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Die Völkerschaften, welche in den nördlichen Gegenden jenseits des Rheins und der Donau wohnen, in gesunden, dem Zuwachs der Bevölkerung günstigen Ländern, mehren sich oft in solchem Maße, daß ein Teil von ihnen genötigt ist, die heimatlichen Gebiete zu verlassen und neue Wohnsitze zu suchen. Will eine solche Provinz des Überflusses an Einwohnern sich entledigen, so teilt sie dieselben in drei Teile, derart, daß in jedem Teil Edle und Gemeine, Reiche und Arme, in gleichen Verhältnissen sich finden. Jene Schar sodann, welche das Los trifft, sucht ihr Glück anderswo, und die beiden zurückbleibenden genießen die väterlichen Güter. Diese Völkerschaften waren es, die das Römische Reich zerstörten. Gelegenheit dazu boten ihnen die Kaiser, welche, indem sie Rom, des Reiches alten Sitz, verließen, um in Konstantinopel ihre Wohnung zu nehmen, den westlichen Teil des Reiches schwächten, da sie ihn weniger in Obacht hielten und der Gier ihrer Statthalter wie der Gegner derselben in die Hände gaben. Und, in Wahrheit, ein so gewaltiges Reich zu stürzen, dessen Größe das Blut so vieler tapfern Männer gekostet, war solche Schwäche der Fürsten vonnöten, die so viel Unheil veranlaßte, solche Schlechtigkeit ihrer Beamten, solche Kraft und Ausdauer der Angreifenden. Denn nicht eine Nation war es, sondern viele, die sich zum Untergange des Weltreichs verschworen.
Die ersten, welche aus jenen nördlichen Gegenden auszogen, nachdem Marius, der römische Bürger, die Cimbern besiegt hatte, waren die Westgoten. Nachdem sie an des Reiches Grenzen einige Streitigkeiten veranlaßt, ließen sie sich, mit Bewilligung der Kaiser, lange Zeit hindurch am Donaustrome nieder, und wenn sie auch aus verschiedenen Gründen und zu verschiedenen Zeiten wiederholt die römischen Provinzen angriffen, wurden sie doch immer durch die Macht der Kaiser gezügelt. Der letzte, der sie glorreich überwand, war Theodosius. Von ihm zum Gehorsam genötigt, wählten sie ferner keinen König, sondern, mit dem von ihm bewilligten Solde sich begnügend, lebten und kämpften sie unter seinen Befehlen und seinen Fahnen.
Als aber (395 n. Chr.) Theodosius gestorben und seine Söhne Arcadius und Honorius der Herrschaft Erben geblieben, nicht aber Erben seiner Tapferkeit und seines Glückes, wechselten mit dem Fürsten auch die Zeiten. Theodosius hatte den drei Teilen des Reiches drei Statthalter vorgesetzt, Rufin dem Osten, Stilicho dem Westen, Gildo den Besitzungen in Afrika. Nach des Kaisers Tode dachten diese nicht daran, die Provinzen zu verwalten, sondern als Fürsten sie zu besitzen. Rufin und Gildo erlagen bald; Stilicho aber, gewandter im Verheimlichen seiner Absichten, suchte das Vertrauen der neuen Kaiser zu erlangen und andererseits solche Verwirrung im Staate zu veranlassen, daß es ihm ein Leichtes werden mußte, sodann die Macht an sich zu reißen. Den Kaisern die Westgoten zu Feinden zu machen, riet er, sie sollten diesen den gewohnten Sold nicht mehr zahlen; und als hätte es ihm geschienen, daß es an diesen Feinden noch nicht genug sei, die Ordnung zu stören, brachte er es dahin, daß die Burgunder, die Franken, Vandalen und Alanen, gleichfalls nordische Völkerschaften, die sich schon in Bewegung gesetzt hatten, um neue Wohnsitze zu suchen, sich auf die römischen Provinzen warfen. Ihres bisherigen Soldes beraubt, wählten die Westgoten, um besser geordnet die Schmach besser rächen zu können, den Alarich zu ihrem Könige. Sie fielen in das Reich ein, verheerten Italien, nahmen und plünderten Rom. Nach diesem Siege starb Alarich (410). Ihm folgte Ataulf, welcher Placidia, die Schwester der Kaiser, ehelichte und infolge dieser Verschwägerung mit ihnen zur Verteidigung Galliens und Spaniens ziehen mußte, welche Provinzen von den Vandalen, Burgundern, Alanen und Franken aus den erwähnten Gründen angefallen worden waren.
Da nun die Vandalen in jenem Teile Spaniens, den man Baetica nennt, sich niedergelassen hatten, von den Westgoten hart gedrängt wurden und keinen Ausweg wußten, so geschah es, daß Bonifacius, kaiserlicher Statthalter in Afrika, sie rief, um diese Provinz zu besetzen, welche sich empört hatte. Denn er fürchtete, der Kaiser werde die von ihm begangenen Fehler erkennen. In ihrer bisherigen Stellung gefährdet, ließen sich die Vandalen gern auf das Unternehmen ein und bemächtigten sich Afrikas unter ihrem Könige Genserich (429). Unterdessen war des Arcadius Sohn Theodosius in der Regierung nachgefolgt. Da dieser sich um die Angelegenheiten des Westens wenig kümmerte, so bemühten sich jene Völkerschaften, ihre Erwerbungen zu sichern. So herrschten die Vandalen in Afrika, die Alanen und Westgoten in Spanien, und die Franken und Burgunder besetzten nicht nur Gallien, sondern teilten auch den Provinzen, die sie innehatten, ihre Namen mit, so daß der eine Teil Frankreich genannt wird, der andere Burgund. Die glücklichen Erfolge, deren diese sich zu erfreuen gehabt, waren für andere Nationen ein Sporn zu ähnlichen Unternehmungen. Ein Volk, die Hunnen geheißen, besetzte Pannonien, das diesseitige Uferland der Donau, welches von ihnen den Namen Ungarn erhielt. Diese Unordnungen wurden noch dadurch gemehrt, daß der Kaiser, der sich auf so vielen Seiten angefallen sah, bald mit den Vandalen, bald mit den Franken sich vertrug, um die Zahl der Feinde zu mindern, wodurch Macht und Ansehen dieser Barbaren sich steigerten, während die des Reiches abnahmen. Inmitten solcher Zerstörung war auch die Insel Britannien, die man heutzutage England nennt, nicht sicher. Denn da die Briten die Völkerschaften fürchteten, welche Gallien eingenommen hatten, und sie vom Kaiser keine Hilfe möglich sahen, riefen sie die Angeln, einen deutschen Stamm, zu ihrem Beistande (449). Unter Vortiger, ihrem Könige, nahmen die Angeln die Einladung an, verteidigten erst, vertrieben dann die Bewohner der Insel, ließen sich auf ihr nieder und nannten sie Anglien nach ihrem Namen. Die Vertriebenen aber wurden aus Not mutig, und hatten sie ihr eigen Land nicht zu verteidigen gewußt, so dachten sie daran, andern das ihre zu nehmen. Deshalb fuhren sie mit ihren Familien übers Meer, besetzten die dem Strande zunächst gelegenen Striche und gaben diesem Lande den Namen Britannien. Die Hunnen, von deren Einnahme Pannoniens wir gemeldet, verbanden sich mit andern Völkern, den Gepiden, Herulern, Thüringern und Ostgoten, und setzten sich in Bewegung, neue Stätten zu suchen. Da sie nun in das von Barbaren verteidigte Frankreich nicht einzudringen vermochten, so wandten sie sich nach Italien (451) unter Attila, ihrem Könige, welcher kurz vorher seinen Bruder Bleda umgebracht hatte, um allein die Herrschaft zu besitzen. So war er äußerst mächtig geworden, und Arderich, König der Gepiden, wie Velamir, König der Ostgoten, waren gleichsam seine Untertanen. Nachdem nun Attila in Italien eingedrungen, belagerte er Aquileia, wo er ohne irgendein Hindernis zwei Jahre verweilte, indem er während der Belagerung das ganze umliegende Land verwüstete und die Bewohner zerstreute, was, wie an seinem Orte gesagt werden wird, zu Venedigs Ursprung die Veranlassung gab. Nach Aquileias und anderer Städte Einnahme und Zerstörung wandte er sich nach Rom. Aber des Papstes (Leo I.) Bitten hielten ihn ab, der Stadt Schaden zuzufügen, und die Ehrfurcht, die dieser ihm einflößte, vermochte so viel über Attila, daß er Italien verließ und nach Austrien zurückging, wo er starb. Nach seinem Tode standen Velamir, der Ostgoten König, und die Häupter der übrigen Völkerschaften gegen seine Söhne Errich und Eurich auf, erschlugen den einen und nötigten den andern, mit den Hunnen über die Donau in ihre Heimat zurückzuziehen. In Pannonien aber setzten die Ostgoten und Gepiden sich fest, die Heruler und Thüringer in den Uferstrecken jenseits des Donaustroms.
Nachdem Attila Italien verlassen, dachte Kaiser Valentinian daran, dem Lande wieder aufzuhelfen. Um es nun besser gegen die Barbaren verteidigen zu können, verlegte er den Sitz des Reiches von Rom nach Ravenna. Die Unglücksfälle, welche das westliche Reich betroffen hatten, waren Veranlassung dazu gewesen, daß der in Konstantinopel wohnende Kaiser mehrmals die mit vielen Gefahren und Kosten verbundene Regierung desselben an andere überlassen hatte. Oft erwählten auch, ohne seine Zustimmung, die sich verlassen sehenden Römer um ihrer Verteidigung willen einen Kaiser, oder irgendeiner maßte sich eigenmächtig die Regierung an, wie in dieser Zeit der Römer Maximus nach Valentinians Tode. Dieser Maximus zwang Valentinians Witwe Eudoxia, ihm ihre Hand zu geben: sie aber, ihre Schmach zu rächen, da sie, kaiserlichem Blute entsprossen, einen einfachen Bürger als Gemahl verschmähte, rief heimlich den Genserich, König der Vandalen und Herrn Afrikas, nach Italien, indem sie ihm die Leichtigkeit und Vorteile der Eroberung zeigte. Von der Beute gelockt, erschien Genserich sogleich. Er fand Rom verlassen, plünderte es vierzehn Tage lang (455), nahm und verwüstete verschiedene andere Städte des Landes, und kehrte, er wie sein Heer mit Beute gesättigt, nach Afrika heim. Die Römer zogen nach der Stadt zurück und wählten nach Maximus Tode den Avitus, ihren Mitbürger, zum Kaiser. Nach vielen inneren und äußeren Bewegungen und nach mehrerer Kaiser Tode gelangte das östliche Reich an Zeno, das westliche an Orestes und seinen Sohn Augustulus, die durch List die Krone an sich rissen. Während sie nun darauf bedacht waren, ihre Macht zu befestigen, zogen die Heruler und Thüringer, die, wie gesagt, am Donauufer sich niedergelassen und unter Odoaker sich verbündet hatten, über die Alpen, indem sie ihre Wohnsitze den Longobarden überließen, gleichfalls nordischen Völkerschaften, von Gudehok, ihrem Könige, geführt. Sie waren, wie nachmals gesagt werden wird, die letzte Pest Italiens. Odoaker schlug und tötete den Orestes bei Pavia; Augustulus floh. Um Rom mit der Macht auch den Rang zu nehmen, ließ nach diesem Siege Odoaker, den Namen des Imperiums abschaffend, sich König von Italien nennen (476). Er war der erste von den Anführern der damals die Welt durchstreifenden Nationen, der sich in Italien niederließ. Denn die andern, sei es aus Furcht, das Land nicht behaupten zu können, weil die Kaiser von Konstantinopel ihm leicht Hilfe gegen sie bringen konnten, sei es aus irgendeinem andern verborgenen Grunde, hatten es geplündert, dann aber andere Länder gesucht, dort ihre Sitze zu nehmen.
