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Erster Akt.

Erste Scene.

(Herr v. Langsalm, Fritz Hurlebusch und Selicour sitzen seitwärts auf Lehnstühlen, und schlafen in komischen Posituren, wobey die Köpfe zuweilen aneinander stoßen. Nach einigen Minuten treten Frau v. Langsalm, Doris und Babet herein.)

Frau v. Langsalm. Dacht' ichs doch! da sitzen sie alle drey und schlafen.

Dor. Wahrhaftig! und wie es scheint, recht im vollen Ernst. (sie ruft hinaus) Jacob! bring geschwind die Stalltrommel herauf.

Fr. v. Langs. O dein Vater schläft nie anders als im Ernst. Als er mir den Heirathsantrag that, es mochte Abends gegen 9 Uhr seyn, da war er so schläfrig, daß er kaum die Zunge rühren konnte; und an unserm Hochzeittage schlief er Abends beym Essen richtig ein.

Dor. Daß ein Ehemann schläft, möchte noch hingehn; zuweilen kann das sogar für Galanterie gelten; aber daß meine beyden Liebhaber schlafen, nicht wahr Mamachen, das ist impertinent?

Fr. v. Langs. Zwey Liebhaber? das wäre die Hälfte zu viel.

Dor. Ach! es ist noch um ein Dutzend zu wenig. An jedem Finger einen Ring, und für jeden Finger einen Liebhaber, so ist es jetzt Mode in der Stadt.

Fr. v. Langs. Ein schöner Luxus, ich habe nichts dagegen; aber ich rathe dir Vorsicht. (leise) Du weißt, das dein ganzes Glück darauf beruht, den wilden Vetter Hurlebusch zu heirathen.

Dor. Oder vielmehr seine halbe Million.

Fr. v. Langs. Gleichviel.

Dor. Nun, der kann mir ohnehin nicht entgehn. Das Testament seines Vaters befiehlt ja ausdrücklich, daß er seiner liebenswürdigen Cousine entweder Hand und Herz, oder ein Drittel seines Vermögens zu Füßen legen muß.

Fr. v. Langs. Sehr wohl; aber das Ganze ist besser als ein Drittel. Ferner würden wir dadurch unangenehme Vormundschaftsrechnungen vermeiden. Und kurz, es ist die höchste Zeit, die Sache ins Reine zu bringen, denn unter uns, dein Vetter wird morgen mündig. Noch weiß er zwar nichts davon. Wir haben ihm weiß gemacht, er sey ein Jahr jünger. Aber wie leicht kann ein Zufall – Du begreifst, es ist nothwendig, deine Aufmerksamkeit vor der Hand blos auf ihn zu richten; und es wäre besser gewesen, du hättest den süßen Selicour in der Stadt gelassen.

Dor. Soll ich denn vor Langerweile auf dem Lande sterben?

Fr. v. Langs. Mädchen, ein Frauenzimmer muß Alles können, wenn es darauf ankömmt, einen Plan durchzusetzen, allenfalls auch sterben.

Dor. Ueberdies ist der Vetter noch so roh und ungehobelt, daß man ihm weiß machen könnte, Amor sey ein Pfefferkuchenmann.

Fr. v. Langs. Trau ihm nicht! sein pedantischer Hofmeister, den des Vaters letzte Grille ihm verordnet, hat ihm abgeschmackte Dinge in den Kopf gesetzt.

Dor. Lustige Nebel, die der Sonnenblick meiner Augen leicht zerstreuen wird.

(Ein Bedienter bringt die Stalltrommel.)

Dor. Ha da ist die Trommel! Nun wollen wir Reveille schlagen, daß mans im ganzen Dorfe hören soll. (sie stellt die Trommel hinter die Schlafenden und schlägt einen kurzen Wirbel. Alle drey erwachen.)

Sel. Was war das?

Langs. Mich träumte eben, es donnerte.

Fritz. (sich umsehend) Der Jupiter ist hinter uns.

Sel. (aufspringend) Ich bitte tausendmal um Vergebung.

Dor. (spöttisch) Gehorsame Dienerin.

Langs. (seine Frau gewahr werdend) Ah sind Sie es mein Schatz? vermuthlich haben Sie mit dem Bedienten gezankt?

