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Nachdem unsere gestrige Fahrt so vergnügt und glücklich ablief, entschloß ich mich heute früh abermals zu einer Schlittenfahrt mit Götzen. Die Kälte war aber so groß, daß wir beide zufrieden waren, als wir uns wieder zu Hause befanden. Wir waren bis Burgau gefahren, und die Gegend sieht bei ihrer Mannigfaltigkeit auch in dieser Jahrszeit noch ganz freundlich aus. Ich bin auch heute schon ganz fleißig gewesen und wünsche nur, daß es so fortgeht.
In meinem hintern Vorzimmer neben dem Mikroskop liegen Bücher, unter denen mir Dein Bruder den Theophrastus de coloribus aussuchen mag, den Du mir mit den Botenfrauen schicken kannst. Indessen lebe recht wohl und grüße mir den Kleinen schönstens, er soll mir ja recht fleißig schreiben. Jena, den 8. Februar 1799.
G.
[Weimar, 9. Februar 1799.]
Lieber Vater!
Sie werden wohl vorgestern auf dem Wege nach Jena sehr gefroren haben, weil die Luft so kalt wehete, daß ich mich selbst auf dem Eise nicht länger als eine halbe Stunde aufhalten konnte. An demselben Tage bin ich auch sehr erschrocken. Ich war in den Stunden, als die Frau Professorin schnell zu uns herauf kam und sagte: es sei Feuer in der Stadt. Wir sahen gleich hinaus und hörten das Stürmen und das Laufen der Menschen, von denen einige sagten: das Feuer sei in Ober-Weimar. Als wir nach dieser Gegend sahen, erblickten wir einen feuerrothen Schein. Wir erfuhren dann, daß das Feuer in Ehringsdorf sei, wo 6 Häuser und 13 Scheunen abgebrannt sein sollen. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. A. Goethe.
Ich habe mich heute wieder verführen lassen, eine Stunde Schlitten zu fahren. Die Kälte war viel erträglicher als neulich, und ich finde mich von der Bewegung ganz heiter.
Meine Arbeiten gehen bis jetzt recht gut von Statten, und ich werde in den nächsten drei Wochen schon etwas vor mich bringen. Es war aber auch endlich einmal nöthig, daß etwas geschah.
Ich schicke Dir hierbei etwas Wildpret, daran es mir hier nicht fehlt. Mit meinem Essen steht es überhaupt ganz gut, ich lasse mir von der Trabitius Morgens wieder Wassersuppen kochen, denn es scheint doch, daß die Chocolade mir nichts taugt. Wer weiß auch, was sie bei der Fabrication hineinmischen. Lebe recht wohl, grüße das Kind und gib ihm inliegendes Briefchen. Jena, den 12. Februar 1799.
G.
Das Buch ist mir richtig überbracht worden.
[Weimar, 12. oder 13. Februar 1799.]
Lieber Vater!
Sie werden sich noch zu erinnern wissen, daß ich Ihnen einmal Ihre Uhr, die Sie bei Ihrer Abreise von hier nach Jena mitzunehmen vergessen hatten, in einem kleinen Schächtelchen hinüber geschickt habe, auf dessen Deckel ein Bildchen war. Wollten Sie nicht so gütig sein und mir dasselbe wieder zurückschicken, wenn es noch zu finden ist? ich möchte gern einen Theil meiner Soldaten hinein packen. Am Montage war ich in der Komödie und sahe das Stück: ›Stille Wasser sind tief‹. Vohs machte immer tiefe Complimente und wußte einen dummen Menschen sehr gut zu machen; Beck machte auch viel närrisches Zeug, er sagte immer: »Mich hungerts« und wollte sich über Vohsen halb todt lachen. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Goethe.
Ich danke Dir für Deine Briefe, die doch dießmal so gar kurz nicht sind.
Ich freue mich zu hören, daß ›Albert von Thurneisen‹ euch recht gerührt hat. Es ist bei diesem Stück darauf angelegt, daß nicht leicht jemand mit trocknen Augen herausgehen soll.
Ich bin diese Tage fast jeden Morgen eine Stunde auf dem Schlitten gefahren und befinde mich ganz wohl davon.
Mit den Pferden ist es mein völliger Ernst; nur muß man sich voraussagen, daß bei dem Vergnügen und Nutzen, den man sich davon verspricht, auch manches sehr Unangenehme vorkommt, worüber man sich denn hinwegsetzen muß. Da Du diese Art von Besorgungen gern übernimmst, so wird es Dir leicht werden, und Du wirst für die Mühe und für den Verdruß auch manche gute Stunde haben.
Meine Arbeiten fördern so ziemlich, doch, hoffe ich, soll es täglich besser gehen.
Für heute lebe wohl und besorge die Inlagen sogleich aufs beste. Jena, am 15. Februar 1799.
G.
Die Botenweiber wollen wieder um Mittage fort, deßwegen sage ich Dir nur mit wenigem, daß ich mich wohlbefinde und fleißig bin. Wenn sonst nichts vorfällt, gedenke ich noch 14 Tage hierzubleiben; da könntest Du Sonnabend, den zweiten März, herüberkommen und Montag, den vierten, wieder mit hinübergehen.
Doch darüber können wir noch Abrede nehmen.
Lebe wohl, grüße das Kind und sei vergnügt.
Es wird ein Packet mit Geld ankommen, welches Du wohl verwahren wirst.
Jena, am 19. Februar 1799.
G.
Schicke mir doch ein Stängelchen von des Doctors Pflaster, ich habe wieder einen kleinen Schwären auf dem Rücken bekommen, der zwar gar nichts bedeutet, aber mich doch incommodirt.
Lieber Vater!
Ich bedanke mich recht sehr für die Täubchen, Aprikosen, Kärtchen, Bildchen, Herzchen und für die andern schönen Sachen von Zucker, welche Sie mir am vorigen Sonnabend in dem Schächtelchen geschickt haben. Am Montage nach Mittag ging ich durch den Park spazieren, wo es ziemlich glatt war, so daß ich einigemal hingefallen bin. An den Seiten der Chaussée nach Belvedere war unter den Bäumen sehr viel gefrornes Wasser, auf dem man vortrefflich herumgleiten konnte. Hierauf ging ich in das Theater und sahe zuerst: ›Wie machen sie es in der Komödie?‹ und dann den ›Juristen und Bauer‹. Das letzte Stück hat mir am besten gefallen; Becker hatte sich gräßlich gemalt, gähnte immer und schnitt komische Gesichter. Nachher war er betrunken und taumelte auf dem Theater herum, worüber ich viel gelacht habe. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 20. Februar 1799. August Goethe.
Da meine Arbeiten, auf die ich dießmal rechnen konnte, so ziemlich vollbracht sind, so könntest Du allenfalls auch schon den nächsten Sonntag, den 24. dieses, herüberkommen. Ich schreibe Dir dieses vorläufig, damit Du Deine Einrichtung machen kannst. Ich wünsche, daß Du den Freitag eine vergnügte Redoute haben mögest, Sonnabend wohl ausschläfst, eine hübsche Komödie sähest und Sonntag leidliches Wetter hast. Die Frau Postverwaltern wird Dich mit Vergnügen aufnehmen. Lebe wohl, grüße das Kind; den Freitag schreibe ich mehr.
Jena, am 20. Februar 1799.
Mein Verlangen, Dich und das liebe Kind wiederzusehen, ist gar zu groß, daß ich Dich eher, als ich wollte, berufen muß. Lebe wohl und behalte mich recht lieb.
Lieber Vater!
Meine liebe Mutter und ich, wir freuen uns recht sehr, daß Sie uns durch einen Husaren haben einen Brief zugeschickt, in welchem Sie uns einladen, nach Jena zu kommen, um Sie zu besuchen. Ich habe eine große Sehnsucht, meinen lieben Vater wiederzusehen und zugleich die Saale in Augenschein zu nehmen, welche jetzt sehr angeschwollen sein und viele große Eisschollen vor der Stadt vorbei treiben muß. Es thut mir daher leid, daß ich den Sonnabend noch nicht kommen kann, weil meine Mutter noch viel zu thun hat, aber auf den Sonntag werde ich Ihnen in Jena ein Küßchen geben. Den kleinen Karl grüßen Sie von mir. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, im Februar [20.] 1799.
August Goethe.
[Weimar, 22. (?) Februar 1799]
Lieber Vater!