Zu diesen Zeiten hatte das alte Römerreich folgende Herren: Zeno, der Kaiser in Konstantinopel, beherrschte das ganze östliche Reich; die Ostgoten saßen in Mösien und Pannonien; die Westgoten, Sueven und Alanen hielten Gasconien und Spanien; die Franken und Burgunder Frankreich; die Heruler und Thüringer Italien. Die Herrschaft über die Ostgoten war an Theodorich, Neffen des Velamir, gelangt, Dieser, mit dem oströmischen Kaiser Zeno befreundet, schrieb ihm, wie es seinen Ostgoten ungerecht erscheine, daß sie, allen andern Völkern an Tapferkeit überlegen, ihnen an Macht nachstehen sollten, und wie es ihm unmöglich sei, sie innerhalb der Grenzen Pannoniens zu halten. Da er nun sehe, daß er sie nicht hindern könne, die Waffen zu ergreifen und neues Land zu suchen, so habe er ihm dies zuvörderst melden wollen, damit er Sorge trage, ihnen ein Land anzuweisen, wo sie mit seiner Bewilligung ordentlich und nach ihrer Bequemlichkeit sich niederlassen könnten. Halb aus Furcht, halb durch den Wunsch veranlaßt, Odoaker aus Italien zu vertreiben, erlaubte Zeno dem Theodorich, gegen diesen zu ziehn und von Italien Besitz zu nehmen. Da brach Theodorich sogleich aus Pannonien auf, wo er die befreundete Völkerschaft der Gepiden zurückließ; er zog nach Italien, tötete den Odoaker und dessen Sohn, nahm nach dessen Vorgang den Titel eines Königs von Italien an und wählte zu seinem Sitze Ravenna (493– 526), aus denselben Gründen, die einst Valentinian bewogen hatten, dort zu wohnen. Theodorich war ein im Kriege wie im Frieden ausgezeichneter Mann: im Kriege immer glücklich, war er im Frieden der Wohltäter seiner Völker und Städte. Seine Ostgoten verteilte er in den Ortschaften mit ihren Häuptlingen, damit diese sie im Kriege befehligten und im Frieden in Ordnung hielten. Er vergrößerte Ravenna, während er Rom von erlittenen Unfällen herstellte. Mit Ausnahme der Kriegsdisziplin, gab er den Römern jede Ehre wieder; die barbarischen Könige, die im Reiche saßen, hielt er innerhalb ihrer Grenzen, ohne Kriegslärm, allein durch seine Autorität; er erbaute Orte und Vesten, zwischen der Spitze des Adriatischen Meers und den Alpen, um neuen Barbaren, die es nach Italien zu ziehn gelüsten möchte, den Paß leichter zu verlegen. Wären solche Tugenden nicht in seinen letzten Jahren durch grausame Handlungen verdunkelt worden, die durch Argwohn veranlaßt wurden, wie die Hinrichtungen der vortrefflichen Männer Symmachus und Boetius: so wäre sein Andenken in jeder Hinsicht aller Ehren würdig. Denn mittels seiner Kraft und Güte erstanden nicht nur Rom und Italien, sondern auch die übrigen Teile des westlichen Reichs, frei von jenen anhaltenden Drangsalen, die sie so viele Jahre lang durch die endlosen Überschwemmungen der Barbaren erlitten, und kehrten zurück zur Ordnung und zu glücklichem Zustande. In Wahrheit, wenn es je in Italien und in den, von den Barbaren durchstreiften Provinzen unglückliche Zeiten gegeben hat, so waren es die von Arcadius und Honorius an bis auf Theodorich. Denn wenn man betrachtet, wie großen Schaden es einem Freistaat oder einer Monarchie bringt, Fürsten oder Regierungsform zu wechseln, nicht durch äußere Gewalt, sondern bloß durch bürgerliche Zwietracht, wobei man sieht, wie selbst wenige Veränderungen hinreichen, jede Republik und jedes Reich, selbst die mächtigsten, zugrunde zu richten: so mag man unschwer sich vorstellen, wie sehr in jenen Zeiten Italien und die übrigen römischen Provinzen litten, die nicht nur Fürsten und Regierung wechselten, sondern Gesetze, Gebräuche, Lebensweise, Religion, Sprache, Kleidung und Namen. Jedes einzelne dieser Dinge, geschweige alle zusammen, würden auch den festesten und beständigsten Geist erschüttern, bei der bloßen Vorstellung schon, um wieviel mehr aber, wenn man sie sieht und duldet. Untergang, Ursprung, Wachstum vieler Städte hingen zusammen mit diesen Wechselfällen. Unter denen, die zugrunde gingen, waren Aquileia, Luni, Chiusi, Populonia, Fiesole und viele andere; unter den neugebauten Venedig, Siena, Ferrara, Aquila und zahlreiche Orte, die ich der Kürze wegen übergehe. Aus kleinen Orten wurden groß: Florenz, Genua, Pisa, Mailand, Neapel, Bologna. Neben allen diesen ist Roms Verfall und Wiederaufleben zu erwähnen, nebst mehreren Städten, welche wiederholt zerstört und wieder aufgebaut wurden. Unter Ruinen und im Getreibe neuer Völkerschaften entstanden neue Sprachen, wie die in Frankreich, Spanien und Italien üblichen, welche einer Mischung der vaterländischen Sprachen der neuen Bewohner mit der altrömischen ihr Dasein verdanken. Überdies haben Länder nicht bloß, sondern Seen, Flüsse, Meere und Menschen ihre Namen geändert: denn voll neuer und fremder Benennungen sind Frankreich, Italien und Spanien. So sind, vieler andern nicht zu gedenken, der Po, Garda, Archipel nicht mehr benannt wie ehemals, und die Männer heißen Peter, Johannes und Matthäus, statt Cäsar und Pompeius. Unter allen diesen Veränderungen aber war von höchster Wichtigkeit jene der Religion. Denn indem die Gewohnheiten des alten Glaubens mit den Wundern des neuen kämpften, entstanden ernstliche Unruhen und Zwistigkeiten. Wären die Bekenner des Christentums einhellig gewesen, so würde weniger Verwirrung erfolgt sein: da aber die griechische Kirche mit der römischen und der ravennatischen kämpfte, überdies ketzerische Sekten mit dem katholischen Glauben im Streit lagen, so war die Welt auf vielfache Weise betrübt. Davon kann Afrika Zeugnis geben, welchem der Arianismus, dem die Vandalen anhingen, tiefere Wunden schlug, als die Habsucht und natürliche Grausamkeit dieses Volkes. Da nun die Menschen inmitten solcher Verfolgungen lebten, trugen sie in ihren Blicken den Ausdruck des Entsetzens ihrer Seelen. Denn, neben den unendlichen Übeln, die sie zu ertragen hatten, konnten viele von ihnen nicht einmal dem Schutze Gottes sich anempfehlen, auf den alle Elenden ihre Hoffnung zu setzen pflegen: viele von ihnen starben ohne Trost, weil sie nicht wußten, an welchen Gott sie sich wenden sollten, weil jede Hilfe, jede Aussicht ihnen versperrt war.
Auf nicht geringes Lob hat Theodorich Anspruch, welcher der erste war, der so große Übel linderte. Denn während der achtunddreißig Jahr, in denen er Italien beherrschte, erhob er es zu solcher Größe, daß man die alten Leiden kaum mehr gewahrte.
Nach seinem Tode aber (526), als Atalarich, der Sohn seiner Tochter Amalasuntha, in der Regierung gefolgt, brach bald, da das Schicksal sich noch nicht ausgetobt, das alte Unheil wieder herein.
Denn nachdem Atalarich kurz nach dem Großvater gestorben, kam das Reich an seine Mutter, welche von Theodat verraten ward, den sie zur Teilnahme an den Regierungsgeschäften gerufen. Dieser tötete Amalasuntha und machte sich zum Könige, und da er dadurch den Goten verhaßt geworden, faßte Kaiser Justinian Mut und entwarf den Plan, ihn aus Italien zu verjagen. Zu diesem Unternehmen sandte er als Heerführer den Belisar, welcher schon die Vandalen aus Afrika vertrieben und die dortigen Staaten ans Reich zurückgebracht hatte (534). Belisar besetzte also zuerst Sizilien, fuhr von dort nach Italien über, und nahm Neapel und Rom ein. Als die Goten diese Mißfälle sahn, ermordeten sie den Theodat, den sie als Urheber derselben betrachteten, und wählten an seiner Statt den Vitiges, welcher nach einigen Kämpfen von Belisar in Ravenna belagert und gefangengenommen wurde. Ehe der Krieg ganz zu Ende geführt war, rief Justinian den Belisar zurück und sandte statt seiner den Johannes und Vitalis, welche ihm weder an Tapferkeit noch im Benehmen irgendwie gleich waren. Da faßten die Goten Mut und machten Hildebald, den Statthalter in Verona, zu ihrem Könige. Nach dessen Tode kam das Reich an Totila, welcher des Kaisers Truppen schlug, Toscana und Neapel wieder eroberte, und den kaiserlichen Heerführern beinahe die letzte der Provinzen wieder abnahm, welche Belisar vor ihnen erobert hatte. Deshalb hielt Justinian es für gut, letztern nach Italien zurückzusenden: aber es geschah mit so geringer Heeresmacht, daß er den Ruhm seiner frühern Siege einbüßte, statt neue zu gewinnen. So eroberte Totila, während Belisar mit den seinigen zu Ostia sich befand, vor dessen Augen Rom, und da er sah, daß er diese Stadt nicht behaupten konnte und nicht verlassen durfte, zerstörte er sie großenteils, trieb das Volk aus, führte die Senatoren mit sich fort, und eilte, Belisar wenig achtend, mit dem Heere nach Calabrien, den Hilfsvölkern entgegen, welche dem kaiserlichen Heerführer aus Griechenland zuzogen.
Da Belisar Rom verlassen sah, unternahm er ein ihn ehrendes Werk: er begab sich nach der öde liegenden Stadt, baute, so rasch er vermochte, die Mauern wieder auf und rief die Bewohner zurück. Aber das Geschick war diesem Unternehmen feindlich denn Justinian, eben zu jener Zeit von den Parthern angegriffen, rief Belisar zurück. Seinem Kaiser gehorsam, verließ dieser Italien, welches von neuem der Willkür Totilas überlassen blieb, der Rom zum zweitenmal einnahm. Aber er behandelte die Stadt nicht mit der nämlichen Härte wie früher, sondern ging daran, sie wieder aufzubauen, auf die Bitten des heiligen Benedikt, welcher in jener Zeit im Rufe großer Heiligkeit stand. Unterdessen hatte Justinian mit den Parthern Frieden geschlossen, wurde aber, als er daran dachte, neue Völker nach Italien zu senden, durch die Slaven daran gehindert, eine neue nordische Nation, welche über die Donau gegangen und in Illyrien und Thrazien eingefallen war. So schaltete Totila beinahe über ganz Italien. Nachdem aber Justinian die Slaven besiegt, sandte er ein neues Heer nach Italien unter dem Eunuchen Narses, einem sehr gewandten Krieger, welcher den Totila überwand und tötete. Die Reste der Goten zogen sich nach Pavia und wählten dort den Teja zu ihrem Könige. Narses aber seinerseits nahm nach jenem Siege Rom und traf mit Teja bei Nocera zusammen, wo dieser geschlagen ward und umkam (553). Nach diesem Siege verschwand der Name der Goten auf immer aus Italien, wo sie von Theodorich bis Teja siebzig Jahre lang regiert hatten.
Als das Land von den Goten befreit war, starb Justinian (565). Sein Sohn und Nachfolger Justin rief auf den Rat seiner Gemahlin Sofia den Narses zurück und sandte statt seiner den Longin. Dieser ließ sich, nach dem Beispiele seiner Vorgänger, in Ravenna nieder und gab dem Lande eine neue Gestaltung. Denn er ernannte nicht Befehlshaber der Provinzen, wie unter gotischer Herrschaft geschehen war, sondern bestellte in den Städten und Orten von einigem Belang Oberhäupter, die er Herzöge nannte. Bei dieser Einteilung behielt Rom nicht den Vorrang vor übrigen Städten, denn nach Abschaffung der Konsuln und des Senats, deren Namen bis zur erwähnten Zeit sich erhalten hatten, wurde auch hier ein Herzog eingesetzt, der jedes Jahr von Ravenna aus hingesandt ward. So entstand der Name des römischen Ducats. Derjenige, welcher zu Ravenna ganz Italien für den Kaiser verwaltete, hieß der Exarch. (Erster Exarch: Narses.) Diese Einteilung bahnte neuen Einfällen in Italien den Weg und bot den Longobarden Gelegenheit, sich des Landes zu bemeistern. Narses war heftig erzürnt auf den Kaiser, der ihm die Verwaltung einer Provinz genommen, die er durch seine Tapferkeit und mit seinem Blute erobert hatte: denn Sofia begnügte sich nicht damit, ihm die Schmach der Abberufung anzutun; sie fügte auch verächtliche Worte hinzu, indem sie sagte, sie wolle ihn heimkehren lassen, um mit den übrigen Eunuchen zu spinnen. Voll Grolls veranlaßte darum Narses den Alboin, König der Longobarden, welcher damals in Pannonien herrschte, zum Einfall in Italien.
