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Die dritte Vision: Von der Taufe.

1. Dann sah ich eine weibliche Gestalt von erhabener Größe. Sie hatte das Aussehen einer großen Stadt; ihr Haupt war wunderbar gekrönt, und von ihren Armen ging gleich einem Überwurf ein Glanz vom Himmel bis zur Erde strahlend aus. Ihr Leib aber hatte wie ein Netz viele Löcher, durch welche eine große Menschenschar hindurch ging. Sie hatte keine Beine noch Füße, sondern stand nur auf ihrem Leibe vor dem Altare, d. h. vor Gottes Augen, und umfing ihn mit ausgebreiteten Armen. Mit ihren Augen aber lugte sie sorgfältigst durch den ganzen Himmel. Ich konnte keine Gewänder an ihr erblicken, außer daß sie von hellster Klarheit leuchtend von vielem Glanz übergössen ward. Auf ihrer Brust schimmerte ein roter Glanz gleich der Morgenröte, wo ich auch viele Art von Musik hörte und den Gesang gleich der Morgenröte, die hell leuchtet. Die Gestalt breitete ihren Glanz gleich einem Gewand aus, wobei sie sprach: »Ich muß empfangen und gebären.« Und bald eilte ihr gleich einem Blitz eine Engelschar, die die Stufen und Sitze für die Menschen in ihr bereitet, entgegen, durch welche die Gestalt selbst freigemacht werden mußte. Dann sah ich schwarze Kinder nahe der Erde in der Luft wie Fische, die plötzlich in das Wasser in dem Leibe der Gestalt durch die Löcher eindrangen (denn diese standen denen, die eintreten wollten, weit offen). Aber jene Gestalt stöhnte auf und zog sie aufwärts, bis sie aus ihrem Munde hervorgegangen waren, sie selbst blieb aber unversehrt. Und siehe, ein heiteres Licht und in ihm ein Menschenantlitz! Auch erschien mir im rötlichen Lichte brennend dies gemäß der Vision, die ich vorher gesehen hatte, und zog, die tiefschwarze Haut von den anderen abziehend und abseits vom Wege jene Häute wegwerfend, die einzelnen mit einem hellschimmernden Gewande an, und es erschien ihnen ein hellstrahlendes Licht, das zu den einzelnen sprach: »Ziehe aus die alte Ungerechtigkeit und bekleide dich mit der neuen Heiligkeit, offen steht dir nämlich das Tor deiner Erbschaft; sieh also, wie du belehrt wirst, um deinen Vater zu erkennen, den du bekannt hast. Wenn du mich vollkommen liebst, tu ich dir, was du begehrst. Verachtest du mich aber, dann wende ich mich von dir, und du blickst rückwärts, wenn du mich nicht verstehen willst; wenn du, befleckt mit Sünden, dem Teufel zueilst, gleich als wäre er dein Vater, dann empfängt dich das Verderben, da du nach deinen Werken gerichtet werden wirst, denn als ich dir gut war, wolltest du mich nicht erkennen.« Die Kinder aber, die aus dem Leib der Gestalt kamen, wandelten in dem Glanze, der sie umgoß. Jene, sie wohlwollend betrachtend, sagte mit trauriger Stimme: »Diese meine Söhne werden wiederum zum Staube zurückkehren: denn viele empfange ich und gebäre sie, die mich, ihre Mutter, durch mannigfaltige Erschütterungen ermüden und wider mich anstürmen und mich bedrücken durch Häresien und Trennungen und in ihnen unnütze Kämpfe, in Räubereien, Morden, Ehebrüchen und Unlauterkeiten und in vielen Irrtümern dieser Art. Aber die meisten von ihnen stehen auf in wahrer Buße zum ewigen Leben. Viele fallen auch in fälschlicher Verhärtung in den zweiten Tod.«

