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Die Reformation hatte die gute Wirkung, daß die römische Kirche in sich ging und wenigstens die moralischen Schäden an ihrem Körper, die zu jenem Ereigniß so stark beigetragen hatten, beseitigte, so daß sie von da an ein in sittlicher Beziehung wirklich imponirendes Gebäude wurde. Dabei blieb es jedoch nicht. Die protestantische Partei spaltete sich in Konfessionen, die sich gegenseitig bekämpften. Namentlich war es das Lutherthum, welches »in seinem pharisäischen Hochmuth, in seinem hierarchischen Infallibilitätsgefühl und seiner scholastischen Verstocktheit nicht daran dachte, sich mit den abweichenden evangelischen Richtungen auseinander zu setzen, sondern nur daran, ihnen seine starren Dogmen aufzunöthigen oder sie als häretisch zu verdammen«, G. Droysen, das Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Geschichte und Vorgeschichte. Berlin 1888, S. 145. So ahmte es völlig das Papstthum nach und verband sich auch ohne Bedenken mit diesem gegen seine protestantischen Brüder, die Calvinisten. Diese Spaltung begünstigte das Unternehmen der römischen Kirche, die ihr durch die Reformation entrissenen Gebiete so weit als möglich wieder zurück zu erobern. Die hauptsächlichsten Mittel in diesem Kampfe waren aber: die Beschlüsse des (von 1545 bis 1563 versammelten) Konzils von Trient, der 1534 durch Iñigo Lopez de Recalde, genannt Ignatius Loyola gestiftete und 1540 von Papst Paul III. bestätigte Jesuitenorden und das von demselben Papste 1542 eingeführte Tribunal der allgemeinen Inquisition. Aber auch diese Waffen haben den Norden Europas Rom nicht wieder unterwerfen können. Ihre Versuche hierzu indessen und ihre in Süd- und Mitteleuropa erlangten Erfolge pflegt man die Gegenreformation zu nennen, welche als solche die zweite Hälfte des 16. und in ihren Nachwirkungen die erste des 17. Jahrhunderts ausfüllt.
Der Stifter der »Gesellschaft Jesu« ist in seinem Unternehmen vom weiblichen Geschlechte wesentlich gefördert worden. Aus seinen vorhandenen Briefen geht hervor, daß er während seiner Studien in Paris und während seiner Wanderungen »von seinen Freunden und namentlich von seinen Freundinnen in Barcelona regelmäßige Unterstützungen empfing und daß er durchaus nicht zögerte, ihnen neue Gaben abzuverlangen«, wie er auch während der Ferien Belgien und England nach Pensionen absuchte. M. Philippson, Westeuropa im Zeitalter von Philipp II. u. s. w. Berlin 1882, Einleitung S. 26 f.
Der mächtigste Monarch Europas im Zeitalter der Gegenreformation und der eifrigste Beförderer der letzteren war Philipp II. von Spanien (geb. 1527, reg. 1556, † 1598). Man hat die Vorfälle an seinem Hofe dichterischerseits mit dem Zauber der Romantik umwoben, den die unerbittliche geschichtliche Kritik leider verwischen muß. Sein ältester Sohn, Don Carlos (geb. 1545, † 1568), war weder ein hochstrebender edler Prinz, noch ein aufgeklärter Kopf, sondern ein ungezogener Junge und bigotter Querkopf; er war schwach, klein, häßlich, verwachsen, gefräßig, lüderlich, abergläubisch und grausam. Seinen kaltherzigen und verschlagenen Vater zu lieben hatte er freilich keine Ursache; aber auch sonst achtete und liebte er niemanden als (und dies ist allerdings ein versöhnender Zug) seine ihm als Braut bestimmt gewesene Stiefmutter Elisabeth von Valois, was wohl zu der Fabel von einer schwärmerischen Liebe zu ihr Veranlassung geboten hat. Sehr eifrig hing er an dem Plane einer Heirath mit seiner Base Anna, der Tochter des Kaisers Maximilian II., aber nur, um sich durch dieselbe von seinem Vater unabhängig zu machen. Deshalb auch wünschte er nach den Niederlanden gesandt zu werden (was die dortigen Unzufriedenen aus anderen Gründen betrieben), weil er dort mit dem Kaiser und dessen Tochter zusammenzutreffen hoffte. Das Fehlschlagen dieser Hoffnung bewirkte seinen völligen Bruch mit dem Vater, und der verrathene Plan einer Flucht seine Verhaftung; Carlos starb im Gefängniß an übermäßigem Genusse von Eis und an der Verzweiflung über seinen lieblosen Vater, der ihn ruhig umkommen ließ. Seine Stiefmutter starb drei Monate später an einer Frühgeburt. Ihrer älteren Tochter Isabella gelang es, in dem harten Vater zärtliche Gefühle zu erwecken, die er sonst niemanden bewies. Erst seine vierte Gattin schenkte ihm einen Erben, es war – Anna, die einst Erkorene des unseligen Infanten, die er nur zwei Jahre nach dessen Tode ehelichte; erst acht Jahre später wurde der elende Philipp III. geboren und zwei Jahre danach starb die Mutter. Alle Frauen Philipps II. starben früh; außerdem hielt er eine Menge Mätressen. Umsonst aber bewarb er sich um die Gunst der Donna Anna de Mendoza, seit 1572 Witwe des Fürsten von Eboli, »einer pikanten Schönheit, die sich indeß nicht minder durch Launenhaftigkeit und hochfahrenden Stolz auszeichnete«. Philippson a. a. O. S. 250. Das Schlimmste für sie