Die Longobarden waren, wie gesagt, in jene Sitze an der Donau eingerückt, welche von den Herulern und Thüringern verlassen worden, als ihr König Odoaker sie über die Alpen führte. Nachdem sie dort eine Zeitlang gewohnt und die Regierung an Alboin, einen wilden und kühnen Mann, gelangt war, gingen sie über die Donau, gerieten in Streit mit Kunimund, König der Gepiden, die in Pannonien saßen, schlugen und töteten ihn. Da unter der Beute Kunimunds Tochter Rosmunda sich befand, nahm Alboin sie zu seinem Weibe, bemächtigte sich Pannoniens, und machte, von seiner rohen Sinnesart dazu getrieben, des Erschlagenen Schädel zu einem Becher, aus dem er zur Erinnerung an jenen Sieg trank. Von Narses, mit dem er während des Gotenkrieges sich befreundet hatte, zum Vordringen eingeladen, überließ er Pannonien den Hunnen, welche nach Attilas Tode in ihre Heimat zurückgekehrt waren, und stieg über die Alpen. Da er das Land in so viele Teile zerstückt fand, besetzte er nacheinander Pavia, Mailand, Verona, Vicenza, ganz Toscana und den größern Teil Flaminiens, jetzt Romagna geheißen (568). Infolge so vieler und rascher Siege schon Herr Italiens sich glaubend, feierte er einst zu Verona ein Gastmahl. Durch das viele Trinken erhitzt, Kunimunds Schädel mit Wein gefüllt vor sich auf dem Tische, reichte er diesen der Königin, die ihm gegenüber saß, indem er mit lauter Stimme zu ihr sagte: er wolle, daß sie bei einem solchen Freudenfeste ihn auf des Vaters Wohl leere. Dies Wort war wie ein Dolchstoß in Rosmundens Herz, und sie beschloß sich zu rächen. Da sie wußte, daß Helmchild, ein edler Longobarde, jung und mutig, eine ihrer Dienerinnen liebte, veranlaßte sie diese, es heimlich einzurichten, daß Helmchild bei ihr, statt bei der Geliebten schlafe. Und da der Jüngling, nach der erhaltenen Weisung, sich an einen dunkeln Ort begeben und bei der Magd zu sein glaubte, lag er bei der Königin, welche, nachdem es geschehn, sich ihm zu erkennen gab und bedeutete, daß es bei ihm stehe, den Alboin zu ermorden und sie und das Reich auf immer zu gewinnen, oder vom Könige getötet zu werden, weil er seine Gemahlin entehrt habe. Helmchild tötete den Alboin, aber nachdem die Tat verübt war und die beiden sahn, daß es ihnen nicht gelang, die Krone sich zu eigen zu machen, sie vielmehr besorgten, von den Longobarden wegen deren Anhänglichkeit an Alboin getötet zu werden: so flohen sie mit dem ganzen königlichen Schatz nach Ravenna zum Longin, welcher sie ehrenvoll empfing. Da unterdessen Kaiser Justin gestorben war und sein Nachfolger Tiberius der Partherkriege wegen mit Italien sich nicht beschäftigen konnte, so schien dem Longin die Zeit günstig, mittels Rosmundens und ihrer Reichtümer König der Longobarden und ganz Italien zu werden. Er teilte ihr seinen Plan mit und beredete sie, den Helmchild aus dem Wege zu räumen und mit ihm sich zu vermählen. Sie ging darauf ein und ließ eine Schale vergifteten Weins bereiten, die sie mit eigner Hand dem Helmchild darbot, als dieser durstig aus dem Bade stieg. Er trank sie zur Hälfte, da fühlte er schon die Wirkung in seinem Innern, und die Tat erratend, zwang er Rosmunden die Schale vollends zu leeren. So starben sie in wenig Stunden nacheinander und Longin verlor die Hoffnung, König zu werden. Die Longobarden, zu Pavia, der nunmehrigen Hauptstadt ihres Reiches, vereinigt, machten den Klef zu ihrem Könige, welcher das von Narses zerstörte Imola wieder aufbaute, Rimini und bis Rom hin fast jeden Ort besetzte, aber im Lauf seiner Siege starb. Dieser Klef war nicht nur gegen die Fremden, sondern auch gegen seine Longobarden so grausam, daß diese keinen König mehr wählen wollten, und nach Abschaffung der Alleingewalt dreißig Herzogen die Regierung übertrugen. Diese Maßregel hatte zur Folge, daß es diesem Volke niemals gelang, ganz Italien zu besetzen, daß ihr Reich nie über Benevent hinausging, und Rom, Ravenna, Cremona, Mantua, Padua, Monselice, Parma, Bologna, Faenza, Forli, Cesena teils eine Zeitlang sich verteidigten, teils nie eingenommen wurden. Denn das Nichtvorhandensein eines Oberhauptes machte, daß sie zum Kriege minder bereit waren, und als sie wieder einen König wählten, waren sie infolge der vorigen Unabhängigkeit zügellos und uneinig untereinander, was anfangs ihre Siege hemmte, endlich ihren Ruin veranlaßte. Als nun die Longobarden in solchen Umständen sich befanden, schlossen die Römer und Longin mit ihnen einen Vertrag, nach welchem beide Teile die Waffen niederlegten und in ihrem dermaligen Besitze blieben.
In diesen Zeiten begannen die römischen Päpste zu größerer Autorität zu gelangen, als sie bis dahin besessen hatten. Die ersten Nachfolger des heiligen Petrus hatten wegen der Heiligkeit ihres Lebens und wegen ihrer Wunder bei den Menschen in Verehrung gestanden, und ihr Beispiel verschaffte der christlichen Religion so großen Anhang, daß die Fürsten sich zu ihr bekannten, um der unendlichen Verwirrung der weltlichen Dinge ein Ende zu machen. Als nun der Kaiser ein Christ geworden, Rom verlassen und Konstantinopel zu seiner Hauptstadt gemacht hatte, folgte daraus, wie wir im Eingange gesagt, daß das römische Reich um so rascher seinem Untergange, die römische Kirche um so rascher ihrer Größe entgegenging. Bis zu dem Einfall der Langobarden aber, da Italien ganz der Macht der Kaiser oder der von Königen unterworfen war, besaßen die Päpste keine andere Autorität als die, welche die Ehrfurcht vor ihrem Wandel und ihrer Lehre ihnen verlieh. In allen übrigen Dingen gehorchten sie den Kaisern oder Königen, und von diesen wurde bisweilen der Tod über sie verhängt, und sie sahen sich als deren Beamte behandelt. Was ihnen aber größern Einfluß auf die italienischen Angelegenheiten verlieh, war der Umstand, daß Theodorich, der Goten König, seinen Sitz zu Ravenna nahm. Da Rom solcher Gestalt ohne Herrscher geblieben, fügten sich die Römer, des Schutzes bedürftig, gehorsamer dem Papste. Indes gab ihnen dies noch keinen großen Zuwachs an Macht: nur erlangte die römische Kirche den Vorrang vor der ravennatischen. Nachdem aber die Longobarden besiegt und Italien in mehrere Teile getrennt war, fand der Papst Gelegenheit, kräftiger aufzutreten; denn da er gewissermaßen Herr von Rom war, hatten der Kaiser in Konstantinopel und die Longobarden Achtung vor ihm, so daß die Römer durch Vermittlung des Papstes nicht als Untertanen, sondern als Gleichstehende mit den Longobarden und Longin sich verbündeten. Und so fuhren die Päbste fort, ihre Würde zu mehren, indem sie bald mit den Longobarden, bald mit den Griechen befreundet waren. Als nun unter dem Kaiser Heraclius die Macht des oströmischen Reiches sank, indem die schon erwähnten slawischen Völkerschaften von neuem in Illyrien einfielen, woher der Name Slawonien kam, andere Provinzen erst von den Persern, dann von den durch Mohammed aus Arabien geführten Sarazenen, endlich von den Türken angegriffen wurden, Syrien, Afrika und Ägypten verloren gingen: so blieb dem Papste, bei der Ohnmacht jenes Reiches, keine Zuflucht bei Bedrückungen, während auf der andern Seite die zunehmende Macht der Longobarden ihn nötigte, eine neue Stütze zu suchen. So wendete er sich an die fränkischen Könige. Darum sind die Kriege, die seit jener Zeit von den Barbaren in Italien geführt worden, meist durch die Päpste veranlaßt, und die Fremden, welche Italien überfluteten, meist durch die Päpste gerufen worden. Dies Verfahren währt noch gegenwärtig, und ließ und läßt Italien uneins und ohnmächtig.
Bei der Erzählung aber der Begebenheiten, welche seit jenen Zeiten bis auf die unsern sich ereignet haben, werden wir nicht mehr vom Sinken des völlig darnieder liegenden Reichs zu berichten haben, sondern von der Mehrung der päpstlichen Macht und jener andern Herrschaften, welche nachmals bis zum Zuge Carls VIII. in Italien bestanden. Und man wird sehen, wie die Päpste erst durch den sittlichen Einfluß und Waffen, mit dem Ablaß vereinigt, mächtig und ehrwürdig waren, und wie, weil sie eins und das andere gemißbraucht, die Ehrfurcht geschwunden ist, während sie die Macht nur noch fremder Bewilligung verdanken.
Aber ich muß zur Ordnung der Zeiten zurückkehren. Gregor III. war zum Papsttum gelangt (731), König der Longogbarden AistuIf geworden. Gegen die Verträge besetzte dieser Ravenna und begann den Krieg gegen den Papst. Da nun Gregor, um der angegebenen Gründe willen, auf den schwachen Kaiser in Konstantinopel nicht mehr baute und den Longobarden nicht traute, weil diese mehrfach schon das gegebene Wort gebrochen, so wandte er sich nach dem Frankenreich an Pippin, welcher aus einem Herrn Austrasiens und Brabants fränkischer König geworden war, nicht sowohl durch eigne große Eigenschaften, wie durch den Ruhm Carl Martells, seines Vaters, und Pippins, seines Großvaters. Denn Carl Martell, welcher jenes Reich verwaltete, brachte den Sarazenen bei Tours an der Loire (732) jene denkwürdige Niederlage bei, in welcher mehr denn Zweihunderttausend der ihrigen blieben, so daß sein Sohn Pipin wegen des väterlichen Ruhmes und eigner Tugend nachmals König dieses Reiches ward. Diesen sprach Papst Gregor um Hilfe an wider die Longobarden; Pipin verhieß ihm diese zu senden, wünschte ihn aber erst zu sehen und in Person zu ehren. Deshalb machte sich Gregor auf den Weg und zog durch die Länder der Longobarden, seiner Feinde, ohne von ihnen gehindert zu werden: so groß war die Ehrfurcht, die man der Religion zollte. Nachdem er in das Frankenreich gelangt, wurde er vom Könige geehrt und nach Italien zurückgesandt mit einem Heere, welches Pavia, die Iongobardische Hauptstadt, belagerte. Von der Not gedrängt, vertrug darum Aistulf sich mit den Franken, und diese schlossen den Vertrag auf die Bitten des Papstes, welcher nicht des Gegners Untergang wünschte, sondern dessen Bekehrung und Leben. Aistulf versprach der Kirche alle ihre Ländereien, die er besetzt, zurückzugeben. Nachdem aber Pipins Völker abgezogen, hielt er den Vertrag nicht; nochmals wandte sich der Papst an Pipin, welcher ein neues Heer sandte, die Longobarden schlug und Ravenna nahm, das er gegen den Willen des griechischen Kaisers dem Papste übergab, mit den andern Teilen des ehemaligen Exarchats und dem Lande von Urbino und der Mark. Aistulf starb aber während der Abtretung, und Desiderius, Herzog von Tuscien, griff zu den Waffen, um das Land an sich zu reißen, und sprach den Papst um Beistand an, indem er ihm seine Freundschaft verhieß. Der Papst trat auf seine Seite, so daß die übrigen Fürsten ihre Bewerbung aufgaben. Anfangs hielt Desiderius sein Wort; er fuhr fort, dem Papste die im Vertrage mit Pipin bezeichneten Länder zu lassen, und von Konstantinopel wurde kein Exarch mehr nach Ravenna gesandt, sondern das Land ward regiert nach des Papstes Willen. Pipin starb, und es folgte ihm sein Sohn Carl (768), den man nachmals seiner glorreichen Taten wegen den Großen nannte. Zum Papsttum war unterdes Theodor I.So im Text. Ohne Zweifel ist Papst Hadrian I. (772– 795) damit gemeint. gelangt. Dieser geriet in Streit mit Desiderius und wurde von ihm in Rom belagert; der Papst wandte sich an den fränkischen König, welcher über die Alpen stieg, Desiderius in Pavia belagerte, ihn und seine Kinder in seine Gewalt bekam und gefangen in sein Reich sandte. Hierauf besuchte er den Papst in Rom, wo er die Bestimmung erließ, daß der Papst, als Statthalter Gottes, von Menschen nicht gerichtet werden könne. Der Papst (Leo III.) und das römische Volk machten ihn sodann zum Kaiser (25. Dezember 800). So begann Rom wieder einen Kaiser für den Westen zu haben, und während der Papst vordem die Bestätigung durch den Kaiser bedurfte, bedurfte nunmehr der Kaiser bei seiner Wahl des Papstes. Das Reich verlor hinsichtlich seiner Stellung, was die Kirche gewann, und ihre Macht über die weltlichen Fürsten war durch solche Mittel in stetem Wachsen.
