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Neunzehntes Kapitel.

Schilderung einer Person, die mit der gegenwärtigen Regierung unzufrieden ist und den Verlust unserer Freiheit fürchtet.

Das Haus, wo er uns bewirthen wollte, lag in geringer Entfernung vom Dorfe, und unser Wirth bemerkte, da die Kutsche nicht in Bereitschaft sei, wolle er uns zu Fuß dorthin führen. Bald kamen wir auch zu einem der prächtigsten Herrenhäuser, die ich in dieser Gegend gesehen. Das Zimmer, in welches man uns führte, war höchst elegant und nach dem neuesten Geschmack eingerichtet. Der Herr verließ uns, um Befehle zum Abendessen zu ertheilen, und der Schauspieler gab mir indeß durch einen Wink zu verstehen, daß wir es sehr glücklich getroffen hätten. Bald kam unser Wirth zurück, und es ward eine treffliche Abendmahlzeit aufgetragen. Dann traten auch zwei oder drei Damen in geschmackvoller Hauskleidung ein, und die Unterhaltung begann mit großer Lebhaftigkeit. Politik war der Gegenstand, wovon unser Wirth besonders sprach, und dabei versicherte, die Freiheit sei zugleich sein Stolz und sein Schrecken. Als die Tafel aufgehoben war, fragte er mich, ob ich das letzte Stück des Monitor gelesen. Als ich es verneinte, rief er: »Wie? Wohl auch nicht den Auditor?« – »Auch den nicht, mein Herr,« erwiederte ich. – »Das ist seltsam, sehr seltsam,« sagte mein Wirth; »ich lese alle politische Zeitungen, die herauskommen: das Tageblatt, das Volksblatt, die Chronik, das Londoner- und Whitehall-Abendblatt, die sieben Magazine und die beiden Reviews, und so sehr sie sich gegenseitig hassen, so liebe ich sie doch alle Zusammen. Freiheit, mein Herr, Freiheit ist der Stolz des Britten, und – bei all meinen Kohlengruben in Cornwall! – ich verehre ihren Beschützer.« – »So verehren Sie vermuthlich den König?« sagte ich. – »Ja,« versetzte mein Wirth, »wenn er thut, was wir haben wollen. Verfährt er aber so, wie vor Kurzem, so werde ich mich nicht mehr um seine Angelegenheiten bekümmern. Ich will nichts weiter sagen, als daß ich glaube, ich würde Manches besser angeordnet haben. Es scheint, als habe es ihm an einer hinlänglichen Zahl von Rathgebern gefehlt. Er sollte Jeden um Rath fragen, der ihm Rath geben will, dann würden die Dinge eine ganz andere Gestalt annehmen.«

»Ich wünschte,« rief ich, »daß dergleichen zudringliche Rathgeber an den Pranger gestellt würden. Redliche Männer sollten es sich zur Pflicht machen, die schwache Seite unserer Verfassung zu unterstützen, jene geheiligte Macht, die seit einigen Jahren täglich mehr und mehr abgenommen und ihren notwendigen Einfluß auf den Staat verloren hat. Doch diese unwissenden Menschen erheben noch immer ein Freiheitsgeschrei, und wenn sie einiges Gewicht haben, so werfen sie es schändlicherweise in die sinkende Wagschale.«

»Wie?« rief eine von den Damen, »muß ich es erleben, einen so niedrig denkenden, so gemeinen Menschen zu sehen, der ein Feind der Freiheit und ein Vertheidiger der Tyrannen ist? Freiheit ist das geheiligte Geschenk des Himmels, das herrliche Vorrecht des Britten!«

»Kann es möglich sein,« rief unser Wirth, »daß es noch jetzt Vertheidiger der Sklaverei giebt? – Menschen, die niedrig genug denken, die Vorrechte eines Britten aufzugeben? Ist es möglich, mein Herr, daß Jemand so verworfen sein kann?«

