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XXV. Kapitel

Elisabeths Ruhelosigkeit / Ihre Lebensweise / Detektiv Paolis Schilderung / Schlimme Vorbedeutungen / Letzter Ausflug / Elisabeths Ermordung / Wie Franz Joseph die Nachricht aufnahm / Rückblick auf die kaiserliche Ehe


Johann Orth war nicht der einzige Erzherzog, welcher Franz Joseph durch sein Streben nach gewöhnlichem Menschenlos und durch Verleugnung des Familienstolzes in Liebesangelegenheiten überraschen und bekümmern sollte. Wir werden sie sehen, Erzherzoginnen sowohl als Erzherzöge, wie sie die Liebe auf das Piedestal stellen, das von dem Familienhaupt für Rang und Würde bestimmt war, und wie sie sich erheben als eine Schar von Zeugen gegen die Habsburger Grundsätze und das Habsburger System.

Es heißt, daß die Kaiserin Erinnerungen niederschrieb, die eines Tages der Öffentlichkeit übergeben werden sollen. Bevor sie erscheinen – wenn dies je geschieht – kann man sich nicht daran wagen, die Geschichte ihres inneren Lebens aufzuzeichnen; und es ist vielleicht sogar dann noch ein Ding der Unmöglichkeit. Die Gabe der Selbstoffenbarung ist so selten wie die Gabe des Genies, wenn sie nicht in der Tat selber ein Teil von diesem ist.

Elisabeth hütete ihr Geheimnis bis zum Schluß. Die Welt besitzt keine wirkliche Kenntnis von ihr, sondern nur einen Eindruck, hervorgerufen durch dunkle Worte und eine seltsame Lebensweise. Sie war ruhelos und suchte die Einsamkeit: viel mehr als dies läßt sich über sie nicht sagen. Was für ein Gespenst hinter ihr her war und sie von Ort zu Ort trieb, ist nur von weitem zu erahnen; und man gelangt oft zu ganz widersprechenden Vermutungen. Vielleicht ließen sich diese Widersprüche vereinen, vielleicht peinigte sie auch mehr als ein Gespenst. Sie sprach von sich als einer Frau, welche den Tod fürchtete, und doch nichts im Leben sah, was ihr das Dasein lebenswert gemacht hätte. Sie behauptete gläubig zu sein, und dennoch war ihr Lieblingsdichter der ungläubige Heine. Und als Gräfin Sztaray ihr von dem ewigen Frieden sprach, in den die gläubigen Menschen nach dem Tode eingehen dürfen, da entgegnete sie ihr:

»Was wissen Sie darüber? Keiner, der jene Reise angetreten, ist je wieder zurückgekommen, um uns zu sagen, wie es am Ende aussieht.«

Das ist wohl kaum die Sprache des Pantheismus. Und doch gab es gläubige Seelen, welche Elisabeth mit vorwurfsvollen Gesten als Pantheistin bezeichneten. Bisweilen hatte sie allerdings pantheistische Anwandlungen, aber sie fiel immer wieder in ihre Unruhe zurück. Allem Anschein nach fühlte sie sich – und in gewissem Sinn nicht mit Unrecht – als eine Frau, die sich selber überlebt hatte. Etwas war in ihr erstorben, wie sie sagte, und nach diesem »Tod« war das Leben für sie nichts weiter als ein mechanischer Kreislauf physiologischer Prozesse. Körperliches Mißbefinden mag dann noch dazu beigetragen haben, eine solche Empfindung zu verfestigen, die bei guter Gesundheit gewiß nur vorübergehend in Erscheinung getreten wäre. Sie war – wenn auch ein rüstiger, so doch ein Invalide in ihren späteren Jahren. Das Bewußtsein davon, daß ihr Geschlecht von Wahnsinn angekränkelt war, und das daraus entstehende Gefühl, daß das Unheil auch beständig über ihrem eigenen Haupte schwebe, hat wohl nicht zum wenigsten dazu beigetragen, in ihrer Vorstellung das Bild der Nemesis heraufzubeschwören, die immer auf ihren Fersen war, um sie zu verderben. Das Glück war ihr weder im Familienkreise, noch auf den verschwiegenen Pfaden der Liebe begegnet. Dort hatte sie das Gefühl einer Tragödie ohne den verklärenden Hauch der Liebe, und hier – wenn wir der offensichtlichen Bedeutung ihres Märchens, das sie der Gräfin Larisch erzählt hatte, Glauben schenken – hatte sie es erfahren, wie ein Liebhaber einzuschätzen war, der davonritt und sie mit zynischen Reflexionen allein zurückließ. So ging sie durch das Leben mit einer Maske vor dem Gesicht, indem sie es zugleich niemandem verhehlte, daß sie eine Maske trug.