Die Longobarden saßen seit zweihundertzweiundzwanzig Jahren in Italien und hatten nur noch den Namen von Fremden. Da nun Carl, zur Zeit Papst Leos III., die Verhältnisse des Landes wieder ordnen wollte, ließ er sie in den Gegenden, wo sie aufgewachsen waren, so daß nach ihrem Namen das Land fortan die Lombardei hieß. Und auf das der römische Name geachtet bliebe, wollte er, daß jener Teil Italiens, der an jene Gegenden anstößt und zum Exarchat von Ravenna gehörte, Romagna genannt würde. Nächstdem wählte er seinen Sohn Pipin zum König von Italien und gab ihm Macht über das Land bis Benevent, wo die Besitzungen des oströmischen Kaisers begannen, mit welchem Carl einen Vertrag geschlossen hatte. In jenen Zeiten wurde Paschalis I. Papst (817), unter welchem die Pfarrer der römischen Kirchen, welche dem Papste nahestanden und an dessen Wahl teilhatten, Kardinäle genannt zu werden begannen, um einen vornehmeren Titel zu haben, und sich so große Macht anmaßten, namentlich dann, als sie das Volk von der Wahl ausschlossen, daß selten ein anderer als einer aus ihrem Kreise gewählt ward. Als Paschalis starb, folgte ihm (824) Eugen II., Kardinal von Sta. Sabina. Italien, seit es unter der Obergewalt der Franken sich befand, änderte teilweis Gestaltung und Ordnung, indem dem Papste größere zeitliche Macht zuteil ward, und jene Grafen und Markgrafen einführten, während früher der Exarch von Ravenna Herzöge eingesetzt. Nachdem einige Päpste vorübergegangen, wurde der Römer Osporco gewählt, welcher seines übelklingenden Namens wegen sich Sergius nennen ließ, was zu der Veränderung der Papstnamen bei der Wahl Veranlassung gab.
Unterdessen war Kaiser Carl gestorben und sein Sohn Ludwig ihm nachgefolgt (814), nach dessen Tode so heftiger Unfriede unter seinen Söhnen entstand, daß unter seinen Enkeln die Kaiserwürde von dem Frankenreiche auf Deutschland überging. Der erste deutsche Kaiser hieß Arnulf. Die Familie der Karolinger verlor durch ihre Uneinigkeit nicht bloß jene Würde, sondern auch Italien, denn die Longobarden gewannen neue Kraft und drängten den Papst und die Römer, so daß der Papst, der keinen hilfreichen Arm fand, genötigt war, Berengar, Herzog von Friaul, die italienische Königskrone zu geben. Diese Ereignisse ermutigten die in Pannonien wohnenden Hunnen zu einem Einfall in Italien, aber Berengar zwang sie, nach ihrem Lande zurückzukehren. In jener Zeit war Romanus griechischer Kaiser, welcher, als oberster Heerführer Constantins, diesen des Reiches beraubt hatte. Da bei diesem Wechsel Apulien und Kalabrien sich gegen ihn empört hatten, welche, wie oben gesagt, zum Reiche gehörten, so gestattete er, über diesen Abfall zürnend, den Sarazenen, in diese Provinzen einzufallen. Diese eroberten Süditalien und suchten Rom zu nehmen. Aber die Römer, welche Berengar mit den Hunnen beschäftigt sahen, wählten zu ihrem Haupte Alberich, Herzog von Tuscien, dessen Tapferkeit Rom rettete. Die Sarazenen, nachdem sie die Belagerung aufgegeben, bauten eine Burg auf dem Berge Galganus, von wo aus sie Apulien und Kalabrien beherrschten und ganz Italien ängstigten. So befand sich das Land in jener Zeit in einer unendlich betrübten Lage, da der nördliche Teil von den Hunnen zu leiden hatte, der südliche von den Sarazenen. In dieser Weise währte es unter drei Berengaren, die einer dem andern folgten, während Papst und Kirche in harter Bedrängnis sich befanden, da die Uneinigkeit der Fürsten des Abendlandes und die Ohnmacht des oströmischen Herrschers sie jeder Hilfe beraubte. Die Stadt Genua und ihre Küstenstriche wurden damals durch die Sarazenen verwüstet, wodurch die Größe Pisas entstand, da dort viele aus der Heimat Vertriebene Zuflucht fanden. Dies war im Jahre der christlichen Ära 931. Nachdem aber der Sachsenherzog Otto, Sohn Heinrichs und Mathildens, ein verständiger, in hohem Ansehen stehender Mann, Kaiser geworden, wandte sich Papst Agapitus an ihn mit der Bitte, daß er nach Italien komme und es von der Tyrannei der Berengare befreien möchte.
Die italienischen Staaten waren damals folgendermaßen gestaltet. Die Lombardei war unter Berengar III. und seinem Sohne Albert; Tuscien und Romagna wurden durch einen Statthalter des abendländischen Kaisers verwaltet; Apulien und Kalabrien gehorchten teils den Sarazenen, teils dem griechischen Kaiser; in Rom wählte der Adel jährlich zwei Konsuln, welche nach alter Sitte regierten; ihnen wurde ein Präfekt beigegeben, der dem Volke Recht sprach, und ein Rat von zwölf Männern, welche in jedem Jahre die Magistrate der untergebenen Orte ernannten. Der Papst hatte in Rom und ganz Italien größere oder geringere Autorität, je nachdem er die Gunst der Kaiser oder der Mächtigen in der Stadt genoß. Kaiser Otto kam also nach Italien, machte der fünfundfünfzigjährigen Herrschaft der Berengare ein Ende und gab dem Papste seine Würden wieder. Er hatte einen Sohn und Enkel, beide gleichfalls Otto genannt, die ihm in der Regierung folgten. Zu Ottos II. Zeit wurde Papst Gregor V. von den Römern verjagt (999), weshalb der Kaiser nach Italien kam und jenen nach Rom zurückführte. An den Römern sich zu rächen, nahm der Papst ihnen sodann das Recht, den Kaiser zu wählen, welches er den deutschen Fürsten übertrug, drei Bischöfen, denen von Mainz, Trier und Köln, und drei weltlichen Fürsten, denen von Brandenburg, von der Pfalz und Sachsen. Dies geschah im Jahre 1002. Nach Ottos Tode wählten diese Kurfürsten zum Kaiser den Herzog Heinrich von Bayern (Heinrich II. von Sachsen, 1002-1024), welchen zwölf Jahre darauf Stefan VIII. krönte. Heinrich und Kunigunde seine Gemahlin waren von heiligem Wandel, welches man aus vielen von ihnen erbauten und bereicherten Kirchen ersieht, worunter die von S. Miniato bei der Stadt Florenz. Als Heinrich im Jahre 1024 starb, folgte ihm Conrad von Schwaben und diesem Heinrich II. Letzterer kam nach Rom, und weil drei Päpste miteinander haderten, setzte er sie alle abSynode in Sutri 1046. und ließ Clemens II. wählen, durch den er zum Kaiser gekrönt wurde.
Italien war damals teils vom Volke, teils von Fürsten, teils von kaiserlichen Abgesandten regiert, deren vornehmster der Kanzler hieß, welchem die übrigen gehorchten. Unter den mächtigsten Fürsten war Gottfried und seine Gemahlin, die Gräfin Mathilde, deren Mutter Beatrix eine Schwester Heinrichs II. gewesen war. Diese und ihr Gatte besaßen Lucca, Parma, Reggio und Mantua, wie alles, was man jetzt das Patrimonium nennt. Dem Papste machte damals die Ruhelosigkeit des römischen Volkes viel zu schaffen, welches sich erst der päpstlichen Autorität bediente, um von der Kaisergewalt sich zu befreien, dann, nachdem es die Herrschaft in der Stadt erlangt, und sie nach seinem Gutdünken umgestaltet hatte, sogleich den Päpsten feindlich ward, die von jenem Volke mehr Unbilden zu erdulden hatten, als je von einem Fürsten. Und während die Päpste durch ihre Zensuren das ganze Abendland zittern machten, war das römische Volk gegen sie in Empörung, und beider Sinnen und Trachten ging einzig dahin, dem andern Ansehen und Autorität zu nehmen. Nachdem nun Nicolaus II. Papst geworden, nahm er, wie Gregor V. den Römern das Recht, den Kaiser zu wählen, abgesprochen, ihnen die Befugnis, an der Papstwahl teilzunehmen, und verordnete, daß dieselbe den Kardinälen allein zustehen sollte. Hiermit begnügte er sich nicht, sondern nachdem er sich mit den in Kalabrien und Apulien herrschenden Fürsten verständigt hatte, zwang er alle Beamten, welche die Römer nach den Orten ihrer Gerichtsbarkeit sandten, dem Papste den Eid der Treue zu leisten, und nahm einigen derselben ihre Ämter. Nach Nicolaus' Tode entstand ein Schisma in der Kirche, weil der Klerus der Lombardei dem zu Rom gewählten Alexander II. nicht gehorchen wollte und Cadolus von Parma als Gegenpapst aufstellte. Kaiser Heinrich, dem die Macht der Päpste verhaßt war, ließ Alexander bedeuten, er solle seine Würde niederlegen, und befahl den Kardinälen in Deutschland einen neuen Papst zu wählen. So war er der erste Fürst, der zu fühlen begann, wie die durch die Geistlichkeit geschlagenen Wunden schmerzen: denn der Papst hielt zu Rom ein Konzil und entsetzte Heinrich der kaiserlichen und königlichen Würde. Einige italienische Völkerschaften hingen dem Papste an, andere dem Kaiser, und dies war der Ursprung der guelfischen und gibellinischen Parteien. Denn kaum war Italien von den Einfällen der Barbaren befreit, so mußte es durch innere Kriege zerrissen werden. Da nun Heinrich im Kirchenbann war, wurde er von seinen Völkern genötigt, nach Italien sich zu begeben um barfuß vor dem Papste zu knien und ihn um Verzeihung zu bitten. Dies geschah im Jahr 1077. Nichtsdestoweniger brach bald darauf zwischen Papst und Kaiser neue Zwietracht aus, und Heinrich ward aufs neue in den Bann getan. Da sandte er seinen Sohn, auch Heinrich geheißen, mit einem Heer gen Rom und belagerte mit Hilfe der Römer, welche den Papst haßten, diesen in der Burg (1081), weshalb Robert Guiscard aus Apulien ihm zu Hilfe kam. Ihn erwartete Heinrich nicht, sondern zog nach Deutschland zurück. Nur die Römer blieben verstockt, so daß Robert die Stadt verheerte und in Trümmer legte, nachdem sie zuvor von verschiedenen Päpsten wieder aufgebaut worden war. Da von diesem Robert Guiscard die neue Ordnung der Dinge im Königreich Neapel ausging, so scheint es mir nicht überflüssig, von dessen Herkunft und Taten einiges zu berichten.
Nachdem, wie oben gezeigt worden, Unfriede die Erben Carls des Großen getrennt hatte, bot sich neuen nordischen Völkern, welche Normannen hießen, Gelegenheit, das Frankenreich anzugreifen. Sie besetzten das Land, welches heutigen Tages nach ihnen die Normandie heißt. Ein Teil dieses Volkes kam nach Italien zur Zeit, als die Berengare, die Sarazenen und Hunnen die Halbinsel beunruhigten, und besetzten einige Striche in der Romagna, wo sie während jener Kriege tapfer sich behaupteten. Tancred, einer der normannischen Fürsten, hatte mehrere Söhne, unter ihnen Wilhelm, genannt Serabac, und Robert, genannt Guiscard. Die Herrschaft war an Wilhelm gelangt und die Unruhen in Italien hatten einigermaßen sich gelegt. Aber die Sarazenen hielten Sizilien besetzt und unternahmen täglich Streifzüge längs der Küsten Italiens. Deshalb kam Wilhelm mit den Fürsten von Capua und Salern, und mit Melorkos, dem griechischen Statthalter in Apulien und Kalabrien, überein, Sizilien anzugreifen, so daß, im Falle des Sieges, jedem der vierte Teil des Landes und der Beute gehören sollte. Das Unternehmen gelang: sie verjagten die Sarazenen und besetzten die Insel; Melorkos aber ließ heimlich Kriegsvolk aus Griechenland kommen, nahm vom Lande Besitz für den Kaiser und teilte nur die Beute. Wilhelm, damit sehr unzufrieden, verbarg seinen Groll bis zu günstigerer Gelegenheit und verließ Sizilien mit den beiden Fürsten. Als diese von ihm sich getrennt, kehrte er nicht nach der Romagna zurück, sondern wandte sich mit den Seinen nach Apulien, eroberte Melfi und bemächtigte sich in kurzer Zeit, die Griechen besiegend, beinahe des ganzen Apuliens und Kalabriens. In diesen Provinzen herrschte, zu Nicolaus' II. Zeit, Wilhelms Bruder, Robert Guiscard. Da dieser um der Nachfolge willen mit seinen Neffen manchen Zwist hatte, so benutzte er die päpstliche Autorität, um die Eintracht herzustellen, worauf der Papst gern einging, da ihm daran lag, Robert zu gewinnen, um an ihm gegen die deutschen Kaiser wie gegen das römische Volk einen Verteidiger zu haben. Die Rechnung war richtig, indem, wie erzählt worden, zur Zeit Gregors VII. der Normanne die Deutschen aus Rom vertrieb und das Volk bändigte. Dem Herzog Robert folgten seine Söhne Roger und Wilhelm. Ihre Staaten wurden durch Neapel und die Gegenden zwischen Neapel und Rom, wie durch die Insel Sizilien vergrößert, deren Roger sich bemächtigte. Als aber Wilhelm nach Konstantinopel ging, um mit einer Tochter des Kaisers sich zu vermählen, wurde er von Roger seiner Länder beraubt. Stolz geworden durch solches Gelingen, ließ dieser sich anfangs König von Italien nennen; nachmals aber mit dem Titel eines Königs von Apulien und Sizilien sich begnügend, war er der Erste, der Ordnung und Namen diesem Reiche gab, welches noch die alten Grenzen bewahrt, obgleich es zu verschiedenen Malen Herrscherhaus und Nationalität gewechselt. Denn nachdem der normannische Stamm ausgestorben, kam es an die Deutschen, hierauf an die Franzosen, von ihnen an die Aragonesen und heutigen Tages gehört es den Flamändern.