Fr. v. Langs. Alberner Schnack! hab' ich denn eine Stimme wie unsre Stalltrommel?

Langs. War es unsre Stalltrommel? ey, ey, wie man sich doch irren kann.

Fr. v. Langs. Sie sind zum Irrthum geboren.

Dor. Daß der Papa Mittagsruhe hält, ist nichts Neues. Daß Vetter Hurlebusch einschlief, war sehr gut, denn unterdessen konnte er doch nur im Traume muthwillige Streiche machen. Daß aber auch Sie, mein galanter Herr, den ich blos aus der Stadt mitgenommen habe, um mir auf dem langweiligen Lande die Zeit zu vertreiben –

Sel. Ihr Bild umgaukelte mich auch im Schlummer.

Dor. Das soll aber nicht seyn! Sie sollen mich umgaukeln, mein Herr Schmetterling.

Sel. Sehr gern, Dame Rose.

Dor. Kommen Sie herein an mein Klavier. Ich habe Lust, ein Duett zu singen. Vetter, küssen Sie mir die Hand.

Fritz. Dafür, daß Sie mir heute Senf in die Suppe gegossen haben?

Dor. Warum nicht? Alles was die Männer genießen, müssen die Weiber würzen, und ja nicht immer mit Zucker, denn das macht auch gar zu leicht stumpfe Zähne. (Sie giebt Selicour den Arm und geht mit ihm in das Nebenzimmer.)

 

Zweyte Scene.

Vorige ohne Doris und Selicour. Babet steht im Hintergrunde und strickt. Fritz schielt nach ihr.

Fr. v. Langs. Sagen Sie mir nur, Herr Gemahl, wie Sie immer schlafen können?

Langs. Sagen Sie mir nur, mein Schatz, wie Sie immer wachen können?

Fr. v. Langs. Die letzte Posaune wird Sie einst noch schlafend finden.

Langs. So lange Sie leben, mein Schatz, brauche ich keine Posaune.

Fr. v. Langs. Wenn ich nicht wäre, das Hauswesen gienge zu Grunde.

Langs. Der Weise schläft auch auf Trümmern.

Fr. v. Langs. Ach, mein lieber Herr Gemahl! wenn man, wie Sie, keine einzige Leidenschaft hat, so ist es gar keine Kunst, ein Weiser zu seyn.

Langs. Ich keine Leidenschaft? Haben Sie denn vergessen, daß ich vor 40 Jahren in Sie verliebt war?

Fr. v. Langs. Ha! ha! ha! Sie gleichen der Aloe, Sie blühen auch nur alle 100 Jahr Einmal.

Langs. Nun mein Schatz, Ihre Blütenzeit ist ja auch vorüber.

Fritz. Aber die gnädige Tante hat eine Frucht getragen.

Fr. v. Langs. (freundlich) Die du Schelm pflücken sollst.

Fritz. (bei Seite) Wenn sie nicht wurmstichig wäre.

 

Dritte Scene.

Frau Krick. Die Vorigen.

Fr. Krick. Der Bauer Hartmann ist draußen.

Fr. v. Langs. Was will er?

Fritz. Ah ich weiß schon, er bringt Ihnen ein fettes Kalb.

Fr. v. Langs. Ey der brave Mensch!

Fr. Krick. Ganz und gar nicht, er kommt sich zu bedanken.

Fr. v. Langs. Zu bedanken? wofür?

Fritz. Für die Ehre, die Sie ihm erzeigen, sein Geschenk anzunehmen.

Fr. v. Langs. Ich verschmähe armer Leute Gaben nicht.

Fr. Krick. Aber hier ist von keinem Kalbe die Rede, sondern von einer Kuh.

Fr. v. Langs. Gar eine Kuh?

Fritz. Frau Krick will nur die Größe des Kalbes damit andeuten.

Fr. Krick. Mit nichten, junger Herr, drehen Sie sich, wie Sie wollen, es muß doch heraus.

Fritz. Mit nichten, Frau Krick, es muß hinein.

Fr. v. Langs. Was denn?

Fritz. Das Kalb in den Stall.

