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Das Paradies der Tiere

Ein armes altes Pferd stand mit seinem Wagen träumend vor der Tür eines elenden Wirtshauses, in dem Weiber kreischten und Männer grölten. Es regnete, Mitternacht war nahe. Das arme dürre Pferd wartete nun hier todtraurig mit herabgesunkenem Kopf und schwachen Beinen, daß ihm das Vergnügen der wüsten Menschen da drinnen endlich erlauben möchte, in seinen elenden stinkenden Stall zurückzukommen. Schreiende Zoten von Männern und Weibern klangen ihm in seinen halben Schlaf. Mit Mühe hatte es sich in der langen Zeit daran gewöhnt und verstand nun mit seinem armen Hirn, daß der Schrei der Dirnen nichts Bedeutsameres sei als der ewig gleiche Lärm des Rades, das sich dreht. Diese Nacht nun träumte ihm verschwommen von einem kleinen Füllen, das es einmal gewesen war, von einer Wiese, auf der es, noch ganz rosig, seine Sprünge gemacht hatte, und von seiner Mutter, die ihm zu trinken gegeben hatte. Da stürzte das alte Pferd plötzlich tot hin auf das schmutzige Pflaster.

Das Pferd kam an das Tor des Himmels. Ein großer Weiser stand davor und wartete, daß Sankt Petrus komme und ihm öffne. Er sagte zu dem Pferde: »Was willst du denn hier? Du hast kein Recht, in den Himmel zu kommen. Ich habe das Recht, denn ich bin von einer Frau geboren worden.« Das alte Pferd erwiderte ihm: »Meine Mutter war eine liebe Stute. Sie war alt und war ausgesogen von den Blutsaugern, als sie starb. Ich komme jetzt, um den lieben Gott zu fragen, ob sie hier ist.« Da öffnete das Tor des Himmels seine beiden Flügel den Einlaßheischenden, und das Paradies der Tiere lag vor ihnen. Das alte Pferd erkannte sogleich seine Mutter, und auch diese erkannte es, und sie begrüßten sich wiehernd. Da sie nun beide auf der großen himmlischen Wiese standen, hatte das Pferd eine große Freude, denn es erblickte alle seine Gefährten aus dem einstigen Elend wieder, und es sah, daß sie für immer glücklich waren. Alle waren da: die, die ausgleitend und stolpernd einst auf dem Pflaster der Städte Steine geschleppt hatten und lahmgeschlagen vor den Lastwagen zusammengebrochen waren. Die waren da, die mit verbundenen Augen zehn Stunden am Tage im Karussell die Holzpferde gedreht hatten, und die Stuten, die bei den Stierkämpfen an den jungen Mädchen vorbeigerast waren, die rosig vor Freude sahen, wie die Leidenskreaturen ihre Eingeweide durch den glühenden Sand der Arena schleiften. Und viele, viele andere noch waren da. Und alle gingen nun in Ewigkeit über das große Gefilde der göttlichen Stille.

Alle Tiere waren glücklich. Zierlich und geheimnisvoll. Selbst dem lieben Gott, der ihnen lächelnd zusah, ungehorsam, spielten die Katzen mit einem Knäuel Bindfaden, den sie mit leichter Pfote weiterrollten, voll des Gefühles geheimer Wichtigkeit, die sie nicht mitteilen wollten.

Die Hündinnen, die guten Mütter, verbrachten ihre Zeit damit, ihre winzigen Jungen zu säugen. Die Fische schwammen ohne Angst vor dem Fischer dahin. Der Vogel flog, ohne den Jäger zu fürchten. Und so war alles. Und nicht einen Menschen gab es in diesem Paradiese.


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