Auf Äußerlichkeiten hin kann dieses Bild um sehr vieles detaillierter ausgemalt werden. Herr Xavier Paoli von der Sicherheitspolizei, dessen Amt darin bestand, königliche Gäste in Frankreich wie ein Schatten zu begleiten, und sie vor Attentaten zu schützen, hat manchen besonderen Zug von ihren Exzentrizitäten erzählt. Anfangs waren ihr seine Dienste zuwider. »Wir werden niemand brauchen«, waren General Berzeviczys Worte zu Herrn Paoli, als dieser sich erstmals vorstellte und seine Dienste anbot. Aber Herr Paoli besaß Takt und Verschwiegenheit und wußte sich beliebt zu machen, immer bei der Hand, wenn man ihn brauchte und nie im Wege, wenn seine Anwesenheit unerwünscht war. Was er sah, beobachtete er mit den kühlen Augen eines Detektivs, dem auch das Geringfügigste der Beachtung wert erscheint. Von ihm erfahren wir, daß die Kaiserin täglich in destilliertem Wasser badete, badete, daß sie nur einen Zwieback zu ihrem Frühstückstee genoß, daß sie zur Stärkung im Lauf des Vormittags Fleischsaft zu sich nahm, welcher aus mehreren Pfunden Rindsfilet mittels eines besonderen Apparates hergestellt wurde, und daß ihr Diner aus eisgekühlter Milch, rohen Eiern und einem Glas Tokayer bestand. Herr Paoli spricht auch von ihren ausgedehnten Spaziergängen, denn diese waren natürlich Gelegenheiten, wo die Bürde seiner Verantwortlichkeit schwer auf ihm lastete. Elisabeth ging oft 15-20 englische Meilen an einem Tag, nur begleitet von ihrem »griechischen Vorleser«, zu welchem meistens ein Student von der Athener Universität berufen wurde. Dessen Amt war es nicht bloß, griechisch vorzulesen, sondern auch der Kaiserin ihr Ersatzgewand nachzutragen. Sie ging für gewöhnlich »in einem schwarzen Sergekleid, das so einfach war, daß keine wohlhabende Kaufmannsfrau sich darin hätte sehen lassen mögen,« und sie wechselte oft das Gewand mitten auf ihren Wanderungen, hinter Bäumen oder sonst einem Versteck, während der Vorleser pflichtschuldigst nach der anderen Seite zu gucken hatte. Manchmal durchwanderte sie auch die Straßen von Paris in gleicher Sorglosigkeit. Einmal, so berichtet Paoli, besuchte sie die Notre Dame-Kirche im Mondenschein und bestand hernach darauf, in ein gewöhnliches Mietshaus geführt zu werden, um dort Zwiebelsuppe zu essen.

In Biarritz und an der Riviera hatte Paoli am meisten Gelegenheit, sie zu beobachten. An beiden Orten kannte man sie als »die Dame in Schwarz«, welche immer mit voller Börse umherging, und Almosen austeilte, wenn sie die Laune dazu ankam. So oft sie Biarritz besuchte, verfehlte sie nie, dort eine Kuh für ihr Gut in Ungarn zu kaufen. In Cap Martin, wo ihr die Kaiserin Eugénie ein Hotel empfohlen hatte, empfing sie bisweilen den Besuch des Kaisers. Aber Franz Joseph scheint nicht viel von ihr gesehen zu haben, wenn er kam. »Manchmal«, aber beileibe nicht immer, nahm Elisabeth die Hauptmahlzeit mit ihm ein, und sie frühstückte unweigerlich allein. Diese Besuche waren wohl wenig mehr als ein Tribut an den »äußeren Schein«, der in kaiserlichen Kreisen eine so eminent wichtige Rolle spielt. Und als ein solcher Tribut an den äußeren Schein ist zweifellos auch die Tatsache anzusehen, daß das Billardzimmer in Cap Martin zur Kapelle geweiht und umgewandelt wurde.