war aber, daß sie dem alternden König den jungen und hübschen Staatssekretär Antonio Perez vorzog. Dies dem Monarchen zu verrathen, drohte ihr ein ehemaliger Diener und Freund des verstorbenen Eboli, Escobedo, der Sekretär des damaligen Statthalters der Niederlande, Don Juan d'Austria, des Stiefbruders Philipps und Siegers von Lepanto. Perez schilderte darauf denselben, um die Ausführung seiner Drohung zu verhindern, dem König als einen politischen Ränkeschmied, und Philipp, der ohnehin auf Don Juan eifersüchtig war, dem er (und dies mit Grund) selbstsüchtige Plane zutraute, weshalb er auch den Sekretär in Madrid zurückhielt, glaubte dies nur zu gerne. Von seinem Beichtvater Chaves in der Ansicht bestärkt, unumschränkter Herr über das Leben seiner Unterthanen zu sein, gab er Auftrag, Escobedo zu ermorden, und da das an Perez' Tafel angewandte Gift nicht half, vollendete (1578) der Dolch das Werk der Nacht. An der Rache, zu welcher Don Juan auf die Hiobspost entschlossen war, verhinderte ihn nur sein baldiger Tod an einem in seinem Lager wüthenden Fieber. Statt seiner klagte die Familie des Opfers gegen Perez. Der König hielt ihn zuerst; als er aber die Liebesgeschichte mit der Eboli erfuhr, schwor er ihm den Untergang. Durch Freundlichkeit wiegte er ihn in Sicherheit, und als er die rechte Zeit gekommen glaubte, ließ er das Paar verhaften. Aber ganz ungewohnt an Philipp ist die anfängliche Langmuth, mit der er die beiden behandelte. Die Eboli wurde auf eines ihrer Güter verwiesen und Perez nach einiger Zeit freigelassen, dann wegen Unterschlagung und noch einmal wegen – Ermordung Escobedos eingesperrt und gefoltert. Da verhalf seine edle Gattin, Donna Juana de Evello, dem Untreuen zur Flucht, worauf der König sie und ihre Kinder ins Gefängniß werfen ließ. Ja, er erinnerte sich jetzt nachträglich auch der Eboli und ließ ihre Fenster so vergittern, daß ihr Licht und Luft fehlte. Perez, der sich der unabhängigen Justiz seiner Heimath Aragon in die Arme geworfen, wurde dort, da er die Mordbefehle Philipps vorwies, freigesprochen. Nun übergab der König die Sache der Inquisition, bei welcher er Perez als Gotteslästerer anklagte, und Aragon lieferte ihn aus. Ehe er aber diese Provinz verlassen, befreite ihn das Volk von Saragossa und ließ ihn nach Frankreich entkommen. Während das seinetwegen aufstehende Aragon unterdrückt wurde, widmete er seine Dienste allen Feinden Philipps, der wiederholt Meuchelmörder gegen ihn aussandte. Die Eboli starb 1592, Perez 1611.
Es ist wahrzunehmen, daß gerade seit dem Sturze des Perez der König grausamer und despotischer wurde. Gerade seitdem wüthete er in den Niederlanden ärger, eroberte Portugal, suchte Elisabeth von England aus dem Wege zu räumen, sandte die Armada aus, leitete die Bekämpfung der Hugenotten. Alles dies waren die Folgen der Leidenschaft für ein Weib! Philippson a. a. O. S. 360.
Nach Philipp II. müssen wir seiner Halbschwester Margaretha gedenken, Eine frühere Margaretha, Verwandte und Amtsvorgängerin der obigen, Tochter Kaiser Maximilians I. und der Maria von Burgund, ist oben S. 277 erwähnt. der Tochter Karls V. und einer Flamänderin (geb. 1522, † 1586), Gattin des Herzogs Ottavio Farnese von Parma und seit 1558 ihres Halbbruders Statthalterin in den Niederlanden. Wenn es merkwürdig erscheint, daß sie ihren Gemahl verlassen konnte, um in einem fernen kälteren Lande eine selbständige Stellung einzunehmen, so erklärt sich dies wohl durch ihre damals gar nicht seltenen männlichen Neigungen, welchen auch ihre äußere Erscheinung und ihr Austreten entsprachen. Auch »besaß sie einen ungewöhnlich schnellen und scharfen Verstand, Unternehmungsgeist und Thatkraft«. Philippson a. a. O. S. 134. Ihre religiöse Richtung erhellt aus dem Umstande, daß Loyola ihr Beichtvater gewesen. Obschon sie dem König unbedingt ergeben war, umgab dieser mißtrauische Monarch sie mit Spionen. Auch den über die spanische Tyrannei empörten Niederländern gegenüber war ihre Stellung nicht angenehm, und ihr geistvoller, aber harter und fanatischer Rathgeber Granvella, Bischof von Arras später Erzbischof von Mecheln und Kardinal, war bitter gehaßt. Sein Einfluß wurde ihr lästig; sie betrieb und erlangte seine Abberufung. Aber dies half wenig; Philipp trieb die Regentin unablässig zu schärfster Handhabung der Inquisition an und zwang damit die Niederlande zum Aufstande. Als die Regentin zwischen den feindlichen Parteien des Adels zu vermitteln suchte, erbitterte dies den fanatischen Bruder, der sie 1567 durch den furchtbaren Alba ersetzte, ohne es ihr nur anzuzeigen. Sie wich der Gewalt und zog sich nach Italien zurück. – Von den damaligen Frauen dieses Landes könnten wir der Schwestern des Herzogs Alfons II. von Ferrara, Lucrezia und Eleonore und ihres fördernden Einflusses auf die Dichtungen Torquato Tassos gedenken, müssen dies jedoch der Literaturgeschichte überlassen.