»Nein, mein Herr,« erwiederte ich, »ich bin für die Freiheit, für jenes Attribut der Gottheit! für die herrliche Freiheit, für den Hauptgegenstand der heutigen Unterhaltung. Ich wollte, alle Menschen wären Könige. Ich selber möchte König sein. Wir alle haben von Natur gleichen Anspruch auf den Thron, wir sind alle ursprünglich gleich. Dies ist meine Meinung und war einst die Ansicht eines Vereins würdiger Männer, die man Independenten nannte, sie waren bemüht, sich zu einer Gemeinschaft zu erheben, wo alle gleich frei sein sollten. Leider aber wollte ihnen dies nicht glücken. Es gab Einige unter ihnen, die stärker, und wieder einige, die schlauer waren, als die Andern, und diese wurden die Herren der Uebrigen. Denn so wie Ihr Stallknecht Ihre Pferde reitet, weil er ein listigeres Geschöpf ist, als sie, so gewiß wird auch jedes Wesen, welches listiger oder stärker ist, als er, sich ihm wiederum auf die Schultern setzen. Da es nun das Schicksal der Menschheit ist, sich zu unterwerfen, und Einige zum Befehlen, Andere zum Gehorchen geboren sind, so ist die Frage, da doch einmal Tyrannen sein müssen, ob es besser ist, sie bei uns in demselben Hause, oder in demselben Dorfe, oder noch weiter entfernt in der Hauptstadt zu haben. Da ich für mein Theil das Angesicht des Tyrannen hasse, so ist es mir um so lieber, je weiter er entfernt ist. Die Mehrzahl der Menschen denkt wie ich, und hat einstimmig einen König erwählt, dessen Wahl zugleich die Anzahl der Tyrannen verringert und die Tyrannei von der größten Volksmenge so weit als möglich entfernt. Die Großen, die vor der Wahl eines Tyrannen selber Tyrannen waren, sind natürlich der ihnen überlegenen Gewalt abgeneigt, weil diese auf den untern Ständen am schwersten lastet. Daher liegt es in dem Interesse der Großen, die königliche Macht so viel als möglich zu verringern, weil das, was sie derselben nehmen, ihnen selber zu gute kommt; und Alles, was sie in ihrer Stellung zu thun haben, besteht darin, den einzelnen Tyrannen zu unterminiren, wodurch sie wieder zu ihrem ursprünglichen Ansehen gelangen. Nun könnten aber die Verhältnisse eines Staats oder seine Gesetze oder auch die Gesinnungen seiner reichen Bürger so beschaffen sein, daß dies Alles dazu beitrüge, die Monarchie zu untergraben. Wären z. B. die Staatsverhältnisse von der Art, daß sie die Anhäufung von Reichthümern begünstigten und den Wohlhabenden noch reicher machten, so würde der Ehrgeiz erwachen. Eine Anhäufung von Reichthümern muß aber die nothwendige Folge sein, wenn mehr Geld durch auswärtigen Handel erworben wird, als durch Industrie im Lande. Denn der auswärtige Handel kann nur von den Reichen mit Vortheil betrieben werden, und diese ziehen zugleich allen Gewinn, der aus der Industrie entspringt, so daß dem Reichen zwei Erwerbsquellen geöffnet sind, während der Arme nur eine hat. Daher findet man, daß in allen Handelsstaaten der Reichthum sich bei einzelnen Familien anhäufte, und daher wurden diese nach und nach sämmtlich aristokratisch. Die Landesgesetze selber können zum Anhäufen von Reichthum beitragen, wenn die natürlichen Bande, die den Reichen mit dem Armen vereinigen, durch die Verordnung gelöst werden, daß die Reichen sich nur mit den Reichen verheirathen sollen, oder wenn der Gelehrte, nur weil er arm ist, für unfähig gehalten wird, seinem Vaterlande als Rathgeber zu dienen. Auf diese Art, sage ich, und durch ähnliche Mittel wird der Reichthum vermehrt. Ist nun der Besitzer gesammelter Schätze mit allen Bedürfnissen und Genüssen des Lebens versehen, so kann er seinen Ueberfluß nicht anders, als zur Erkaufung der Gewalt anwenden. Das heißt mit andern Worten: er erwirbt sich Anhänger, indem er dürftigen oder feilen Menschen die Freiheit abkauft, die für ein Stück Brod den Druck der ärgsten Tyrannei dulden. Auf diese Weise versammelt jeder sehr reiche Mann gemeiniglich einen Kreis der Aermsten aus dem Volke um sich, und den Staat, der viele solche überreiche Bürger hat, könnte man mit dem Systeme des Cartesius vergleichen, nach welchem ein jeder Planet seinen eigenen Kreis hat. Doch Alle, die sich freiwillig in den Kreisen eines großen Mannes bewegen, sind nur die Sclaven, der Auswurf der Menschheit, durch Geist und Erziehung zur Sclaverei bestimmt, und sie kennen die Freiheit nur dem Namen nach. Ein großer Theil des Volks muß indeß noch übrig bleiben, den der Einfluß der Reichen nicht berührt, nämlich die Classe von Menschen, die zwischen den Ueberreichen und dem Pöbel steht, jene Menschen, die zu viel Vermögen haben, um sich vor der Gewalt ihres mächtigen Nachbars zu beugen, und doch zu arm sind, um sich selbst zu Herrschern aufzuwerfen. In dieser Mittelclasse findet man gewöhnlich alle Künste, alle Weisheit und alle bürgerlichen Tugenden. Diese Classe ist bekanntlich allein die wahre Beschützerin der Freiheit, und nur sie kann man eigentlich das Volk nennen. Nun kann es freilich geschehen, daß diese Mittelclasse in einem Staate all ihren Einfluß verliert, und daß ihre Stimme von der des Pöbels übertäubt wird; denn wenn das Vermögen, das Jemand zur Stimmfähigkeit in Staatsangelegenheiten berechtigt, jetzt zehnmal geringer ist, als man bei Gründung der Constitution für nöthig hielt, so ist es klar, daß dadurch eine größere Masse des Pöbels in das politische System verflochten wird, die, in den Kreisen der Großen sich bewegend, auf immer der ihnen gegebenen Richtung folgen muß. In einem solchen Staat bleibt dem Mittelstande daher nichts weiter übrig, als die Vorrechte und Privilegien des obersten Herrschers treu und sorgsam zu wahren, weil er die Macht der Reichen vertheilt und ausgleicht und verhindert, daß die Großen mit zehnfachem Gewichte auf dem Mittelstande lasten, der unter ihnen steht. Den Mittelstand kann man mit einer von den Reichen belagerten Stadt vergleichen, zu deren Entsatz der Herrscher herbeieilt. Die Belagerer, einen auswärtigen Feind fürchtend, bieten natürlich den Belagerten die glänzendsten Bedingungen an, schmeicheln ihnen mit leeren Worten und suchen sie durch Privilegien anzulocken. Wenn sie jedoch den obersten Herrscher einmal besiegt haben, so werden die Mauern der Stadt ihren Bewohnern nur eine schwache Schutzwehr darbieten. Was sie dann zu erwarten haben, zeigt ein Blick auf Holland, Genua oder Venedig, wo die Gesetze die Armen und die Reichen die Gesetze regieren. Ich lebe und sterbe daher für die Monarchie, für die geheiligte Monarchie; denn wenn es irgend etwas Heiliges unter den Menschen giebt, so muß es der gesalbte Oberherr des Volkes sein, und jede Verminderung seiner Macht, im Kriege wie im Frieden, ist ein Eingriff in die wahre Freiheit der Unterthanen. Die Worte: Freiheit, Patriotismus und Britte! haben schon viel gethan, und es ist zu hoffen, daß die wahren Söhne der Freiheit verhindern werden, daß noch mehr Schlimmes aus ihnen hervorgehe. Ich habe in meinem Leben so manchen angeblichen Kämpfer für die Freiheit gekannt; doch erinnere ich mich keines einzigen, der in seinem Herzen und in seiner Familie nicht ein Tyrann gewesen wäre.«

