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In den seefahrenden Städten der Ostküste des Mittelmeeres wurden Götter und Göttinnen verehrt, die man »Baal«, den Herrn, »Baalat«, die Herrin, »Malk, Melk oder Milk«, den König, »Milkat« die Königin nannte. An manchen Orten hieß man die letztere Astarte, was lediglich eine Abänderung des Namens der babylonischen Istar (s. oben S. 54 f.) war. Pietschmann, Geschichte der Phönizier. Berlin 1889 S. 184 f. Die verschiedenen Baalat, Milkat und Astarten hatten auch verschiedene Bedeutungen, je nach Art und Gelegenheit, und wurden vielfach mit einander und ihre Kulte selbst mit solchen der Götter vermengt und verschmolzen. Die Bilder der phönikischen Astarten waren roh, plump und gemein-üppig; sie sollten eine lebenspendende Macht vorstellen; auch galten kunstlose Spitzsäulen als ihre Bilder. Ihnen ähnlich sind geweihte, als Wohnsitze von Geistern betrachtete Bäume oder auch Pfähle, die man Aschera nannte. Auf die wahnwitzigen Tänze und unzüchtigen Gebräuche im Dienste der Baale und Astarten gehen wir hier nicht ein; letztere entsprechen denen zu Babylon (oben S. 57). Besonders den Astarten geweiht waren das Liebes- und Eheleben, zu ihrem Dienste verpflichtet waren die Mädchen und Frauen. Auch scheinen sie als Beschützerinnen der Seefahrt betrachtet worden zu sein. Den Typus dieser Art von Göttinnen hat, auf dem Wege über Cypern, die hellenische Aphrodite in verfeinerter Weise wiederholt. Die in der Gestalt einer tyrischen Prinzeß als Gründerin Karthagos gefeierte Göttin Dido war ohne Zweifel eine Astarte. Die Familienverhältnisse der Phöniker, auf welche jene Gestalten von Gottheiten einwirken mußten, sind nicht näher bekannt.
Wir kennen die Kinder Israels aus sagenhaften Ueberlieferungen als Nomadenstamm, aus der Geschichte als ackerbauendes Volk im Lande Kanaan.
Bei den Israeliten waren Sklaven und Sklavinnen Mitglieder der Familie ihres Herrn. Stade, Geschichte des Volkes Israel. Berlin 1887 I S. 377 ff. Aber auch ein Freigeborener konnte vorübergehend die Stelle eines Sklaven einnehmen, nämlich wenn er den Kaufpreis für die erkorene Braut nicht erlegen konnte. So dient Jakob für Lea und Rahel dem Laban je sieben Jahre; auf dieselbe Zeit nach dem Verkaufe wurde ein israelitischer Sklave von selbst frei, – eine Zahl, die nach dem Vorbilde der Woche von sieben Tagen gebildet ist. Fremde Sklaven aber blieben dies auf Lebenszeit, obschon sie gehalten waren, den Glauben des Herrn anzunehmen, da sie ja sonst nicht mit ihm leben durften, ohne ihn zu verunreinigen. Die Sklavin war in der Regel Beihälterinn ('âmâ) des Herrn oder eines seiner Söhne und wurde schon mit dieser Bestimmung verkauft; sie wurde wie eine Frau gehalten, konnte aber, wenn der Herr sie nicht in dieser Eigenschaft behalten wollte, unter derselben Voraussetzung weiter verkauft werden. War die Sklavin dagegen besonderes Eigenthum der Hausfrau, so konnte sie nur mit deren Einwilligung in jenes Verhältniß zum Herrn treten. Aber auch die freie Frau war im Grunde nichts anderes als ein durch Kauf erworbenes Eigenthum des Mannes und von diesem im allgemeinen so wenig geachtet, daß in der Ueberlieferung vom Paradieszustande der ersten Menschen die Rolle der Verführung zum Bösen der Frau (Eva) zugetheilt und der Mann (Adam) als schuldloses Opfer