Aus einem der berühmtesten Geschlechter Italiens ging die Frau hervor, welche in jenem Zeiträume auf die Geschicke Frankreichs die größte Einwirkung ausübte, Katharina von Medici, Tochter des Herzogs Lorenzo von Urbino (geb. 1519, † 1589). Seit 1533 mit dem nachherigen König Heinrich II. vermählt, mußte sie dessen Mätresse, Diana von Poitiers, neben sich dulden und wurde 1559 Witwe durch den Turnierstoß, den bei Anlaß der Heirath ihrer Tochter Elisabeth mit Philipp II. (s. oben S. 292) der vom König dazu gezwungene Graf Montgomery auf diesen führte. Sie hat ihn nach langen Jahren als angeblichen Ketzer, in Wirklichkeit aus Rache, grausam hinrichten lassen. Am verhängnißvollsten für sie wurde aber der damals in Frankreich beginnende Kampf zwischen den beiden religiösen Bekenntnissen. Unter der kurzen Regierung ihres ältesten Sohnes Franz II., des jugendlichen und schwächlichen ersten Gemahls der Maria Stuart, für welchen die Guise die Herrschaft führten, trat Katharina nicht hervor; aber die Regentschaft für dessen Nachfolger, ihren zweiten Sohn Karl IX. (seit 1560), erzwang sie für sich durch Drohungen, mit denen sie den Generalstatthalter Anton von Navarra einschüchterte. Katharina war nichts weniger als schon; sie war korpulent und von männlichem Typus im Auftreten, liebte die Jagd, aß und trank viel. Dabei besaß sie nicht gewöhnliche Bildung als Erbtheil ihrer humanistischen Familie und sowohl Gewandtheit in der Rede, als große Neigung zu deren Uebung. Dagegen fehlte es ihr an Entschlossenheit und festen Grundsätzen; sie versprach viel und hielt wenig, wollte alles besorgen und richtete doch wenig aus. Als Gegnerin der Guise zeigten sie und ihr duldsamer Kanzler L'Hôpital sich den Hugenotten (französirt aus »Eidgenossen«) günstig und suchten ihre Partei durch dieselben zu verstärken, indem sie ihnen bis auf einen gewissen Grad Glaubensfreiheit und den Verfolgten unter ihnen Amnestie gewährte. Sie befriedigten jedoch keine Partei; die Katholiken lehnten sich an Spanien, die Protestanten an ihre deutschen Glaubensgenossen an, und Philipp II. erklärte der Regentin geradezu, die Katholiken gegen sie unterstützen zu wollen, wenn sie die Ketzer nicht bekämpfe, wozu sie sich aber nicht hergab. In ihrer schwierigen Stellung zwischen den zum Bürgerkriege schreitenden Parteien, einmal sogar von den Guisen gefangen, aber durch die Ermordung des Hauptes derselben befreit, bewies sie viel Muth, wirkte für Frieden und für die Entfernung der beiden Parteien dienenden fremden Söldner. Auch verweigerte sie die Anerkennung der Beschlüsse des Konzils von Trient, das die französischen (und deutschen) Reformanträge verworfen hatte, und ließ sich davon weder durch die Drohungen Albas, noch durch die Vorstellungen ihrer Tochter, der spanischen Königin, abwendig machen. Dagegen wurde sie infolge dieser Einwirkungen gegen die Hugenotten, welche, wie sie bemerkte, auf den Adel und höheren Bürgerstand beschränkt blieben und sich dem Königthum nicht genug ergeben zeigten, mehr und mehr eingenommen.
Durch den Aufstand, den dieselben 1567, aus Besorgniß vor Gewaltthaten nach Art Albas, erhoben, machten sie sich Katharina und Karl IX. vollends zu entschiedenen Feinden. Nun begann auch ihre Unterdrückung, zur Freude des Papstes, Spaniens und der großen Masse des französischen Volkes. Die Regentin ließ L'Hôpital fallen, der entsetzt wurde, und verbot allen protestantischen Gottesdienst. Ein neuer Aufstand mit deutscher und englischer Hilfe erwirkte ihnen jedoch 1570 mehr Rechte als jemals. Katharina hoffte dabei, sie zu bekehren. Ja es entstand jetzt förmliche Freundschaft zwischen dem Hofe und ihnen, und sogar Geneigtheit, sich mit dem protestantischen Auslande gegen Spanien zu verbinden, und Katharina bewirkte die Abberufung des fanatischen spanischen Gesandten Alava. Der protestantische Führer, Admiral Coligny, wurde an den Hof berufen, wo er Karls IX. vertrautester Berather wurde. Philippson a. a. O. S. 260 ff. Dies steigerte den Fanatismus der französischen Katholiken, an deren Spitze des Königs Bruder, der spätere Heinrich III. trat. Wohl wurde der König stutzig, als die Bündnisse mit dem protestantischen Auslande, das den Franzosen nicht traute, nicht gelangen; Katharina aber war es, die, von der Regierung verdrängt, sich nun entschloß, den Hugenottismus zu vernichten, worin die Stimmung des Volkes, welcher sie in den Straßen verkleidet lauschte, sie bestärkte. Sie arbeitete bei ihrem Sohne gegen Coligny und dieser gegen sie, und endlich siegte ihr Einfluß, indem der von letzterem betriebene Krieg gegen Spanien von Karl abgelehnt wurde. Sie verband sich mit ihren früheren Todfeinden, den Guisen, und sie dangen zusammen einen Mörder, der am 22. August 1572 auf Coligny schoß und ihn verwundete. Nun fürchtete sie seine und seiner Genossen Rache, und benutzte den Umstand, daß zu der Hochzeit Heinrichs von Navarra mit ihrer Tochter Margaretha Tausende hugenottischer Edelleute nach Paris gekommen waren, zu einem Hauptschlage. Der König wurde von Mutter und Bruder bearbeitet und gab endlich aus Furcht vor einem neuen Bürgerkriege, den man ihm vorspiegelte, seine Zustimmung zu den schändlichen, Wochen lang dauernden Mordthaten, welche unter dem Namen der Bartholomäusnacht in der Geschichte gebrandmarkt sind, und welchen in Paris wahrscheinlich mindestens zweitausend Hugenotten, darunter Coligny, in den Provinzen aber wohl über 30 000, zum Opfer fielen, womit auch ungescheute Plünderung und allgemeine Straflosigkeit verbunden waren. Papst Gregor XIII. bezeigte seine Freude über dieses unchristliche Werk eines entmenschten Weibes durch Prägung einer Denkmünze mit seinem Bildniß auf der Vorderseite und einem Würgengel mit Kreuz und Schwert, der Männer und Weiber niedermacht, auf der Rückseite, mit der Ueberschrift: Ugonottorum strages (Niedermetzelung der Hugenotten)! Abbildung bei Philippson S. 271. Weniger aufrichtig ist die königliche Medaille, welche die heuchlerischen Inschriften hat: Virtus in rebelles (Tapferkeit gegen die Rebellen) und: pietas excitavis iustitiam (die Frömmigkeit rief die Gerechtigkeit hervor)!