Ich bemerkte, daß meine Wärme bei dieser Rede mich über die Grenzen der feinen Lebensart hinausgeführt habe. Auch vermochte mein Wirth seine Ungeduld nicht länger zu zügeln, der mich schon mehrmals zu unterbrechen versucht hatte. »Wie?« rief er aus, »habe ich denn die ganze Zeit einen Jesuiten in der Kleidung eines Predigers bewirthet? Aber bei allen Kohlengruben in Cornwall! er soll sich packen, so wahr ich Wilkinson heiße.« – Ich sah jetzt ein, daß ich zu weit gegangen, und bat wegen der Hitze, mit der ich gesprochen, um Verzeihung. – »Verzeihung!« erwiederte er wüthend. »Solche Grundsätze, meine ich, bedürften einer tausendfachen Verzeihung. Was? Freiheit und Eigenthum aufzugeben, und wie der Zeitungschreiber sagt, den Fuß mit hölzernen Schuhen zu beladen! Mein Herr, ich bestehe darauf, daß Sie augenblicklich aus diesem Hause gehen, um üblen Folgen vorzubeugen. Mein Herr, ich muß darauf bestehen.« – Ich war im Begriff, Einwendungen zu machen, als ich einen Bedienten stark an die Thür klopfen hörte. Zu gleicher Zeit riefen die beiden Damen: »Tod und Teufel! unsere Herrschaft ist nach Hause gekommen!« – Jetzt zeigte es sich, daß mein Wirth nichts weiter als der Kellermeister war, der in der Abwesenheit seines Herrn den Einfall gehabt hatte, selber einmal den vornehmen Herrn zu spielen; und offen gestanden, sprach er eben so gut über Politik, wie die meisten Landedelleute. Doch nichts kam meiner Bestürzung gleich, als ich den Edelmann mit seiner Gemahlin eintreten sah. Auch ihr Erstaunen war nicht geringer, eine solche Gesellschaft und ein so köstliches Mahl anzutreffen. – »Meine Herren,« rief der wirkliche Herr des Hauses mir und meinem Gefährten zu, »wir sind Ihre untertänigsten Diener. Doch muß ich gestehen, diese Ehre kommt mir so unerwartet, daß ich unter der Last des Dankes fast erliege.« So unerwartet ihm unsere Gesellschaft auch sein mochte, so war die seinige es doch offenbar noch mehr für uns. Ich stand stumm da, indem ich fühlte, daß ich eine sehr alberne Rolle spielte, als plötzlich mein liebes Fräulein Arabella Wilmot ins Zimmer trat, die früher, wie bereits erzählt, mit meinem Sohne Georg war verlobt gewesen. Als sie mich erblickte, eilte sie mit großer Freude in meine Arme. »Mein lieber Herr!« rief sie, »welchem glücklichen Zufall verdanken wir einen so unerwarteten Besuch? Mein Onkel und meine Tante werden gewiß sehr erfreut sein, zu hören, daß der gute Doctor Primrose ihr Gast ist.« Als der alte Herr und seine Gemahlin meinen Namen hörten, traten Beide sehr höflich näher und hießen mich mit der herzlichsten Gastfreundschaft willkommen. Doch konnten sie sich des Lächelns nicht enthalten, als ich ihnen die Veranlassung meines Besuches erzählte; doch verziehen sie auf meine Bitte dem unglücklichen Kellermeister, den sie anfangs fortjagen wollten.

