Ben Jonson
Epicoene oder Das stille Frauenzimmer
Ben Jonson

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zweite Scene.

Dauphine, Gutwitz, Clerimont.

Dauphine. Wie denn? Was ist Euch? Stumm?

Gutwitz. Fast zu Stein erstarrt, steh ich hier, über Erzählungen von Deinem Onkel! Niemals hat man von einem solchen Wunderdinge gehört.

Dauphine. Ich wünschte, meine Herren, Ihr ließet mir zu Gefallen einmal diesen Gegenstand fahren. Euresgleichen haben mich in die Lage mit ihm gebracht, in der ich mich jetzt befinde.

Gutwitz. Wie denn?

Dauphine. Nun, daß er mich enterben will, weiter ist es nichts. Er meint, ich und meine Gesellschafter verursachen all die lächerlichen Dinge und Begebenheiten, die von ihm erzählt werden.

Gutwitz. Von noch mehrern möchte ich der Urheber sein, um ihn zu quälen; dieser Vorsatz verdient nichts besseres, dadurch wird es gesetzmäßig, ihn zu peinigen. Ich will Dir sagen, was ich thun will. Ich möchte einen falschen Kalender machen und ihn drucken lassen, dann möchte er an einem Krönungstage auf den Tower-Platz gelockt werden, um ihn mit dem Lärm des Geschützes umzubringen. Dich enterben! das kann er nicht. Bist Du nicht sein nächster Blutsfreund, seiner Schwester Sohn?

Dauphine. Doch schwört er, mich zu verstoßen, und zu heirathen.

Gutwitz. Nun, das ist noch wundervoller! Kann er kein Geräusch vertragen und will eine Frau nehmen?

Clerimont. Freilich, aber Dir scheint seine beste Erfindung unbekannt zu sein. Er hat seit einem halben Jahr einen Kerl dazu gebraucht, ihm in ganz England ein stummes Mädchen auszuhorchen, sei sie von welcher Gestalt, von welcher Eigenschaft sie wolle, wenn sie nur fähig ist, Kinder zur Welt zu bringen; ihr Stillschweigen ist, wie er sagt, eine hinlängliche Mitgift.

Gutwitz. Ich hoffe doch zu Gott, daß er keine gefunden hat.

Clerimont. Nein, aber er hat von einer gehört, die in der nächsten Straße von ihm wohnt, und die außerordentlich leise spricht, geizig mit ihren Reden, die nur sechs Worte täglich sagt. Hinter dieser ist er drein und will sie haben.

Gutwitz. Ist es möglich! Wer ist denn Unterhändler in dieser Sache?

Clerimont. Ein Barbier, ein ehrlicher Kerl, der dem Dauphine hier alles wieder sagt.

Gutwitz. Ihr erstickt mich mit Wundern! Ein Mädchen und ein Barbier, die kein Geräusch lieben!

Clerimont. Es ist in der That so. Der Kerl knackt so wenig mit seinen Messern, wie mit seinen Fingern, und die Enthaltsamkeit an einem Barbier hat ihm eine so ausnehmende Tugend geschienen, daß er ihn zu seinem obersten Rathgeber gemacht hat.

Gutwitz. Kann man den Barbier sehn? Oder die Dirne?

Clerimont. O ja.

Gutwitz. Ich bitte Dich, Dauphine, laß uns hingehn.

Dauphine. Ich habe jetzt Geschäfte, ich kann wahrhaftig nicht.

Gutwitz. Kein Geschäft soll Dich dahin bringen, dieses zu vernachlässigen! glaube mir, wir wollen sie sprechen machen, oder will sie nicht, so können wir doch irgend was diesem Handel in den Weg legen, wir müssen ihn brechen. Du bist in Deinem Gewissen verpflichtet, wenn er Dich ohne Ursache in Verdacht hat, ihn zu martern.

Dauphine. Ich nicht, auf keine Weise, ich will dem keinen Vorschub leisten. Er soll niemals die Entschuldigung gegen mich haben, daß ich mich nur seiner kleinsten Laune widersetzt hätte. Mag die Ursach in meinen Sternen liegen, ich will unschuldig sein.

Gutwitz. Und arm dazu und betteln. Unschuldig! Wenn einer seiner Knechte, oder dieser Barbier ihm einen Erben gezeugt hat, wenn er es nicht selber kann. Unschuldig! Ich bitte Dich, Edward, wo wohnt sie? Mag er doch immer unschuldig bleiben.

Clerimont. Gerade dem Barbierer gegenüber, in demselben Hause, in welchem Sir John Dohle wohnt.

Gutwitz. Du willst mich doch nicht foppen?

Clerimont. Wie so?

Gutwitz. Weiß der das, der sie heirathen will?

Clerimont. Das kann ich nicht sagen.

Gutwitz. Das allein wäre schon hinreichend, sie ihm verdächtig zu machen.

Clerimont. Wie das?

Gutwitz. Er ist der ärgste Schwätzer in der Stadt. Hans Dohle! Wenn der sie nicht sprechen lehrt! Gott befohlen, ich habe ein Geschäft.

Clerimont. Willst Du denn nicht dahin gehn?

Gutwitz. Nicht auf die Gefahr, Dohle zu treffen, meiner Ohren wegen.

Clerimont. Wie? Ich dachte, Ihr ständet gut mit einander.

Gutwitz. Ja, daß wir uns aus einander halten.

Clerimont. Man sagt, er wäre recht gelehrt.

Gutwitz. Ja, und er sagt es zuerst. Hol' ihn der Satan, ein Kerl, der mit Gelehrsamkeit Staat macht und Titel auswendig lernt, weiter ist von Büchern nichts in ihm.

Clerimont. Die Welt hält ihn für sehr unterrichtet.

Gutwitz. Es thut mir leid, daß die Welt dann ein Complott macht, ihn zu belügen.

Clerimont. Aber warlich, ich habe gute Sachen sagen hören.

Gutwitz. Das kann sein, so erschrecklich einfältig ist keiner, daß er das läugnen sollte, wenn sie nur seine eignen wären. Gott empfohlen, meine Herrn. Geht ab.

Clerimont. Das heißt plötzlich aufbrechen.



 << zurück weiter >>