Man sollte es nicht für möglich halten, es ist aber Thatsache, daß die Megäre sich nach der grausigen Schlächterei wieder den Protestanten näherte, als deren überlebender Rest sich in der Festung La Rochelle zu mannhafter Vertheidigung rüstete: ja sie nahm als wieder eingesetzte Regentin die Verbindungen Colignys mit England und Deutschland wieder auf, und ihr Sohn Heinrich ließ sich von der protestantischen Partei in Polen zum Könige wählen, worauf er mit den Hugenotten Frieden schloß und der König diesen bestätigte. Frankreich aber war durch die Mörderei tief herunter gekommen; alle Bemühungen, die Schandthat gegenüber den tief empörten Protestanten des Auslandes rein zu waschen, waren vergeblich, und so hat Katharina die Verbindungen Frankreichs mit denselben zerstört und ihr Land schutzlos dessen größtem Feinde Philipp von Spanien preisgegeben. Aber auch im Inlande hatte sie sich selbst nur geschadet; sie trieb durch ihre Verschwendung und Volksausbeutung einen namhaften Theil der Katholiken, welche dem Fanatismus abgeneigt waren, zu noch engerer Verbindung mit den durch den Frieden benachteiligten Hugenotten gegen die Gewaltherrschaft der Regentin. Als dann 1574 der kränkliche König jung starb, betrübte dies die Mutter nicht; sie regierte fort, bis der weibische, aus Polen entflohene Heinrich III. ankam, der ihr nun allerdings das Ruder des Staates aus den Händen nahm, um es seinen Günstlingen, den »Mignons« anzuvertrauen. Später erhielt sie die Obmacht noch einmal und – verschaffte den Hugenotten wieder ausgedehntere Rechte; aber bald zerfiel sie mit ihrem Sohne und knüpfte Verbindungen mit dessen Gegner Heinrich von Navarra an. Weiter gelangte sie nicht; denn der Schrecken über die Ermordung der Brüder Guise durch den nun mit Navarra verbündeten König tödtete sie, die tausendfache Mörderin! Noch in demselben Jahre fiel auch Heinrich III. selbst durch Mord.
Unter Heinrich IV. von Bourbon und Navarra gewann Frankreich seine Einheit und den Frieden wieder, Dank dem Edikte von Nantes (1598) und der Energie des Königs, dessen schwächste Seite sein Verhältniß zum weiblichen Geschlechte war. Von seiner Gemahlin aus der »Bluthochzeit«, Margaretha von Valois, wegen beiderseitiger Untreue getrennt lebend, begab er sich seit 1591 in die süßen Fesseln der schönen Gabrielle d'Estrées, die er zur Marquise von Monceaux und später zur Herzogin von Beaufort ernannte, ja die er zur Königin erheben wollte, als sie (1599) plötzlich starb, was ihn tief beugte, wenn auch nicht für längere Zeit. Papst Clemens VIII. schied ihn noch in demselben Jahre von Margaretha; aber schon war er, wenige Wochen nach Gabrielens Tode, von den Reizen der Henriette von Entraigues gefangen, die durch ihn Marquise von Verneuil wurde und gleich Gabrielen sowohl ein Schloß, als Heirathsaussichten erhielt. Aber seine Minister drangen auf eine ebenbürtige Ehe, die 1600 mit Maria von Medici Aus der jüngern Linie des Hauses, derjenigen der Großherzoge von Toskana; Katharina von Medici gehörte der ältern an: beide Linien waren schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts geschieden. geschlossen wurde. Maria war von stattlicher Gestalt und schönen Zügen, aber (30jährig) nicht mehr jugendlich, sehr fromm, aber fein gebildet. Das Verhältniß zur Verneuil, welcher sie freundlich begegnen mußte, kränkte sie und entfremdete die Mutter Ludwigs XIII. dem königlichen Gatten bald. Nach französischer Auffassung trug ihre ränkevolle italienische Umgebung die Schuld daran. Am Tage nach ihrer verspäteten Krönung (1610) wurde sie durch Ravaillacs Verbrechen Witwe und blieb Regentin für ihren minderjährigen und auch später unfähigen Sohn, bis dieser 1617 ihren Minister, den Marschall d'Ancre ermorden und sie einsperren ließ. Später befreit, ja noch einmal im Besitze der Herrschaft, wurde sie 1626 durch Richelieu gestürzt und verhaftet, entkam aber und starb 1642 in der Verbannung zu Köln.
Die Regierung des jungen Eduard VI. (1537-1553) bildete nur eine kurze Zwischenzeit des 16. Jahrhunderts, während welcher Frauen keine Rolle spielten. Noch nicht 16 Jahre alt, hatte er die Energie gefunden, seine beiden Stiefschwestern Maria und Elisabeth, als Tochter unrechtmäßiger Ehen, von der Thronfolge auszuschließen und zu dieser seine Base Johanna Grey zu berufen. Diese, »ein schönes, sanftes, fein gebildetes Mädchen von 17 Jahren«, war kurz vorher die Gattin Guilford Dudleys, eines Sohnes des Grafen Warrick, Herzogs von Northumberland und damaligen ersten Ministers geworden. Die noch sehr zahlreichen Katholiken aber anerkannten als rechtmäßige Königin Maria, die Tochter aus Heinrichs VIII. erster Ehe mit Katharina von Aragon (geb. 1517), und die Mehrheit des Volkes und des Heeres erhob sich für sie, so daß sie allgemeine Anerkennung fand. Obwohl sich ihr Northumberland unterwarf, wurde er hingerichtet und das unschuldige junge Paar, sein Sohn und die Prätendentin Johanna folgten ihm im gewaltsamen Tode. Zu spät sahen die Protestanten, welche sich aus Gründen der Legitimität für Maria erklärt hatten, ein, was die Folge war. Die Königin, deren Züge schon eine unmenschliche Härte zeigen, führte sofort die katholische Religion gewaltsam ein, unterdrückte jede protestantische Regung und schloß sich nicht nur in politischer Beziehung Spanien an, sondern vermählte sich auch mit dem elf Jahre jüngeren spanischen Kronprinzen, dem späteren Philipp II., – ein würdiges Paar!
Wie gegen Eduard VI. und seine Minister katholische, so erhoben sich gegen Maria und gegen das, was man mit Grund von Philipp fürchtete, protestantische Aufstände, wurden aber blutig unterdrückt, was der Königin den verdienten Beinamen der Blutigen verschaffte. Auf Betrieb des furchtbaren Paares wurden die mittelalterlichen Ketzergesetze wieder eingeführt, und die protestantischen Bischöfe Cranmer, Latimer und Ridley mußten den Scheiterhaufen besteigen. Der alte Geistliche Rowland Taylor wurde auf demselben unwürdig mißhandelt. Green, Geschichte des englischen Volkes. Deutsch, Berlin 1889, I. S. 433 f. Selbst ein Knabe, William Hunter, wurde verbrannt. Die des Mordens satten Bischöfe wurden von der Tyrannin ausgescholten. Aber die (man sagt 300) Märtyrer stärkten weitmehr die Sache ihres Glaubens, als die der Herrscherin. Sie hoffte aus eine Frucht der ungleichen Ehe; die Hoffnung entpuppte sich jedoch als Wassersucht, und Philipp, der zärtlichen Alten überdrüssig und vom Parlamente nicht als König anerkannt, verließ das ihm antipathische Land nach einjährigem Aufenthalte. Maria, darüber verzweifelt, in ihrem Reiche zugleich verhaßt und lächerlich geworden, suchte Trost in Fortsetzung ihres Wüthens und in Wiederherstellung von Klöstern. Man untersuchte die Friedhöfe nach Ketzerleichen, grub sie aus und verbrannte sie! Allgemeine Empörung brach aus, wurde aber 1558 durch den Tod der rasenden Maria aufgehalten.
