Otto Erich Hartleben
Gedichte
Otto Erich Hartleben

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Laß gut sein, Mutter!

        Ein spärlich Feuer glimmt noch auf dem Herde,
Es ist der einzge schwache Schein – ein Licht
wär viel zu teuer. In dem engen Raum,
deß Decke du mit deinen Händen greifst,
ist übelriechende, verdorbne Luft.
Man hat die Fenster nicht geöffnet, denn
die Wärme muß man halten, ach, die teure Wärme!

Dort an der Wand, dem Herde gegenüber,
da steht ein schmutzges Bett, und häßlich Stöhnen
kommt von dort her aus einer kranken Brust.
Am blinden Fenster, das im Winde klappert,
der draußen durch des Dorfes Gassen fährt,
sitzt eine Frau und strickt. Sie hört das Stöhnen
des Kranken nicht und sieht die Spiele nicht
der Kinder, die zu ihren Füßen kauern –
sie sitzt und strickt, das Haupt nach vorn geneigt . . .

Da plötzlich dröhnt es auf dem rohen Pflaster:
herangerollt in vornehm schnellem Trab
kommt ein Coupé. Die gnädge Frau steigt aus,
der Diener reißt die Tür der Hütte auf,
so daß ein scharfer Luftzug bis ans Bett
des Kranken fährt, und von der Schwelle tritt
ein schönes, junges Weib, die Frau vom Schloß.

Mit leisen Schritten kommt sie näher, winkt
der Frau, die sich erhob, und flüsternd fragt sie:
Wie geht es ihm? – Sie weist zum Bett nach hinten.
Ihr offnes, freudenreiches Antlitz glänzt,
verklärt vom Gotteshauche reinen Mitleids.

Ach, gnädge Frau, das ist nu schon so lang!
Statt daß er für die Kleinen und für mich
arbeitet, muß er selbst erhalten werden,
und besser werden kann er doch nicht wieder,
und wenn er nu man nicht so lange machte . . .
Ein rauhes Wimmern unterbricht das Weib,
der Kranke hat sich selbst emporgerichtet:
Laß gut sein, Mutter . . . und die eine Hand
streckt er, wie um Erbarmen flehend aus.
Noch einmal ruft er mit gebrochenem Hauch:
Laß gut sein, Mutter . . . und dann sinkt er hin –
und in das Haus der Armen trat der Tod.

 


 


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