2. Jetzt siehst du eine weibliche Gestalt von überragender Größe, das Abbild einer großen Stadt. Das bedeutet die Braut meines Sohnes, welche stets Söhne in der Wiedergeburt des Geistes und Wassers zeugt. Sie ist das Abbild eines großen Turmes, da kein Feind es vermag, sie zu erstürmen, und da sie im Kampf den Unglauben von sich abweist und sich im Glauben ausbreitet, was im sterblichen Zeitalter so verstanden wird, daß jeder der Gläubigen seinen Nächsten ein gutes Beispiel geben müsse, durch welches er sich selbst viele Tugenden wirkt im Himmel. Wenn aber ein Gerechter zu den Söhnen des Lichts gelangt, dann erscheint ihm das gute Werk, das er gewirkt hat. In der Sterblichkeit des irdischen Staubes kann man dies nicht erkennen, da es hier im Schatten der Unruhe verdunkelt ist.

3. Sie hat das Haupt mit wunderbarem Schmuck geziert, da sie selbst in ihrem Ursprung, weil sie im Blute des Lammes auferweckt ward, geziemend in den Aposteln und Märtyrern geschmückt ist durch die wahre Verlobung mit meinem Sohne. Denn in seinem Blut ist sie getreulich errichtet zur Erbauung im Glauben heiliger Seelen.

4. Daher hat sie auch Arme, von welchen ein Glanz wie ein langer Ärmel vom Himmel bis zur Erde herniederfließt und leuchtet. Das bedeutet machtvolles Wirken in den Priestern, welche in Reinheit ihres Herzens und ihrer Hände im Sakrament des Leibes und Blutes des Erlösers das hochheilige Opfer auf heiligem Altare in der Tugend guter Werke darbringen; das hellste Werk ist es, denen Barmherzigkeit zu tun, welche weitherzig immer jedem Schmerz Hilfe bringen mit sanftmütigem Herzen, Almosen an Arme erteilen und in vollendetem Herzen sprechen: »Es ist nicht mein Eigentum, sondern dessen, der mich erschaffen, weil dieses Werk von Gott eingegeben wurde«.

5. Der Leib der Gestalt aber ist wie ein Netz, das viele Löcher hat, durch welche eine große Menschenmenge geht. Das bedeutet die mütterliche Güte derer, welche geöffnet ist für die Gewinnung gläubiger Seelen, an welche die Völker glauben und durch den Glauben wahrer Rechtgläubigkeit fromm wandeln. Aber derjenige, der sein Netz auswirft zum Fischfang, ist mein Sohn, der sich die geliebte Kirche in seinem Blut angetraut hat, um den verlorenen Menschen von seinem Fall wieder zu heilen.

6. Sie hat keine Beine noch Füße, weil sie zur Vollendung ihres schönen Baues noch nicht geführt wurde, da sie ja zur Zeit der Verderbnis in ihren Gliedern feurige und blutige Bedrängnis grausamster Verkehrtheit zahllos leidet und durch dieses Unglück mit blutenden Wunden zur Vollendung geführt, schnell zum himmlischen Jerusalem eilt, um im Blute meines Sohnes in neuer Vermählung zu entsprossen.

7. Aber mit ihrem Leibe stand sie vor dem Altare, d. h. vor Gottes Angesicht, mit ausgestreckten Armen ihn umfassend. Denn sie ist immer schwanger und bringt ihre Söhne in wahrhaftiger Reinigung hervor und bringt sie demütigst durch reinste Gebete der Gläubigen Gott dar.

8. Daher schaut sie mit ihren Augen scharf durch den ganzen Himmel, weil ihren Einblick, den sie demütigst in die himmlischen Dinge tut, keine Verkehrtheit verdunkeln kann, noch eine Überredung teuflischen Betrugs, noch ein Irrtum des die Pflicht verletzenden Volkes, noch die verschiedenen Erschütterungen auf der Erde, wo sinnlose Menschen in ungläubiger Wut grausam sich zerreißen.