Zum Pontifikat war Urban II. gelangt, der in Rom verhaßt war. Da er nun, des vielen Unfriedens wegen, in Italien nicht in Sicherheit verweilen zu können glaubte, entwarf er den Plan zu einem großartigen Unternehmen, zog mit dem gesamten Klerus nach Frankreich und vereinigte in ClermontDer Text hat: Anversa. (Vielleicht Druckfehler für Piacenza, Kirchenversammlung im Jahre 1095.) vieles Volk, vor dem er gegen die Ungläubigen eine Predigt hielt, welche die Gemüter so sehr erregte, daß beschlossen ward, nach Asien wider die Sarazenen zu ziehen. Dies Unternehmen und die übrigen ähnlichen, die ihm folgten, wurden Kreuzzüge genannt, weil die Teilnehmer auf Waffen und Anzug ein rotes Kreuz trugen. Die Hauptführer dieses Zuges waren Gottfried, Eustach und Balduin von Bouillon, Grafen von Boulogne, und ein durch Heiligkeit und Klugheit berühmter Einsiedler, Namens Peter. Viele Könige und Völker steuerten Geld bei, und viele Privatleute, durch der Führer Beispiel ermutigt, griffen ohne irgendeinen Lohn zu den Waffen. So viel vermochte damals über die Gemüter der Glaube. Anfangs war dies Unternehmen glorreich, denn ganz Kleinasien, Syrien und ein Teil Ägyptens kamen in die Gewalt der Christen. In dieser Zeit entstand der Orden der Ritter von St. Johann von Jerusalem, der noch jetzt die Insel Rhodus besitzt, die einzige Schutzwehr gegen die Macht der Mohammedaner. Zugleich entstand der Templerorden, der nach nicht langer Dauer, seiner Sittenverderbnis wegen, aufgehoben ward. Eine Menge Wechselfälle des Schicksals ereigneten sich dabei, wobei viele Völkerschaften und viele einzelne Ruhm erlangten. Die Könige von Frankreich und England zogen zum Schutze des gelobten Landes; die Pisaner, Genuesen und Venezianer erwarben glänzenden Ruf und kämpften mit wechselndem Glück bis zur Zeit des Sultans Saladin; durch dessen Tapferkeit, sowie durch eigene Zwietracht büßten die Christen endlich jene Glorie ein, die sie zu Anfang errungen, so daß sie nach neunzig Jahren die Länder verloren, die sie mit so großer Ehre und Glück erobert hatten.
Nach Urbans Tode wurde Paschalis II. Papst, und Heinrich IV. war zur Kaiserwürde gelangt. Dieser kam nach Rom, indem er sich stellte, als sei er mit dem Papste im guten Einvernehmen: bald darauf aber nahm er den Papst und den Klerus gefangen, und gab ersteren dann erst frei, nachdem er ihm bewilligt, nach seinem Gutdünken über die deutschen Bistümer verfügen zu können. In dieser Zeit starb die Gräfin Mathilde und hinterließ ihre ganze Erbschaft der Kirche. Nach Paschalis' und Heinrichs Tode folgten mehrere Päpste und Kaiser, bis das Papsttum an Alexander III. gelangte, die Kaiserwürde an Friedrich Herzog von Schwaben, genannt Barbarossa. Längst war die Stellung der Päpste den Römern wie den Kaisern gegenüber sehr schwierig gewesen und wurde es von da an noch mehr. Friedrich war ein tapferer Kriegsmann, aber so voll Hochmuts, daß er den Gedanken, dem Papste nachzustehn, nicht zu ertragen vermochte. Nichtsdestoweniger kam er nach seiner Wahl nach Rom, die Krone zu empfangen, und kehrte friedsam nach Deutschland zurück (1155). Dies währte aber nicht lange: denn er unternahm einen zweiten Zug nach Italien, um einige ungehorsame Städte in der Lombardei zu züchtigen, zu der Zeit, als der Kardinal von S. Clemente,Unter den Gegenpäpsten Alexanders III. findet sich kein Kardinal dieses Titels. Sie waren Victor IV., Paschalis III., Calixt III., Innozenz III. Hier ist der erste gemeint. ein Römer, vom Papst Alexander abgefallen und von einigen Kardinälen zum Papst gemacht worden war. Der Kaiser stand damals im Lager zu Crema, und da Alexander bei ihm über den Gegenpapst Beschwerde vorbrachte, gab er ihm zur Antwort: beide sollten sich zu ihm verfügen; er werde dann urteilen, wer von ihnen Papst sei. Alexander mißfiel diese Antwort, und da er ihn dem Gegenpapst geneigt sah, tat er ihn in den Bann und floh zu Philipp, König von Frankreich. Friedrich setzte unterdes den lombardischen Krieg fort und nahm und zerstörte Mailand, weshalb Verona, Vicenza und Padua zu gemeinsamer Verteidigung einen Bund gegen ihn schlossen. Da unterdessen der Gegenpapst starb, setzte der Kaiser den Guido von Cremona an seine Stelle. Während der Abwesenheit des Papstes und des Kaisers Verweilen in der Lombardei hatten mittlerweile die Römer wieder größere Autorität in ihrer Stadt erlangt und forderten die vormals ihnen unterworfenen Orte von neuem zum Gehorsam auf. Und da die Tuskulaner sich ihnen nicht unterwerfen wollten, zogen die Volkshaufen gegen sie: Friedrich aber sandte den Tuskulanern Beistand, und diese schlugen das römische Heer und richteten eine solche Niederlage an, daß Rom seitdem nie wieder reich an Einwohnern und Gütern geworden ist. Papst Alexander war nach der Stadt zurückgekehrt, indem er um der Feindschaft zwischen den Römern und dem Kaiser willen und wegen der Gegner, die dieser in der Lombardei hatte, dort in Sicherheit verweilen zu können glaubte. Aber Friedrich setzte alle Rücksicht beiseite und zog gegen Rom (1162), wo der Papst ihn nicht erwartete, sondern zu Wilhelm König von Apulien floh, der nach Rogers Tode in diesem Reiche nachgefolgt war. Die Pest nötigte den Kaiser die Belagerung aufzuheben und nach Deutschland zurückzukehren; und die gegen ihn verbundenen Städte der Lombardei, zu dem Zwecke, Pavia und Tortona, welche zur kaiserlichen Partei hielten, besser bekriegen zu können, erbauten eine Stadt, welche Mittelpunkt ihrer Rüstungen sein sollte, und nannten sie Alessandria zu Ehren des Papstes und zu Friedrichs Schmach. Der Gegenpapst Guido starb und statt seiner wurde Giovanni da Fermo gewählt, welcher mittels Unterstützung der kaiserlichen Partei in Montefiascone seinen Sitz hatte. Papst Alexander war unterdes nach Tuskulum gegangen, von dessen Bewohnern gerufen, auf daß er sie mit seiner Autorität gegen die Römer schütze. Dort kamen zu ihm Abgesandte des Königs Heinrich (II.) von England, ihm vorzutragen, daß ihr Herr keine Schuld trage an dem Tode des seligen Thomas, Bischofs von Canterbury, wie die öffentliche Meinung ihm zur Last legte. Deshalb sandte der Papst zwei Kardinäle nach England, die Sache zu untersuchen. Obgleich diese keine offenbare Schuld des Königs fanden, so legten sie doch, der Größe des Verbrechens wegen, und weil Heinrich den Bischof nicht nach Verdienst geehrt, diesem als Buße auf, daß er vor allen Baronen des Reiches durch einen Eidschwur sich reinigen und sogleich zweihundert Krieger auf ein Jahr besoldet nach Jerusalem senden sollte. Er mußte sich überdies verpflichten, innerhalb dreier Jahre mit dem größten Heere, das er aufzubringen vermöchte, persönlich dahin zu ziehen; alle während seiner Regierung gegen die geistliche Immunität erlassenen Verordnungen zurückzunehmen und jedem seiner Untertanen die Berufung nach Rom zu gestatten. Alles dieses wurde von Heinrich zugestanden, und ein großer König unterwarf sich einem Urteil, welchem heutzutage ein Privatmann sich zu fügen verschmähen würde. Während aber der Papst über fremde Fürsten so große Macht ausübte, vermochte er die Römer nicht zum Gehorsam zu bringen und von ihnen zu erlangen, daß sie ihm den Aufenthalt in ihrer Stadt gestatteten, obgleich er nur mit den geistlichen Dingen sich zu befassen versprach. So wirkt der Schein mehr in der Ferne als in der Nähe.
In dieser Zeit war Kaiser Friedrich nach Italien zurückgekehrt und während er sich zu einem neuen Kriege gegen den Papst anschickte, gaben alle seine Prälaten und Barone ihm zu verstehn, daß sie ihn verlassen würden, wenn er sich nicht mit der Kirche versöhnte. Dadurch ward er genötigt, in Venedig dem Papste seine Ehrfurcht zu bezeugen, wo sie miteinander Frieden schlossen. Im Vertrage nahm der Papst dem Kaiser alle Macht über Rom und nannte Wilhelm König von Sizilien und Apulien als seinen Bundesgenossen, Friedrich aber, der nicht ohne Krieg sein konnte, zog nach Palästina, seine Ehrfurcht, die er vergebens an Christi Statthalter versucht, gegen Mohammed auszulassen. Am Flusse Cydnus angelangt, badete er in demselben, durch die Klarheit des Wassers angezogen, und kam darin um. So half das Wasser den Mohammedanern mehr, als der Bann den Christen: denn dieser zügelte seinen Ehrgeiz, jenes löschte ihn. Nach Friedrichs Tode blieb dem Papste nur die Hartnäckigkeit der Römer zu brechen, und nach vielem Streit über die Wahl der Konsuln kam man überein, daß das Volk dieselben nach alter Sitte wählen, sie aber nicht eher ihr Amt antreten sollten, als bis sie der Kirche Treue gelobt. Dieser Vertrag veranlaßte den Gegenpapst zur Flucht nach dem Monte Albano, wo er nicht lange darauf starb.Calixt III. starb, mit der Kirche ausgesöhnt, zu Benevent. Der König Wilhelm war um dieselbe Zeit gestorben, und der Papst dachte, sein Reich zu besetzen, weil jener keine andern Söhne hinterlassen, als einen natürlichen Sohn Tancred. Die Barone aber wollten den Papst nicht, sondern machten Tancred zum Könige. Auf dem päpstlichen Stuhle saß Cölestin III. (1191– 98), welcher, von dem Wunsche erfüllt, das Land Tancred zu entreißen, die Kaiserwahl Heinrichs, des Sohnes des Barbarossa begünstigte und ihm das Königreich Neapel versprach unter der Bedingung, daß er der Kirche die ihr gehörenden Ländereien zurückgeben sollte. Um dies zu erleichtern, nahm er Constanzen, die schon in Jahren vorgerückte Tochter König Wilhelms aus dem Kloster und gab sie Heinrich zur Gemahlin. So ging dies Reich von den Normannen, die dessen Gründer gewesen, auf die Deutschen über.Auf die verworrene Chronologie hinzudeuten, ist kaum nötig. Nachdem der Kaiser die Angelegenheiten in Deutschland geordnet, kam er mit seiner Gemahlin und seinem vierjährigen Sohne Friedrich, nach Italien und nahm ohne große Schwierigkeit vom Königreiche Besitz, denn Tancred war schon gestorben und hatte nur einen jungen Sohn, namens Roger, zurückgelassen. Heinrich starb nicht lange darauf in Sizilien, wo ihm Friedrich folgte, während dem Herzoge Otto von Sachsen durch Gunst Papst Innocenz' III. die Kaiserkrone zuteil ward. Als aber Otto die Krone erhalten, wurde er gegen die allgemeine Meinung ein Gegner des Papstes, besetzte die Romagna und bereitete sich zu einem Angriff auf Neapel. Deshalb tat der Papst ihn in den Bann, worauf alle ihn verließen und die Kurfürsten den König Friedrich von Sizilien zum Kaiser wählten. Friedrich kam nach Rom die Krone zu erhalten, der Papst aber wollte ihn nicht krönen, weil er seine Macht fürchtete, und suchte ihn aus Italien zu entfernen, wie er es mit Otto getan. Erzürnt ging Friedrich nach Deutschland, wo er nach längerem Kampfe Otto besiegte.
