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Alexandra kommt mit Titus.
Alexandra.
Titus, du siehst, wie meine Tochter trauert!
Titus.
Sie hat wohl neue Botschaft von Herodes?
Alexandra.
Die Botschaft, daß es mit ihm aus ist! Ja!
Titus (sieht nach Mariamnen).
Sie tanzt!
Alexandra. Als wäre sie, statt Witwe, Braut!
Titus, sie trug bis heute eine Maske,
Und, merk dir das, sie tat es nicht allein!
Titus.
Sehr gut für sie! Dann bleibt sie, was sie ist!
Gehört sie zu den Feinden des Herodes,
So wird sie nicht mit seinen Freunden büßen!
Alexandra.
Um das zu zeigen, gibt sie ja dies Fest!
(Entfernt sich von Titus.)
Titus.
Es schaudert mir vor diesen Weibern doch!
Die eine haut dem Helden, den sie erst
Durch heuchlerische Küsse sicher machte,
Im Schlaf den Kopf ab, und die andre tanzt,
Um sich nur ja die Krone zu erhalten,
Wie rasend, auf dem Grabe des Gemahls!
Um das zu sehn, ward ich gewiß geladen
(Er sieht wieder nach Mariamnen.)
Ja, ja, ich seh's und will's in Rom bezeugen –
Doch trinke ich hier keinen Tropfen Wein!
Salome.
Was sagst du, Titus? Steht es mit dem König
So schlecht, daß die schon alles wagen darf?
Titus.
Wenn er nicht gleich sich zum Octavian
Geschlagen und dem Marc Anton vorm Fall
Den letzten Stoß noch mitgegeben hat,
Und das bezweifle ich, so steht's nicht gut!
Salome.
O hätt' er's doch getan! – Wenn die den Kopf
Behält, so weiß ich nicht, warum der Herr
Das Blut der üpp'gen Jesabel den Hunden
Zu lecken gab! (Verliert sich unter die übrigen.)
Titus. Sie tanzt noch fort! Doch scheint's
Ihr nicht ganz leicht zu sein! Sie müßt' erglühen,
Doch sie erbleicht, als ob sie in Gedanken
Was andres täte und nur unwillkürlich
Dem Reigen folgte! Nun, auch diese Judith
Hat wohl nicht ohne Angst ihr Werk vollbracht!
Und die da muß den letzten Kuß des Mannes,
Den sie hier jetzt vor mir so feierlich
Verleugnet, noch auf ihrer Lippe fühlen,
Auch sah sie ihn ja noch nicht tot! – Sie kommt!
(Mariamne erscheint wieder. Alexandra und Soemus folgen ihr.)
Alexandra (zu Mariamne).
Ich sprach mit Titus!
Mariamne (erblickt bei einer plötzlichen Wendung ihr Bild im Spiegel).
Ha!
Alexandra. Was hast du denn?
Mariamne.
So hab ich mich ja schon im Traum gesehn! –
Das also war's, was mich vorhin nicht ruhn ließ,
Bis der verlorene Rubin sich fand,
Der jetzt auf meiner Brust so düster glimmt:
Das Bild hätt' eine Lücke ohne ihn! –
Auf dieses folgt das letzte bald!
Alexandra. Komm zu dir!
Mariamne.
So laß mich doch! – Ein Spiegel, ganz, wie der!
Zu Anfang angelaufen, wie vom Hauch
Des Atmenden, dann, wie die Bilder, die
Er nacheinander zeigte, sanft sich klärend
Und endlich leuchtend, wie geschliffner Stahl.
Ich sah mein ganzes Leben! Erst erschien ich
Als Kind, von zartem Rosenlicht umflossen,
Das immer röter, immer dunkler ward:
Da waren mir die eignen Züge fremd,
Und bei der dritten Wandlung erst erkannt' ich
Mich in dem gar zu jungen Angesicht.
Nun kam die Jungfrau und der Augenblick,
Wo mich Herodes in den Blumengarten
Begleitete und schmeichelnd zu mir sprach:
So schön ist keine, daß sie deine Hand
Nicht pflücken dürfte! – Ha, er sei verflucht,
Daß er's so ganz vergaß! So ganz! Dann ward's
Unheimlich, und ich mußte wider Willen
Die Zukunft schaun. Ich sah mich so und so,
Und endlich, wie ich hier steh! (Zu Alexandra.) Ist es denn
Nicht seltsam, wenn ein Traum ins Leben tritt? –
Nun trübte sich der helle Spiegel wieder,
Das Licht ward aschenfarbig, und ich selbst,
Die kurz zuvor noch Blühende, so bleich,
Als hätt' ich unter diesem Prachtgewand
Schon längst aus allen Adern still geblutet.
Ein Schauder packte mich, ich rief: Jetzt komme
Ich als Geripp, und das will ich nicht sehn!
Da wandt' ich mich –
(Sie wendet sich vom Spiegel ab.)
Stimmen im Hintergrund. Der König!
(Allgemeine Bewegung.)
Alexandra. Wer?
Herodes tritt ein, kriegerisch angetan. Joab. Gefolge.
Mariamne.
Der Tod! Der Tod! Der Tod ist unter uns!
Unangemeldet, wie er immer kommt!
Salome.
Der Tod für dich! jawohl! So fühlst du's selbst?
Mein Bruder!
(Will Herodes umarmen, er drängt sie zurück.)
Herodes. Mariamne! (Er nähert sich ihr.)
Mariamne (weist ihn mit einer heftigen Gebärde zurück).
Zieh das Schwert!
Reich mir den Giftpokal! Du bist der Tod!