Es ist mir recht lieb, daß es nun ernstlich anfängt zu thauen, ich glaubte, es würde gar kein Sommer wiederkommen. Am Mittwoche des Nachmittags ging ich bei dem schönen Wetter mit dem kleinen Ernst und Herrn Eisert nach Ehringsdorf, um die Brandstätte zu sehen. Der Weg auf der Chaussée bis nach Ober-Weimar war gut gebahnet, nur war das nicht schön, daß uns die Holzwagen und Schlitten zu oft nöthigten, in den Schnee zu treten. Wir sahen in Ehringsdorf die 6 abgebrannten Häuser und mehrere Scheunen; die Bretter am Kirchthurme waren schwarz, weil er schon zu brennen angefangen hatte; eine alte Linde bei der Kirche hat auch einige Äste verloren. Die Brandstätte würde noch schrecklicher ausgesehen haben, wenn der tiefe Schnee nicht manches bedeckt hätte. Wir kamen zwar müde nach Hause, aber es war uns doch wohl. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
*
*
Das Geld von der Eisenachschen Kammer und von der Weimarischen habe ich beides an den Herrn von Knebel geschicket, das von Ludecus aber habe ich nicht bekommen und also in der Buchhandlung nicht bezahlen können. Vor das Überschickete danke ich herzlich; von dem BischofPisschofft wird alle Tage zum Frühstück nur ein kleines Gläschen getrunken. Daß Dir es mit arbeiten so gut geht, freut mich; ich werde unterdessen recht lustig sein. Den Donnerstag werden mir in Kötschau sein. Du sollst von morgen an ein kleines Tagebuch von mir erhalten; alle Abend will ich Dir schreiben, wie mir es den ganzen Tag ergangen ist. Heute muß ich Kuchen backen und kann Dir also nicht so viel schreiben; meine einzige Bitte ist, mich Hasen nur recht lieb zu behalten.
Weimar, den 23. März [1799].
V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich muß Ihnen doch schreiben, wie es mit dem Eiersuchen abgelaufen ist. Am Donnerstage um 2 Uhr ging ich zu dem kleinen Stein, bei dem sich schon 4 Kinder versammelt hatten, um Eier zu suchen. Es waren 5 Nester, in einem jeden lagen 6 Eier. Mein Nest, das im Ofen lag, fand ich zuerst. Hierauf spielten wir bis nach 5 Uhr mit dem hölzernen Pferde. Gestern war nun Eiersuchen bei mir. Der kleine Stein, Kästner mit seiner Schwester und Götze waren da. In jedem Neste, welche in dem Garten versteckt waren, lagen 3 Eier, ein rothes, gelbes und weißes, außerdem ein Brottörtchen, eine Makrone, Bisquit und ein spanisches Butterbrot. Ich und Götze fanden unsere Nester zuerst. Nach diesem Spaße ließen wir 2 mit Lanzen bewaffnete Soldaten mit einem Drachen kämpfen. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Goethe.
[Weimar, 27. März 1799.]
Lieber, Bester, itzo will ich Dir sagen, wie es mir in Deiner Abwesenheit ergangen ist.
Freitag, den 22., war ich in der Kirche und auf den Abend bei der Matiegzek. Sonnabend am Tage bin ich fleißig gewesen und habe allerlei in Ordnung gebracht; und auf den Abend war die Matiegzek bei mir. Sonntag in der Kirche und nach dieser nach Belvedere. Montag waren die Freunde bei mir, und wir gingen in die Komödie; das Stück ging sehr gut. Dienstag frühe habe ich mich mit dem Gartenwesen beschäftigt, welches mir dieß Frühjahr recht viel Freude machen wird; auf den Abend Redoute, wo ich wieder einen sehr schönen Tänzer habe kennen lernen, der mit dem Namen Eisert heißt. Heute muß ich mich erkundigen, was es vor ein Landsmann ist. Mit dem habe ich so viel getanzet, daß ich ein paar ganz neue Schuhe habe durchgetanzt; habe aber auch 1 kleinen Thaler gewonnen, und es war sehr schön, es hat mir sehr gefallen, und ich bin heut ganz munter und vergnügt. Heute habe ich Dich schon oft gewünscht, daß Du hier wärst, daß ich Dir alles erzählenherzälen [aber doch wohl das Obige beabsichtigt] könnte. Ich habe gestern viel Freude gehabt; nur als ich nach Hause kam, fehlte mir mein lieber Schatz. Da küßte ich den Gustel und schlief ein. Heute habe ich wieder allerlei zu besorgen, und auf den Abend werde ich den Herrn Spitzeder sehen. Morgen geht es nach Kötschau, und auf den Freitag wollte ich nach Roßla fahren und da allerlei ins Gleiche bringen.
Wenn Du wiederkömmst, wirst Du mir es schon schreiben. Leb wohl und denke manchmal an Schatz. Adieu, Lieber.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Diese Feiertage habe ich sehr vergnügt zugebracht. Ich habe meist im Garten gespielt, besonders mit Götzen und Ernsten viel gekegelt. Am zweiten Feiertage habe ich den ›Hamlet‹ gesehen, der mir sehr gefallen hat; Malcolmi machte den Geist sehr gut, er sprach in einem tiefen Tone und betrug sich wirklich wie ein Geist, vor dem man sich fürchten muß. Vohs gefiel mir als Hamlet sehr gut, besonders da, wo er die kleine Komödie aufführen läßt. Gestern wurde im Garten an meinem kleinen Häuschen gemauert, in das ich das Wasserhuhn logiren will. Hierauf schossen wir mit dem Bogen, dann spielte Stein und Götze mit meinem Dorfe, das ich durch den Drachen verwüsten ließ. Die Redoute gefiel mir nicht, weil nichts Komisches zu sehen war. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
[Weimar, 30. März 1799.]
Itzo, mein Lieber, folgt meine Fortsetzung. Der Herr Spitzeder ist, glaube ich, mehr vor ernste Rollen als vor komische, hat aber eine sehr gute Aussprache. Und ich glaube, wenn man ihn gewohnt ist, wird er besser gefallen. Den Donnerstag waren mir [in] Kötschau sehr vergnügt. Es gingen einige theatralische Szenen vor, die ich Dir alle so des Abends erzählen will; dann mußt Du gewiß lachen. Gestern war ich [in] Roßla und habe den Reimann gesprochen; der ist in der völligen Arbeit, und zu Ende der künftigen Woche wird er mit setzen der Bäume fertig werden. Ich habe mit ihm gegessen, und ich hatte etwas Wein mit, das war gut. Ich habe auch dem Pachter seinen Bruder auf ein paar Tage mitgenommen. Nunmehro sind unsere Lustpartieen amein Ende, und sobald es gutes Wetter wird, will ich mich sehr viel mit meinem Gartenwesen beschäftigenbeschädigen; und alsdenn haben wir vielleicht auch wohl Pferde, die mir alsdann viel Freude machen werden und Arbeit. Daß Du aber bald einmal nach Roßla mußt, ist sehr nöthig; es ist so vieles zu bereden, ich muß aber auch dabei sein. Wenn SchillerSchüler nicht zu der Zeit, wo Du rüberkömmst, mitkömmt, und es wäre schönes Wetter, so könntest Du nach Roßla reiten, und ich käme mit dem Wagen und holte Dich, und auf den Abend führen mir herein. Daß Dir es mit Deinen Arbeiten gut geht, freut mich sehr, aber noch mehr, daß Du vergnügt bist. Ich bin auch ein Hase, wenn ich nur nicht seit der RedouteRude schon ein Meerweibchen wäre. Leb wohl und denke an Deinen Schatz, der Dich immer lieber hat.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Gestern war ich mit meiner Mutter in Roßla, wo ich mich sehr lustig gemacht habe. Wir fuhren um 9 Uhr von hier weg und waren um 11 Uhr unten. Ich verzehrte nun ein Stück Brot, Eier und Schinken, dann ging ich mit Götzen von 12 bis 3 Uhr in die Schule, wo zuerst 2 Jungen an die Tafel geschriebene Noten absingen mußten, ich sahe indeß Bilder an; dann mußten dieselben Jungen ein Liedchen absingen, wobei ich sehr gelacht habe, weil sie immer jede Zeile 4–6 Mal wiederholten und zwar immer in andern Tönen. Nun wurde geschrieben, ich schrieb eine Vorschrift ab, in welcher die Größe der Erde angegeben war. Nachher wurden einige Wörter buchstabirt. Nach der Schule hüpften wir im Strohe herum. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. August Goethe.
Wenn ich Dir diese Zeit über wenig geschrieben habe, so war es, weil ich gar wenig zu sagen hatte. Meine Arbeit ging gut von Statten; anfänglich beim schönen Wetter ging ich spazieren und jetzt bei der Kälte bleib ich zu Hause. Abends geh ich zu Schiller, und so vergeht ein Tag nach dem andern. In diesen nächsten acht Tagen denke ich noch manches zu thun; sollte das Wetter einmal recht schön werden, so entschließe ich mich vielleicht, nach Roßla zu reiten, und schicke Dir einen Boten, damit Du auch hinauskommst. Schickt sich das aber nicht, so gehen wir einmal von Weimar zusammen hin.
Es ist gut, daß die Baumpflanzung zu Stande ist, denn es war freilich die höchste Zeit, und man wird, wenn es einen dürrenein dürrer Sommer gibt, dennoch gießen müssen.
Du hast ja wohl den Schlüssel zum Schreibepult, der in Roßla steht?
Ich füge noch mit eigner Hand hinzu: daß ich Dich herzlich lieb habe und bald wieder mit Dir zu sein wünsche. Grüße das liebe Kind und sag ihm, er soll mir schreiben. Lebe recht wohl und behalte mich lieb. Jena, den 2. April 1799.
G.
