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1. Dann sah ich in der Höhe der himmlischen Geheimnisse zwei Scharen himmlischer Geister, die in vielem Glanze leuchteten. Die der ersten Schar hatten gleichsam Federn auf der Brust und Menschengesichter wie von reinem Wasser. Die andere Schar hatte auch Federn auf der Brust und Menschenantlitze, in denen das Bild des Menschensohnes wie in einem Spiegel erglänzte. Weder in diesen noch in jenen konnte ich eine andere Form unterscheiden. Diese Scharen umgaben fünf weitere kranzförmig. Die der ersten Schar von den fünfen hatten Menschenantlitze und erstrahlten von der Schulter abwärts in hellem Glanze. Die der zweiten Schar konnte ich wegen ihres hellen Lichtes nicht ansehen. Die der dritten erschienen wie weißer Marmor und hatten menschliche Häupter; über ihnen brannten Fackeln, und von der Schulter ab umgab sie eine eisenfarbene Wolke. Die der vierten hatten auch Menschenangesichter und Menschenfüße, trugen auf ihren Häuptern Helme und waren in marmorfarbene Gewänder gehüllt. Die schließlich in der fünften ließen keine Menschenform erkennen und schimmerten rot gleich der Morgenröte. Aber auch diese Scharen umgaben zwei weitere wie in einem Kranze. Die Gestalten der ersten schienen besetzt mit Augen und Federn, und in jedem Auge ein Spiegel. In diesem erschien das Antlitz eines Menschen, und ihre Federn spannten sie zur Höhe hinauf. Die in der zweiten Schar brannten wie von Feuer, hatten zahlreiche Federn, in denen wie in einem Spiegel alle Ordnungen kirchlicher Einrichtungen abgezeichnet waren. Eine weitere Form konnte ich weder an diesen noch an jenen erkennen. Und alle diese Scharen kündeten in den Tönen aller Arten von Musikinstrumenten in wunderbaren Stimmen die Wunderwerke, welche Gott in den Seelen der Seligen schafft, durch welche sie Gott sehr verherrlichen.
2. Du siehst in der Höhe der himmlischen Geheimnisse zwei Scharen himmlischer Geister mit großer Klarheit leuchten, weil in die Höhe jenes Verborgenen, in welches der fleischliche Blick nicht dringt, die Schau des inneren Menschen reicht. Diese zwei Scharen haben Menschenkörper und Seelen und zeigen, daß man Gott mit beiden dienen muß.
3. Die der ersten Schar haben gleichsam Federn auf der Brust und Menschenantlitze, welche reinem Wasser gleichen. Es sind dies die Engel mit ausgespannten Flügeln, welche das Verlangen nach tiefer Einsicht in sich tragen: ihre Flügel sind nicht wie die der Vögel, sondern sie fliegen schnell wie der Mensch mit seinen Gedanken, weil sie Gottes Willen in ihrem Verlangen eilends ausführen.
4. Auch die der zweiten Schar haben Flügel auf der Brust. Ihr Antlitz ist Menschenantlitz gleich, auf welchem das Bild des Menschensohnes wie in einem Spiegel leuchtet. Die Erzengel betrachten verlangend in ihrem Geiste den Willen Gottes und offenbaren die Schönheit der Vernunft und verherrlichen das fleischgewordene Wort Gottes in größter Reinheit; denn sie erkennen die Geheimnisse Gottes und verkündigen die Mysterien der Menschwerdung des Sohnes Gottes. Weder in diesen noch in jenen kannst du eine andere Form unterscheiden, da ja in den Engeln und Erzengeln viele Geheimnisse sind, die der menschliche Geist im sterblichen Körper nicht fassen kann.
5. Diese Scharen umgeben die andern fünf im Kranze, weil der Körper und die Seele des Menschen die fünf menschlichen Sinne mit der Kraft seiner Stärke erfaßt, die, durch die fünf Wunden meines Sohnes gereinigt, sich zur Gradheit der inneren Gebote wenden müssen. 6. Die der ersten Schar haben Menschenangesichter und erstrahlen in großem Glanz von der Schulter abwärts. Es sind die Tugenden, die in den Herzen der Gläubigen aufsteigen und in brennender Liebe einen hohen Turm in ihnen erbauen, d.h. ihre Werke. Wie dies? Der Erwählten innerer Sinn ist erhellt und wirft alle Bosheit schlechter Taten von sich. Die Menschen tragen in sich den Kampf des Bekenntnisses und der Verleugnung. Es fragt sich bei diesen Kämpfen: Gibt es einen Gott oder keinen? Diese Frage wird durch den hl. Geist im Menschen so beantwortet: Gott hat dich erschaffen und erlöst. Solange der Mensch so antwortet, verläßt ihn die göttliche Kraft nicht, denn dieser Frage und Antwort haftet Bußgesinnung an. Die Kämpfe aber dieser Schlachten bringen die Kräfte Gott dar.