dargestellt wurde. – Doch bewegten sich Frauen und Jungfrauen frei und waren in kein Frauenhaus gezwängt. Die Gattenwahl war daher keine schwierige, doch herrschte die Endogamie und zwar mit Vorliebe unter Bruderskindern. Die Hochzeitsfeier bestand in der Geleitung der Braut nach dem Hause des Freiers und in der Uebergabe an denselben, wozu ein Gastmahl, oft von mehreren Tagen, kam. Die Polygamie war bei den alten Israeliten nur durch das Vermögen des Mannes beschränkt; die vorherrschende Regel bei dem wohlhabenderen Landvolke waren zwei Frauen, namentlich wenn die erste derselben unfruchtbar war. Dieselben scheinen öfter im Streit als im Frieden zusammen gelebt zu haben (Beispiel: Sara und Hagar), und die erste Frau führte dem Manne lieber eine Sklavin zu, als daß sie eine Nebenbuhlerin duldete. Gegen Unbilden von Seite des Mannes wurde die Frau durch ihre ursprüngliche Familie geschützt, und wenn keine Verständigung erfolgte, gerächt. Der Mann hatte außer der Ehe durchaus freie Hand, während die untreue Frau (ja schon die Braut) und ihr Mitschuldiger auf Klage des Mannes gesteinigt wurden. Die Scheidung erfolgte durch einfache Entlassung, und dann kehrte die Frau in ihre Familie zurück und konnte von derselben aufs neue verheirathet werden. Die Stellung der Frau und sogar der Beihälterin wurde durch die Geburt eines Sohnes bedeutend erhöht, und sie gab demselben den Namen. Sie war jedoch nach jeder Geburt unrein und mußte nachher durch ein Opfer gereinigt werden.
Erben des Israeliten waren nur die Söhne, die Töchter nicht, auch nicht Schwestern und Witwen, während doch in Ermangelung von Söhnen sogar Sklaven den Herrn beerben konnten. Das Erbrecht war nämlich eine Sache des Kultus, dessen Träger nur die Männer waren. Mit der Zeit jedoch erhielten bruderlose Töchter ein beschränktes Erbrecht, unter der Voraussetzung, daß sie einen Verwandten ehelichten und so den Familienkult fortsetzten. Dem Erstgeborenen oder dem, der an dessen Stelle trat, kam ein doppelter Antheil am Erbe zu, lag aber auch die Erhaltung der weiblichen Familienglieder ob. Die rechtmäßigen Frauen hatten das Recht, die Söhne der Beihälterinnen zu adoptiren und ihnen hierdurch ein Erbrecht zu sichern.
Da die Ehe eine Kultgenossenschaft begründete, so war jeder Israelit zu derselben verpflichtet und Hagestolze waren unbekannt. Aus demselben Grunde war der Bruder oder sonstige nächste Blutsverwandte gehalten, die kinderlose Witwe zu heirathen und seinen ersten Sohn von ihr als Sohn des Verstorbenen zu betrachten. Der Bruder durfte sich dieser Pflicht nicht entziehen, der weitere Verwandte aber wohl, doch mit Verzicht auf die Erbschaft.
Gleich in dem ältesten Quellenstücke der israelitischen Geschichte Stade a. a. O. S. 178 ff. Richter 5. spielen zwei tapfere Frauen die Hauptrolle. Die Weissagerin Debora rief ihre Landsleute zur Abwehr gegen die Quälereien der Kanaanäer auf und bewirkte ihren Kriegszug unter Barak gegen den Häuptling Sisera, den auf seiner Flucht eine zweite israelitische Frau, Jael, mit List erschlug. Weit weniger geschichtlich, vielmehr vorwiegend, ja fast ganz mythologisch, ist die Geschichte des starken Helden Simson, der durch den schnöden Verrath seines Weibes Delila umkommt, ohne daß ein Motiv dieser der Frau angedichteten Schändlichkeit mitgetheilt wird.