[Weimar, 2. April 1799.]
Lieber, ich danke Dir, daß Du mir nur einige Zeilen geschrieben hast. Diese Woche will ich noch recht fleißig sein und meine Kleider alle in Ordnung bringen und das weiße Kleidchen machen,Könnte auch nähen heißen sollen um daß, wenn Du wiederkömmst, wir rechte Schlampamps-Stündchen haben können. Hier schicke ich Dir den Brief, den ich soeben von dem Barmer Herrn von Hendrich erhalten habe. Sei so gut und schreibe mir bald, was ich ihm antworten soll. Kämst Du aber in dieser Zeit, so wär es wohl noch besser. Ich glaube, er braucht Geld zur Leipziger Messe; Du hast nun einmal Deinen Gefallen daran, so laß Dich auch einige Thaler nicht reuen.
Leb wohl und behalte mich lieb.
C. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Es war hier ein Riese zu sehen, der sich in der ›Sonne‹ aufhielt und ein geborner Türke gewesen sein soll, ich habe ihn aber nicht gesehen; am Sonntage wollte ich zu ihm gehen, aber er war schon abgereiset. Er hatte noch einen Zwerg von 27 Jahren, so groß wie ich, bei sich. Am Montage war ich in der Komödie und sahe den ›Fremden‹. Das Stück hat mir ziemlich gefallen, besonders habe ich über Vohs viel lachen müssen; seine Frau hatte in ihrem Schranke einen Drachen, auf dem etwas von ihrem Manne stand; sie sagte ihm aber, es wäre ein Vögelchen darin, da ging Vohs hin und rief: »Gut Männchen, gut Männchen!« Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. A. Goethe.
Ich freu mich sehr, daß ich Dich künftigen Mittewoch wiedersehe, und bis dahin sollen sowohl Deine Zimmer, als auch des Herrn Hofraths seines in Ordnung sein.
Mit Roßla wollen mir es sein lassen, bis Du hierher kommst. Da wirst Du doch wohl einen Tag abbrechen können, daß wir zusammen nunterfahren können.
Mit dem Herrn von Hendrich steht der Herr von Schardt in Handel; und ich denke, was der gibt, kannst Du ohne Bedenken etwas mehr geben, denn der wirft nichts weg.
Heute ist ein Eimer Wein von dem Herrn Zapff angekommen. Ich glaubte, Du hättest ein OhmOme bestellt, weil er besser auf Bouteillen wird und auch itzo besser zu transportiren ist. Ich dächte, Du ließest noch einen Eimer kommen; wenn es möglich ist, will ich ihn abziehen, ehe Du kömmst. Mir ist, als wärst Du schon lange weg. Wenn es über 14 Tage ist, nach[her] kann ich vor Sehnsucht immer nicht anders denken, als es wäre schon lange Zeit, daß Du weg bist. Leb wohl, ich bin heute mit Wäsche beschäftigt. Weimar, den 5. April [1799].
V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich sehne mich sehr nach Ihnen und freue mich herzlich, daß es nun keine Woche mehr dauern wird, wo wir uns wiedersehen und uns recht lieb haben können. Sie haben meiner lieben Mutter geschrieben, daß der Herr Hofrath Schiller mit Ihnen nach Weimar kommen werde; ich muß Sie daher bitten, den kleinen Karl mitzubringen, mit dem ich gern wieder einmal spielen möchte. Am Donnerstage war ich bei dem neuen Hause, wo das umher spritzende Wasser des Wasserfalls sich an der Seite als Eis angehäuft und sich an Stückchen Holz und an die Aeste desselben sehr schön angesetzt hatte. Ich trug ein Stück nach Hause. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Goethe.
Lieber, was ich mich und das Kind freuen auf das gute Väterchen, kannst Du Dir nicht vorstellen, und wir streiten uns des Morgens im Bette, wer Dich zuerst grüßen will. Wenn Dir es möglich ist, so schreibe mir noch ein Briefchen, ob Schiller gleich mit Dir kommt, und ob ich ein Abend-Essen zurecht machen soll. Es geht doch wohl bis Mittwoch jemand herüber, und Du kannst mir ja auch noch ein Wort durch die Botenweiber schicken. Heute gehe [ich] in die ›Zauberflöte‹ zum 30.03 Mal. Mit meinen Gärten geht es auch ziemlich vorwärts; der Garten am Hause ist ganz in Ordnung. Und wenn es schönes Wetter ist, wirst Du wohl nicht viel heraus kommen. Leb wohl, bis ich Dich wiedersehe, ich erwarte Dich mit großer Liebe und Sehnsucht. Weimar, den 6. April [1799].
C.
*
*
Der Herr Professor wird Dir schon erzählt haben, daß wir mit den Pferden ohne Anstoß herübergekommen sind, ich bin schon zweimal spazieren gefahren, und es geht recht gut damit. Ich lasse ihnen den Tag 3 Metzen geben, da können sie sich schon ausfüttern; ich werde sie aber auch dafür nicht schonen; sobald das Wetter nur ein wenig freundlicher ist, will ich nach Dornburg fahren und vielleicht sonst noch einige Touren machen.
Wie es mit dem Heideloffischen Packet gegangen ist, kann ich nicht begreifen. Es ist hier nicht zu finden, und Geist will so gut als für gewiß behaupten, es müsse schon im Februar nach Weimar gekommen sein. Nach meinem Calender habe ich Dir am 15. Februar ein großes Packet geschickt, das in grünem Wachstuch eingepackt war; es steht freilich nicht angemerkt, daß das Heideloffische Packet sich dabei befand, es war aber zur damaligen Zeit schon angekommen, und ich finde weiter keine Spur. Besinne Dich doch und frage etwa die Leute, ob sich niemand etwas erinnert; der Fall ist mir gar unangenehm und mir gar noch nicht passirt.
Von meiner Arbeit kann ich noch nichts loben, doch das wird ja wohl auch kommen. Heute nichts weiter, grüße das gute Kind und lebe recht wohl.
Jena, am 3. Mai 1799.
G.
[Weimar, 3. Mai 1799.]
Wegen des Packet an Heideloff bin ich verdrüßlich, und alle Bestellungen von Dir sind mir so nothwendig, daß ich sie nicht geschwind genug aus dem Hause bringen kann. Und Du wirst auch noch nicht gehört haben, daß ein Brief oder Packet, das Du mir schicktest, liegen geblieben wäre. Daß ich im FebruarFederaur ein grünes Wachstuch, wo viele Packete drin waren, (erhalten habe,) weiß ich; aber Geist kann nach seiner Art gedacht haben, er hat das Packet eingepackt, und hat es bei siche liegen lassen. Denn hier wäre manches auch nicht besorgt, wenn ich es nicht besorget. Daß es bei mir nicht weggekommen ist, davor wollt ich mit meinem Leben stehen. Damals, als die Gemälde weg waren, sagte Geist auch: er hätte es der Tante gegeben. Marie hat mir gesagt, sie hätt einmal was an Heideloff in das Komödienhaus getragen; aber sie weiß nicht, ob es ein Brief oder Packet gewesen ist. Daß Du mit Deinen Pferdchen zufrieden bist, freut mich. Fahr nur alle Tage, damit sie nicht so muthwillig werden. Wir sind alle sehr fleißig, um Dir das Haus wieder recht aufzuputzen. Den Montag habe ich große Wäsche. Den Wein-Zettel schicke ich Dir wieder, weil Dir ihn Geist nicht hat unterschreiben lassen; schick mir ihn den Mittewoch wieder mit.
Leb wohl und behalte mich nur lieb.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich habe mich sehr gefreut, daß Ihre Pferde Sie gut den Steiger hinabgefahren und glücklich nach Jena gebracht haben. Am Mittwoche war ich in der Komödie und sahe ›Das Epigramm‹, das Stück hat mir ziemlich gefallen. Cordemann als Hauptmann Klinker und Becker als Blinder haben ihre Sachen gut gemacht. Benda war ein Bedienter, der noch dicker war als Genast, der als Hippeltanz mir auch gefallen hat. Er wurde wegen eines Gutachtens, das er nicht selbst gemacht hatte, von dem Fürsten abgesetzt, die Pagen hatten ihm einen papiernen Haarbeutel angehängt. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 3. Mai 1799.
Versprochener Maßen werde ich Dir die Pferde zu den Feiertagen schicken, etwa Freitag sollen sie von hier abgehen. Sie sind mir jetzt ein wahres Bedürfniß, denn mit meinen Fußpromenaden will es gar nicht recht fort.
Ich wünsche, daß Du in der Feiertagswoche nach Roßla gehst und Dich dort umsiehst; wenn Du mir die Pferde Freitag, den 17., wiederschickst, so bin ich zufrieden.
Wegen des Heideloffischen Packetes ist mir eingefallen, ob es nicht gar ein Irrthum von seiner Seite ist? Da sich Marie erinnert, daß sie ihm etwas ins Komödienhaus gebracht hat, so frag ihnihm doch: ob er in der Hälfte Februars ein Packet erhalten hat? denn es wäre möglich, daß er von einem neuern Packet spräche, das noch nicht angekommen ist.