Fr. Krick. Zum Henker mit Ihrem Kalbe! Dem Bauer Hartmann ist gestern seine einzige Kuh gefallen. Die Frau hat gewinselt. Da ist der junge Herr in der Dämmerung nach Hause geschlichen, und hat durch seinen Peter die beste Kuh aus Ihrem Stalle hintreiben lassen.

Fr. v. Langs. Wie Wetter! ich will nicht hoffen –

Fritz. Daß Frau Krick gelogen hat? Gott sey Dank, nein.

Fr. v. Langs. Was? meine beste Kuh?!

Fritz. Ihre beste, aber nicht Ihre einzige. Dem armen Teufel war ja die Einzige gefallen.

Fr. v. Langs. Er muß sie herausgeben!

Fritz. Ich bezahle sie.

Fr. v. Langs. Es war eine holländische Kuh.

Fritz. Ich bezahle sie mit holländischen Ducaten.

Fr. v. Langs. Sie gab täglich 8 Kannen Milch.

Fritz. (schlau) Je nun, liebe Tante, wir backen auf meiner Hochzeit ein paar Kuchen weniger.

Fr. v. Langs. (besänftigt) Auf deiner Hochzeit? du machst ja noch keine Anstalten?

Fritz. Das kömmt plötzlich.

Fr. v. Langs. Dein pedantischer Hofmeister, den endlich Gott noch zu rechter Zeit zu sich nahm, hat allerley Systeme in deinem Kopfe aufgebaut. –

Fritz. Die Liebe ist wie ein Erdbeben, sie wirft dergleichen Gebäude um.

Fr. v. Langs. Wenn das endlich dein Ernst ist, Vetter, so will ich dir den Muthwillen diesmal verzeihen, und hinaus gehn, um den Dank des Bauers gnädig in Empfang zu nehmen. Aber täusche meine Hoffnungen nicht länger! Gedenke meiner Tochter und deines Vaters Testaments. (zu Babet, welche die ganze Zeit über im Hintergrunde saß und strickte.) Nun Fräulein Nichte? hast du nichts Nothwendigeres zu thun? (ab mit Frau Krick.)

 

Vierte Scene.

Fritz. Babet und Herr v. Langsalm, der wieder eingeschlafen ist.

Bab. (tritt seufzend an den Tisch und spült die Tassen.)

Fritz. (nach einer Pause) Kann denn mein liebes Cousinchen keine edlere Beschäftigung vornehmen?

Bab. Wie Sie fragen können; muß ich nicht täglich die Tassen spülen?

Fritz. Brechen Sie sie nur ein paarmal entzwey, da wird man Sie bald Ihres Amtes entsetzen.

Bab. Entzwey brechen? Da könnt' ich auch nur gleich aus dem Hause laufen.

Fritz. Je nun, die Welt ist groß, und Sie würden es leicht besser finden als hier im Hause.

Bab. Sie haben gut reden Ihr Vater hat Ihnen eine halbe Million hinterlassen. Der Meinige besitzt nichts als seinen Degen, und ich esse hier das Gnadenbrod.

Fritz. Von der Frau Tante gesalzen und versalzen. Haben Sie nicht wieder ein Briefchen an Papa zu bestellen?

Bab. Ach ja lieber Vetter! da ist Einer. Wenn Sie so gut seyn wollten –

Fritz. Ich will so gut seyn. Nur her damit.

Bab. Aber das Porto –

Fritz. Will ich schon wieder auslegen. Wenn Sie einmal einen reichen Mann heirathen, bringe ich meine Rechnung. – Das Briefchen ist wohl wieder voll herzbrechender Klagen?

Bab. Ach ja!

Fritz. Armes Kind! Ihre Jugend trägt keine Rosen.

Bab. Doch auch nicht lauter Nesseln. Ich habe manche kleine Freude, die mir um so mehr wohlthut, da ein guter Mensch sie mir im Verborgenen macht, ohne Dank dafür zu begehren.

Fritz. So?

Bab. Ja, denken Sie nur, noch in voriger Nacht hat Jemand einen Käficht mit einer Nachtigall vor mein Fenster gehängt.

Fritz. Ey der Wagehals! vor ein Dachfenster! Der muß klettern können, wie eine Katze.