Wichtiger und bedeutsamer von Herrn Paolis Standpunkt aus war die Tatsache, daß die Kaiserin ein großes Widerstreben zeigte, ihm das Ziel ihrer Spaziergänge und Wanderungen bekanntzugeben. Gewöhnlich brachte er es zwar zuwege, irgendwie Kunde davon zu erlangen, nichtsdestoweniger aber machte er ihr Vorstellungen deswegen, und da erhielt er einst eine sehr charakteristische Antwort:

»Beruhigen Sie sich, mein lieber Herr Paoli, es wird mir nichts passieren. Was sollte man auch einer armen Frau tun? Überdies sind wir alle nicht mehr als ein Mohnblumenblatt oder eine kleine Kräuselwelle auf dem Wasser.«

Er versicherte ihr, daß wirklich von Gefahr die Rede sei – allerhand Gerüchte wären ihm zu Ohren gekommen; aber sie lehnte es immer noch ab, sich bewachen zu lassen:

»Was?« rief sie aus, »immer neue Befürchtungen? Ich wiederhole, daß ich keine Angst habe, und, wohlgemerkt, ich verspreche nichts.«

Es fehlte nicht an schlimmen Vorbedeutungen, welche andere beachteten, wenn auch Elisabeth selber blind dafür war. Während ihr aus Marion Crawford's Corleone vorgelesen wurde – ein Roman, der von den Verbrechen der Mafia handelt – kreiste über ihr ein Rabe, der immer wiederkehrte, so oft man ihn auch verscheuchte; und eines Morgens äußerte sie zu ihrem Gefolge, daß der Mond, den sie um Mitternacht von ihrem Bett aus gesehen, dem Gesicht einer weinenden Frau geglichen habe. Überdies hatte die Pariser Wahrsagerin, welche unter dem Namen des Engels Gabriel weissagte, eine bezeichnende Prophezeiung ausgesprochen: eines der sensationellsten Ereignisse des Jahres wäre l'assassinat d'une souveraine au cœur malade. Keine Königin oder Kaiserin war dafür bekannt, daß sie an einem physischen Herzübel litte, aber Elisabeth lebte als eine Frau, deren Herz von Kummer gebeugt und von Enttäuschungen wund gerissen war. Auf sie, so flüsterten die Abergläubischen einander zu, mußte sich die Warnung des Engels Gabriel beziehen.

Das Unglücksjahr wurde in gewohnter Weise auf Reisen zugebracht: von Biarritz nach San Remo; von San Remo nach Caux; von Caux nach Kissingen; von Kissingen nach Brückenau; von Brückenau nach Wien, wo sich Elisabeth von allem abschloß und sich sogar weigerte, einen neuernannten Gesandten zu empfangen; von Wien nach Lainz; von Lainz nach Ischl; von Ischl nach Nauheim; und von Nauheim in die Schweiz zurück, wo sie wieder in Caux Wohnung nahm. Dort hatte sie eine Vision von schlimmer Vorbedeutung. Eine geheimnisvolle, weißgekleidete Frau erschien in dem Hotelgarten, während die Kaiserin auf dem Balkon saß, und starrte mit drohendem Blick zu ihr herauf. Dieser Anblick machte sie nervös und sie befahl einer Zofe, die Frau wegzuschicken. Aber obwohl man auf jedem Weg im Garten suchte und jeden Busch abklopfte, fand sich nirgends eine Spur der weißgekleideten Frau, und man gedachte der alten österreichischen Sage, daß vor jedem Unglück in der Habsburger Familie eine weißgekleidete Frau erschiene – in Schönbrunn war es im Jahre 1867 geschehen und wiederum im Jahre 1889 an den Vorabenden der Tragödien von Queretaro und Meyerling.