Das Erbübel des Orientes, die Haremswirthschaft, verrieth seine schlimmen Folgen bereits unter dem ersten Manne, der sich eine ausgedehnte Herrschaft in Israel erworben hatte, unter Gideon Jerubbaal. Er hatte so viele Weiber, daß ihm 72 Söhne geboren wurden, deren einer, Abimelech, seine sämmtlichen Brüder mit Ausnahme des kühnen Jotam ermorden ließ und die erste einheimische Geißel seines Volkes wurde. Richter 8, 30 ff.
An die Geburt des Mannes, welcher bei der Herstellung eines bleibenden Königthums in Israel thätig mitwirkte, Samuels, knüpft sich die rührende Erzählung von seiner Mutter Hanna, die wegen ihrer früheren Unfruchtbarkeit von ihrer Nebenbuhlerin Peninna empfindlich beleidigt, endlich aber durch ihr Gebet und den Wunsch Elis erhört wird. 1. Samuel 1-3.
Eine nicht geringe Rolle spielten die Frauen in der gegen die Herrschaft des Benjaminiten Saul gerichteten Empörung des Stammes Juda unter David. Auf des letztern Ahnfrau Ruth, die in der nach ihr benannten Idylle so lieblich geschildert wird, brauchen wir nur kurz hinzuweisen. Unter ihnen finden wir, wenn auch in einer jüngeren Einschaltung, Stade a. a. O. S. 254 ff. die älteste »Hexe«, welche die Geschichte kennt, die Zauberin von Endor, durch welche Saul den Geist Samuels heraufbeschwören ließ, um in seiner Noth gegenüber den Philistern noch vollends entmuthigt zu werden, und Tags darauf ist sein Schicksal erfüllt. Seine Gattin ist kaum genannt; mehr erwähnt die Ueberlieferung seine Geliebte, Rispa, deren Söhne der allzu willfährige David den Saul feindlichen Gibeoniten ausliefert, die sie »vor Jahwe aufhängen« (d. h. ihm opfern), worauf die unglückliche Mutter bei ihren Leichen wacht, Tags die Vögel, Nachts die Thiere des Feldes von ihnen abwehrend, was denn doch den neuen König rührt. 2. Samuel 21, 8-12. Von den Töchtern Sauls war Merab, die der hebräische Text nennt, der griechische aber nicht (d. h. wohl der erstere später eingeschoben hat), mit David verlobt, wurde ihm aber genommen, was kaum glaublich ist, da er gleich darauf ihre Schwester Michal erhält, und zwar durch einen Kaufpreis, der unsere Gefühle nur widerwärtig berühren kann (1. Sam. 18, 20-28). Michal ist zugleich ein Beispiel der Treue und der Aufrichtigkeit. Sie hilft dem Gatten zur Flucht vor ihrem Vater und bekennt sich dazu. Ob sie dagegen, von ihm getrennt und weiter vermählt, gerne zurückgekehrt, als er sie von Sauls Sohn, Eschbaal (aus Gründen des Thronanspruchs) zurückverlangte, dürfte zweifelhaft sein; ihres zweiten Mannes bittere Thränen und ihr Tadel über des Königs unanständigen Tanz vor der Bundeslade sprechen nicht dafür. Auch nicht Davids in die Zeit der Trennung fallende anderweitige Verbindung mit Abigail, die ohne Zweifel tiefere Wurzeln faßte, – nach israelitischen Begriffen schon deshalb, weil Michal kinderlos war. Davids und Abigails Verhältniß ist mit dem Zauber der Romantik umwoben, und um so trüberes Licht wirft auf seinen Charakter seine spätere doppelt verbrecherische Neigung zu Urias Weib, Batseba, deren Ränke den rechtmäßigen Erben Adonia zu Gunsten ihres Sohnes Salomo um Thron und Leben brachten. Mit dieser Episode steht das letzte Weib, das in Davids Leben eine Rolle spielt, im Zusammenhange. Abisag, das Mädchen aus Sunem, pflegte den altersschwachen und gebrochenen König, nach dessen Tode Adonia um sie warb, was, als ein Streben nach der Krone, von Batseba zu seinem Untergange benutzt wurde. War nun auch Davids Vielweiberei weniger ein Zeichen der Ausschweifung, als nach den Begriffen des Orientes ein solches der Macht, so kann doch das Furchtbare, das er an seinen Kindern erlebte, als Nemesis für Uria aufgefaßt werden. Der arglosen Tamar Vergewaltigung durch ihren Stiefbruder Amnon, die Blutrache an dem letzteren durch Absaloms Hand, dessen Empörung und Untergang gehören zu dem Tragischsten, was ein Herrscher erleben kann; nur schade, daß das abscheuliche Satyrspiel, welches der Empörer auf dem Dache des Cedernpalastes aufführt (2. Sam. 16, 22), den erschütternden Ernst jener Trilogie stört. Salomos Haremswirthschaft hatte einen viel harmloseren Verlauf, und der einzigen Frau, die (außer seiner ersten Gattin, einer Pharaonentochter) in Verbindung mit ihm, wenn auch sie nicht mit Namen genannt wird, der Königin von Saba, haben erst später auftretende Völker jene Hingabe angedichtet, die sie zur fabelhaften Stammmutter der abessinischen Negusse machte.