Unterdessen starb Innocenz III., welcher, neben andern schönen Handlungen, das Spital zum heiligen Geist in Rom erbaute. Sein Nachfolger war Honorius III., unter dessen Regierung die Orden der Dominikaner und Franziskaner entstanden, im Jahre 1218. Durch diesen Papst wurde Friedrich gekrönt, welchem Johann, ein Nachkomme König Balduins von Jerusalem, der mit den Resten der Christen in Palästina war und noch den Titel von jenem Reiche führte, seine Tochter zur Gemahlin und seinen Titel zur Mitgift gab. Daher kommt es, daß der König von Neapel sich auch König von Jerusalem nennt.
In Italien war es damals auf folgende Weise bestellt. Die Römer wählten keine Konsuln mehr, sondern an deren Stelle bald einen, bald mehrere Senatoren. Noch bestand der Bund, den die lombardischen Städte gegen Kaiser Friedrich I. geschlossen hatten, und es bildeten ihn Mailand, Brescia, Mantua, die meisten Städte der Romagna, Verona, Vicenza, Padua, Treviso. Zur kaiserlichen Partei hielten Cremona, Bergamo, Parma, Reggio, Modena, Trient. Die übrigen Städte und Kastelle der Lombardei, der Romagna und Trevisaner Mark waren, je nach Umständen, bald auf der einen, bald auf der andern Seite. Zur Zeit Ottos III. war nach Italien ein Ezzelin gekommen, der einen Sohn zurückließ, welchem ein anderer Ezzelin geboren ward. Dieser, reich und mächtig, schloß sich an Friedrich II. an, welcher, wie gesagt, mit dem Papste zerfallen war. Indem nun der Kaiser, mit Ezzelins Hilfe, über die Alpen zog, nahm er Verona und Mantua, verwüstete Vicenza, besetzte Padua, schlug das Heer der verbündeten Städte und wandte sich nach Toscana. Ezzelin hatte sich unterdes die ganze Mark Treviso unterworfen: Ferrara zu erobern gelang ihm nicht, weil es durch Azzo da Este und des Papstes lombardische Truppen verteidigt ward, weshalb der Papst dem Estensen die Stadt zu Lehn gab, wie denn seine Nachkommen noch heutigen Tages sie besitzen. Friedrich, welcher sehr wünschte, Toscanas sich zu bemächtigen, verweilte zu Pisa, und indem er in jener Provinz Freunde und Feinde musterte, säete er so vielen Unfrieden aus, daß er zum Ruin von ganz Italien den Grund legte. Denn die guelfischen und gibellinischen Parteiungen mehrten sich: jenen Namen gab man den Anhängern der Kirche, diesen denen des Kaisers. Zu Pistoja vernahm man zuerst diese Benennungen. Nach seiner Abreise aus Pisa griff Friedrich viele Länder der Kirche an, so daß dem Papste kein Mittel blieb, als den Kreuzzug gegen ihn predigen zu lassen, wie seine Vorgänger gegen die Ungläubigen getan. Um nun nicht von den Seinigen auf einmal verlassen zu werden, wie es Friedrich Barbarossa und andern vor ihm begegnet, nahm der Kaiser viele Sarazenen in seinen Dienst, denen er, um sie sich geneigt zu machen und der Kirche ein dauerndes Hindernis in Italien zu bilden, Noceria (Lucera) im Königreich verlieh, auf daß sie, eine eigene Zufluchtsstätte besitzend, ihm um so zuverlässiger dienten. Innocenz IV. war zum Papsttum gelangt: den Kaiser fürchtend, begab dieser sich nach Genua und von dort nach Frankreich, wo er zu Lyon eine Kirchenversammlung (1245) ausschrieb, welcher Friedrich beizuwohnen beschloß. Aber er wurde durch die Empörung Parmas zurückgehalten, und nachdem er hier im Kampfe Unglück gehabt, begab er sich nach Toscana und von dort nach seinem Königreiche, wo er starb. In Schwaben ließ er seinen Sohn Conrad, in Apulien Manfred, den eine Beischläferin ihm geboren und welchen er zum Herzog von Benevent gemacht hatte. Conrad kam, von dem Reiche Besitz zu nehmen, und starb zu Neapel; sein kleiner Sohn Conradin war in Deutschland zurückgeblieben. Während dessen hielt Manfred anfangs als Vormund Conradins das Land besetzt; später, das Gerücht von Conradins Tod verbreitend, machte er sich zum Könige gegen den Willen des Papstes und der Neapolitaner, die er mit Gewalt zum Gehorsam zwang.
Während dies im Reiche vorging, fanden in der Lombardei viele Reibungen zwischen der guelfischen und gibellinischen Partei statt. Jenen stand ein päpstlicher Legat vor, diesen Ezzelin, welcher beinahe die ganze Lombardei jenseits des Po besaß. Und weil bei den Rüstungen zum Kriege Padua von ihm abfiel, ließ er zwölftausend Paduaner umbringen; vor dem Ende aber des Kampfes fand er selber den Tod, als er schon im achtzigsten Jahre stand, und alle Orte, die ihm gehört, erlangten ihre Freiheit. König Manfred von Neapel fuhr, nach dem Beispiel seiner Ahnen, in seiner Feindschaft gegen die Kirche fort und hielt Papst Urban IV. in beständiger Besorgnis, so daß dieser einen Kreuzzug gegen ihn anordnete und nach Perugia ging, die Kriegsvölker zu erwarten. Da ihm nun schien, daß diese spät und in geringer Zahl anlangten, so ward er inne, daß, um Manfred zu stürzen, kräftigere Hilfe nötig sei. Deshalb wandte er seine Blicke nach Frankreich und wählte Carl von Anjou, König Ludwigs Bruder, zum Könige von Sizilien und Neapel, indem er ihn aufforderte, nach Italien zu kommen und von dem Reiche Besitz zu nehmen. Bevor aber Carl nach Rom kam, starb der Papst und an seiner Statt wurde Clemens IV. gewählt, zu dessen Zeit Carl mit dreißig Galeeren bei Ostia landete, während seine übrigen Völker den Landweg nahmen. Als er in Rom verweilte, ernannte ihn das Volk, ihn sich geneigt zu machen, zum Senator und der Papst erteilte ihm die Investitur des Königreichs unter der Bedingung, daß er jährlich der Kirche 50 000 Gulden zahlen sollte. Zugleich erließ er ein Dekret, nach welchem in Zukunft weder Carl noch irgendeiner seiner Nachfolger die Kaiserkrone erhalten dürfte. Carl zog gegen Manfred, der bei Benevent geschlagen wurde und den Tod fand, worauf jener Neapels und Siziliens sich bemächtigte. Conradin aber, dem nach dem Willen seines Vaters das Reich gehörte, sammelte ein Heer in Deutschland und zog nach Italien gegen Carl, mit dem er bei Tagliacozzo zusammentraf. Er unterlag, floh unerkannt, wurde gefangengenommen und starb auf dem Blutgerüst.
In Italien war Ruhe, bis Hadrian V. Papst wurde. Da Carl in Rom war und kraft seines Amtes als Senator die Stadt regierte, konnte der Papst seine Macht nicht ertragen, ging nach Viterbo und forderte den Kaiser»Imperatore«. Rudolf I. von Habsburg (1273 – 91) wurde indeß bekanntlich nie gekrönt. Rudolf auf, gegen den König nach Italien zu kommen. So hörten die Päpste nicht auf, bald religiöser Interessen, bald ihres eignen Ehrgeizes wegen, immer wieder Fremde ins Land zu rufen und neue Kriege zu veranlassen: kaum hatten sie einen Fürsten mächtig gemacht, so bereuten sie's und suchten ihn zu stürzen, und wollten nicht, daß die Länder, welche zu besitzen eigne Schwäche ihnen unmöglich machte, von andern besessen würden. Die Fürsten ihrerseits fürchteten sie, weil sie immer siegten, kämpfend oder fliehend, wenn sie nicht durch irgendeine List unterdrückt wurden, wie Bonifaz VIII. und einige andere, welche unter dem Scheine der Freundschaft von den Kaisern gefangengenommen wurden. Rudolf kam nicht nach Italien, weil sein Krieg mit dem Könige von Böhmen ihm keine Zeit dazu ließ. Als Hadrian starb, wurde Nicolaus III. aus dem Hause Orsini gewählt, ein kühner und ehrgeiziger Mann. Dieser wollte auf jeden Fall König Carls Macht schwächen und brachte es dahin, daß der Kaiser darüber Klage führte, daß Carl in Toscana einen Statthalter für die guelfische Partei hielt, welche nach Manfreds Tode durch seinen Beistand in jener Provinz wieder emporgekommen war. Carl gab dem Kaiser nach und rief seinen Statthalter zurück, und der Papst sandte einen Kardinal, seinen Neffen, hin, um als Reichsstatthalter das Land zu verwalten. In Anerkenntnis dieser ihm zuteil gewordenen Ehre, gab der Kaiser der Kirche die Romagna zurück, welche seine Vorgänger dieser genommen, und der Papst ernannte Bertoldo Orsini zum Herzog der Romagna. Da es ihm nun schien, daß er mächtig genug geworden sei, gegen Carl Angesicht in Angesicht auftreten zu können, nahm er ihm sein Amt als Senator, und erließ einen Beschluß, demzufolge in Zukunft keiner von königlichem Geblüte Senator von Rom werden sollte. Er hatte auch den Plan, Carl Sizilien zu nehmen, und knüpfte zu diesem Zwecke mit Peter, König von Aragon, geheime Unterhandlungen an, welche nachmals ihre Wirkung nicht verfehlten. Aus seinem Hause wollte er zwei zu Königen machen, in der Lombardei den einen, den andern in Toscana, um durch ihre Macht die Kirche gegen die Deutschen wie gegen die Franzosen zu schützen. Aber mitten unter diesen Plänen starb er, der erste Papst, welcher persönlichen Ehrgeiz offen an den Tag legte, und unter dem Scheine, die Kirche groß machen zu wollen, die Seinen zu erhöhen und zu bereichern trachtete. Und wie vor dieser Zeit nie von Nepoten und Verwandten eines Papstes die Rede gewesen, so wird von nun an die Geschichte voll davon; und wie bis zu unsern Tagen die Päpste getrachtet, die Ihrigen als Fürsten zu hinterlassen, so bleibt ihnen nichts anderes mehr zu versuchen, als ihnen das Papsttum erblich zu übertragen. Freilich ist wahr, daß bis jetzt die von den Päpsten gestifteten Fürstentümer nur kurze Dauer gehabt haben, denn in den meisten Fällen kommen die Päpste, ihres kurzen Lebens wegen, nicht mit dem Pflanzen zustande, oder, wenn dies ihnen gelungen, lassen sie die Gewächse mit so geringen und schwachen Wurzeln, daß der erste Wind sie umwirft, sobald die sie stützende Kraft geschwunden ist.
Auf jenen Papst folgte Martin IV., welcher als geborner Franzose dem König Carl günstig war. Carl sandte daher in die Romagna, welche sich empört hatte, Kriegsvölker dem Papste zu Hilfe, und als das Lager bei Forli geschlagen war, verordnete der Sterndeuter Guido Bonatti, daß das Volk in einem von ihm angegebenen Moment die Franzosen angreifen sollte, wobei diese alle umkamen oder in Gefangenschaft gerieten. Um diese Zeit fanden die Wirkungen der vom Papste Nicolaus mit dem Könige von Aragon gepflogenen Unterhandlungen statt, denn die Sizilianer ermordeten alle Franzosen, die sich auf der Insel befanden, zu deren Könige der Aragonier sich aufwarf, indem er erklärte, sie gehöre ihm als ein Erbe seiner Gemahlin Constanze, der Tochter Manfreds. König Carl starb während des Krieges, den er zur Wiedereroberung der Insel begonnen hatte, und sein Nachfolger Carl II. befand sich als Kriegsgefangener in Sizilien. Um sich zu befreien, versprach er, innerhalb dreier Jahre vom Papste die Investitur Siziliens für das Aragonische Haus zu erlangen, wo nicht, wieder als Gefangener sich zu stellen.