Herr Arnold und seine Gattin, denen das Haus gehörte, bestanden darauf, daß ich einige Tage bei ihnen verweilen solle, und da ihre Nichte, meine liebenswürdige Schülerin, die ich zum Theil durch meinen Unterricht gebildet hatte, mit ihnen ihre Bitte vereinigte, so willigte ich ein. Mir wurde ein prächtiges Zimmer angewiesen, und am folgenden Morgen kam Fräulein Wilmot sehr früh und bat mich, sie in den Garten zu begleiten, der nach dem neuesten Geschmack angelegt war. Als sie mich eine Zeitlang auf die Schönheiten desselben aufmerksam gemacht hatte, fragte sie mit anscheinender Gleichgültigkeit, wann ich zuletzt von meinem Sohne Georg Nachricht erhalten. – »Ach, mein Fräulein,« erwiederte ich, »er ist jetzt schon beinahe drei Jahre abwesend, ohne daß er ein einziges Mal an mich oder seine Freunde geschrieben hat. Ich weiß nicht, wo er ist; vielleicht sehe ich ihn und glückliche Tage niemals wieder. Nein, mein Fräulein, nie kehren sie zurück, die vergnügten Stunden, die wir einst an unserm Kamin in Wakefield zugebracht. Meine kleine Familie hat sich jetzt zerstreut, und Armuth hat nicht nur Mangel, sondern auch Schande über uns gebracht.« – Dem guten Mädchen entfiel eine Thräne bei diesem Bericht; doch da ich sah, daß es sie zu sehr ergreifen würde, so hielt ich die ausführliche Schilderung unserer Leiden zurück. Doch fühlte ich mich einigermaßen getröstet, als ich fand, daß die Zeit ihre Neigung nicht verändert und sie mehrere Heirathsanträge abgelehnt habe, seit wir uns aus ihrer Gegend entfernt.