Bab. Sie kennen die düstre Laube im Park, wo ich so gern sitze? Da fand ich neulich um die Rasenbank meine Lieblingsblumen gepflanzt.

Fritz. Ey, wie galant.

Bab. Noch mehr. Vor ein paar Tagen kömmt eine alte Bürgersfrau aus dem Städtchen zu mir, um sich bei mir für 2 Louis-d'or zu bedanken, durch die ich ihr Elend gemildert haben soll.

Fritz. So so? mein Cousinchen ist doch nicht so arm, als es sich stellt.

Bab. Spotten Sie? ich habe keinen Heller. Ein Mensch in einen Mantel gehüllt hat ihr das Geld in meinem Namen gebracht.

Fritz. Ein sonderbarer Kautz.

Bab. Ein edler Mensch muß er seyn.

Fritz. Vermuthlich ein Liebhaber.

Bab. Das weiß ich nicht, aber ich meine, ich errathe ihn.

Fritz. Vielleicht des Amtmanns Sohn? der macht auch Verse.

Bab. Nein, nein, Sie, Vetter, Sie sind es.

Fritz. Ich? je warum nicht gar! Ich sollte Arm- und Beinbruch wagen, um Ihnen eine Nachtigall vor das Fenster zu hängen? ich sollte Blumen pflanzen, die ich nicht leiden mag? und Geld habe ich vollends gar nicht. Mit sammt meiner halben Million hält mich die Tante sehr knapp.

Bab. Sie verschmähen meinen Dank?

Fritz. Liebes Cousinchen, lassen Sie sich sagen, so etwas kann nur ein Verliebter thun; und sie glauben doch nicht etwa, daß ich verliebt in Sie bin?

Bab. (lächelnd) Warum nicht? ein wenig.

Fritz. Bewahre der Himmel! im Vertrauen, Sie haben eine Menge Fehler.

Bab. Das weis ich.

Fritz. Sie sind so schüchtern, so blöde.

Bab. Wie die Armuth.

Fritz. Sie verstehn nicht sich griechisch zu kleiden.

Bab. In der Küche ist meine Toilette.

Fritz. Sie verhüllen den Busen wie eine Nonne.

Bab. Mein Herz ist unverhüllt.

Fritz. Sie brauchen keine Schminke.

Bab. Das Morgenroth schminkt mich täglich.

Fritz. Sie machen keine Verse.

Bab. Ich lese Schiller.

Fritz. Sie werden nicht roth über Zweydeutigkeiten.

Bab. Weil ich sie nicht verstehe.

Fritz. Sie sind nicht ein bischen kokett.

Bab. Wünschen Sie das?

Fritz. Sie sind kein starker Geist; spotten nie über Vorurtheile; machen sich nie lustig über das Alter; nicht einmal zu medisiren verstehen Sie.

Bab. Vetter, wenn das Ihr Ernst wäre, ich würde aufhören Ihnen gut zu seyn.

Fritz. Sind Sie mir denn gut?

Bab. O ja, recht von Herzen. Sie sind ja der Einzige im Hause, der, die ewigen Neckereyen ausgenommen, mir nicht übel begegnet.

Fritz. Und doch wollten Sie mich gestern Abend nicht küssen?

Bab. Sind die Küsse bey Ihnen der Maasstab der Freundschaft?

Fritz. Allerdings. Ein wahrer Nilmesser. Je mehr Küsse, je höher steigt die Flut, je fruchtbarer das Land. Küssen Sie mich jetzt.

Bab. Nein.

Fritz. Ich bitte.

Bab. Es wird nichts daraus.

Fritz. Ich drohe.

Bab. Ha! ha! ha!

Fritz. Ich brauche Gewalt.

Bab. Hüten Sie sich! ich taufe Sie mit dem Spülnapfe.

Fritz. Das wollen wir doch sehn. (Er küßt sie mit Gewalt auf die Backe. In diesem Augenblicke schnarcht Langsalm sehr stark. Babet erschrickt, schreyt, und läßt eine Tasse fallen, die sie eben in der Hand hatte.)

Bab. Ach! ums Himmelswillen! ich habe die Mundtasse der Tante zerbrochen.

