten, eine bewundernswerthe Entwickelung nach allen Richtungen hin erfolgt – in dreißig Jahren ist Westphalen eines der bedeutendsten Industrie-Länder der Welt geworden, und neben dem stillen alten »Hellwege«, auf dem früher eine rege Phantasie nur die Schatten der römischen Legionen auf ihrem Marsch in die Cheruskerberge oder die Heersäulen der Franken des großen Karl wider den zähen Helden unserer Volkssage in den Kampf ziehend erblickte – neben dem verlassenen alten Heerwege rollen heute Land auf Land ab auf vervielfachten Schienensträngen die Feuerrosse mit unabsehbaren Zügen, und kein Horizont ist mehr zu sehen, der nicht steilrecht durchschnitten wäre von den schwarzen Linien der oft zahllosen hohen Essen.
Wir hoffen, daß die neue Ausgabe unseres Buches etwas wie ein Spiegelbild solchen Aufschwungs und solcher reichen Entwickelung bilde, daß es, wie Westphalen ein anderes Land, ein anderes Buch geworden. Wenigstens ist es unser Bemühen gewesen, ohne jenen Ton jugendlich romantischer Stimmung und schwärmerischer Heimathsliebe, der der ersten Auflage Freunde gewann, zu verwischen, mit festerer Hand zu zeichnen, genauer und gründlicher auszuführen und den Rahmen nach allen Seiten hin zu erweitern. Die Verlagshandlung hat dabei keine Opfer gescheut, um den illustrirenden Schmuck würdig und reich zu gestalten, und so dürfen wir das Werk, welches wir heute abschließen, die durchgearbeitete Ausführung dessen, was in der ersten Auflage flüchtige Skizze war, nennen.
Ein ganzes weites Land genau zu kennen, ist Niemandem gegeben; genau kennt Jeder nur seinen nächsten Kreis. Darum bitten wir um die Nachsicht des Lesers, der in Beziehung auf seine Umgebung einzelne Irrungen oder falsche Züge in unserer Schilderung gewahren sollte; wir werden dankbar für Berichtigungen sein.
Wir dürfen dies Vorwort nicht schließen, ohne der Förderung zu gedenken, welche uns in jenen, jetzt schon so weit zurückliegenden Tagen der ersten Ausarbeitung ward. F. Freiligrath hatte sie ursprünglich übernommen; er schmückte das Buch mit dem Freistuhl zu Dortmund und der Einleitung. Wenn aber der fernere Text dem Unterzeichneten zufiel, so stand ihm dabei mit reger und thätiger Theilnahme und ihrer Kenntniß von »Land und Leuten« die Dichterin der rothen Erde, die Verfasserin der Gedichte zur Seite, die mit diesen Bearbeitungen von Sagenstoffen die Schilderung des Landes bereicherte, an dem ihr innerstes Herz hing.