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Ronsard

Meine Mutter hat ein altes Glas bekommen, ein Glas, wie das gewesen sein muß, aus dem Ronsard dem Jean Brinon einen Trunk geboten hat. Wie mag Ronsard gewesen sein? Sicherlich hat er ein Gewand aus Hermelin getragen. Und während die großen Regen der alten Zeiten die Haselnußsträucher am Loir peitschten, saß er mit einem dicken alten Folianten in der Kaminecke seines Schlosses. Es muß ein Sonntagnachmittag um drei Uhr gewesen sein. Ein Frosch quakte in seiner Lache, in die die Lanzen des Regens splitterndes Licht spritzten. Marie oder Genoveva oder eine andere betrat das Gemach und setzte sich zu ihm. Und er legte, ohne das Buch zu schließen, sanft seine freie Hand auf das Knie der Geliebten. Und er lächelte. Er dachte an Odysseus, der über die grauen Meere irrt, an Helena, an das Urteil des Paris, an Troja und an die Bogenschützen, die nackt und helmtragend an der Mauerbrüstung knien und den Bogen auf antikische Art spannen.

Wenn die Wasser der Pyrenäenbäche meinen Namen in die Nachwelt tragen wie die Wasser der Vendôme den des Ronsard, wenn je ein Jüngling, dem das Herz schwer und beklommen ist vom Dufte der Nelken, die ein Schulmädel an der Brust trägt, sich fragen sollte, wie ich gewesen sein mag, möge er sich antworten: »An diesem regengrauen Allerheiligentage hatte Francis Jammes sein Herz gar nicht schwer und beklommen vom Dufte der Nelken, die ein Schulmädchen an der Brust trägt. [Übrigens gibt es ja im Herbste keine Nelken!] Er rauchte vielmehr seine Pfeife und pflanzte Sauerklee in einen Blumentopf, um den Schlaf der Pflanzen zu studieren.« An der einen Wand seines Zimmers hing ein Epinaler Bilderbogen, der das »einzige wahrhaftige Bild des ewigen Juden« darstellte. Er zeigte den ewigen Juden mit einem wunderlichen Hute, einem Mantel, in blauen Pantoffeln und einem roten Gewande, wie ihm gerade Brabanter Bürger einen Krug schäumenden Bieres reichen. Das Wirtshaus darauf ist wirklich poetisch; Reben ranken daran empor, und große Rosen beugen sich zum Erdboden nieder – wie die Armen, die Bettellieder singen und sich zur Erde beugen. Und das alles ist im Lichte des Abendrotes gegen Ende des friedlichen Sommers dargestellt.

An diesem Tage nun warf Francis Jammes einen kurzen Blick auf seinen Ruhm. Dieser ganze Ruhm lag auf seinem Tisch und bestand in dem Umschlag eines Briefes, den ihm ein Mönch aus Deutschland geschrieben hatte, aus dem Briefe eines ihm unbekannten Holländers, der Walch hieß, und dem Briefe eines jungen Mädchens. Francis Jammes lächelte. Dann klopfte er an seinem Finger die Asche aus der Pfeife – – – und war entschlossen, den Toten Ehre zu erweisen.


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