Fritz. Zerbrochen? ha! ha! ha! nulle fête sans verre cassé.

Bab. Daran sind Sie schuld.

Fritz. Ganz und gar nicht. Warum haben Sie sich geziert?

Bab. Was soll ich nun anfangen?

Fritz. Das Ungewitter ruhig abwarten.

Bab. O mein Gott! sie wird mich mißhandeln! ich glaube wahrhaftig, ich höre ihre Pantoffeln schon auf der Treppe.

Fritz. Stille nur! Diesmal will ich Ihnen aus der Klemme helfen. (Er giebt das größte Stück der zerbrochenen Tasse dem schlafenden Langsalm in die Hand, und legt die übrigen Scherben neben ihn.)

Bab. Was machen Sie?

Fritz. So, nun mag sie kommen. Das wird ein Spaß werden! (er ruft aus der Thür) Tante! Tante! Ihre Mundtasse ist zerbrochen!

Bab. Vetter! sind Sie toll?

Fritz. Tante! kommen Sie! Ihre Mundtasse in tausend Stücke!

Bab. Abscheulicher Mensch!

 

Fünfte Scene.

Fr. v. Langsalm. Vorige.

Fr. v. Langs. (hereinstürzend) Was? meine Mundtasse? wer? wie? wo?

Fritz. Da sehen Sie nur! Der Oncle will noch Kaffee trinken, die Cousine schenkt ihm ein, er trinkt, entschlummert, und patsch! da liegt die Tasse.

Fr. v. Langs. (schüttelt ihren Mann) Herr Gemahl! verdammter Herr Gemahl!

Langs. (riegelt die Augen auf) Mein Schatz?

Fr. v. Langs. Was haben Sie wieder für dumme Streiche gemacht?

Langs. Mein Gott, ich habe ja geschlafen, und im Schlafe thut man doch nichts Böses?

Fr. v. Langs. Belieben Sie nur auf Ihre Hand zu blicken.

Langs. Ein Scherben? was soll das?

Fr. v. Langs. Ja, ein Scherben; und da unten liegen noch ein Dutzend. Ich wollte, daß Sie selbst in tausend Scherben zerbrochen würden.

Langs. Ey, ey, mein Schatz, ich weiß von gar nichts.

Fr. v. Langs. Kaffee haben Sie getrunken!

Langs. Kaffee, so?

Fr. v. Langs. Und sind drüber eingeschlafen.

Langs. Das ist möglich.

Fr. v. Langs. Sie haben meine Mundtasse zerbrochen.

Langs. Es thut mir leid, mein Schatz.

Fr. v. Langs. Zwanzig Jahr hab' ich draus getrunken.

Langs. Ich kaufe Ihnen eine Andre.

Fr. v. Langs. Sie war ein Präsent von dem jungen Lieutenant, der einmal bey uns in Quartiere lag.

Langs. Von dem? So? nun Sie haben ja noch mehr Andenken von ihm.

Fr. v. Langs. (zu Babet) Und du! warum mußt du dem Siebenschläfer grade meine Tasse geben?

Bab. Weil –

Fritz. Ganz natürlich, weil sie eben rein war.

Bab. Ja, ich hatte sie eben rein gemacht.

Fr. v. Langs. Fort, in die Küche, du Unglückskind.

Bab. (ab.)

 

Sechste Scene.

Die Vorigen ohne Babet.

Langs. Kann ich mich doch gar nicht besinnen, daß ich Kaffee getrunken habe.

Fr. v. Langs. Sie werden so lange schlafen, bis Sie vergessen, daß Sie verheirathet sind.

Langs. (mit einem herzlichen Seufzer) Ach mein Schatz! das vergess' ich nicht.

Fr. v. Langs. Munter, Herr Gemahl! wir haben mit dem Vetter von ernsthaften Dingen zu sprechen.

Langs. Mit dem Vetter?

Fr. v. Langs. Allerdings. Meine Tochter ist nun schon seit vier Wochen aus der Stadt zurück, und noch immer hat der Vetter Hurlebusch sich nicht erklärt.

Langs. Muß ich dabey seyn, wenn er sich erklärt?