Kaiser Rudolf, statt nach Italien zu kommen, um dem Reiche wieder zu Ansehn in diesem Lande zu verhelfen, schickte einen Abgesandten mit der Befugnis, allen Städten die Freiheit zu verleihen, die sich loskaufen würden, was viele Städte taten, indem sie mit der Freiheit die Sitte änderten. Ihm folgte Adolf von Nassau und als Papst Pietro da Morrone, genannt Cölestin V. Dieser, ein heiliger Einsiedler, entsagte nach sechs Monden dem Papsttum, welches an Bonifaz VIII. überging. Der Himmel, welcher wußte, daß die Zeit kommen mußte, wo Franzosen und Deutsche Italien verlassen und das Land in Händen seiner eignen Bewohner bleiben würde, ließ in Rom zwei mächtige Familien wachsen, die Colonna und Orsini, auf daß durch deren Macht und Nähe das Papsttum kraftlos bliebe und die Päpste, auch nachdem fremde Hindernisse aus dem Wege geräumt sein würden, ihre Macht weder befestigen noch genießen könnten. Papst Bonifaz, der dies gewahrte, bemühte sich also, die Colonnesen zu vernichten; er tat sie in den Bann und ließ das Kreuz gegen sie predigen. Tat er ihnen damit wehe, so schadete er doch der Kirche noch mehr. Denn die Waffen, welche im Dienste des Glaubens siegreich gewesen, begannen stumpf zu werden, als sie aus Ehrgeiz gegen Christen gewandt wurden. So entriß das zu große Verlangen der Päpste, ihre Pläne durchzusetzen, allmählich die Waffen ihren Händen. Zwei aus der Familie Colonna, welche Kardinäle waren, wurden ihrer Würde entsetzt, und als Sciarra, das Haupt des Geschlechts, ungekannt entfloh, wurde er von katalonischen Korsaren gefangengenommen und zum Rudern gebraucht. Aber zu Marseille erkannt, gelangte er zu Philipp, König von Frankreich, welchen Bonifaz in den Bann getan und des Reiches verlustig erklärt hatte. Da nun Philipp in Betracht zog, daß er in einer offenen Fehde mit dem Papste entweder den Kürzern ziehen oder großen Gefahren sich aussetzen würde, so nahm er zur List seine Zuflucht. Indem er sich stellte, als wolle er mit dem Papste sich vertragen, sandte er Sciarra Colonna heimlich nach Italien, welcher nach Anagni ging, wo Bonifaz verweilte, nachts seine Anhänger zusammenrief und jenen gefangen nahm. Und obgleich bald darauf der Papst durch die Bewohner von Anagni befreit ward, so starb er doch nach wenigen Tagen vor Wut und Schmerz über die Schmach, die ihm widerfahren war. Bonifaz setzte im Jahr 1300 das Jubiläum ein und verordnete, daß es alle hundert Jahre gefeiert werden sollte. In diesen Zeiten ereignete sich viel Unfriede zwischen den beiden großen politischen Parteiungen, und da Italien von den Kaisern verlassen war, wurden viele Städte frei, viele wurden von Tyrannen besetzt. Papst Benedict, der auf Bonifaz folgte, gab den Colonnesischen Kardinälen den Hut wieder und nahm den König Philipp von neuem in die Gemeinschaft der Kirche auf. Ihm folgte Clemens V., der, weil er ein Franzose war, im Jahre 1305 den heiligen Stuhl nach Frankreich verlegte.
Unterdessen starb Carl II., König von Neapel, und hatte seinen Sohn Robert zum Nachfolger. Zur Kaiserwürde war Heinrich von Lützelburg gelangt, welcher nach Rom zog, die Krone zu empfangen, obgleich der Papst abwesend war. Sein Zug veranlaßte viele Bewegungen in der Lombardei, denn alle Verbannte, mochten sie Gibellinen oder Guelfen sein, kehrten in ihre Heimatorte zurück. Die Folge davon war, daß die alten Zwistigkeiten wieder anfingen, die einen die andern vertrieben und das Land neue Fehden sah, die der Kaiser trotz aller Anstrengung nicht zu unterdrücken imstande war. Nachdem Heinrich die Lombardei verlassen, kam er über Genua nach Pisa, wo er dem König Robert seinen Einfluß in Toscana zu nehmen dachte. Da ihm dies nicht gelang, wandte er sich nach Rom, wo er wenige Tage blieb, weil die Orsini ihm mit Hilfe des Königs widerstanden. So kehrte er nach Pisa zurück, und um den Krieg in Toscana mit größeren Kräften zu führen und das Land dem König Robert sicherer zu entreißen, veranlaßte er den König Friedrich von Sizilien, denselben anzugreifen. Im Augenblicke aber, als er hoffte, Toscana in seine Gewalt zu bekommen und dem Könige von Neapel seine Länder zu nehmen, starb er, und hatte im Reiche Ludwig den Bayer zum Nachfolger. Die Papstwürde kam an Johann XXII., unter dessen Regierung der Kaiser nicht aufhörte, die Guelfen und die Kirche zu verfolgen, deren eifrigste Beschützer König Robert und die Florentiner waren. Folgen davon waren in der Lombardei die Kriege der Visconti gegen die Guelfen, in Toscana die Kriege Castruccios, des Herrn von Lucca, gegen die Florentiner. Da die Familie der Visconti das Herzogtum Mailand gründete, eins der fünf Fürstentümer, welche nachmals Italien regierten, so scheint es mir passend, ihren Ursprung genauer ins Auge zu fassen.
Als in der Lombardei der Städtebund sich bildete, dessen Zweck die gemeinsame Verteidigung gegen Friedrich Barbarossa war, trat Mailand, wieder auflebend aus seinen Trümmern, die erlittene Schmach zu rächen, dem Bunde bei, welcher den Kaiser zügelte und der Partei der Kirche in der Lombardei längere Zeit hindurch das Übergewicht verschaffte. In den nachfolgenden Kriegsunruhen erlangte die Familie della Torre großes Ansehen in der genannten Stadt: eine Autorität, die sich mehrte in dem Maße, wie jene der Kaiser abnahm. Als aber Friedrich II. nach Italien gekommen und durch Ezzelins Bemühungen der kaiserliche Anhang mächtig geworden war, entstanden in allen Städten gibellinische Regungen. In Mailand stellte sich an die Spitze dieser Partei das Geschlecht der Visconti, welches die della Torre aus der Stadt vertrieb. Diese aber blieben nicht lange im Exil, sondern kehrten infolge eines zwischen Papst und Kaiser abgeschlossenen Vertrages in ihre Vaterstadt zurück. Als die Päpste nach Frankreich gegangen und Kaiser Heinrich nach Italien gekommen, um in Rom gekrönt zu werden, ward er in Mailand von Matteo Visconti und Guido della Torre aufgenommen, welche damals die Häupter der beiden Geschlechter waren. Da aber Matteo den Plan hatte, des Kaisers sich zu bedienen, um Guido zu verjagen, und das Unternehmen ihm unschwer schien, weil Letzterer einer feindlichen Faktion angehörte: so benutzte er die Beschwerden des Volks über das harte Verfahren der Deutschen, und ermutigte in der Stille jeden, die Waffen zu ergreifen, um das Joch dieser Fremdlinge abschütteln. Und als er die Gemüter für hinlänglich bearbeitet hielt, veranlaßte er durch einige seiner Vertrauten einen Aufstand, worauf das ganze Volk gegen die Deutschen sich erhob. Kaum waren die Unruhen ausgebrochen, so stand Matteo mit seinen Söhnen und allen seinen Genossen in Waffen da. Sie eilten zum Kaiser, welchem sie vorstellten, wie dieser Tumult von den della Torre ausgehe, indem diese, nicht damit zufrieden, als Privatleute in Mailand zu leben, ihn aus der Stadt vertreiben wollten, um sich alle Guelfen Italiens geneigt, sich selbst aber zu Herren der Stadt zu machen. Er möge indes guten Mutes sein, denn wenn er sich verteidigen wolle, so würden sie ihm auf alle Weise beistehen. Der Kaiser hielt Matteos Aussagen für wahr, vereinigte seine Streitmacht mit der Viscontischen und griff die Torrianer an, welche nach verschiedenen Teilen der Stadt geeilt waren, den Aufstand zu unterdrücken. Einige von ihnen wurden getötet, die andern ins Exil gesandt. So blieb Matteo Visconti in Mailand mit fürstlicher Gewalt; nach ihm kam Galeazzo und Azzo, nach diesen Luchino und Giovanni. Letzterer erlangte die erzbischöfliche Würde; Luchino, der vor ihm starb, hinterließ Barnabo und Galeazzo, und des letztgenannten Sohn war Giovanni Galeazzo, der den Namen des Grafen von Virtu führte.Graf von Vertus in der Champagne durch seine Vermählung mit Isabella von Valois. Nach des Erzbischofs Tode schaffte dieser seinen Oheim Bernabò durch List aus dem Wege und blieb alleiniger Herr von Mailand. Er war der erste, der den herzoglichen Titel annahm. Seine Söhne waren Filippo und Giovanni Maria Angelo; dieser wurde vom mailänder Volke ermordet, worauf der Staat dem Filippo blieb, der keine männlichen Nachkommen hinterließ. So gelangte Mailand von den Visconti an die Sforza – auf welche Weise, werden wir gehörigen Orts erzählen.
Um von dieser Abschweifung zurückzukehren, so zog Kaiser Ludwig nach Italien, um seiner Partei größere Macht zu verschaffen und sich die Krone aufsetzen zu lassen. Als er sich nun in Mailand befand, stellte er sich, als wollte er den Mailändern, von denen er Geld zu erlangen wünschte, die Freiheit wiedergeben und ließ die Visconti einkerkern, später aber durch Castruccio, den Herrn von Lucca, wieder befreien. In Rom angelangt, ernannte er, um Italien in noch größere Verwirrung zu setzen, den Pietro da Corvara zum Gegenpapst und dachte durch dessen Ansehen, wie durch die Kriegsmacht der Visconti, die ihm widerstrebenden Parteien Toscanas und der Lombardei zu schwächen. Aber Castruccio starb, und dieser Todesfall war der Anfang seines Unglücks: denn Pisa und Lucca fielen ab von ihm und die Pisaner sandten den Gegenpapst gefangen nach Frankreich zum Papste, so daß der Kaiser, an dem guten Ausgang der italienischen Angelegenheiten verzweifelnd, nach Deutschland zurückkehrte. Kaum war er fort, so kam König Johann von Böhmen nach Italien, von den Gibellinen von Brescia gerufen, und bemächtigte sich dieser Stadt und Bergamos. Und da dieser Zug mit des Papstes Bewilligung stattfand, wenn derselbe auch das Gegenteil vorgab, so war der Legat von Bologna dem Könige günstig, in der Meinung, daß dies ein gutes Mittel sei, den Kaiser am nochmaligen Römerzuge zu verhindern. Dies brachte in Italien eine große Umwandlung hervor. Denn da die Florentiner und der König Robert sahen, daß der Legat die Unternehmungen der Gibellinen förderte, so wurden sie Feinde aller, denen der Legat und der böhmische König günstig waren. Und ohne Rücksicht auf guelfische und gibellinische Partei, schlossen sich viele Fürsten an sie an, unter ihnen die Visconti, della Scala, Filippino da Gonzaga von Mantua, die Carraresen von Padua und die von Este. Deshalb tat der Papst sie alle in den Bann, und aus Furcht vor diesem Bunde ging der König nach Hause zurück, größere Streitkräfte zu sammeln. Nachdem er nun mit diesen von neuem nach Italien gekommen war, fand er dennoch das Unternehmen schwierig, weshalb er, zu des Legaten Mißvergnügen, entmutigt nach Böhmen zurückkehrte, indem er nur in Reggio und Modena Besatzung, und Parma in der Hut des Marsilio und Piero de'Rossi ließ, die in dieser Stadt großen Anhang hatten. Nach seinem Abzuge schloß sich Bologna dem Bunde an und die Verbündeten teilten sich in vier Städte, die zur kirchlichen Partei sich hielten, indem sie übereinkamen, daß Parma den della Scala gehören sollte, Reggio den Gonzagas, Modena den Estes, Lucca den Florentinern. Diese Pläne führten aber viele Kriege herbei, welche später großenteils von den Venezianern beigelegt wurden. Manchem vielleicht dürfte es unpassend scheinen, daß wir bei der Erwähnung so vieler Vorfälle in Italien so lange angestanden haben von den Venezianern zu reden, da ihre Republik dem Range wie der Macht nach allen andern Staaten Italiens vorausgeht. Damit aber solche Verwunderung aufhöre, wenn man den Grund vernimmt, werde ich eine gute Weile zurückgehen, damit jedem klar werde, welcher Art die Anfänge dieses Staates waren, und weshalb derselbe so spät erst in die italienischen Angelegenheiten eingriff.