Ich fahre in meiner Arbeit immer fort und will sehen, wie lange es mir dießmal gelingt, dran zu bleiben.
Wenn Du im Hause alles in der Ordnung hast, so wünsche ich Dir vergnügte Feiertage. Jena, den 7. Mai 1799.
G.
Sei doch so gut und schicke mir meine guten schwarzen Strümpfe mit den Botenweibern herüber.
[Weimar, 7. Mai 1799.]
Daß Dir die Pferde zu Deinem Vergnügen dienen, freut mich; ich denke denn, sie sollen Dir und mir noch manche Freude machen. Auf die Brunnen-Fege mußt Du mich ja kommen lassen, die wird den Donnerstag oder Freitag nach dem Feste sein. Wenn ich Dir die Pferde schicken soll, so könnte ich und das Kind mitkommen und den andern Tag, wenn der Spaß vorbei ist, wieder zurückfahren und Dir alsdann die Pferde wieder schicken. Wegen Fischers werde ich itzo sehr verdrüßlich, ich habe noch kein Geld; und das Jahrmarkt habe ich allerhand zu kaufen und kein Geld. Das Fest kommt auch. Mit Heideloffen ist es so, wie Du schreibst, er hat das Packet im Februar erhalten.
Im Hause komm ich diese Woche ganz in Ordnung. Donnerstag und Freitag wird gebügelt, und alsdenn sind mir alles fertig. Der Bauverwalter hat mir gesagt, daß morgen der Stuccateur kommt; seine Gesellen sind schon da. Hier ist auch etwas Spargel für Dich. Ich bin gesund, und wenn ich mein Geld hätte, wär ich auch recht zufrieden und fröhlich.
Du wirst Dich gewiß über das Haus freuen, wenn Du wiederkömmst.
Leb wohl und behalte mich lieb.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich habe am Sonnabende den Herrn Dietrich in seinenseinem Gewächshäusern besucht. In dem kleinern, das größtentheils mit Glasscheiben umgeben ist, sahen wir sehr viel Ananas, der in sehr heißer Erde stand, die von unten herauf mit Steinkohlen erwärmt wird. Auch sahen wir das Zuckerrohr, den Chocoladenbaum, und noch viele andere Pflanzen, die ich aber nicht lange ansehen konnte, weil die Hitze zu stark war. Das große Gewächshaus enthielt viele Blumen, mein Citronenbäumchen ist sehr groß. Ich bekam einen schönen Strauß. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 6. Mai 1799.
August Goethe.
Da ich Gelegenheit habe, so schreibe ich Dir heute und melde Dir die Pferde an, welche morgen kommen sollen, und wünsche, daß sie sich so gut bei Dir als bei mir halten mögen. Mit dem Kutscher bin ich auch ganz wohl zufrieden. Mit der Fourage geht hier alles ganz ordentlich.
Geist fährt morgen mit hinüber, er soll mir verschiednes holen, das ich nicht so genau in einem Briefe bezeichnen kann. Er geht zu Fuß zurück.
Wegen der Bornfege will ich Dir es nicht gewiß versprechen. Es kommt darauf an, wie weit ich mit meinen Arbeiten bin, und ob ich einige Tage pausiren kann. Du erfährst es zur rechten Zeit. Ich will mich indessen erkundigen, wie und wann dieses Fest gefeiert wird. Lebe recht wohl, behalte mich lieb und grüße das liebe Kind.
Jena, den 9. Mai 1799.
G.
Wenn der Kutscher hinüberkommt, so laß ja gleich einen eisernen Hemmschuh machen, der gut an unsere Räder paßt. Mit der bloßen Hemmkette werden die Räder zu sehr verdorben.
[Weimar, 10. Mai 1799.]
Die Pferde sind glücklich bei mir angekommen, aber am Wagen ist etwas zerbrochen, das ich gleich muß lassen machen; ich glaube, es heißt die Wage. Morgen wollen mir nach Roßla, wenn es nicht regnet. Die vorige Woche hatten mir zu thun, da war es schönes Wetter; aber nun mir fertig sind, regnet es. Ich denke aber, es soll das Fest besser werden, daß mir ein bißchen nach Belvedere fahren können. Ich will diese Woche auch an die Mutter schreiben; ich hätte ihr gerne so ein schönes Exemplar von ›Hermann und Dorothea‹ mitgeschicket, aber es sind noch keine angekommen. Man sagt hier, Du hättest vor die zweite Auflage wieder 800 Thaler bekommen, und ich lasse die Leute dabei. In unserm Garten sieht es sehr gut aus; wenn Du wiederkömmst, wirst Du Dich freun. Mit meinem nüberkommen mache es nur so, daß ich Dich nicht störe; ich möchte Dich nicht verdrüßlich machen. Wenn Du die Pferde wieder haben willst, wirst Du mir schreiben. Ich freu mich nur, daß sie Dir Spaß machen. Leb wohl, behalte mich lieb und sei nicht zu fleißig.
[Beilage: August)
Lieber Vater!
Ich habe gestern einen Brief an meine liebe Großmama geendiget, den ich am Montage angefangen hatte. Auf 16 Seiten habe ich ihr außer mancherlei andern Neuigkeiten auch das geschrieben, was ich mir zum Jahrmarkt gekauft habe. Dieser ist sehr gut abgelaufen, wir hatten sehr schönes Wetter und konnten gut einkaufen. Am Dienstage kaufte ich mir für 2 Groschen 2 Bilderbogen, die ich ausmalen will; am Mittwoche kaufte ich mir ein Milchfläschchen, ein Näpfchen zur Kaltschale und ein Butterbüchschen. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 10. Mai 1799.
Julius Aug. Goethe.
[Weimar, 12. Mai 1799.]
Ich freute mich zu sehr, daß ich Dich den Sonnabend besuchen sollte! aber ich höre, daß [Du] sollst herüberkommen, da ist [es] mit meiner Freude wieder aus. Wenn es nicht sein muß, so komm nicht, denn ich freu mich sehr, in dem Garten-Haus zu sein. Wenn Du meinst, so kann ich auch Götzen mitnehmen, daß ich jemand habe, der mir einen Weg gehen kann. Doch alles, wie Du willst. Schreibe mir nur Mittwoch, wie es ist. Wenn Du rüber mußt, so könnten mir auf den Sonnabend zusammen wieder nüberfahren.
Leb wohl in Eile.
Da die famose Brunnenfege erst Montag, den 20., sein wird, so geht es recht gut an, daß Du mich besuchest, denn ich habe diese Woche Zeit, das Nöthige zu vollenden.
Du kommst also Sonnabend, den 18., Abends gegen sechs Uhr hier an. Geist soll Dir entgegen gehen, daß Du gleich am Garten anfahren kannst, wo es Dir gewiß recht wohl gefallen wird.
Bringe aber einiges mit, als
Sechs Flaschen rothen Wein,
Ein paar Fläschchen Bischofessenz,
Etwa Salvelatwurst und
für den ersten Abend etwas Kaltes zu essen.
Auch einige Stückchen Wachslicht.
Sonst sollst Du alles artig eingerichtet finden, und wir können uns einige Tage gar wohl zusammen vergnügen und ausschwätzen.
Bringe auch noch etwas gutes Öl mit, und wenn Du sonst noch etwas zu so einer ländlichen Wirthschaft nöthig glaubst; denn es soll mir ganz lieb sein, wenn Du einige Zeit dableiben willst, da ich im Schloß ganz ungestört arbeiten kann.
Ich schicke Dir von ›Hermann und Dorothea‹ zwei Exemplare, eins für die Mutter und eins für Dich; lasse aber Deins nicht durch viele Hände gehen, indem ich Dir, wenns beschmutzt ist, keins so leicht wieder schaffen kann, und lebe indessen recht wohl. Jena, am 12. Mai 1799.
G.
[Weimar, 15. Mai 1799.]
Ich freu mich sehr, Dich wiederzusehen; und daß ich im Garten wohnen soll, darüber freu ich mich auch. Ich will mir schon ein kleines Wirthschäftchen mitbringen; und dann können wir auch zusammen wegfahren, die Pferde gehen itzo recht gut.
Bei dem Hofgärtner sind die Kästchen noch nicht angekommen, er wartet alle Posttage darauf. Ich habe es meinem Bruder gesagt, daß, wenn ich weggehe, und es kommt, soll er es besorgen und sogleich an die Mutter schicken. Sei so gut und bestell mir so ein Knaul Baumwolle. Der Herr von Lützow hat geschrieben. Mündlich davon ein Mehres.
Lebe wohl, bis wir uns wiedersehen.
C. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich habe mich sehr über den Brief gefreut, den Sie mir am Montage geschickt haben. Ich saß eben bei Tische, wie er ankam, und war sehr vergnügt, als ich las, daß ich Sie künftigen Sonnabend besuchen sollte, weil ich Sie gern sehen und sprechen möchte. Gestern war ich bei dem kleinen Stein, der seinen Geburtstag feierte. Es waren 7 Jungen und 5 Mädchen da. Zuerst machten wir Soldaten. Nachher bekamen wir Kaffee, ich trank Milch und aß ein großes Stück Kuchen. Zuletzt spielten wir mit den Mädchen Blindekuh. Dem kleinen Stein gab ich meine Festung. Leben Sie wohl, behalten Sie mich lieb. Weimar, den 15. Mai 1799.