Nach der Trennung des israelitischen Reiches in zwei Staaten, einen der Volksmehrheit und einen der legitimen Erbfolge, geht das Eindringen phönikischer Kulte mit dem Einströmen phönikischen Blutes in die Herrscherhäuser beider Theilstaaten Hand in Hand und wird für die Zukunft Israels höchst verhängnißvoll. Zwei Frauen, Mutter und Tochter, haben dabei besonders verderblich mitgewirkt, Isebel, die Tochter Ittobaals von Tyros und Gattin Ahabs von Israel, und Atalja, die Tochter Ahabs und Gattin Jorams von Juda. Beide waren fanatische Baaldienerinnen und Verfolgerinnen der Verehrer Jahwes. Beide aber traf ein furchtbares Geschick; Isebel wird durch den wilden Usurpator Jehu, diesen Cromwell Alt-Israels, in entsetzlicher Weise gerichtet; ihre Tochter, eine Fredegunde des Alterthums, glaubt nach Vernichtung des Hauses Juda ihrer Herrschsucht fröhnen zu können, erfährt aber die Schwankungen der Volksgunst durch eine Priesterverschwörung zu Gunsten ihres Enkels Joas, der sie erliegt.
Die Zeit der Propheten, welche den Monotheismus Israels vollendeten, d. h. in dieses Volkes Gott das alleinige höchste Wesen ahnten und ihn daher zu einem einzigen Gotte der Welt ausbildeten, drängte die Bedeutung des Weibes zurück. Dasselbe verschwindet in seiner Allgemeinheit, und wenn der Prophet Jesaia sagt: »Siehe die junge Frau ( almâ) wird Mutter und gebiert einen Sohn und nennt seinen Namen Immanuel (Gott mit uns); denn ehe der Knabe lernt das Schlechte zu verschmähen und das Gute zu wählen, wird das Land verödet sein, vor dessen beiden Königen dir graut,« – so ist damit auf keine bestimmte Frau und am wenigsten, wie eine befangene Auslegung glaubte, auf eine Jungfrau, sondern auf jede damals sich Mutter fühlende Frau hingewiesen. Jesaias 7, 14-16. Stade a. a. O. S. 595, Note 1. Die Stelle will sagen, daß, bevor ein damals in Aussicht stehendes Kind zur Erkenntniß des Guten und Bösen gekommen, beide zum Kriege gegen Juda verbündete Reiche, Syrien und Israel, vernichtet sein würden.
