Anastasius Grün
Nibelungen im Frack
Anastasius Grün

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Anhang.

        Du bist ein Freund – in Leben und Poesie – von Rosen.
Bauernfeld.
– – ein Rosenlied, in welchem es »von Rosen um und an roset«, fast noch mehr
als in den rosenäthervollen Gedichten meines theuren Freundes A. Grün.
Gust. Schwab.
Man kann Herrn Grün in der That einen wahren Rosen-Döbler nennen – – –
ohne Rosen geht es bei Herrn Grün nicht ab – –
Konr. Schwenck.


Zur Verständigung.

An Eduard von Bauernfeld.

(Mit Bezug auf dessen Gedicht: »Einem Dichter, meinem Freunde«
in Fr. Witthauer's Wiener-Zeitschrift v. J. 1843. Nr. 40.)

Im März 1843.

                            Ich fuhr aus Wiens Gemäuern, der Stadt, mir lieb vor allen,
Die meine Jugend pflegte, mein erstes Dichterlallen,
Die treu bewahrt dem Manne manch Freundesherz, erkoren,
Und die ich Mutter nenne, da sie mir Brüder ja geboren.

Nacht war es rings und Schweigen. Mein Träumen war umklungen
Noch von dem Wort der Liebe, das du mir jüngst gesungen;
Stumm schliefen an meiner Seite im Wagen die Genossen,
Auswanderer zu fernem Grunde: ein Bündel junger Rosensprossen.

Zwei Liebende in der Laube, die haben sich viel zu sagen,
Doch sollten wir draußen lauschen, es wäre schwer zu ertragen;
Der Rose Freund – du weißt es – in Poesie und Leben,
Vergaß ich oft, ihr huld'gend, daß liebe Lauscher mich umgeben.

So ward ihr Duft unmerkbar in meinem Lied zur Fehle,
Doch bangt nicht, daß ihr Blühen Euch allzuoft noch quäle;
Sind erst erkannt die Fehler, bald sind gebessert sie,
Leicht ist entbehrt ein Röslein im unermess'nen Reich Poesie!

Doch halt, da hätt' ich die neuste Grenzmarkung bald vergessen,
Die Politik, das Steinland, allein ihr zugemessen;
Das wären schmale Grenzen! Vor Jahren scholl die Klage,
Daß Politik den Durchmarsch poet'schem Truppenvolk versage.

Ein Zug von kecken Reitern gewann dem großen Staat
Das kleine Nachbarländchen; o schöne Waffenthat!
Begeisterung führte das Häuflein, bin auch gewesen dabei,
Am Helm die Lieblingsblume, und eben nicht in letzter Reih'!

Nun soll das Reich nur die eine, erkämpfte Provinz umfassen,
Die schönen Stammeslande verödet stehn, verlassen!
Empor all ihr getreuen Vasallen der Poesie,
Laßt nicht die Heimat schmälern und ruft im Zorne: Nein und nie!

Der Bajonnette Flimmern in einer Vollmondnacht,
Patrouillenruf um's Lager, Wachfeuer, Vorpostenwacht,
Das Flüstern der Parole, das Rasseln der Batterie,
Es ist ein Stück Poesis, doch nicht die ganze Poesie.

Die ist kein Bergschacht Erzes, für Euch zur Waffenstätte,
Doch auch nicht Blumenwiese, die Andre zu Schlummer bette
Und nicht der fette Acker, der Jene mit Brot versehe;
Sie ist die ganze Erde, mit allem Jubel, allem Wehe.

Sie ist kein träger Weiher, der Spiegel der Libelle,
Kein Strom, der euren Münzen flößt die goldreiche Welle,
Kein Bächlein, Eschen tränkend zum Schaft für eure Lanze;
Sie ist das ganze Weltmeer, mit allen Schrecken, allem Glanze.

Sie ist kein einzeln Sternlein, das liebekrank sich härmt,
Sie ist auch nicht die Sonne, die Weltbeherrschung schwärmt;
Auch kein Komete, Herold von Krieg, Pest und Gericht;
Sie ist der ganze Himmel, mit aller Nacht und allem Licht.

Sie liegt nicht bloß im Worte, das durch die Welt sich schwang
Auf Blättern, Mimenlippen und zum Guitarrenklang;
Wie Pracht der Alpenblumen, die ungesehn geblieben,
So sind's vielleicht die größten der Dichter, die kein Wort geschrieben.

Denn viel Metalls klingt über die Erde ausgegossen;
Doch mehr noch halten die Berge in stummer Kluft verschlossen;
In Fülle bei Menschenfesten Demanten, Perlen glänzen,
Mehr birgt noch Schacht und Welle, sich selbst zu schmücken und zu kränzen.

Es ist all irdisch Dichten ein niebeendet Lernen,
Ein Lesen der Meisterwerke aus Blumen, Wellen, Sternen,
Jetzt Mondennacht-Idylle, jetzt Hochgewitters Ode;
Wer las das Buch zu Ende? der große Geist bleibt uns Rhapsode.

Doch er, ein milder Meister, will Alle unterrichten,
Nach aufgegebnen Reimen in seiner Art zu dichten;
Er läßt sie niederflattern auf weißen Blüthenblättern,
Schreibt auf die schwarze Tafel des Himmels sie mit goldnen Lettern.

Nun, Schüler, versucht die Lösung! Doch sei's kein klappend Klingen,
Der Reim muß Herzen versöhnen und muß die Geister beschwingen!
Horch, Trennung braust das Weltmeer hin zwischen Land und Land,
Da knüpft das Schiff der Menschen des Reims und Wiederfindens Band.

Sieh dort – wo erst noch Wüste, kein Blühen, Singen, Keimen –
Des Bauers Pflug und drüber die Lerche köstlich reimen!
Sieh, an des Ufers Hütten die Brandung schleudert der Sturm,
Der Mensch erlernt vom Felsen den Reim und baut sich Wall und Thurm.

Nun Anmuth naht und Schönheit – wer da verschont noch bliebe
Vom Dichterruf! – doch findet sich darauf ein Reim nur: Liebe!
Der Mensch, der schwer zu reimen vermag sein irdisch Leid,
Ersann am Grab der Liebe den kühnen Reim: Unsterblichkeit.

Der Regenbogen in Farben, nach Wettern ausgezogen,
Ist mir ein etwas größ'rer Mailänder-Friedensbogen;
Dünkt eine Riesencocarde er Euch, möcht' ich nicht schelten,
Der Meister läßt uns Alle, o lassen wir auch All' uns gelten!

Auf Frühlingssonn' ist Rose der Reim – mir wuchs er zum Hain: –
Was glomm sie auch so helle! – Seht, wieder verlockt ihr Schein!
Ich will in Edelzweigen ihr pflanzen im Gartenriede
Die alten Rosenreime – doch neue suchen meinem Liede.


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