Ihr folgte ihre Stiefschwester Elisabeth (geb. 1533), die Tochter der Anna Boleyn (s. oben S. 285 f.). Wie der englische Historiker Green sagt, besaß sie viel von der Schönheit ihrer Mutter, eine imposante Gestalt, lebhafte Augen, geistvollen Gesichtsausdruck, aber rauhe, männliche Züge. Sie war gewandt in Jagd, Reitkunst, Tanz, bewandert in den alten Sprachen, redete fertig französisch und italienisch. Ihre Zornausbrüche waren nicht frei von Rohheit; sie duldete keinen Widerspruch und verlangte unbedingte Ergebenheit; grenzenlos war ihre Eitelkeit, maßlos ihr Vergnügen an pompösen Festen und allegorischen Aufzügen. Ließ sie sich gehen, so war ihr Benehmen frivol, unweiblich, sogar anstößig. Durchaus fremd war ihr alles Zartgefühl.
Das war aber alles nur die Oberfläche an ihr. Im Innern war sie »hart wie Stahl«, »der Typus der Vernunft«. Scharf trennte sie die Herrscherin vom Weibe. Strenge Arbeit, klare Besonnenheit, logische Einfachheit kennzeichneten ihre Regentenhandlungen. Aber in der Ausführung wichtiger Plane und Absichten benahm sie sich »unsicher und schwankend. Es schien, als ob nur überlegene Minister wie Cecil (William Cecil, Lord Burghley) und Walsingham sie zu kühnem Entschlusse veranlaßten; denn kaum gefaßt, gereute sie derselbe so häufig wieder. Nur selten wagte sie es, einen Plan bis zum Ende durchzuführen; gewöhnlich machte sie, wenn sie drei Schritte vorwärts gethan, mindestens zwei, wenn nicht alle drei wieder zurück. Sie war damit die stete Verzweiflung ihrer Rathgeber, die häufig genug ihr Verfahren als thöricht, ja unehrenhaft bezeichneten. Denn sie trug kein Bedenken, alle ihre Versprechungen unerfüllt zu lassen, gegen ihre ausdrücklichen Zusagen zu handeln, die offenkundigsten Thatsachen in Abrede zu stellen, ihre Freunde verrätherisch im Stiche zu lassen«. Philippson a. a. O. S. 218 f. Gegen ihre Minister, denen ihr Name soviel von ihren Verdiensten wegnahm, war sie schmutzig karg, so daß dieselben sich in ihrem Dienste zu Grunde richteten, während sie ihre Günstlinge freigiebig mit dem bereicherte, was sie – anderen weggenommen hatte. – Sie haßte den Krieg, weil sie sich in den politischen Ränken zur Zeit des Friedens besonders stark fühlte, in welchen sie die Wahrheit durchaus verschmähte und in gewissenlosem Maße zur Lüge griff. In den Augen ihres Volkes aber wurde diese Schattenseite durch die Lichtseite ihrer Friedensliebe verdeckt; sie war darum bei dem Volke im höchsten Maße beliebt und von ihm bewundert; denn sie kannte es und wußte es zu behandeln.
Gegen die Religion war sie persönlich gleichgültig; denn es fehlte ihr das Gemüth. Wenn sie die protestantische Kirche schützte, war es ebensowohl politische Berechnung, als wenn sie die Extreme der Papisten und der Puritaner verfolgte. Sie hätte aus demselben Grunde gern mehr katholische Gebräuche beibehalten, als die Geistlichkeit und die Masse des Volkes wollten. Die Konfessionen waren übrigens noch nicht scharf geschieden, und es kamen vielerlei Verquickungen zwischen ihnen vor, die der Königin keine Sorge verursachten, Ihr künstlerischer Geschmack hieß sie den Bilderstürmern abhold sein; warum sie aber Widerwillen gegen die Priesterehe hatte, ist unklar; denn in der Aneignung von Kirchengut war sie durchaus nicht skrupulös. Sie übte lange Zeit völlige Duldung gegen alle Bekenntnisse, am wenigsten gegen die Puritaner, die aber nur wegen argen Schimpfens auf die Regierung und den Hof Strafen erlitten, freilich sogar Verstümmelungen. Ihre Rathgeber waren durchweg eifrige Protestanten, denen ihre schwankende Haltung in geistlichen Dingen nicht recht war.
Aber die Verhältnisse Englands zu Schottland führten eine entschiedene Wandlung in der Stellung Elisabeths gegenüber dem Katholizismus herbei. In jenem nordischen Berglande regierte seit 1548 die Witwe Jakobs V., Maria von Lothringen, für ihre 1542 geborene Tochter Maria Stuart. Vollständig in der franzosenfreundlichen und katholischen Richtung aufgehend, war die Regentin doch »eine gewandte, kluge und unternehmende Frau«. Mit französischer Hilfe brach sie den englischen Einfluß, unterdrückte damit auch die reformatorischen Bestrebungen durch Schwert und Scheiterhaufen und ließ ihre Tochter in Frankreich zur Gattin Franz II. erziehen. Im Kriege zwischen England und Frankreich jedoch mußte die Regentin aus Politik Protestanten, welche der »blutigen« Maria entrannen, als Flüchtlinge aufnehmen, und es kam, da sich deren schottische Glaubensgenossen wieder regten, zum Religionskriege und zum Bildersturm. An der Spitze der Protestanten stand ein natürlicher Sohn Jakobs V., James Stuart, später Graf von Murray. Als nun Elisabeth zur Regierung kam, verband sie sich mit den schottischen Protestanten, um den dortigen französischen Einfluß zu brechen und Rache dafür zu üben, daß Maria Stuart und Franz II. sie als unrechtmäßig betrachteten und den Titel einer Königin und eines Königs von England annahmen. Englische Truppen schlossen die Regentin in Edinburg ein, wo sie 1560 starb. Die Reformation siegte vollständig in Schottland.