9. Du kannst keine Gewänder an ihr erblicken, weil der menschliche Geist, mit geheimer Erkrankung und Gebrechlichkeit beschwert, nicht fähig ist, vollkommen zu schauen, wenn sie nicht mit hellster Klarheit ganz leuchtend von vielem Glanz umflossen ist, da ja die wahre Sonne mit hellster Eingebung des heiligen Geistes mit geziemender Tugend sie von allen Seiten übergießt.

10. Auf ihrer Brust schimmert gleichsam die Morgenröte mit rötlichem Glanz, weil in den Herzen der Gläubigen die Unversehrtheit der seligsten Jungfrau, den Gottessohn gebärend, mit glühendster Andacht leuchtet. Dort hörst du auch vielerlei Musik, von ihr selbst den Gesang gleich der rotschimmernden Morgenröte singen, weil jede Stimme der Gläubigen die Jungfräulichkeit der unverminderten Jungfrau mit voller Anstrengung in der Kirche umfassen muß.

11. Dieselbe Gestalt breitet aber ihren Glanz wie ein Gewand aus und will damit sagen, daß sie empfangen und gebären muß, weil in der Kirche das Geheimnis des wahren Bekenntnisses von der Trinität sich ausbreitet; weil ihr Obergewand zum Schutz der gläubigen Völker dient, in welchen sie aufsteht zur Erbauung der lebendigen Steine in der Quelle des reinsten Brunnens der Weißgewaschenen, wie sie es selbst bekennt, daß es nötig ist zum Heile, daß sie Söhne in Segensspruch empfängt und sie gebiert in der Abwaschung durch die Wiedergeburt des Geistes und Wassers.

12. Daher eilt ihr auch bald wie ein Blitz eine Engelschar entgegen, welche Stufen und Sitze in ihr für die Menschen bereiten, durch welche diese Gestalt vollendet werden muß, da über jedem Gläubigen ein schauervoller und liebenswerter Dienst der seligen Geister waltet, die den Aufstieg durch den Glauben und die Beseligung durch die vollkommene Ruhe den Gläubigen bereiten, in denen die beglückte Mutter Kirche selbst als die Führerin zu ihrem Ruhm erkannt wird.

13. Dann siehst du schwarze Kinder nahe der Erde in der Luft gleich Fischen plötzlich in den Leib der Gestalt durch Löcher eintreten (denen, die eintreten wollen, steht sie weit offen). Das bedeutet die Schwärze der törichten Menschen, die noch nicht abgewaschen sind im Heilsbrunnen; denn sie lieben das Irdische und laufen deshalb überall hin und gelangen endlich zur Mutter des Heils und beschauen die Würde ihrer Geheimnisse, erlangen ihren Segen, durch welchen sie dem Teufel entzogen und Gott zurückgegeben werden. Sie seufzt, indem sie sie aufwärts zieht, nämlich die, die aus ihrem Munde hervorgehen, wobei sie selbst unversehrt bleibt, da diese glückselige Mutter innerlich seufzt, wenn die Taufe mit Chrisma in der Heiligung des heiligen Geistes geweiht wird, damit der Mensch mit wahrhaftiger Beschneidung im Geiste und Wasser beginnt, und dieses muß nach Art der heiligen Dreifaltigkeit, welche das Haupt aller ist, dargebracht werden. Ist er ein Glied Christi geworden, wenn er durch die Anrufung der hl. Dreifaltigkeit gleich wie durch den Mund der seligen Maria zum Heile wiedergeboren wird, dann leidet diese Mutter an keiner Verletzung mehr, da sie in Ewigkeit in der Unversehrtheit ihrer Jungfräulichkeit verbleibt, die der katholische Glaube ist. Denn sie ist geboren im Blute ihres Bräutigams, des wahren Lammes, welcher ohne einen Bruch der Unversehrtheit aus der unversehrten Jungfrau geboren wurde. So bleibt auch die Braut unversehrt, so daß kein Schisma sie verletzen konnte. Oft wird sie zwar von verkehrten Menschen belastet, aber durch die Hilfe ihres Bräutigams wird sie stets aufs kräftigste beschützt wie eine Jungfrau, welche oft in fleischlichen Begierden durch teuflische Kunst und vielerlei Verführungen seitens der Menschen bestürmt wird. Aber dennoch wird sie entschlossen befreit durch ihre Gebete, die sie zu Gott verrichtet, und bewahrt so ihre Jungfräulichkeit. So stritt auch die Kirche gegen die häßlichsten Verderber, d. h. gegen die Irrtümer der Häretiker sowohl wie gegen die der schlechten Christen und Juden, wie auch der anderen Ungläubigen, die jene anfeinden, indem sie ihre Jungfräulichkeit, den katholischen Glauben, zerstören wollen; sie widersteht ihnen jedoch mannhaft, um nicht verdorben zu werden, weil sie immer jungfräulich war und immer bleiben wird; sie bleibt im wahren Glauben immer jungfräulich entgegen allem Irrtum, wie auch die Ehre der keuschen Jungfrau in der Schamhaftigkeit ihres Körpers gegenüber aller Berührung der Wollust unversehrt geblieben war. Daher ist auch die Kirche die jungfräuliche Mutter aller Christen, weil sie im Geheimnis des heiligen Geistes sie empfängt und gebiert und Gott darbringt, so daß sie deshalb auch Gottes Kinder genannt werden. Und wie der hl. Geist die allerseligste Mutter überschattet hat, so daß sie schmerzlos und auf wunderbare Weise den Sohn Gottes empfing und gebar, und dennoch Jungfrau blieb, so erleuchtet auch der hl. Geist die Kirche, die glückliche Mutter der Gläubigen, und empfängt und gebiert ohne jegliche Verletzung auf einfachste Weise Kinder und bleibt dabei Jungfrau.