*
*
[Jena, 6. August 1799.]
Wir sind hier in Jena beide, ich und der Bube, sehr wohl und vergnügt. Am Sonntag waren wir in der Trießnitz, den Montag auf der Leuchtenburg, wo mir es gefallen hat. Mündlich will ich Dir alles näher erzählen. Heute wollen mir nach Wöllnitz. Sei so gut und schreibe mir, wie es Dir in meiner Abwesenheit gehet, und ob es nothwendig ist, daß ich Donnerstag kommen soll. Sonst, dächte ich, käm ich erst Freitag Abend oder Sonnabend frühe. Schreibe mir aber ja, ob es Dir recht ist, sonst komm ich, wenn Du es haben willst. Es ist hier sehr schön, und es geht uns sehr gut. Heute hat mich der Gustel und die Tante jedes mit einem großen Kuchen angebunden, und ich denke, wir wollen heute noch recht vergnügt sein; und wenn wir wieder beisammen sind, will ich Dir alle unsere Späße erzählen. Schreibe mir auch, wie es im Hause steht, ob sie ihre Sachen gut machen. Leb wohl und behalte mich lieb.
C. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Es gefällt mir hier recht sehr, alle Tage fahre ich mit meiner lieben Mutter wo anders hin; vorzüglich gefiel mirs auf der Leuchtenburg, wo ich gleich Bekanntschaft mit einem TambourTampur machte, der mich allerwegens herumführte. Wenn ich wieder zu Ihnen komme, so habe ich viel davon zu erzählen, auch gehe ich oft zu den Karl, da sind wir auch recht vergnügt und spielen. Ich habe hier auch die Springer gesehen, welche mir sehr viel Freude gemacht haben, besonders da der eine durch ein Feuerwerk sprang, das war sehr schön. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Ihr gehorsamer Sohn August Göthe. Weimar [Jena], den 6. August 1799.
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Ich danke Dir, mein liebes Kind, daß Du mir zweimal geschrieben und Nachricht von Deinem Wohlbefinden und Deiner Zufriedenheit gegeben hast; ich wünsche nichts mehr, als daß alles sich dergestalt schicke und füge, damit Deine Reise auch sich als eine Lustreise endige. Mir ist es diese Zeit ganz gut gegangen, und ob ich gleich nicht so viel gethan habe, als ich wünschte, so ist doch meine Zeit nicht unnütz verstrichen. Ich habe mehr Besuch, und es kommen verschiedne Personen, die der Garten anlockt, die ich lange nicht gesehen habe.
Den August habe ich gestern mit nach Tiefurt genommen, wo er sich bei der Frau Grobin gar gut aufgeführt hat, indeß ich bei der Herzogin war. Ein paar Stück Kirschkuchen, die ich ihm hinbrachte, haben ihm sehr gut geschmeckt. Heute Abend habe ich eine Gesellschaft guter Freundinnen bei mir und hoffe, daß die Köchin ihre Sache leidlich machen wird.
Lebe recht wohl und vergnüge Dich aufs beste.
Weimar, am 23. August 1799.
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Hier schicke ich eine Schachtel mit Obst, woran sich Mutter und Sohn erquicken mögen, es soll von Zeit zu Zeit ein solcher Transport ankommen. Sei nur so gut, mir folgende Puncte zu besorgen:
1. Versäume nicht, wegen des Fouquetischen Brunnens mit dem Röhrenmeister zu sprechen.
2. In dem Fache unter dem Schreibtisch, in der Deckenstube, wird eine Pappe liegen, blau überzogen, mit runden Vertiefungen, worin Münzen gelegt werden können. Wenn Du sie da oder sonst wo findest, so schicke mir sie.
3. Frage Deinen Bruder, ob er mit der Schwester des Herrn von Haren gesprochen.
4. Dein Bruder möchte mir Vossens ›Georgica‹ schicken, sie befinden sich mit unter den Büchern, die aus dem Garten herauf gekommen sind und hinten, in meiner grünen Stube, auf dem großen Schreibtische stehen.
5. Schicke zu Facius und laß Dir die Meißel ausbitten, womit wir die Löcher zu den Münzen ausschlagen.
Nun lebe wohl, grüße den Herrn Professor.
In den wenigen Stunden, die ich hier bin, habe ich schon ziemlich wo nicht gearbeitet, doch wenigstens manches bei Seite gebracht. Grüße das Kind. Jena, am 17. September 1799.
G.
Die Schachtel schicke jederzeit wieder zurück, damit ich sie wieder kann aufs neue füllen lassen. Wenn Du etwa noch Schachteln von der Trabitius hast, so sende sie doch auch mit, denn sie sind hier rar und theuer.
[Weimar, 18. September 1799.]
Es ist mir heute gar nicht gelegen, daß es kein besser Wetter ist; doch bin ich in der Hoffnung, daß es besser wird morgen zu meiner Wäsche. Diese Woche habe ich mit der Wäsche zu thun und künftige Woche mit dem Obst im alten Garten. Ich habe alles besorget. Von dem Brunnen-Meister sollst Du einen Aufsatz haben, woran es liegt, daß der Brunnen nicht läuft.
Vor das Obst danken wir schönstens. Und ich wünsche Dir, daß Deine Arbeiten mögen gut von Statten gehen. Bis künftige Woche soll auch alles wieder im Hause in Ordnung sein; und wenn ich fertig bin, will ich meinen Schatz wieder zu mir einladen. Bis dahin leb wohl und vergnügt.
C. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich danke recht sehr für das schöne Obst, das Sie uns geschickt haben. Ich war gestern in dem alten Garten, wo wir die Sommeräpfel abgenommen und die übrigen Althansbirnen, die noch daran waren, wir aßen auch unten, dann gingen wir herauf. Dieser Brief ist bei meiner Mutter geschrieben. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. August Goethe.
1799.
241a. August
Lieber Vater!
Ich danke Ihnen vielmals für das schöne Obst, das Sie uns heute geschickt haben, die rothen Pflaumen sind eine wahre Delicatesse für mich. Vorigen Mittwoch kaufte ich mir auf dem Markte die Columbam domesticam für 2 Groschen 9 Pfennige, den Tauber und das Täubchen, zwei artige Thierchen. Die Columba dasypus, welche auch Trommeltaube heißt, und welche ich mir heute im Hause gekauft habe, kostet aber 3 Groschen 6 Pfennige. Sie sieht weiß und schwarz aus, und an der Brust hat sie roth, blau und schwarz glänzende Federn. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 21. September 1799.
August Goethe.
[Weimar, 25. September 1799.]
Deine Zimmer, mein Lieber, und das ganze Haus ist in Ordnung und erwartet seinen Herrn mit der größten Sehnsucht. Es würde vielleicht mit den Arbeiten hier besser gehen als sonst. Du kannst hier wie in Jena im Bette dictiren, und ich will des Morgens nicht ehr zu Dir kommen, bis Du mich verlangst. Auch der Gustel soll frühe nicht zu Dir kommen. Komm nur bald; Du mußt doch bei der Einrichtung des Theaters das Beste thun, sonst wird es wie immer nichts. Hier ist das Geld vor Götzen, Geist soll sich die Quittung geben lassen. Leb wohl.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich danke Ihnen für die süßen Pflaumen, Birnen und Zwetschchen, die Sie uns geschickt haben, die Pflaumen habe ich zuerst gekostet, und sie haben mir sehr schön geschmeckt. Die Zimmer, welche Sie künftig bewohnen wollen, sind fertig, kommen Sie also nun bald herüber, denn ich sehne mich sehr nach Ihnen. Am Montage waren wir im alten Garten und nahmen Äpfel ab, ich machte mit Ernsten bei meinem Hüttchen ein Grabeland, das ich mit Mohnen umzäunen will. Ich habe im Wäldchen einen Sprenkel gestellt; wenn sich ein Vögelchen fängt, so ist es Ihnen. Leben Sie wohl. Weimar, den 26. September 1799. August Goethe.
[Weimar, 28. September 1799.]
Ich glaubteglaub (daß glaubte beabsichtigt, beweist der ausgelöschte Anfang des Briefes auf der 4. Seite des Bogens) ganz gewiß, daß Du mir heute schreiben würdest, daß Du morgen kämst. Denn wegen der Plätze im Theater wartet alles sehnlich auf Dich. Ich habe gehört, Du hättest ein lahmes Pferd. Das bedaure ich sehr, ist es denn wahr?