Der Tod umarmt und küßt mit Schwert und Gift!
Herodes (kehrt sich nach Salome um).
Was soll das heißen? Tausend Kerzen riefen
Mir aus der Ferne durch die Nacht schon zu:
Dein Bote ward nicht von den Arabern
Ergriffen, er kam an, du wirst erwartet,
Und jetzt –
Salome. Die Kerzen haben dich betrogen,
Hier ward gejubelt über deinen Tod!
Dein Bote kam nicht an, und deine Mutter
Zerriß schon ihr Gewand um dich!
(Herodes sieht um sich, bemerkt Titus und winkt ihm.)
Titus (tritt heran). So ist's!
Hier war kein Mensch darauf gefaßt, ich selbst
Nicht einmal ganz, daß du noch vor der Schlacht
Bei Aktium den Antonius verlassen
Und, wie's die Klugheit freilich riet, zum Cäsar
Hinübergehen würdest! Daß du's tatest,
Beweist mir deine Wiederkunft. Nun wohl!
Ich – wünsch dir Glück!
Mariamne (tritt herzu). Und ich beklage dich,
Daß die Gelegenheit sich dir nicht bot,
Den Marc Anton mit eigner Hand zu schlachten.
So hättst du deinem neuen Herrn am besten
Gezeigt, daß dir am alten nichts mehr lag;
Du hättst ihm deines Freundes Kopf gebracht,
Er hätt' ihn mit der Krone dir bezahlt!
Herodes.
Pfui, Titus, pfui! Auch du denkst so von mir?
Ich zog hinunter nach Arabien,
Wie mir's Antonius geboten hatte,
Allein ich fand dort keinen Feind! Nun macht' ich
Mich auf nach Aktium, und meine Schuld
War's nicht, wenn ich zu spät kam. Hätt' er sich
Gehalten, wie ich glaubte, daß er's würde,
So hätt' ich (gegen Mariamne) die Gelegenheit gesucht,
Ihm mit dem Kopfe des Octavian
Die Krone zu bezahlen! (Zu Titus.) Er tat's nicht!
Er war schon tot, als ich erschien. Nun tat ihm
Der Freund nicht weiter not, und ich begab
Mich zum Octavian; zwar nicht als König –
Die Krone legt' ich ab – doch darum auch
Als Bettler nicht. Ich zog mein Schwert und sprach:
Dies wollt' ich brauchen gegen dich, ich hätt' es
Vielleicht mit deinem eignen Blut gefärbt,
Wenn's hier noch besser stünde. Das ist aus!
Jetzt senke ich's vor dir und leg es ab!
Erwäge du nun, welch ein Freund ich war,
Nicht, wessen Freund; der Tote gab mich frei:
Ich kann jetzt, wenn du willst, der deine sein!
Titus.
Und er?
Herodes. Er sprach »Wo hast du dien Krone?
Ich setz noch einen Edelstein hinein,
Nimm die Provinz hin, die dir fehlt bis heute,
Du sollst es nur an meiner Großmut fühlen,
Daß ich der Sieger bin, nicht Marc Anton,
Er hätt' sie Cleopatren nie genommen,
Die sie bisher besaß, ich schenk sie dir!
Titus.
Das – hätt' ich nie gedacht. Auch preis ich nichts,
Als deinen Stern!
Herodes. Titus! O preis ihn nicht!
Ich ward zu schwerem Werk gespart! Soemus!
(Soemus bleibt stehen, wo er steht und antwortet nicht.)
Verrietst du mich? Du schweigst! Ich weiß genug!
Oh! Oh! Hinweg mit ihm!
Soemus (indem er abgeführt wird). Ich leugne nichts!
Doch, daß ich dich für tot hielt, magst du glauben!
Jetzt tu, was dir gefällt! (Ab.)
Herodes. Und nach dem Tode
Hört alles auf, nicht wahr? Ja! Ja! Mein Titus,
Hättst du den Mann gekannt, wie ich – – du würdest
Nicht so gelassen, nicht so ruhig dastehn,
Wie ich hier steh, du würdest schäumen, knirschen
Und wütend sprechen: (Gegen Mariamne.) Weib, was tatst du alles,
Um den so weit zu bringen? – Salome,
Du hattest recht, ich muß mich waschen, waschen –
Blut her! Sogleich beruf ich ein Gericht!
(Gegen Mariamne.) Du schweigst? Du hüllst dich noch in deinen Trotz?
Ich weiß warum! Du hast's noch nicht vergessen,
Was du mir warst! Auch jetzt noch riss' ich leichter
Das Herz mir aus der Brust – Titus, so ist's! –
Als (wieder zu Mariamne) dich mir aus dem Herzen! Doch ich tu's!
Mariamne (wendet sich kurz).
Ich bin Gefangne?
Herodes. Ja!
Mariamne (zu den Soldaten). So führt mich ab!
(Wendet sich. Auf Herodes' Wink folgt ihr Joab mit Soldaten.)
Der Tod kann mein Gemahl nicht länger sein! (Ab.)
Herodes.
Ha! Ha! Zu der hab ich einmal gesprochen:
Zwei Menschen, die sich lieben, wie sie sollen,
Können einander gar nicht überleben,
Und wenn ich selbst auf fernem Schlachtfeld fiele:
Man brauchte dir's durch Boten nicht zu melden,
Du fühltest es sogleich, wie es geschehn,
Und stürbest ohne Wunde mit an meiner!
Titus, verlach mich nicht! So ist's! So ist's!
Allein die Menschen lieben sich nicht so! (Ab.)