Bei Anlaß der nach zahllosen Verirrungen unter König Josia von Juda endlich hergestellten Verehrung des wahren Gottes wird eine Prophetin Hulda (Wohl eher Chulda) genannt, die Frau des königlichen Kleiderhüters Schallum in Jerusalem, an welche sich der Priester Hilkia und seine Genossen auf Befehl des Königs um ein Orakel über das im Tempel aufgefundene »Buch der Lehre« (das Deuteronomion) wandten, um zu erfahren, was zu thun sei mit dem Buche, auf das die Väter nicht geachtet hatten. Wie neben vielen Propheten ein Weib dazu kam, deren Beruf zu ergreifen, ist nicht bekannt, auch ihr Orakel ist es nicht; wohl aber weissagt sie den Untergang Jerusalems nach der Zeit des Josia (2. Kön, 22, 14-20). Daß ungeachtet dieser trüben Aussicht der König und die Häupter des Volkes sich verpflichtet hätten, die Lehren des gefundenen Buches zu halten, ist weniger wahrscheinlich, als daß das eingeholte Orakel den Untergang Judas für den Fall der Befolgung des Buches als nicht bevorstehend verkündet haben wird. Stade a. a. O. S. 650 ff. Offenbar ist nach Jerusalems Fall der wirkliche Ausgang an die Stelle der nicht eingetroffenen Aussicht als Prophezeiung in die Erzählung eingeschoben worden.
Nach der Rückkehr einer kleinen jüdischen Gemeinde aus dem babylonischen Exil nach Jerusalem wollte es lange mit der sehnlich erwarteten Herstellung des Reiches Jahwes nicht recht vorwärts gehen. Die Vornehmen der Gemeinde hielten es daher nicht streng mit den national-religiösen Geboten und gingen Ehen mit den gleichstehenden Familien der Nachbarschaft, d. h. des ehemaligen Reiches Israel ein, wobei viele vorher die Frauen eigenen Stammes verstießen. Die Propheten eiferten gegen beides. Esra, der den Heimgekehrten ein neues Gesetzbuch brachte, that dasselbe und verlangte die Entlassung der fremden Frauen, fand aber nur theilweisen und zögernden Anklang; wie die Nachachtung ausfiel, ist nicht bekannt. Wohl nicht in großem Maße; vielmehr sehen wir später seinen Einfluß gebrochen. Stade a. a. O. II S. 161 f. Ja, sein Nachfolger Nehemia findet die Sachen noch schlimmer; die auf dem Lande angesiedelten Juden sind sogar mit Ammonitinnen, Moabitinnen u. s. w. verheirathet. Er fügt sich mit Widerstreben in das Bestehende, verflucht zwar die Fühlbaren, begnügt sich aber, sie schwören zu lassen, daß sie ihre Kinder keine neuen Ehen mit Fremden eingehen lassen wollten. Widerstrebende Elemente wurden aus der Gemeinde gestoßen; aber noch später finden sich gemischte Ehen vor.
In heiterem Gegensatze zu diesen engherzigen Bestrebungen steht das glühend sinnliche »Hohe Lied«, eine Sammlung von Liebes- und Hochzeitsliedern, welche zeigen, wie tief die Liebe in den Zeiten (wenn auch nicht sicher in welchen) der alten Hebräer Mann und Weib ergreifen und welchen Schwung der Phantasie sie hervorrufen konnte.
In welchem Grade dagegen ein Weib die Noth des Vaterlandes fühlen und sich für dasselbe in die höchste Gefahr des Verlustes von Ehre und Leben begeben kann, lehrt die Erzählung von Judith. Sie entstand, wenn sie auch die Heldin in die Zeit Nebukadnezars verlegt (den sie aber fälschlich einen Assyrer nennt), in den Kämpfen der Juden unter den Makkabäern gegen die Seleukiden Syriens, um 165 v. Chr. In der Zeit liegt diesem Buche wohl nahe die Erzählung von Tobias, in welcher des Helden Mutter Anna und Braut Sara (deren sieben Männer ein böser Geist in der Brautnacht getödtet) als eigenartige Charaktere auftreten. Wohl weit jünger ist das Buch Esther, das diese merkwürdige energische Jüdin auf den Thron und an die Seite eines persischen Schah führt und die Feinde des Judenthums in romanhafter Weise vernichtet werden läßt.