Man befürchtete nur eine unheilvolle Wirkung auf das Gemüt der Kaiserin, welches durch den kreisenden Raben und den weinenden Mond schon arg beeinflußt worden war, und man hielt es deshalb unter den gegebenen Umständen für besser, ihr von dem Besuch abzuraten, den sie der Baronin Adolf Rothschild in ihrer Villa zu Prégry versprochen hatte. Aber trotzdem sie nervös erregt war, zeigte sie sich hartnäckig und äußerte sich nach ihrer Gewohnheit als echte Schicksalsgläubige:

»Ich bin immer bereit«, sagte sie, »meinem Schicksal zu begegnen. Nichts kann mich davor bewahren an dem Tag, an dem es mich treffen soll. Oft macht das Schicksal seine Augen zu, aber früher oder später öffnet es sie wieder und schaut uns an. Die Schritte, welche man vermeiden mußte, um dem Schicksal zu entgehen, sind immer solche, die man gerade unvermeidlich macht. Ich bin mir wohl bewußt, daß jeder Schritt an jedem Tag meines Lebens ein solcher Schritt sein kann.«

So ließ sie sich von ihrem Vorhaben nicht abwendig machen, und diesmal stand das Schicksal wirklich an der Straße, welche zu beschreiten sie sich anschickte. Sie war nicht der Gegenstand persönlichen Hasses, sie war gleichsam nur eine hohe Spielfigur auf dem Weg eines jener Vernichter, welche aus Prinzip es als ihre Aufgabe betrachten, alle Könige aus dem Spiel zu schlagen. In dieser Weise äußerte sich auch der Mörder Herrn Paoli gegenüber, der ihn im Gefängnis besuchte:

»Sie war das erste gekrönte Haupt, das mir in den Weg kam. Was kümmerte es mich weiter. Mir war es nur um eine Demonstration zu tun, und was ich wollte, habe ich erreicht.«

Er hieß Luccheni und vollführte seine Demonstration, als die Kaiserin auf dem Quai du Mont Blanc zur Landungsstelle des Dampfers schritt. Seine Waffe war eine tödlich scharf zugeschnittene Schusterahle. Wie ein Panther stürzte er sich auf sein Opfer und traf die Kaiserin ins Herz. Dann suchte er das Weite, freilich um bald eingeholt und festgenommen zu werden. Dies alles ging so schnell vor sich, daß niemand – selbst Elisabeth nicht – begriffen hatte, was eigentlich geschehen war. Sie war der Meinung, ein Taschendieb hätte sie umgerannt, um sie zu bestehlen.

»Was ist geschehen?«, fragte sie mehr mit Erstaunen und ging noch weiter bis zum Schiff. Erst als sie schon an Bord war, verlor sie das Bewußtsein. Es war nur ein kleines Blutfleckchen vorhanden – da die Waffe selber die Wunde verschloß – und die Kaiserin starb, ohne wieder das Bewußtsein zu erlangen, an innerer Verblutung. Der Dampfer kehrte wieder um, aber bis die Ärzte herzukamen, war alles zu Ende. Inzwischen frohlockte Luccheni zynisch im Gefängnis:

»Hoffentlich hab' ich nichts verpfuscht, hoffentlich ist sie wirklich tot. Es war ein guter Stoß, ich bin gewiß, daß sie tot ist!«

So war ihr Ende: jäh und tragisch wie bei ihrem Sohn, nur war es nicht wie dort in eine Wolke von Geheimnis eingehüllt. Es blieb nichts weiter übrig, als Franz Joseph in Kenntnis zu setzen, und Gräfin Sztaray ließ zwei Depeschen an den Grafen Paar absenden. Die erste lautete dahin, daß Ihrer Majestät ein schwerer Unfall zugestoßen sei, und die zweite brachte die Ergänzung, daß der Unfall einen tödlichen Verlauf genommen hatte. Beide Depeschen trafen gleichzeitig ein. Der Kaiser erriet ihren Inhalt an dem Gesicht des Überbringers. Er las die Botschaft und sank wie ein geschlagener Mann in seinen Stuhl zurück. Als er sich wieder einigermaßen gefaßt hatte und aufblickte, sah er den Erzherzog Franz Ferdinand neben sich stehen. »Wie?« rief er ihm voll bitteren Schmerzes zu, »gibt es denn keinen Jammer in der Welt, der mir erspart bleibt?«