Fr. v. Langs. Das ist gar nicht nöthig. Sie sollen schon gerufen werden, wenn es zum Segnen kömmt.

Langs. Was soll ich denn also?

Fr. v. Langs. Ihn zur Rede stellen, warum er die Sache auf die lange Bank schiebt?

Langs. (sehr phlegmatisch) Wohlan Vetter, ich stelle dich zur Rede.

Fritz. Blödigkeit, liebe Tante, nichts als verdammte Blödigkeit.

Fr. v. Langs. Die ist doch sonst eben nicht dein Fehler. Und kurz und gut, das Testament deines Vaters befiehlt ausdrücklich deine Heirath mit meiner Tochter, das weißt du.

Fritz. Ja, ja, Sie haben es mir sehr oft gesagt.

Fr. v. Langs. Machst du Einwendungen, so verlierst du ein Drittel deines Vermögens.

Fritz. Ganz recht.

Fr. v. Langs. Das Testament ist in meiner Verwahrung.

Fritz. (bey Seite) Das hat sie besser verwahrt als die Tochter.

Fr. v. Langs. Du bist nun herangewachsen, wirst in Jahr und Tag mündig.

Langs. Ich denke morgen, mein Schatz?

Fr. v. Langs. Wenn Sie sich doch mit dem Denken gar nicht abgeben wollten. Wer muß es besser wissen? Sie oder ich?

Langs. Sie mein Engel, allerdings.

Fr. v. Langs. (zu Fritz) Folglich ist es Zeit, den Willen deines sterbenden Vaters zu vollbringen.

Fritz. Ich muß doch erst der Cousine ein wenig die Cour machen.

Fr. v. Langs. Das kannst Du nach der Hochzeit thun.

Fritz. Wo denken Sie hin? das wäre ja die verkehrte Welt.

Fr. v. Langs. Du glaubst nicht, lieber Vetter, welche Reize der Ehestand hat! Der Ehestand, lieber Vetter –

Langs. (die Augen gen Himmel gerichtet) Ist ein Wehestand!

Fr. v. Langs. Dummer Schnack!

Langs. Es ist so ein Sprüchwort.

Fr. v. Langs. Auf der Stelle machen Sie Ihren abgeschmackten Einfall wieder gut; schildern Sie ihm die Reize des Ehestandes.

Langs. Ich, mein Schatz?

Fr. v. Langs. Ja, Sie! ich verlange es.

Langs. Ich bin nicht sehr stark in Schilderungen.

Fr. v. Langs. Malen Sie ihm unser häusliches Glück, die stillen Freuden unserer Liebe.

Langs. Es wird mir sauer werden – ich meine das viele Reden.

Fr. v. Langs. Ohne Umstände! oder ich lasse Sie in 24 Stunden kein Auge zuthun.

Langs. Wenn Sie durchaus befehlen. – Der Ehestand, mein lieber Vetter – wenn man über dem Ehestand so recht nachdenkt – und selbigen Ehestand richtig zu schildern versucht – (er gähnt)

Fr. v. Langs. Am besten läßt er sich vergleichen mit einem immerwährenden Frühlingswetter.

Langs. Im April.

Fr. v. Langs. Eine Frau ist eine wahre Himmelsgabe! Schönheit, Sanftmuth, Gefälligkeit – kurz, eine Frau hat –

Langs. Immer Recht.

Fr. v. Langs. (wirft ihm einen grimmigen Blick zu und fährt dann fort) An der Hand einer Frau, lieber Vetter, wandelst du auf Blumen, auf Rosen – bis einst am späten Grabe Freund Hayn –

Langs. Dich erlöst.

Fr. v. Langs. Herr Gemahl, Sie sind unausstehlich. Hör' ihn nicht an, Vetter, er ist so fühllos als ein schlafender Dachs; er wird noch ersticken in seinem Fette. Kommen Sie doch, kommen Sie, Sie sollen mir die Hühner aus dem Garten jagen.

Langs. Ist das auch Eine von den Süßigkeiten des Ehestandes?