Sie führte mich überall herum in den weitläufigen Gartenanlagen, zeigte mir die verschiedenen Alleen und Lauben und nahm bei jedem Gegenstande Veranlassung, eine neue Frage in Betreff meines Sohnes an mich zu richten. So verging der Vormittag, bis die Glocke uns zum Mittagessen rief. Wir fanden den Director der oben erwähnten wandernden Schauspielertruppe, welcher gekommen war, um Billete zu der Vorstellung der Schönen Büßenden anzubringen, welches Stück an dem Abend sollte aufgeführt werden. Für die Rolle des Horazio war ein junger Mann bestimmt, der noch nie die Bühne betreten hatte. Der Director ertheilte dem armen Schauspieler sehr warme Lobsprüche und behauptete, noch niemals Jemanden gesehen zu haben, von dem sich Vortrefflicheres erwarten lasse. »Die Schauspielkunst wird nicht an einem Tage erlernt,« bemerkte er; »doch dieser junge Mann scheint dazu geboren, die Bühne zu betreten. Seine Stimme, seine Figur, seine Haltung ist vortrefflich. Zufällig trafen wir ihn auf unserer Herreise.« – Diese Schilderung erregte unsere Neugierde, und auf die Bitte der Damen entschloß ich mich, sie in das Schauspielhaus zu begleiten, welches nichts Andres war als eine Scheune. Da die Gesellschaft, worin ich mich befand, unstreitig die vornehmste im ganzen Orte war, so wurden wir mit größter Ehrfurcht empfangen und uns der Bühne gegenüber die ersten Plätze angewiesen, wo wir eine Zeitlang saßen und Horazio's Erscheinen mit nicht geringer Ungeduld erwarteten. Endlich trat der neue Schauspieler auf, und nur Eltern können sich meine Gefühle denken, wie ich in ihm meinen unglücklichen Sohn erkannte. Eben wollte er anfangen; doch seine Augen fielen auf die Zuschauer, er erkannte mich und Fräulein Wilmot und blieb sprachlos und unbeweglich stehen.

Die Zuschauer hinter der Scene, welche diese Pause seiner natürlichen Blödigkeit zuschrieben, suchten ihn zu ermuthigen; doch statt zu beginnen, brach er in Thränen aus und verließ die Bühne. Ich weiß nicht, welcher Art meine Empfindungen in diesem Augenblick waren, denn sie wechselten zu rasch, als daß ich sie schildern könnte. Aus diesen unangenehmen Träumen wurde ich indessen bald durch Fräulein Wilmot geweckt, welche blaß und mit zitternder Stimme mich bat, sie in die Wohnung ihres Oheims zurückzubegleiten. Als wir nach Hause kamen, konnte sich Herr Arnold anfangs unser seltsames Betragen nicht erklären, doch als wir ihm gesagt, daß der neue Schauspieler mein Sohn sei, schickte er sogleich seine Kutsche hin, um ihn zu sich einladen zu lassen. Da er sich standhaft geweigert, wieder die Bühne zu betreten, so mußte ein Anderer die Rolle übernehmen, und wir sahen ihn bald bei uns. Herr Arnold kam ihm wohlwollend entgegen, und ich empfing ihn mit meinem gewöhnlichen Entzücken; denn es war nie meine Art, mich empfindlich zu stellen. Fräulein Wilmots Empfang war dem Anscheine nach gleichgültig; doch hatte ich bald Gelegenheit, zu bemerken, daß sie eine studirte Rolle spiele. Der Tumult in ihrem Gemüthe schien noch nicht beruhigt zu sein; wohl zwanzigmal sagte sie thörichte Dinge, die wie Heiterkeit aussahen, und lachte dann laut über ihre Sinnlosigkeit. Zuweilen warf sie auch einen verstohlenen Blick in den Spiegel, als sei sie glücklich in dem Bewußtsein ihrer unwiderstehlichen Schönheit; und oft that sie Fragen, ohne im geringsten auf die Antwort zu achten.


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