14. Wie Balsam aus dem Baume träufelt, und kräftigste Medizinen aus dem Salbendöschen ausfließen, und klarster Glanz aus der Kohle ohne ein Hindernis sich verteilt, so ist auch der Sohn Gottes ohne ein verderbliches Hindernis aus der Jungfrau geboren worden, und so zeugt auch die Kirche als seine Braut ohne eine Beimischung eines Irrtums ihre Kinder und bleibt jungfräulich in der Unversehrtheit des Glaubens.

15. Du siehst aber auch, wie jenes helle Licht und in ihm ein Menschenantlitz ganz in rotem Lichte brennend gleich der Vision, welche du früher schon gesehen hattest, dir wiederum erscheint. Das bedeutet die wahre Dreieinigkeit in der wahrhaftigen Einheit, nämlich den helleuchtenden Vater und im Vater seinen lieblichsten Sohn, welcher vor den Zeiten seiner Gottheit nach im Vater war, aber in der Zeit seinem Menschsein nach vom heiligen Geiste empfangen und aus der Jungfrau geboren wurde, wie es dir im Glanz wahrhaftiger Schau gezeigt wurde und dir auch jetzt zur Bekräftigung des Glaubens gezeigt wird. Denn die heilige Dreifaltigkeit erscheint bei der heiligen Taufe den Getauften bei geöffnetem Himmel, damit der gläubige Mensch ihren Glauben annimmt. Und den einzelnen zog sie das weißeste Gewand an und eröffnet ihnen den Zugang zum blendendsten Lichte und ermahnt sie in guter Rede, weil die göttliche Macht, die Menschenherzen anblickend, im Taufbrunnen die Treulosigkeit ihrer Verbrechen barmherzig fortnimmt und jene Schandtaten hinauswirft vom Wege, welcher Christus ist. Denn nicht ist der Tod in Christus, sondern das Leben. Daher wandelten die Kinder, welche unter dem Leibe der Gestalt gingen, in sie umfließendem Glanz. Das ist so, weil diejenigen, deren Mutter die glückbringende Kirche ist, durch den Quell der hl. Taufe hervorgehen.


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