7. Die der zweiten Schar aber leben in solcher Helligkeit, daß du sie nicht anblicken kannst. Es sind die Mächte, sie sind von solcher Heiterkeit und Schönheit göttlicher Macht, daß sie sterbliche Gebrechlichkeit nicht zu fassen vermag.
8. Die der dritten Schar erscheinen wie weißer Marmor, haben Menschenhäupter, aus denen Fackeln brennen, und sind von der Schulter abwärts wie von einer eisenfarbenen Wolke umgeben. Es sind die Fürsten, die darstellen, daß diejenigen, welche aus Gottesgabe in der Welt als Führer der Menschen bestehen, aufrichtige Kraft und Gerechtigkeit anziehen müssen, damit sie nicht in Unbeständigkeit verfallen. Ihr Haupt ist Christus, und deshalb müssen sie auf ihn schauen und ihre Regierungen nach seinem Willen zum Nutzen der Menschen lenken.
9. Die der vierten Schar mit Menschengesicht und Menschenfüßen tragen auf ihren Häuptern Helme und sind in marmorfarbene Kleider gehüllt. Es sind die Herrschaften, die versinnbilden, daß Gott der Herr aller ist, und die Vernunft des Menschen, die er in menschlichen Staub hinein warf, von der Erde zum Himmel hinauf führt.
10. Die der fünften Schar zeigen keine Menschengestalt, sie erglänzen rot wie die Morgenröte. Es sind die Throne, die versinnbilden, daß die Gottheit sich zur Menschheit neigte, als der eingeborene Sohn Gottes einen Menschenleib zum Heile der Menschen anzog. Er hatte keine Makel menschlicher Sünden in sich, da er vom hl. Geiste empfangen, wie in der Morgenröte von der seligen Jungfrau makelloses Fleisch annahm. Du kannst keine Form an ihnen erkennen; denn sie tragen zahllose himmlische Geheimnisse in sich, welche menschliche Gebrechlichkeit nicht zu fassen vermag.
11. Diese Scharen umgeben zwei weitere kranzförmig. Das soll bedeuten, daß jene Gläubigen, welche ihre fünf körperlichen Sinne zum Himmel erheben, weil sie wissen, daß sie durch die fünf Wunden des Gottessohnes erlöst sind, zur Gottes- und Nächstenliebe mit großem Eifer gelangen, weil sie ihre Hoffnung nur auf Ewiges setzen.
12. Deshalb erscheinen die der ersten Schar voller Augen und Federn und in jedem Auge wie in einem Spiegel ein Menschengesicht zu haben und erheben ihre Flügel zur Himmelshöhe. Diese Cherubim versinnbilden das göttliche Wissen, in dem sie selbst die Geheimnisse übernatürlicher Mysterien sehen. In der Tiefe ihres Wissens haben sie reinste Klarheit und sehen wunderbarerweise jene voraus, welche den wahren Gott erkennen.
13. Die der andern Schar brennen wie Feuer, haben zahllose Flügel, in welchen wie in einem Spiegel alle kirchlichen Einrichtungen gekennzeichnet sind. Es sind die Seraphim, was bedeutet, daß sie in Gottesliebe glühen und größtes Verlangen haben, Ihn zu schauen; sie zeigen in ihrem Verlangen sowohl die zeitlichen als die ewigen Würden auf, die in den kirchlichen Mysterien mit viel Reinheit und Kraft stehen. In ihnen erscheinen die Geheimnisse Gottes wunderbar. So auch suchen alle, die in aufrichtiger Herzensreinheit lieben, den höheren Weg, lieben Gott inbrünstig, um zu den Freuden jener zu gelangen, welche sie so getreulich nachahmen. Eine andere Gestalt siehst du nicht an ihnen, denn solange man sterblich ist, kann man das Himmlische nicht vollkommen unterscheiden. 14. Diese Scharen lassen auf allen Arten von Instrumenten wunderbare Klänge ertönen, wie du hörst, was Gott in glückvollen Seelen schafft, und wodurch sie Gott machtvoll verherrlichen.