Beinahe gleichzeitig war Maria Stuart in Frankreich Witwe geworden. Mit seltener Schönheit und Anmuth verband sie einen gebildeten Geist und dichtete selbst. Ihrem natürlichen Verstande gesellten sich jedoch die Fehler der Launenhaftigkeit und Leidenschaftlichkeit bei. Im Jahre 1561 nach Schottland zurückgekehrt, benahm sie sich geschickt und mäßig und stützte sich auf ihren Stiefbruder Murray. Sie nahm nicht nur für sich das Recht des katholischen Kultus in Anspruch, sondern ließ auch dasjenige der Protestanten ungekränkt, und suchte Elisabeth durch Verzicht auf den englischen Titel zu gewinnen. Doch ärgerte sie die düsteren Presbyterianer durch ihre Lust an Jagd und Tanz und fröhlichen Festen. Erbittert, daß Elisabeth ihre Heirathsplane mit Don Carlos und später einem österreichischen Prinzen hintertrieb, reichte sie ihre Hand 1565 ihrem katholischen schönen, aber rohen Vetter Henry Stuart Lord Darley (nicht Darnley), der den Königstitel, aber keine Machtbefugnisse erhielt. Die Protestanten unter Murray empörten sich umsonst gegen diese Heirath, sie unterlagen, und Philipp II. wurde der Schutzherr der Königin von Schottland. Diese aber in ihrem Leichtsinn kompromittirte sich durch die Gunst, die sie dem bei ihr als Musiker und Kammerdiener eintretenden Italiener David Riccio, einem »bezahlten Agenten des Papstes«, schenkte. Von einem unreinen Verhältniß war keine Rede; aber der Abenteurer erwarb ihr ganzes Vertrauen und besorgte als Staatssekretär die Geschäfte Roms und Spaniens in Schottland. Nun plante sie die Unterdrückung der Reformation und die Erwerbung der englischen Krone. Der ganz verkommene Darley aber, erbittert durch seinen Ausschluß von der Regierung, verband sich mit den Protestanten und ließ Riccio in Gegenwart der Königin ermorden. Sie selbst wurde gefangen und die katholische Religionsübung unterdrückt. Sie gewann aber den charakterlosen Darley wieder, entfloh mit ihm, schlug die Gegner, von denen manche, auch Murray, zu ihr übergingen, und herrschte wieder; den Mahnungen des Papstes zu gewaltsamer Vernichtung des Protestantismus widerstand sie aber. Im Jahre 1566 wurde sie Mutter des späteren ersten Königs der vereinigten britischen Reiche, Jakobs I. (in Schottland VI.); aber das Verhältniß der Gatten wurde, da Darley den ersehnten Einfluß nicht erlangte, kein besseres, und Maria dachte an Scheidung und blieb wahrscheinlich, wenn auch nicht ahnungslos, doch nicht völlig eingeweiht in die Verschwörung gegen das Leben ihres Gatten. An der Spitze derselben stand der ihr unbedingt ergebene, etwa dreißigjährige James Hepburn Earl Bothwell, ein Mann von großer Kraft und seltenem Muthe, dessen geheime Wünsche nach ihrer Hand und der Herrschaft im Lande gingen, obschon er glücklich verheirathet war! Am 9. Februar 1567 wurde Darley von den Verschworenen in seinem Garten ermordet und das Haus in demselben in die Luft gesprengt. Durch ihre fortgesetzte Verbindung mit den Mördern gab Maria den gegen sie erhobenen Beschuldigungen selbst Nahrung. Um sich von denselben zu reinigen, ließ sie Bothwell zum Schein von einem Gerichtshofe seiner Anhänger aburtheilen; er wurde natürlich freigesprochen! Und nicht nur das; »er beherrschte völlig die Lage«, ließ sich »unter nichtigen Vorwänden« von seiner Frau scheiden, und Maria, die strenge Katholikin, ging, drei Monate nach dem Morde Darleys, ihre dritte Ehe mit dem Mörder, mit einem geschiedenen Manne ein! Noch mehr! Bothwell blieb in Verbindung mit seiner Frau, mißhandelte die Königin, hielt sie gefangen, sodaß sie an Selbstmord dachte. Es bildete sich ein aufständischer Bund gegen das unnatürliche Paar; Maria, von ihren Truppen verlassen, fiel in Gefangenschaft; Bothwell entkam und starb später als schwedischer Staatsgefangener. Die Königin, deren sich Elisabeth umsonst annahm, wurde von den neuen schottischen Machthabern zur Abdankung gezwungen, und Murray regierte für ihren Sohn, Jakob VI. Die presbyterianische Richtung siegte völlig. Maria aber konnte 1568 mit Hilfe eines sie schwärmerisch liebenden Offiziers fliehen, gewann zwar Anhang, der aber von Murray zersprengt wurde, und suchte nun, zu ihrem Verhängniß, Zuflucht in England. Elisabeth, eine Verbindung der Gegnerin mit den katholischen Lords des englischen Nordens fürchtend, beschloß, dieselbe unschädlich zu machen, hintertrieb eine von Murray mit ihr versuchte Verständigung durch unwürdige Ränke, bewog den Regenten zur öffentlichen Anklage gegen Maria mit Hilfe gefälschter Aktenstücke und behielt sie, da sie darauf eine Antwort verweigerte, in der bereits über sie verhängten Haft. Ein Aufstand zu ihren Gunsten unter dem Herzog von Norfolk, der an eine Ehe mit ihr dachte, wurde unterdrückt und blutig geahndet, und dies war für Elisabeth der Wendepunkt in ihrer Politik zur offenen Feindschaft mit dem Katholizismus. Papst Pius V. exkommunizirte sie 1570, entband ihre Unterthanen von der Pflicht der Treue gegen sie und forderte sie zum Aufstande auf, und damit hatte sie allerdings einen Grund gewonnen, gegen die katholische Kirche und gegen die rebellischen Katholiken einzuschreiten. Es war von nun an laut Parlamentsbeschlüssen Hochverrath, die Königin eine Ketzerin und Tyrannin zu nennen, päpstliche Bullen nach England zu bringen u. s. w. Immerhin aber war zwischen der Verfolgung der