Gestern habe ich auch an die Mutter das Packet fortgeschickt. Leb wohl und komm bald.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich danke Ihnen vielmals für das schöne Obst, das wir heute von Ihnen erhalten haben. Die Zwetschchen schmeckten so gut als die vorigen; die Feige, welche ich gegessen habe, war auch sehr süß. Gestern war ich mit meiner Mutter bei dem Herrn Rentsch, wo ich mit dessen Kindern Haschemännchen spielte; dann führte mich der älteste Sohn zu dem Taubenschlage, als wir aber hineinsahen, flogen sie alle heraus; wir gingen nun in den Hof, wo wir sie oben auf dem Dache des Taubenschlages sahen, der Hühnerschwanz und die Türken gefielen mir sehr. Grüßen Sie den kleinen Karl und Ernst. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 28. September 1799. A. Goethe.
[Weimar, 2. October 1799.]
Da Dir es mit Deinen Arbeiten gut geht, mein Lieber, so muß ich wohl zufrieden sein, daß Du noch nicht kömmst. Ich habe aber eine Bitte an Dir, daß, wenn die Frau oder Herr Geheimer Rath Schmidt an Dich schreiben wegen der Köchin, daß Du Dich auf nichts einläßt, als daß die Köchin wegen ihres doppelten Vermiethens bestraft werde. Denn ich habe es ganz der Polizei übergeben, und man wird nunmehro an Dich kommen, denn man will sie nicht her lassen wegen Nähe der beiden Gärten. Ich werde sie wohl auch nicht kriegen; aber sie müssen mir mein Miethgeld, das bei der Polizei liegt, und itzo meinen Schaden ersetzen. Das hat mir auch UndeutschUndeys gesagt. Ich habe itzo 2 junge Mädchen im Hause, die will ich recht gut einrichten, daß alles gut geht, wenn Du wiederkömmst. Ich bin itzo mit dem Obst beschäftigt. Wenn das vorbei ist, geht es an Kartoffeln und Kraut. Ich habe sehr viel Zwetschgen getrocknet und Äpfel. Wenn Du noch so lange bleibest, so könntest Du, wenn Du mit Deiner Arbeit fertig wärst, uns den Wagen schicken, daß wir Dich abholten; oder ist die Weinlese noch später? Da Du so lange weg bist, mußt Du mir zweimal so viel Baumwolle mitbringen. Meine Bank gönnt uns niemand, sie möchten gar zu gerne uns einige Plätze abnehmen. Am Tage habe ich itzo viel zu thun und Abends gehe ich in [die] Komödie oder lese. Denn die Menschen werden mir immer mehr verhaßt. Ich will nächstens auch mit auf die Leuchtenburg ziehen.
Adieu, lieber bester Schatz! leb wohl und behalte mich lieb.
Sei so gut und schicke mir einen Zettel auf ein paar Flaschen Wein; die 4 sind alle.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich danke Ihnen für die schönen Feigen und Birnen, ich habe von beiden gekostet und sie recht wohlschmeckend gefunden. Es thut mir sehr leid, daß das Unglück, welches Ihr Pferd am Fuße gelitten hat, Sie bisher hinderte, alle Tage eine kleine Spazierfahrt zu machen. Auch wurde ich sehr traurig, als ich in Ihrem Briefe, für den ich Ihnen vielmals danke, die Worte las, daß Sie Ihrer Geschäfte wegen noch 10 Tage in Jena bleiben würden; kommen Sie, wenn es möglich ist, bald, denn ich möchte Ihnen gern ein Küßchen geben. Leben Sie wohl. Weimar, den 2. October 1799. Goethe.
Da ich so lange von Dir weg bleibe, so muß ich auch ein Blatt von meiner eignen Hand schicken und Dir sagen, daß ich Dich von Herzen liebe und immer an Dich und an das gute Kind denke. Die ersten vierzehn Tage habe ich fleißig zugebracht, aber es waren nur einzelne Sachen, die nicht viel auf sich hatten. Zuletzt machte ich mich an eine Arbeit, die mir zu gelingen anfing. Du hast mich wohl sagen hören, daß Durchlaucht der Herzog ein französches Trauerspiel übersetzt wünschte, ich konnte immer damit nicht zurecht kommen. Endlich habe ich dem Stück die rechte Seite abgewonnen, und die Arbeit geht von Statten. Wenn ich mein Mögliches thue, so bin ich bis den 12. fertig und will den 13. abgehen. Bis ich das Stück ins Reine bringe und es spielen lasse, hab ich doch in den trüben Wintertagen etwas Interessantes vor mir, und dann wollen wir uns zusammensetzen und es ansehen.
Daneben hab ich noch manchen Vortheil und Genuß durch Schillers Umgang und andrer, so daß ich meine Zeit gut anwende und für die Folge manchen Nutzen sehe. Das wird Dich freuen zu hören, weil es gut ist und mir für die nächste Zeit Gutes verspricht.
Ich bin übrigens recht wohl und lebe sehr einfach. Auch bin ich viel spazieren gegangen, diese acht Tage, in denen ich das Pferd mußte stehen lassen. Es ist wieder ganz geheilt. Der Stallmeister hat seine Cur recht gut gemacht. Ich werde ihm dafür ein halb Dutzend Bouteillen Wein verehren.
Die Trabitius bleicht schon an Deiner Baumwolle im Hofe und hat sie doppelt mit Roth unterbunden, weil sie feiner ist als die übrigen Stränge, um sie ja nicht zu verwechseln. In wenig Zeit bin ich wieder bei Dir, und dann wollen wir manche gute Stunde zusammen zubringen.
Was die Menschen überhaupt betrifft, so thu ihnen nur so viel Gefälligkeiten, als Du kannst, ohne Dank von ihnen zu erwarten. Im Einzelnen hat man alsdann manchen Verdruß, im Ganzen bleibt immer ein gutes Verhältniß.
Lebe recht wohl. Behalte mich lieb, wie mein Herz immer an Dir und an dem Kinde hängt. Wenn man mit sich selbst einig und mit seinen Nächsten, das ist auf der Welt das Beste. Jena, den 3. September [October] 1799.
G.
[Weimar, 5. October 1799.]
Dein Brief, mein Lieber, hat mich sehr gefreut. Wir wollen wie immer uns nur recht lieb haben. Ich habe Dich lieb und bin fleißig und thue in allem meine Schuldigkeit. Gefällig bin ich nur gegen alle Menschen zu viel, ich glaube nur, ich bin zu gut, und die Menschen mißbrauchen meine Güte. Das habe ich von neuem bei der Marien und Gille erlebt. Ich könnte an ihrer Statt gute Freundinnen genug haben, aber ich werde immer mißtrauischer gen alle Menschen, weil sie nur immer aus Interesse mit mir umgehen. Ich werde es freilich nicht anders machen. Ich will mich also darüber wegsetzen und meinen Weg vor mich gehen, meine Haushaltung gut versehen und meinen Schatz lieb haben, und meine Freude an dem Buben sehen, und dann mannichmal eine steife Kaffee-Visite machen. Ich bin letzt bei Kammer-Secretär ScheibenScheynen gewesen und bei Gerichts-Sekretär Rentschens. Da kann [ich] Dir aber versichern, daß in solcher Gesellschaft beinahe kein vernünftiges Wort gesprochen wird und so gelogen wird, daß man erschrickt; wovon ich Dir allerlei zu erzählen habe. Denn ich glaube, wenn Du wiederkommst, kommt auch meine frohe Laune wieder. Ich freu mich schon voraus auf das Stück, ob ich es gleich nicht kenne. Und wenn Du vergnügt bist, das ist mir lieber als alles. Du schreibst mir, daß Du den 13. kommen willst, das ist gerade auf den Zwiebeljahrmarkt; da wär es besser, Du kämst einen Tag früher oder später. Doch wenn Du auch diesen Tag kommen willst, sollt Du mir lieb sein, ich habe es nur zu Deiner Nachricht geschrieben. Heute Nachmittag gehe ich zu der Kammerdiener Kämpfern und auf den Abend in die Komödie. Mit meinem Obst bin ich sehr zufrieden, daß ich es behalten habe; es wird mir vor diesen Winter großen Nutzen bringen. Auf künftige Woche werde ich Muß kochen. Hier sind gar keine Nüsse mit Schalen zu haben; könntest Du mir Mittewoch etwas mitschicken, so geschäh mir ein großer Gefalle, ich muß grüne Schalen ins Muß haben. Ich freu mich diesen Winter auf die Komödie, wenn wir auf der Bank zusammen sitzen werden, und überhaupt auch auf die Winterabende, wenn wir zu Hause miteinander schwätzen. Leb wohl und vergnügt und behalte mich so lieb wie ich Dich. Ich danke Dir herzlich vor Deinen Brief.
Weimar, den 6. October [1799).
C. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich danke Ihnen für die schönen Feigen und Birnen, womit Sie uns diesen Morgen sehr erfreut haben. Ich aß 2 Feigen und eine Birn zum Frühstück und beides schmeckt mir noch immer gut. Gestern schüttelten wir viele Zwetschchen und legten sie ins Gartenhaus auf Stroh. Wir haben nur noch einen Aepfel- und einen Birnbaum abzunehmen. Diesen Morgen um 8 Uhr war ich bei dem Herrn Geheimerath Voigt und trug ihm Aepfel und Birnen hin, ich habe aber nur die Frau Geheimeräthin gesprochen. Der Frau von Stein will ich auch so bald als möglich etwas Obst bringen. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 6. October 1799. A. Goethe.