Die Geschichte der Makkabäer, dieses Geschlechtes, das in heiligem Glaubens- und Freiheitsmuth beginnt und in trauriger Verkommenheit endet, geht nicht ohne eine Königin vorüber, deren Gestalt die späteren Männer der Dynastie in Schatten stellt. Alexandra-Salome war die Gattin des ersten Königs der Juden, Judas Aristobulos († 104 v. Chr.) und darauf nach dem Leviratsgesetze seines Bruders und Nachfolgers Alexander Janai (104-78 v. Chr.), der erst 22 Jahre, 15 weniger als sie zählte. Sie überließ ihm den Krieg, beherrschte das friedliche Gebiet, überlebte ihn und ergriff, 64 Jahre zählend, das Staatsruder selbständig, indem sie sich mit den Pharisäern (die ihr Gatte gehaßt) gut stellte und ihrem Sohne Hyrkan II. nur die Hohepriesterwürde ließ. Sie bediente sich im Kriege fremder Söldner, da diese nicht durch das Ritualgesetz im Waffenhandwerke behindert waren, und hielt die Nachbarn mehr in Respekt als irgend ein Mann ihres Stammes. Die Saddukäer unterdrückte sie und stand nur auf Bitten ihres jüngeren Sohnes Aristobulos (II.) davon ab, sie der blutigen Rache der Pharisäer preiszugeben. Mit 73 Jahren schied sie aus dem Leben, nicht frei von dem Verdachte der Blutschuld an Antigonos, dem Bruder ihrer beiden Gatten, der ihr ein zu kräftiger Regent gewesen wäre.
Das Makkabäerhaus war dem Sturze nahe, als dessen letzter Sprößling, Mariamme, die Enkelin beider Söhne der Alexandra (des einen von Vater-, des anderen von Mutterseite) durch ihre Hand dem entsetzlichen Herodes den Anschein rechtmäßiger Nachfolge gab. Die Ränke ihrer bei ihr weilenden Mutter Alexandra brachten auch sie ins Verderben. Nachdem ihr junger Bruder Aristobulos auf Anordnung des Wütherichs ertränkt und der alte abgedankte und verstümmelte Hyrkan II. hingerichtet war, wurden beide Frauen stetsfort bewacht und die unglückliche Mariamme 29 v. Chr. wegen angeblicher Untreue dem Henkertode übergeben. Sie erlebte doch wenigstens den schmählichen Justizmord an ihren beiden Söhnen (Alexander und Aristobulos) nicht. Auch eine der späteren Frauen des Herodes, ebenfalls Mariamme geheißen, hatte kein gutes Loos, sie wurde vom Hofe vertrieben und des Königs erste Gattin, Doris, die noch neben den späteren lebte, mit ihr, und der Sohn der Doris, Antipater, theilte das Schicksal seiner beiden Halbbrüder. Die Greuel im Idumäerhause wurden gekrönt durch den Skandal der Herodias, einer Tochter des hingerichteten Aristobulos, welche ihren Oheim Herodes, den Sohn der zweiten Mariamme ehelichte, dann diesen verließ und seinen Halbbruder Antipas (Sohn des Herodes und der Malthake) nahm, der aber auch bereits verheirathet war, worauf sich ihre Tochter Salome mit ihrem Großoheim Philipp, dem Sohne des Herodes und einer gewissen Kleopatra, verband. Doch das waren nicht mehr Zweige vom israelitischen Volke und gehörten, wenn sie nicht über dessen Reste geherrscht hätten, ihm gar nicht mehr an. Es waren Mischlinge vom Idumäervolke und von theils hellenistischen, theils romanisirten Auswürflingen des Hebräerthums, in einer Zeit, in welcher auch die verkommenen Reste des Hellenismus mit den ausgearteten Sprossen der alten Römer ähnliche Verknüpfungen eingingen, auf die wir zurückkommen werden, und die nur darlegen, wie ungünstig eine Entartung der Erben ehrwürdiger Kulturen und ein Vergessen der Leistungen ihrer Blüthezeit auf das Verhältniß zwischen Mann und Weib und damit auch auf den Charakter der Frau einwirken muß.