Keiner, so wollte es scheinen. – Und die Häufung von Jammer auf das gebeugte weiße Haupt wird dadurch nur um so schwerer, als in jedem einzelnen Falle jene lieblichen und heiteren Erinnerungen fehlten, die den Kummer zu mildern pflegen, wenn der erste harte Schlag verschmerzt ist. Der Bruder, der als Usurpator kaiserlicher Würde und Gewalt in Mexiko erschossen wurde, war vordem in Österreich das Haupt einer ihm feindlich gegenüberstehenden Partei; der Sohn, welcher auf eine so schmähliche Weise ums Leben kam, hatte zum mindesten mit dem Verrat gespielt; der nicht ganz so nahe Verwandte, der auf der See ertrank, hatte ihn herausgefordert und beschimpft; und zwischen ihm und seiner ersten romantischen Liebe zu seiner Gemahlin standen düstere Wolken schwerer Lebenserfahrungen. So erfüllte sich in doppeltem Sinn der Fluch jener Mutter, welche Gott anrief, den Kaiser zu strafen in der Person eines jeden Gliedes seiner Familie.

Trotz allem aber war seine Sprache immer noch diejenige eines Mannes, der mit wirklicher Liebe die ihm nun verlorene Gattin umfangen hatte. Einer seiner Vertrauten hat uns folgende Äußerung überliefert:

»Keiner«, so sagte der Kaiser, »kann jemals die Größe meines Verlustes ermessen. Ich kann es Ihnen nicht ausdrücken, wie viel ich meiner vielgeliebten Gemahlin, der Kaiserin, verdanke, und was für eine große Stütze sie mir war in den Jahren, die so viel Trübsal über mich brachten. Ich kann Gott niemals genug danken, daß er mir eine solche Lebensgefährtin geschenkt hat. Wiederholen Sie dies, sagen Sie es allen Leuten, ich werde Ihnen dankbar dafür sein.«

Franz Joseph, das ist vollständig klar, brachte darin nicht nur das zum Ausdruck, was er wünschte, daß die Welt glaube, sondern was er selber zu glauben wünschte. Er hatte in seiner Jugend den Frühlingstraum der Liebe geträumt; er hatte ihn wirklich geträumt, nicht bloß der Welt und sich ein Schauspiel vorgespielt. In jenen Jahren der schönen Illusion war ihm ein solcher Traum wohl vereinbar erschienen mit dem Habsburger System von Eheschließungen zwischen Gliedern blutsverwandter Häuser, die so angekränkelt waren, wie die in Frage stehenden Geschlechter.

Auch war durch gar keine besondere Tat die Unvereinbarkeit solcher Ehen mit jenem Traum ans Licht gekommen. Der schöne junge Mann, der sich mit der schönen jungen Frau verband, hatte nur ganz allmählich die Entdeckung gemacht, daß es sich hier auch noch um etwas anderes handelte, als daß ein einfacher Mann von soldatischer Geradheit des Charakters sich mit einer Frau verbunden hatte, die ein geheimnisvolles Rätselwesen war, an deren innerem Leben er kein Teil hatte, weil ihm gewissermaßen die Organe fehlten, um es zu erfassen. Er hatte sein Bestes gegeben und getan und gegen alle Wahrscheinlichkeit gehofft, daß sein Traum sich verwirklichen würde. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß er seine Hoffnung aufgab, weil er sich dabei ertappte, ein ehrliches Vergnügen in dem Umgang mit Frau Schratt zu finden. Vielmehr sprechen alle menschlichen Erfahrungen dafür, daß er seinen Traum liebte und ihn wieder und wieder liebte und ihn wieder und wieder träumte.

Seine Ehe war ein Beweis für das Scheitern des Habsburger Systems; und weitere Beweise dieser inneren Unhaltbarkeit sollten ihm, im Verein mit noch manch anderen Beispielen der Auflehnung gegen dasselbe, im Verlauf der nächsten Jahre zu Gemüt geführt werden. Die künftigen Kämpfe mit den Erzherzögen und Erzherzoginnen sollten sich in besonderem Maße als Kämpfe solcher Art erweisen.

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