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Freilich ließ schon der Titel des genannten Romans etwas zu wünschen übrig, nämlich was die Kritik eine präzisere Fassung nennt. Wir haben ja zweimal das Vergnügen gehabt, 1247 und 1519. Dortmals wurde uns »die Suppe am Bach gekocht«, diesmal aber bekamen wir sie gar.
Das letztere Erlebnis, durch welches uns die Ehre zuteil wurde, ein Blatt, und ein sehr romantisches, in der Geschichte des jungen Fürsten zu füllen, der nicht bloß, wie er uns gedroht hatte, sein halbes, sondern sein ganzes Herzogtum an uns verschoß, hätte sich vielleicht nicht übel geeignet, in der objektiven Kunstform eines verunglückten Romans dargestellt zu werden, und würde in dieser Gattung dem Verfasser den Ruhm eines tüchtigen, wenn auch unbewußten Humoristen zugezogen haben. Ich aber war mehr für den Ruhm meiner Republik als für meinen eigenen besorgt; oder wenn ich je an diesen dachte, so mußte ich mich dreimal bedenken, Genosse des schwäbischen Bundes, Freund oder gar Helfershelfer des Truchsessen von Waldburg, ja, was sage ich, politischer Gegner eines Georg von Sturmfeder zu werden.
Denn alle diese rauhen Notwendigkeiten des Lebens wären mir, dem treuen Sohne meiner Stadt, durch das dunkle politische Schicksal des sechzehnten Jahrhunderts auferlegt gewesen. Da hätte man ja aus der Haut fahren mögen; und »fürsichtig«, wie meine Mitbürger von 1519, nur soweit mit besserem Erfolg, indessen, wie ich denn doch zu meiner Rechtfertigung hinzufügen muß, noch etwas mehr Vor der Klinge meines Ideals, denn vor den »Stucken und Schlangen« des Herzogs von Württemberg, zog ich mich aus dem sechzehnten Jahrhundert in das dreizehnte zurück, wo mir die konkreten Verhältnisse günstiger schienen, und jedenfalls eine konzentriertere Stellung zu nehmen gestatteten.
Dort ist nämlich, wie man im gemeinen Leben sagt, alles ganz nah beieinander. Der gegenstaufische Pfaffenkönig Heinrich Raspe, geborener Landgraf von Thüringen, belagert uns im ersten Bande, im zweiten schlagen wir ihn ab und behalten ihm seinen Sturmbock im Versatze, über welchen »Torten« er sich in der Fortsetzung zu Tode grämt, worauf wir aus gedachtem feudalem Zahnstocher, in der bekannten kunstphilosophischen Konstruktionsweise und in der zweiten Hälfte des dritten und letzten Bandes, die Idee der »gotischen« Architektur entwickeln. Das geht Schlag auf Schlag bis zu den Hammerschlägen bei der Legung des Grundsteins unserer widdergetragenen Marienkirche. Den Grundstein meines Romans habe ich leider seitdem eingebüßt, oder den Eckstein wenigstens, da von einer strengeren Geschichtschreibung jetzt nachgewiesen ist, daß der hohe Gegner, der so lang unser Stolz gewesen, nicht in Person an unsere Mauern gepocht hat, sondern nur durch sein Aufgebot, wonach das Vergnügen von 1247 gegen die Ehre von 1519 etwas zusammenschrumpft. Damals aber war der Raspe noch unser unbestrittenes geschichtliches Eigentum, das wir in unserer Juwelenkammer um so eifersüchtiger hüteten, weil ihm sein Sturmbock, trotz der besten Behandlung und treusten Pflege, vor hundert Jahren aus dieser Zeitlichkeit in die reine Abstraktion vorangegangen war.
Günstiger noch als die Zeit der Handlung war mir der Ort derselben; denn dieser lag ja in meiner allernächsten Nähe, oder vielmehr ich befand mich mitten darin. Auch die Nachbarschaft und Umgegend hatte ich mir einigermaßen zu eigen gemacht; besaß ich ja dort sogar, wie man weiß, eine Domäne, zwar nicht die vormalige Reichsburg Achalm, diesen alten, lehnsrechtlichen und sprachgeschichtlichen Zankapfel, aber doch einen ganz artigen Wald mit Bäumen, durch deren Wipfel ich meine Donner rollen lassen konnte.
Und dennoch mußte mir gerade in dieser beneidenswertesten Lage, die ein »historischer Romanschreiber« sich wünschen oder träumen kann, ein Abenteuer begegnen, denkwürdiger und wundersamer noch als meine erste Reise in die Welt.