Mynona (Salomo Friedländer)
Rosa die schöne Schutzmannsfrau und andere Grotesken
Mynona (Salomo Friedländer)

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Die Torturen des Gottes Mumba

Paulo Scheerbart in Züchten!

Mumba, der schalkhafteste Gott des dreckigen «Sternes» Erde, wollte grausam sein, er hatte die Erde im Magen. Und er wollte doch wieder nicht grausam sein, denn er liebte die Erde: Mumba grübelte. Seine Gottheit legte ihm die Verpflichtung auf, zu lieben, es gut zu meinen; ein Gott, der nicht gut ist, ist ein Teufel. Und doch wurde Mumba des Teufels, wenn er die dreckige Erde roch. Aber gerade der wollte, mußte er gut sein, kraft seiner Gottheit. Er grübelte tief. Ach Mumba. Er fand die Erde zu menschlich. Die Menschlichkeit war der Erde bis ins innerste Gebein gedrungen. Der Granit hatte so was Suppiges angenommen. Die Luft sah aus wie ein Brautschleier. Die Beben der Erde grollten schon doktrinär moralisch; es gab didaktische Gewitter, religiöse Platzregen, rhetorische Organe, scheußlich ästhetisierende Landschaften, predigende Himmelsröten, blaustrümpfige Wolken. Die Verderbnis hatte vom Menschen aus bereits die bekannten drei Reiche durchsucht. Kristalle, Chemikalien kriegten was Artefaktes, Mathemateskes. Pflanzen wuchsen so recht à la Schiller «unbewußt», mit ihrer Schamlosigkeit und Unschuld prahlend. Und die Tiere – Gott steh uns bei! Die wilden sahen peinlich gelehrt aus, man kann es nicht anders sagen, wie wenn sie Brillen auf der Nase hätten. Der ganze Klimbim hatte was Professorales. Nun erst die geliebte Menschheit selbst: samt und sonders «gebildet»; es gab keine Indianer mehr, keine Afrikaner, keine Orientalen mehr; die Zivilisation hatte sie alle humanisiert – brrrr! Mumba war ja kein Kraftmaier – oh nein, kein Schwärmer für gebildete Rassen-Ferozität. Es hatte in seinen Augen keinen Zweck, durch Gebildetheit wilde Völker und Tiere zu zivilisieren. Er verachtete die künstliche Kultur so heftig wie die rohe Kraft. Er lehnte die 56 Menschheit ab, feine und rohe. Und doch liebte Mumba, selbstverständlich wie Götter lieben, mit Hilfe der Dressurpeitsche, des Schmerzes. Mumba liebte nur allzusehr die Selbstzerstörbarkeit des Menschen. Der Mensch als Selbstmörder war seine Wollust. Und deshalb grübelte er gar nicht lange mehr, sondern ersann Qualen für diejenigen Menschen, die das geringste Talent zum Selbstmord haben: für die Phlegmatiker. Was den Rest anlangte, ach Herrje, der war fabelhaft leicht aus der rissigen Haut zu bringen. Aber diesen Dickfellnaturen wuchs die geplatzteste Haut im Handumdrehen wieder zum dicksten Fell zusammen. Mumba suchte nach dem musterhaftesten Versuchstier und fand es in einem der bekanntesten australischen Monarchen, dem festen Kaiser Schrill von Knällen. Gelang es Mumban, dieses Urpachyderm aus der Fassung zu bringen, so war die Menschheit insgesamt geliefert, mehr als der konnte nicht einmal der idiotischste menschliche Leichnam vertragen.

Ahnte Schrill was von Mumba? Nein, die Schrille regieren, sie ahnen gar nichts als calauerandi causa – ihre Ahnen. Der Mumba begriff das und raunte Schrillen ins Herz, er stamme von einem der schönschenkeligsten Lakaien der Kaiserin-Mutter ab. Schrill sah an sich herunter, verglich, forschte, spielte mit seiner Mama eine Hamletszene und? Und regierte weiter, er schwor zum monarchischen Prinzip. Mumba stärkte das republikanische, ließ eine Revolution ausbrechen. Schrill, nicht faul, peitschte seine Soldaten aufs Volk. Das Volk, noch weniger faul, entwaffnete die herzensgute Armee, selbst die braven höchsten Offiziere durch seine Gemütsfülle sowie durch respektable Zivilangebote. Schrill mußte abdanken, setzte sich einen hellgrauen Zylinder aufs Haupt und fuhr aus einem eleganten Exil ins andre, suchte Propaganda für sich zu machen. Als das schlecht anschlug, kniete er sich hin und sagte: «Ich bin doch der Kaiser!» Er richtete sich einen netten kleinen Hofstaat ein und lebte mit strengstem Zeremoniell.

Mumba warf ihn voller Wut aufs Totenbett –: 57 «balsamiert mein Herz und setzt es mit kaiserlichem Gepränge bei, leistet meinem Sohn den Untertanen-Treueid», waren Schrills letzte Worte. –

Werden's die geliebten Leser nur glauben? Mumba scheiterte am monarchischen Prinzip. Mit wem kämpfen bekanntlich selbst Götter vergebens? Mumba sah es ein: Die Menschheit ist durch das monarchische Prinzip vor der Selbstzerstörung geschützt. Republikanern kann man ihre Illusionen zerplatzen lassen wie? Wie Seifenblasen natürlich. Der Monarch ist der Archäus der Menschheit! –

Mumba ließ die Erde Erde sein, ihre Meere Lloydhaft zutraulich, ihre Lüfte zeppelinisch jovial, ihre Gebirge tunnelmäßig bierehrlich und zahnrädrig lächelnd, Gewitter wie Backfische kichernd. Wolkenbrüche studentisch pladdernd, Landschaften mit dem Ausdruck Wilhelm Bölsches in den Linien. Ja, selbst das Grausen alter Mitternächte der Unheimlichkeiten nahm ganz deutlich immer mehr H. H. Ewerssche Formen an.

Da . . . . . Mumba auf die Erde und ihren Archäus und ging? Zum Scheerbart. – Ach Mumba! 59

 


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