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Ich schreibe Ihnen vom Zimmer unserer Unglücklichen Freundin aus; deren Zustand fast immer gleich ist. Heute nachmittag soll eine Konsultation von vier Ärzten stattfinden. Leider ist das, wie Sie wissen, immer ein Zeichen von großer Gefahr eher als ein Mittel zur Rettung.
Es scheint jedoch, daß die Besinnung letzte Nacht etwas zurückgekommen ist. Die Kammerfrau sagte mir heute morgen, daß etwa um Mitternacht ihre Herrin sie hat rufen lassen; daß sie mit ihr allein hat sein wollen, und ihr einen langen Brief diktiert hat. Julie fügte hinzu: während sie damit beschäftigt war, die Adresse zu schreiben, hätten die Delirien wieder begonnen, so daß das Mädchen nicht wußte, an wen sie den Brief adressieren sollte. Ich wunderte mich zuerst, daß der Brief selbst sie darüber nicht aufklärte; aber auf ihre Antwort, daß sie befürchtete sich zu irren, und ihre Herrin habe ihr dennoch dringend empfohlen, den Brief sofort abzuschicken, habe ich das Paket an mich genommen und geöffnet.
Ich fand darin das Schriftstück, das ich Ihnen übersende, das tatsächlich an niemand adressiert ist, dafür aber an alle Welt sich richten könnte. Ich glaube indes, daß es Herr von Valmont ist, an den unsere unglückliche Freundin zuerst hat schreiben wollen, daß sie aber unmerklich ihren wirren Gedanken nachgegeben hat. Wie dem auch sei, ich war der Ansicht, daß man diesen Brief niemandem zustellen sollte. Ich schicke ihn Ihnen, weil Sie aus ihm besser als ich erraten können, welche Gedanken den Kopf unserer Kranken beschäftigen. So lange sie dies so aufregt, habe ich wenig Hoffnung. Der Leib wird nur schwer wieder gesund, wenn der Geist so wenig ruhig ist.
Gott befohlen, meine liebe, würdige Freundin. Ich bin froh, daß Sie so weit von dem traurigen Schauspiel entfernt sind, das ich immerwährend vor Augen habe.
Paris, den 6. Dezember 17..