[Weimar, 7. October 1799.]
Ich werde Dir den Dienstag den August mit Meyern schicken; laß aber bei der kalten Witterung gut vor ihn sorgen, daß er ja nicht krank wird. Es thut mir leid, daß ich nicht mit kann. Desto freudiger will ich Dich den 14. empfangen.
Den Dienstag nach Tische will Meyer von hier weg gehen, und da wird August gegen Abend bei Dir sein. Leb wohl und behalte mich lieb.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich freue mich recht sehr auf die Reise nach Jena, welche ich mit Herr Meyer machen soll. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 7. October 1799.
August Goethe.
[Weimar, 8. October 1799]
Es ist mir, als könnte ich den Gustel gar nicht allein zu Dir gehen lassen. Aber ich habe hier noch sehr viel zu thun, sonst wär ich doch auf ein paar Tage zu Dir gekommen. Mit dem Obst und mit dem Mußkochen bin ich beschäftigt. Denn diesen Winter muß man sich mit allem gut vorsehen. Der Korb Kartoffeln kostet hier schon 1 Thaler 12 Groschen; ich habe anstatt 16 Körbe 6 bekommen. Daß die Kartoffeln so viel kosten, macht die armen Menschen sehr unglücklich. Ich habe vor diesen Winter zugesorgt. Leb wohl und habe mich auch so lieb wie August.
Heute früh war ich mit Götzen ins Mühlthal gefahren und begegnete Gusteln, der sich sehr freute, mich da zu finden. Ich hatte auch große Freude, ihn wiederzusehen. Er sagt mir, Du seist nicht recht wohl, auch Dein Bruder erzählte es. Sprich doch ja gleich mit dem Hofmedicus, daß Du Dich nicht ohne Noth plagst, denn Du bist ja sonst gesund und frisch, und so schaffe Dir so bald als möglich die zufälligen Übel vom Halse. Die Doctoren haben manchmal einen guten Einfall.
Ich freue mich, daß Du das Haus auf den Winter gut versorgst, es thut freilich noth; dagegen bin ich auch recht fleißig und bringe mit, was uns Vergnügen machen und Vortheil bringen soll. In kurzer Zeit bin ich bei Dir, um Dir zu sagen, daß ich Dich herzlich liebe. Lebe wohl. Gedenke mein. Jena, den 8. October 1799.
[Weimar, 9. October 1799.]
Lieber, bester Schatz, ich habe dem Gustel gesagt, er soll nicht sagen, daß ich nicht wohl bin. Muß es mein Bruder doch sagen! Da Du es nun einmal weißt, will ich es Dir auch sagen. Seit Du weg bist, habe ich alle Tage Zahnwehe gehabt; ich habe mir auch eine spanische Fliege legen lassen, da ist es etwas besser. Aber gestern Morgen, ehe der Gustel wegfuhr, bekam ich so wie eine Ohnmacht. Ich schicktesicke gestern nach dem Doctor, ich wollte Salz einnehmen; er wollte es aber nicht haben, er meinte: da ich noch kein Zahnwehe gehabt hätte, so könnte es etwas Anderes zu bedeuten haben. Er hat mir etwas geschickt, worauf ich mich zwar etwas besser befinde, aber Ziehen in Zähnen habe ich doch noch. Es wird nicht besser werden, als bis Du wiederkömmst, denn nun habe ich auch den Gustel nicht, da ist mir alles gar nicht recht. Ich dächte, Du kämst den Montag, daß Du den Mittag mit mir essen könntest, oder komm den Sonnabend zum Essen. Den Sonnabend erwarte ich Nachricht darüber. Leb wohl, ich freu mich sehr, Dich bald wiederzusehen.
Ich wünsche, mein liebes Kind, um so mehr bald bei Dir zu sein, als Du nicht wohl bist, und meine Gegenwart Dir wieder Freude machen kann. Doch muß ich diese paar Tage noch hier verweilen, damit ich mit meiner Arbeit weiter komme und einiges Andre bei Seite bringe.
Der August ist gar artig und brav und macht mir viel Freude. Wir sprechen oft von der lieben Mutter.
Herzlich lieb habe ich Dich und freue mich, Dir es bald zu sagen.
Montag zu Mittag bin ich bei Dir. Lebe recht wohl und schone Dich, daß ich Dich gesund und vergnügt antreffe. Jena, den 11. October 1799.
G.
[Weimar, 11. oder 12. October 1799.]
Ich will Dir nur ein paar Worte schreiben, weil ich mit meinem Kuchen beschäftigt bin. Es ist mir wieder besser; der Zufall ist vom Blut, ich bin so vollblütig, und da geht mir immer alles nach dem Kopfe. Ich will Dich recht gesund und munter den Montag empfangen. Dem guten Gustel danken alle vor seine Briefe, und davor soll ihm auch ein kleiner Kuchen aufgehoben werden. Leb wohl und behalte mich lieb; ich freu mich, Dich bald wiederzusehen.
V.
*
*
[Weimar, 13. November 1799.]
Es freut mich sehr, mein Lieber, daß Dir es gut gehet. Man spricht auch hier sehr, Du seiest zur guten Stunde nach Jena gekommen, denn sobald man nur Deine Ankunft erfahren hätte, so wär auch alles ruhig gewesen. Du erscheinst überall immer als ein guter Engel. Ich freu mich schon wieder auf Deine Ankunft. Ich bin fleißig und sorge vor meine Kinder, die sich recht wohl befinden. Der Gustel hat auch einen Brief an die Mutter fertig, und da will ich auch schreiben, und den Freitag wollen wir es wegschicken. Leb wohl und behalt mich recht lieb.
C. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Es war zwar schon am Montage Martini, bei uns aber wurde er erst gestern gefeiert. Er hat den kleinen Schiller und mich gleich freigebig beschenkt. Wir bekamen von ihm Aepfel, ein jeder eine Pfefferscheibe, Karl ein Zuckerweibchen und ich ein Zuckermännchen, endlich erhielt Karl ein Zuckerstrezelchen, ein Anisbrötchen und einen Wachsstock, ich aber zwei Zuckerstrezel und einen Wachsstock. Nachher belustigten wir uns damit, daß wir an die Zuckerfiguren angezündeten Wachsstock klebten. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 12. November 1799. A. Goethe.
[Weimar, 16. November 1799.]
Ich konnte Dir, Lieber, heute nicht weiter schreiben, weil unser Pachter zu mir kam und Schwaben von Nieder-Roßla mitbrachte, wovon ich Dir mündlich alles erzählen will. Ich komme eben mit Karlen und Gustelen aus der Komödie, wo Karl sehr glücklich war. Morgen habe ich eine kleine Gesellschaft bei mir. Was mich noch ängstet, das ist, daß es noch nicht besser ist mit dem PferdNach Pferd folgt geht; wenn das erst wieder, will ich recht froh sein. Vor itzo leb wohl und behalte mich lieb. Abends um 9 Uhr.
V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Karl befindet sich bei uns sehr wohl, er ist den größten Theil des Tages bei dem kleinen Wolzogen, weil er nicht mit mir in die Schule gehen will. Seine Furchtsamkeit ist sehr groß; er bleibt nicht allein in der Schoppe, besonders nachdem ihn vor kurzen Hertels Ziegen, welche an der Schoppenmauer stehen, durch ihr plötzliches Mäckern so in Schrecken setzten, daß er schnell davonlief. Gestern Abend machte ich mit meiner lieben Mutter einen Besuch, da hat er gar nicht allein zu Bette gehen wollen. Er bittet Sie, daß Sie viele Complimente an seine lieben Eltern bestellen möchten. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 16. November 1799. A. Goethe.
Weimar, 20. November 1799.
Lieber, ich glaube nun nicht, daß Du diese Woche kömmst. Die Optik hat mich gar nicht gefreut; der Gustel hat auch gleich gesagt: »Nu kömmt das Väterchen noch nicht.« Ich bin in meiner Art fleißig, und Du wirst Dich recht über den alten Garten freuen, wenn Du wiederkommst. Die Kinder vertragen sich sehr gut zusammen, und Karl läßt beinahe keine Spur von Eigensinn merken. Wenn das Kind ordentlich behandelt wird, ist es das beste Kind von der Welt. Er hat sich so an mich gewöhnt, daß er überall mit mir herumgeht und mich nur seine gute Damela nennt; und nach und nach soll er auch mit zu Herrn Eisert gehen, man muß nur sachte mit ihm zu Werke gehn. Er hat auch Furcht vor mir, er kniet auf keinen Stuhl mehr, er holt sich eine Hitsche oder so etwas, wenn er zum Fenster naus sehn will. Wenn Geist Kartoffeln kriegen kann, so soll er sie nur in einen Sack thun und, wenn Sie rüberfahren, auf den Wagen vorne binden. Es ist auch noch ein Nößelfläschchen mit nüber gekommen, schicken Sie mir es mit, es gehört in Keller. So habe ich weiter keine Betrübniß, nur mein armes Pferd dauert mich sehr. Das Bein ist sehr schlimm geworden, und das arme Thier muß sehr viel leiden. Aber mit dem Kutscher bin ich recht zufrieden, was der sich Mühe mit dem Pferde gibt; und er selbst ist nicht froh und arbeitet den ganzen Tag, was er kann.