Protestanten unter der blutigen Maria und der nun beginnenden der Katholiken unter der eisernen Elisabeth der tiefe Unterschied, daß jene blos die Religion betrafen, diese aber einen politischen Hintergrund hatten und sich auf neue Gesetze stützten, während jenen nur längst außer Kraft gesetzte Ketzergesetze zu Grunde lagen. Niemand erlitt unter Elisabeth den Tod darum, weil er Katholik war. Ein jeder katholische Märtyrer war gesetzlich ein Hochverräther. Norfolk, der mit Maria wieder Verbindungen anknüpfte, wurde hingerichtet. Es war ein grausiger Krieg bis aufs Messer. Mit Wissen und Willen der gefangenen Maria arbeiteten Gregor XIII. und Philipp II. gegen Elisabeth, während deren Truppen gegen die rebellischen Iren ebenso wütheten wie Alba gegen die Niederländer. Ein französisches Seminar erzog Agitatoren, die sich in England einschlichen und gegen die Königin wühlten, aber, wenn erwischt, allerdings gehängt wurden. Das Messelesen wurde mit Geldstrafe und Gefängniß belegt, mit ersterer auch das Wegbleiben vom anglikanischen Gottesdienste. –
Maria Stuart wurde indessen je nach der Laune ihrer Peinigerin von Schloß zu Schloß geschleppt, bald in ungesunden Kerkern eingeschlossen, bald mit etwas mehr Freiheit beschenkt; durch diese Schicksalsschläge gewann ihr Charakter; sie wurde entschlossener und genügsamer. Wunderbarer aber ist, wie sie ihre Wächter und deren Oberherrin lange Jahre so gründlich täuschen konnte, daß denselben von ihrem lebhaften geheimen Briefwechsel mit der gesammten katholischen Reaktionspartei Europas, mit dem Papste, Spanien und den Guisen, lange Jahre nichts bekannt wurde, und ebenso erstaunlich, daß diese kunstvolle Täuschung nicht zu einem Gelingen ihrer Befreiung führte. Letztere und die gleichzeitig betriebene Ermordung Elisabeths waren aber nur die Mittel zum Zwecke; die Wiederherstellung des Katholizismus in England und Schottland unter den Stuarts war das Ziel der Maulwurfsarbeit. Im Jahre 1583 aber wurde die Hauptverschwörung, die der Minister Sir Francis Walsingham durch seine Spione (darunter erkaufte katholische Priester) entdeckt hatte, zur Veranlassung des Aufgebens aller bisher beabsichtigten Verständigungen mit der Gefangenen, gegen welche nun, obschon sie der englischen Gerichtsbarkeit in keiner Hinsicht unterstand, der unberechtigte, aber von der Mehrheit des englischen Volkes ungestüm verlangte Prozeß begonnen wurde. Maria hatte die Schwäche, dem Gerichte Rede zu stehen, aber auch den Muth, sich tapfer zu vertheidigen. Der Gerichtshof, der vor dem Gebrauche gefälschter Akten nicht zurückschreckte, verurtheilte sie Ende Oktober 1586 zum Tode. Der Justizmord, dessen Verantwortlichkeit Elisabeth mit verächtlichen Kniffen von sich abzuwälzen suchte, wurde am 8. Februar 1587 an der Unglücklichen, die sich dabei echt königlich benahm, vollzogen.
Der Kampf um das Dasein zwischen Maria und Elisabeth war nicht nur ein Kampf zwischen zwei Frauen, sondern ein solcher zwischen den zwei einander auf Tod und Leben befehdenden Ideen, welche das sechzehnte Jahrhundert beherrschten. Keine dieser Ideen hatte in der einen der beiden feindlichen Königinnen eine von Makeln reine Vertreterin; aber der Kampf jener Ideen wurde ja überhaupt von keiner Seite mit reinen Mitteln geführt. Versöhnt uns indessen mit den Fehlern und Sünden Marias ihr herbes Unglück und ihr standhaftes Ende, so werden die Fehler und Sünden ihrer Feindin aufgewogen durch die Ergebnisse ihrer Regierung, die zwar großentheils ihren Ministern, aber auch nicht zu kleinem Teile ihr selbst anzurechnen sind.
Es herrschte unter Elisabeth in England eine Sicherheit des Verkehrs wie in keinem andern Lande Europas. Das Land erfreute sich des Friedens; die Landwirthschaft, welche die Königin durch Aufhebung des Verbots der Getreideausfuhr hob, blühte; dem Handel wurde geholfen, indem sie die schlechten Münzen ihrer Vorgänger einzog und durch gute ersetzte. Der Wohlstand mehrte sich; die Abenteuerlust fand Abzug nach den jenseit des Meeres gegründeten Kolonien. Auf die Wünsche des Volkes wurde stets die weiteste Rücksicht genommen, und die Königin reiste viel im Lande, um dieselben kennen zu lernen. Das Parlament war dem Volke oft genug weniger günstig als Elisabeth; es war aber ihre Eigenart, dem ersteren wenig nachzufragen, dessen Einfluß und Eigenwilligkeit aber durch das Eindringen der Puritaner mehr und mehr wuchsen. Durch die Hebung des Mittelstandes gegenüber dem unzuverlässigen Adel legte Elisabeth den Grund zur Großmachtstellung Englands; sie hat ihr Land zugleich zur Seemacht erhoben, deren Größe kaum zu dem Grade gediehen wäre, den sie später erreichte, ohne die Gründung der englischen Flotte zur Bekämpfung der Armada Philipps II., die im Bunde mit den Stürmen letztere und mit ihr die Großmachtstellung Spaniens begrub.
Wie unter Elisabeth die großen Dichter Edmund Spenser und William Shakespeare den Grund zur Blüthe der englischen Dichtung legten, hat die Literaturgeschichte zu registriren. Unter ihr auch schloß sich England der Renaissance an, deren Studien sich auch Frauen widmeten. Lady Anna Bacon, die Mutter des Philosophen und Staatsmannes Sir Francis, schrieb griechisch und übersetzte italienische Werke in ihre Muttersprache. Auch der Seeheld Sir Walter Raleigh versuchte sich in Gelehrsamkeit und Dichtung.