Fr. v. Langs. Ey, Sie müssen sich Bewegung machen, und die Hühner scharren mir den Saamen aus der Erde. Fort! fort! (sie zieht ihn vom Sessel) Und du Vetter, denke der Sache nach. Meine Doris scheint dir nicht abgeneigt, drum erkläre dich je eher je lieber.

Langs. Zum Hochzeitsgeschenk bestimme ich dir zwey Dutzend Hühner.

Fr. v. Langs. Was soll er damit?

Langs. Ach Vetter! es wird mir ein Trost seyn, wenn ich zusehn darf, wie du sie aus dem Garten jagst.

Fr. v. Langs. Dacht' ich's doch! schon wieder eine Albernheit! sehn Sie denn nicht, daß ich die zärtlichste Sorgfalt für Ihre Gesundheit hege?

Langs. Ja ja, mein Schatz, ich bin ganz zerknirscht von Ihrer Zärtlichkeit. (er wird von seiner Frau hinausgezogen.)

 

Siebente Scene.

Fritz allein.

Armer Oheim! unter deiner Fahne wird Hymen wenig Proselyten machen. (Man hört in Doris Zimmer einige Gänge auf dem Klavier.) Was ist das? Musik? – (er guckt durch das Schlüsselloch) Die Stadtcousine wird vermuthlich ihre Opernweisheit auskramen. – ( Doris und Selicour singen hinter der Scene das Duett: »Frieden lasset uns stiften,« doch nur die Hälfte.) Richtig! das Duett aus der Cosa rara. – Mögen sich wohl gezankt haben. – Ich hätte große Lust, auf der Stalltrommel zu accompagniren.

 

Achte Scene.

Babet und Fritz.

Bab. (legt die übrigen Tassen in ein Körbchen)

Fritz. Eben recht, schöne Babet! Hier wird ein Duett gesungen. Wie wär's, wenn wir ein Quartet daraus machten? »Lasse Frieden uns stiften.«

Bab. Wir haben uns ja nicht gezankt.

Fritz. »Bist du mein Glück, meine Wonne?«

Bab. Ich bitte Sie Vetter, lassen Sie mich zufrieden. Es ist mir gar nicht singerlich. Die Tante hat mir eben wieder ein Lied vorgesungen, das mir noch in den Ohren gellt.

Fritz. Was Tante! die Tante ist eine personificirte Dissonanz. Ich aber, mit der reinen Harmonie meines Herzens –

Bab. Sagen Sie das Ihrer Braut.

Fritz. Meiner Braut? Potz Velten! Kennen Sie meine Braut?

Bab. Wunderliche Frage.

Fritz. Sie meinen doch nicht Cousine Doris?

Bab. Wen sonst?

Fritz. Fehlgeschossen!

Bab. Ein Drittel Ihres Vermögens steht auf dem Spiele.

Fritz. Und mein Herz.

Bab. Haben Sie schon jemals die Bemerkung gemacht, daß Sie ein Herz haben?

Fritz. Eine maliziöse Frage. Und wenn ich Ihnen nun bekenne, daß ich so verliebt bin, wie noch kein Hurlebusch jemals gewesen; so verliebt, daß ich, wie ein zweyter Dom Quixotte, neulich unsern Pfarrer auf der Kanzel für eine Windmühle ansah –

Bab. Dann bedaure ich Sie.

Fritz. Wollen Sie den Gegenstand meiner Liebe kennen lernen?

Bab. Den Gegenstand Ihrer Thorheit.

Fritz. Es ist ein schönes Mädchen.

Bab. Das glaubt jeder Liebhaber von dem seinigen.

Fritz. Sie sollen selbst urtheilen. Ich kann Ihnen ihr Portrait zeigen.

Bab. Ihr Portrait?

Fritz. Ja, ja, wollen Sie es sehn?

Bab. Nun, ich bin doch neugierig.

Fritz. (Dreht sie schnell um. Sie stand mit dem Rücken gegen den Spiegel, und steht nun grade vor demselben.) Da! da! zum Sprechen getroffen. (er läuft fort.)

Bab. Meint er mich? (mit niedergeschlagenen Augen) Arme Babet! – (sie hebt den Blick froh empor) Er meint mich! – Glückliche Babet! (sie geht ab mit dem Korbe.)

 

Ende des ersten Akts.

 


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