Ich wünsche Dir, daß Dir es gut geht und wieder vergnügt bei uns kommst. Indeß leb wohl, behalte mich lieb.
C. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Sie haben mich gestern etwas niedergeschlagen, als Sie alle Ihre Schriften nach Jena holen lie8en, woraus ich den Schluß mache, daß Sie so bald nicht wieder nach Weimar kommen wollen; Sie bleiben aber doch nicht zu lange aus? – Meine Täubchen befinden sich wohl, sie haben sich um einige Paar vermehrt, welche ich von Wittichs geschenkt bekommen habe; sie haben immer sehr guten Appetit, so daß ich nicht Gerste genug streuen kann. In dem Hausgarten baue ich mir einen Pferdestall. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb. Weimar, den 20. November 1799. A. Goethe.
[Weimar, 21. (?) November 1799.]
Da Du mir, mein Lieber, schriebest, daß Du noch nicht kommst, so wollte ich Dich um etwas bitten. Sei so gut und schicke mir einen Zettel auf ein paar Flaschen Wertheimer Wein und ein Fläschchen Ofner. Ich hatte am Sonntag Kammer-Secretärs ScheibesScheinems und Rentschens und Schmids und den lieben Secretär Meissel auf den Abend bei mir zu Tische, und da ist mein bißchen Wein alle geworden. Sei aber nicht böse, daß ich Dich immer plage. Leb wohl und behalte mich ja recht lieb.
C. V.
[Weimar, 23. November 1799.]
Daß Dir es, mein lieber Schatz, so gut geht, das ist mir sehr lieb. Das Wetter ist dieses Jahr auch besser. Ich danke Dir vor den Weinzettel. Heute bin ich wieder wohl, aber drei Tage habe ich im Bette gelegen und bin recht krank gewesen. Der Herr Professor wollte Dir einen Boten schicken, aber ich that es nicht, denn ich kenn meine Natur schon: ich bin gleich sehr krank, aber es vergeht auch bald wieder. Es ist hier so eine Seuche, es ist eine Art von Ruhr, und wer sich nicht abwartet, so wird es schlimm. Aber ich habe recht eingenommen und mich gut gehalten, so ist [es] nun vorüber. Den Gustel habe ich heute was abzuführen einnehmen lassen, damit er mir nicht auch krank werde; und morgen sollso Karl auch etwas kriegen. Der August ist mir nicht vom Bette gekommen; er wird alle Tage vernünftiger, so daß [ich] oft vor ihm erschröcke. Daß es mit der Frau Hofräthin so gut geht, das freut mich. Der Karl befindet sich wohl und ist vergnügt. Mit dem Pferde ist es doch so weit, daß es nicht mehr eitert; nun wird man sehen, ob es besser wird.
Leb wohl und behalte mich lieb.
Ich danke Dir, mein liebes Herz, daß Du mir von Deinem Übel nichts gesagt hast, bis es vorbei war, Du weißt, welchen herzlichen Antheil ich an Dir nehme. Es ist mir tröstlich, das gute Kind bei Dir zu wissen.
Mein Fleiß fängt jetzt erst recht an, wie es immer geht, wenn ich einmal 14 Tage hier bin; das gute Wetter führt uns sanft gegen des Jahres Ende, und ich kann einen viel bessern Winter als den vorigen hoffen. Wenn Du mir nur gesund bleibst.
Ich küsse Dich und das Kind in Gedanken, und meine Abwesenheit wird mir dadurch leidlich, daß ich für euch arbeite. Lebet wohl und liebt mich.
Jena, den 24. November 1799.
G.
[Weimar, 25. November 1799.]
Ich danke Dir von ganzem Herzen vor Deinen lieben Brief. Ich bin wieder munter und wohl; es hatte mich aber sehr mitgenommen. Es mußte so etwas eine ganze Zeit in mir gelegen haben, denn ich war immer verdrüßlich und gramselig. Itzo ist es aber wieder der ganze Hase wie sonst. Es wird wieder an der Redoute gearbeitet, und wenn nichts darein kommt, so werde ich doch hingehen müssen. Ich bin nur froh, daß das Übel 8 Tage früher gekommen ist, sonst hätte es mich um eine Redoute gebracht. Ich bin nur zufrieden, daß es Dir so gut geht und Du wohl bist. Ich weiß, wenn Du fertig bist, kommst Du wieder zu Deinem Schatz, der Dich unaussprechlich liebt. Und dann wollen wir den Winter wieder sehr vergnügt sein und uns recht lieb haben. Schmidt ist wieder hier von Frankfurt. Der kommt Abends, wenn keine Komödie ist zu uns und erzählt uns von Frankfurt; besonders von dem ›Titus‹ hat er uns sehr viel erzählt. Da der Gustel heute bei Dir ist, so wird er Dir selbst alles erzählen. Leb wohl und behalte mich lieb.
C. V.
Auf den August bin ich dießmal in Ernst böse; er ist gegen meinen Willen mit nach Jena gekommen. Ich wollte haben, daß beide dableiben sollten; aber bei dem Gustel half kein Bitten und Flehen, und war es nicht zu Dir, so hätte ich mein Mutterrecht gebraucht, und er hätte zu Haus bleiben müssen. Denn ich darf mir nicht denken, daß so etwas in einem andern Fall geschehn könnte, wenn er älter wär. Das könnte mich sonst sehr betrüben. Indeß will ich nicht hoffen, daß so etwas auf die Zukunft Einfluß hat; davor ist mir sein gutes Herz Bürge. Wenn Du ihn und den Karl gern wieder rüber haben willst, so kann ihn Meyer, der mit Bertuch rüber zur Redoute kömmt, mitbringen. Du kömmst wohl noch nicht. Ich sehne mich recht nach Dir, denn [es] ist nun schon viel länger, als ich mir dachte. Grüße den Gustel von mir und leb wohl. Mit meinen Geldumständen sieht es schlecht aus. Hier folgen auch Sachen vor den Karl; das Übrige, was er noch bei uns hat, ist in der Wäsche, und wenn [er] nicht wiederkommt, so will [ich] es mit den Botenweibern schicken. Nicht wahr, ich sehe ich Dich bald wieder? Leb wohl und behalt mich lieb. Weimar den 27. [November 1799.]
V.
[Weimar, 29. November 1799.]
Lieber, die Redoute ist glücklich und vergnügt abgelaufen. Die beiden Kinder, den Karl und Ernst, will ich sehr gern nehmen, denn Du weißt, daß ich gerne alles thu, was Du wünschest. Aber mit der Amme und [dem] kleinen Kinde geht es ohnmöglich an; ich will Dir es mündlich auch sagen, warum, und Du wirst mir Recht geben. Ich dächte, die könnte recht gut bei Wolzogens sein. Ich sehne mich recht nach Dir und dem Kinde; Du wirst doch nunmehro bald kommen? es wartet alles auf Dich. Und der Gustel hat nicht einmal einen Gruß an sein Mütterchen geschrieben; ich lasse ihn schön grüßen, und er soll mich hübsch lieb behalten. Heute kann ich nicht viel schreiben, ich bin ganz müde. Leb wohl und behalte mich lieb, und komm bald, auch wegen dem alten Garten.
Für dießmal wirst Du nur Deine alten Freunde, mich und August, wieder beherbergen. Wegen Schillers Kindern wird es bei unserm guten Willen bewenden. Er gedenkt sie gleich zu sich zu nehmen und mit ihnen fertig zu werden. Du erwartest also nur mich und das Kind. Wir sind hier recht vergnügt zusammen, er ist gar artig, und wenn er mich mitunter hindert, so macht er mir auch vielen Spaß.
Laß an den Fuhrmann, den Rudolph bringen wird, den Koffer mit den Büchern, der unten im Hause steht, abgeben und schicke mir einen von den größern Koffern leer, denn ich habe allerlei hier, was ich endlich hinüber nehmen muß.
Meine Arbeiten gehen gut von Statten, und ich denke, mit allem Nöthigen fertig zu werden, daß ich den Rest des Jahrs frei habe und die bösen Tage ruhig abwarten kann. Lebe recht wohl und liebe mich, wie ich Dich herzlich lieb habe. Mit den Boten schreibe ich Nähres. Grüße den Herrn Professor. Das Kind grüßt.
Jena, den 1. December 1799.
Goethe.
[Weimar, zwischen 3. und 7. December 1799.]
Lieber Schatz, ich erwarte Dich sehnlich, ich habe so viel mit Dir zu sprechen, zu reden und zu überlegen. Wenn ich vier Wochen ohne Dich bin, nachhero will es nicht mehr gehen. Geist soll Folgendes nicht vergessen mir mitzubringen oder zu schicken: die 2 großen Schachteln, die Nößel-Bouteille und die Kartoffeln.
Leb wohl und behalte mich lieb.
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