Den wenigsten Anspruch auf Unsterblichkeit haben unter den Männern der Umgebung Elisabeths ihre Günstlinge. In Wirklichkeit hatte sie deren nur zwei nacheinander, und nur von dem ersten kann wohl ein ärgerliches Verhältniß zu ihr behauptet werden, von Robert Dudley, Graf Leicester (geb. 1532, gest. 1588), einer Bekanntschaft aus dem Tower vor ihrer Thronbesteigung. Ueber den Tod seiner unglücklichen Gattin Amy Robsart (1560) gingen die schauerlichsten Gerüchte um. Nachher sollte er auf Wunsch der Königin Maria Stuart ehelichen, die ihn aber ausschlug, worauf er ihr bitterer Feind wurde. Heimlich schloß er 1577 eine zweite Ehe mit der Witwe des Generals Grafen Walter Essex, dessen Tod man ihm zur Last legte. Ein Jahr nach Maria Stuart starb er, und ihm folgte in der Gunst der Königin sein Stiefsohn und Zögling Robert Devereux, Graf Essex, (geb. 1567). Die Königin war 34 Jahre älter als er, was keiner weiteren Erörterung bedarf. Mehr als an ihrer Liebe, der er bald Kälte entgegensetzte, lag ihm an hochfliegenden Planen der mit religiösem Frieden im Innern verbundenen, durch einen siegreichen Krieg gegen Spanien zu erkämpfenden Größe Englands. Die beiden Cecils, die einander als Minister folgten, waren seine Feinde, die Armee vergötterte, die Puritaner verehrten ihn. Weniger durch seine heimliche Ehe mit der Tochter Walsinghams, als durch seine Unbotmäßigkeit und seinen Eigenwillen zerfiel er mit Elisabeth, und in der Verzweiflung über die beharrliche Zurückweisung seiner Plane verrieth er sie zuletzt an Jakob Stuart; am 25. Februar 1601 fiel sein Kopf, und im Auftrage der Königin schrieb der feile Bacon ein schmutziges Pamphlet gegen seinen Wohlthäter.
Elisabeth war in ihren letzten Jahren von ihrem früheren Ruhme tief gesunken und hatte die Liebe des Volkes durch Härte und Habsucht verloren. Von Reue über den Tod des Grafen Essex gemartert und von Trübsinn übermannt, starb die sog. jungfräuliche Königin am 3. April 1603.
Der Bedeutung, welche die Regentinnen der Niederlande und Frankreichs und die Königinnen Englands und Schottlands in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erlangten, konnten andere zeitgenössische Frauen Europas die ihrige nicht an die Seite stellen. In Deutschland haben wir nur zu erwähnen Anna, die Gattin des Kurfürsten August von Sachsen (verm. 1548, gest. 1585). Sie stand nebst ihrer Mutter, der verwitweten Königin Dorothea von Dänemark, und ihrer Tante, der Herzogin Elisabeth von Mecklenburg, an der Spitze einer weiblichen Faktion, welche das Ziel verfolgte, das vorgeblich reine Lutherthum gegenüber der Richtung Melanchthons, dem sog. Philippismus, zu verfechten, für ersteres den Kurfürsten zu gewinnen und letztere Richtung zu stürzen. Vorerst waren diese Anstrengungen ohne Erfolg; bei der späteren inquisitorischen Verfolgung der sog. Kryptocalvinisten durch das strenge Lutherthum, dem sich Kurfürst August in die Arme warf, traten jene Frauen nicht mehr in den Vordergrund.
Bona Sforza von Mailand, die Gattin König Sigismund I. von Polen (verm. 1518), machte sich einen bösen Namen durch ihr Verhalten gegen Elisabeth von Oesterreich, die Gemahlin ihres Sohnes Sigismund August, die sie von ihm zu trennen suchte und deren Tod (1545) man dem Gifte der Schwiegermutter zuschrieb. Der Kronprinz tröstete sich jedoch bald durch die Reize der schönen jungen Witwe Barbara Radziwil. Seine Liebe hielt er indessen geheim; da aber Barbara seiner Leidenschaft standhielt, vermählte er sich heimlich mit ihr. Die bloße Andeutung des Vorfalles als eines Wunsches versetzte die Eltern in heftigen Zorn; daher der Sohn sein Geheimniß bis zum Tode des Vaters (1548) wahrte und dann die Gattin zur Königin erhob. Wie sich Bona dabei verhielt, wissen wir nicht; sicher ist, daß sie dem Sohne gegenüber soviel als möglich sich der Regierung zu bemächtigen suchte. Nicht aus Sympathie, nur als Mittel des Ehrgeizes begünstigte sie die Protestanten, während sie für sich am Katholizismus festhielt und zugleich italienische Elemente an den Hof zog, welche zur Demoralisation des polnischen Adels beitrugen. Indessen drang dieser herrschsüchtige Adel auf die Scheidung der ohne Genehmigung des Senates geschlossenen Ehe mit Barbara. Sigismund II. August aber widerstand diesen Bestrebungen, und nun fügte sich der Adel und buhlte um die Gunst des Königspaares. So konnte denn Barbara 1550 endlich gekrönt werden.
Sigismunds II. Schwester Katharina, deren Umwerbung durch Iwan den Schrecklichen von Rußland er durch Forderungen von Gebietsabtretung vereitelt hatte, wurde 1562 die Gattin Herzog Johanns von Finnland und, als dieser (1568) seinen wahnsinnigen Bruder Erich XIV. beseitigte, Königin von Schweden, wo sie ihr Möglichstes dazu beitrug, das Land der römischen Kirche wieder zuzuführen; der König bot hierzu so lange hilfreiche Hand – bis Katharina (1583) starb, worauf er, an der Seite einer jungen Schwedin, Gunnila Bjelke, seinen religiösen Eifer fallen ließ. Dem Sohne Katharinas, Sigismund III., erst König von Polen und später vorübergehend auch von Schweden, kostete jener katholische Eifer (1604) das Land der Wasas.
Das in religiös-politischer Hinsicht traurige, aber in Leistungen der Kunst und Litteratur fruchtbare Zeitalter der Gegenreformation lebte sich in dem entsetzlichen, jene idealen Früchte zerstörenden und die wirtschaftliche Lage der Völker Mitteleuropas zu Grunde richtenden dreißigjährigen Kriege aus. Derselbe bedeutete eine völlige Umwandlung in dem Charakter der europäischen Kultur. An die Stelle der einseitigen konfessionellen Bestrebungen trat eine wachsende Gleichgültigkeit gegen dieselben, deren Folgen ja so gar nicht für ihre Vortrefflichkeit sprachen, und zeitigte mit Nothwendigkeit das ihnen den Abschied gebende Zeitalter der Aufklärung.