Als Attila, der Hunnenkönig, Aquileia belagerte, flüchteten nach langer Verteidigung dessen Bewohner, an ihrer Rettung verzweifelnd, mit aller Habe, die sie aufraffen konnten, auf einige öde Felsengruppen am Ausgange des Adriatischen Meeres. Auch die Paduaner, als sie den Brand nahe sahen und fürchteten, nach Aquileias Einnahme werde Attila gegen sie sich wenden, schafften ihr wertvollstes bewegliches Gut nach einem Orte in demselben Meere, den man Rivo alto nannte, wohin sie auch ihre Weiber, Kinder und Greise brachten, indem die jungen Männer allein zum Schutze der Stadt zurückblieben. Von derselben Furcht getrieben, flüchteten sich die Bewohner von Monselice und den benachbarten Hügeln nach den nämlichen Eilanden. Nachdem nun Aquileia genommen und Padua, Monselice, Vicenza, Verona von Attila verwüstet worden waren, blieben die Paduaner und die mächtigeren in jenen sumpfigen Strichen bei Rivo alto wohnen Auch die Leute aus der Nachbarschaft jener Provinz, welche vor Alters Venezien hieß, suchten derselben Kriegsfälle wegen Schutz in den Niederungen am Meere. Von Not gedrängt, verließen sie anmutige und fruchtbare Orte und gingen in unfruchtbare, unschöne, öde Gegenden. Und da viel Volkes auf einmal hier zusammenkam, machten sie diese Orte binnen sehr kurzem nicht bloß bewohnbar, sondern auch angenehm, und nachdem sie Gesetz und Ordnung untereinander eingeführt, lebten sie in Ruhe während der größten Verwirrungen in Italien, und nahmen bald zu an Macht und Ansehn. Denn außer den genannten flüchteten dahin noch manche aus den lombardischen Städten, vertrieben durch die Grausamkeit Klefs, des Königs der Longobarden. Dadurch wurde die neue Stadt bedeutend vergrößert, so daß zur Zeit Pipins des Frankenkönigs, als dieser auf des Papstes Bitten gegen die Longobarden herbeizog, in dem zwischen ihm und dem griechischen Kaiser geschlossenen Vertrage festgesetzt ward, daß der Herzog von Benevent und die Venezianer keinem von ihnen untertan sein, sondern ihre Unabhängigkeit bewahren sollten. Wie nun Not die Bewohner Venedigs gezwungen hatte, im Wasser zu leben, so brachte Not sie auch dahin, Mittel zu ersinnen, sich einen ehrbaren Lebensunterhalt zu verschaffen. Indem sie auf ihren Fahrzeugen in der ganzen Welt umherzogen, füllten sie ihre Stadt mit fremden Waren, und die andern Leute, welche derselben bedurften, sahen sich veranlaßt, Venedig zu besuchen. Viele Jahre lang dachten sie an keine andere Herrschaft als an die, welche ihnen für den Handel Erleichterung und Bequemlichkeit gewähren könnte. Deshalb eroberten sie mehrere Häfen in Griechenland und Syrien, und bei den Zügen der Franken nach Asien wurde ihnen, zum Dank für den durch ihre Seemacht gewährten Nutzen, die Insel Candia zugestanden. Als sie in solchen Verhältnissen lebten, war ihr Name zur See gefürchtet, in Italien geehrt: so daß sie häufig zu Schiedsrichtern bei entstandenen Zwistigkeiten bestellt wurden, wie in dem Streite geschah, den die Verteilung der gewonnenen Städte unter den Verbündeten veranlaßte. Nachdem die Entscheidung den Venezianern anheimgestellt worden, behielten die Visconti Bergamo und Brescia. Da aber diese nämlichen Venezianer, von Ländergier angetrieben, im Laufe der Zeit Padua, Vicenza, Treviso, dann Verona, Bergamo und Brescia, und im Königreich Neapel und der Romagna viele Städte sich zu eigen gemacht, stieg der Ruf ihrer Macht dermaßen, daß sie nicht bloß den italienischen Fürsten, sondern auch fremden Königen Furcht einflößten. Da nun diese einen Bund gegen sie schlossen, stürzte an einem Tage jener Staat zusammen, den sie während vieler Jahre mit ungeheurer Anstrengung gegründet hatten.Hindeutung auf die Ligue von Cambrai. Und wenn sie auch in den jüngsten Zeiten einen Teil desselben wiedergewonnen haben, so leben sie doch, da sie zugleich nicht auch ihre alte Autorität und Macht zurückerlangt, gleich den übrigen italienischen Staaten abhängig von andrer Gutdünken.
Benedikt XII. war zum Papsttum gekommen. Da dieser die Besitzungen in Italien als verloren ansah und fürchtete, Kaiser Ludwig werde sich derselben bemächtigen, so beschloß er alle jene sich zu Freunden zu machen, welche Reichsländer eigenmächtig besetzt hielten, in der Absicht, sie zu einem gemeinsamen Bunde mit dem heiligen Stuhl gegen die gefürchtete Macht des Kaisers zu bewegen. Deshalb erließ er eine Verfügung, welche allen Gewaltherrschern der Lombardei den rechtmäßigen Besitz der usurpierten Städte und Ländereien zusprach. Da Benedikt darüber gestorben und Clemens VI. Papst geworden war, und der Kaiser sah, mit welcher offnen Hand der Papst über Reichsland verfügt hatte, so schenkte er, um mit fremden Gut ebenso freigebig zu sein wie jener, allen kleinen Herren im Kirchenstaat die von ihnen besetzten Orte, die sie fortan unter kaiserlicher Autorität beherrschen sollten. So wurden Galeotto Malatesta und seine Brüder Herren von Rimini, Pesaro und Fano, Antonio von Montefeltro Herr von der Mark und Urbino, Gentile da Varano Herr von Camerino, Guido da Polenta von Ravenna, Sinibaldo Ordelaffi von Forli und Cesena, Giovanni Manfredi von Faenza, Lodovico Alidosi von Imola, und außer diesen viele andere in andern Städten, so daß von denen, die im Kirchenstaat lagen, wenige ohne Fürsten blieben.Die Mehrzahl dieser Familien hatte schon längst in den genannten Städten faktischen Besitz. (Man s. Dante, Hölle 27. Ges. u. a. v. a. O.) Dies verursachte bis auf Alexander VI. die Schwäche des heiligen Stuhls – Alexander aber verschaffte der Kirche ihre verlorne Macht wieder, indem er die Abkömmlinge der genannten stürzte. Der Kaiser befand sich, als er diese Verleihung vornahm, zu Trient und ließ wissen, er wolle nach Italien kommen, woher eine Menge Unruhen in der Lombardei entstanden, infolge deren die Visconti Parmas sich bemächtigten. Um diese Zeit starb König Robert von Neapel, mit Hinterlassung zweier Enkelinnen, Töchter seines lange vor ihm gestorbenen Sohnes Carl. Er hatte verordnet, daß die ältere, Johanna, ihm im Reiche nachfolgen und Andreas, den Sohn des Königs von Ungarn, seinen Neffen, heiraten sollte. Das Ehebündnis währte nicht lange, denn Andreas wurde auf Geheiß der Königin ermordet und diese wählte einen andern Vetter, Ludwig Fürsten von Tarent, zum Gemahl. Aber der Bruder des Andreas, König Ludwig von Ungarn, zog, um dessen Tod zu rächen, mit vielem Kriegsvolk nach Italien und vertrieb die Königin Johanna samt ihrem Gemahl aus dem Reiche. In der nämlichen Zeit ereignete sich zu Rom ein merkwürdiger Vorfall. Einer namens Niccolò di Lorenzo, Kanzler auf dem Kapitol, vertrieb die Senatoren aus Rom, machte sich unter dem Namen eines Tribuns zum Haupt der römischen Republik und stellte deren alte Form her, indem er seiner Verwaltung solchen Ruf von Gerechtigkeit und Ordnung verschaffte, daß nicht aus den benachbarten Orten bloß, sondern aus ganz Italien Gesandte zu ihm kamen und die alten Provinzen, da sie Roms Wiedergeburt sahn, das Haupt erhoben, während einige aus Furcht, andere durch Hoffnung bewegt, dem Tribun Ehrfurcht zollten. Ungeachtet des guten Anfanges verlor Niccolò doch bald das Vertrauen auf sich selber: der Mut sank ihm unter der Last, die er sich aufgebürdet, und ohne ernstlichen Widersacher, entfloh er heimlich und ging zum Könige Carl von Böhmen, welcher, Ludwig dem Bayer zum Trotz, auf des Papstes Geheiß zum Kaiser gewählt worden war. Um sich den Papst gewogen zu halten, sandte dieser ihm den Niccolò gefangen zu. Es traf sich nun, daß Niccolò Nachahmer fand und ein Francesco Baroncelli sich nach ihm in Rom zum Tribun machte und die Senatoren vertrieb. Deshalb befreite der Papst, als kürzestes Mittel diesem ein Ende zu machen, den Niccolò aus dem Kerker und sandte ihn nach Rom, indem er ihm die Tribunswürde erteilte, worauf er sein Amt antrat und den Francesco hinrichten ließ. Da ihm aber die Colonnesen entgegen waren, so verlor auch er nach kurzer Zeit das Leben und die senatorische Regierung begann von neuem. Unterdessen kehrte der König von Ungarn, nach der Vertreibung der Königin Johanna, in sein Reich zurück. Der Papst aber, welcher Neapel lieber in ihren als in seinen Händen sah, brachte es dahin, daß der König in Johannas Rückkehr sich fügte, unter der Bedingung, daß Ludwig ihr Gemahl sich nur Prinz von Tarent und nicht König nennen sollte. Das Jahr 1350 war herangekommen und es schien dem Papste angemessen, das Jubiläum, welches Bonifaz VIII. alle hundert Jahre einmal zu feiern bestimmt, je nach fünfzig Jahren wiedereintreten zu lassen. Da er dies durch eine Verordnung bekanntgemacht, so waren die Römer es zufrieden, daß er vier Kardinäle nach Rom senden sollte, um die Verwaltung neu zu ordnen und die Senatoren nach seinem Gutdünken zu ernennen. Der Papst machte überdies Ludwig von Tarent zum Könige von Neapel, und Johanna gab aus Erkenntlichkeit der Kirche Avignon, welches ihr Erbe war. Damals war Luchino Visconti gestorben und der Erzbischof von Mailand allein als Herr der Stadt geblieben, welcher mit Toscana und seinen Nachbarn viel Kriege führte und große Macht erlangte. Nach seinem Tode folgten seine Neffen Bernabò und Galeazzo, und nach Galeazzos Tode dessen Sohn Giovan Galeazzo, welcher sich mit Bernabò in den Staat teilte. König Carl von Böhmen war Kaiser, Papst war Innocenz VI. Dieser sandte nach Italien den Kardinal Egidius, der ein Spanier von Nation war und durch seine Tapferkeit nicht nur in der Romagna und in Rom, sondern in ganz Italien der Kirche großen Ruhm verschaffte. Er nahm Bologna, welches vom Erzbischof von Mailand besetzt worden; nötigte die Römer einen fremden, jedes Jahr durch den Papst zu ernennenden Senator anzunehmen, schloß einen ehrenvollen Vertrag mit dem Visconti, schlug den Engländer Giovanni Aguto, welcher mit viertausend der Seinigen auf gibellinischer Seite in Toscana focht und dabei selber in Gefangenschaft geriet. Da nun Urban V. den päpstlichen Stuhl bestieg und von so vielen Siegen hörte, beschloß er Italien und Rom zu besuchen, wohin auch Kaiser Carl sich begab. Wenige Monde darauf kehrte der Kaiser in sein Reich, Urban nach Avignon zurück. Nach Urbans Tode wurde Gregor XI. gewählt, und da der Kardinal Egidius gestorben, befand sich Italien wieder in dem früheren gesetzlosen Zustande, wozu namentlich der gegen die Visconti geschlossene Städtebund beigetragen hatte. Deshalb sandte der Papst zuvörderst einen Legaten mit sechstausend Bretagnern nach Italien, dann kam er selbst und führte den Hof nach Rom zurück im Jahre 1376, nachdem einundsiebzig Jahre lang der Sitz der Päpste in Frankreich gewesen war. Da aber Gregor bald darauf starb, wurde Urban VI. gewählt, und nicht lange nachher Clemens VII. zu Fondi von zehn Kardinälen, welche des erstern Wahl als unrechtmäßig anfochten. Die Genuesen, lange den Visconti Untertan, empörten sich um diese Zeit, und zwischen ihnen und den Venezianern brach wegen des Besitzes der Insel Tenedos eine heftige Fehde aus, welche das ganze Land in Bewegung setzte. In diesem Kriege machte man zuerst Gebrauch von der Artillerie, einer Erfindung der Deutschen. Und obgleich die Genuesen eine Zeitlang überlegen waren und mehrere Monde lang Venedig einschlossen, so siegten die Venezianer dennoch am Ende und durch Vermittlung des Papstes kam im Jahre 1381 der Friede zustande.
In der Kirche war, wie gesagt, ein Schisma ausgebrochen und die Königin Johanna hielt sich zur Partei des Gegenpapstes. Deshalb veranlaßte Urban VI. den Carl von Durazzo, der zur neapolitanischen Königsfamilie gehörte, gegen Johanna zu ziehn, welche ihre Sache verloren gab und nach Frankreich floh. Erzürnt über diese Vorfälle, sandte der König von Frankreich den Ludwig von Anjou nach Italien, das Reich für die Königin wiederzuerobern, Urban aus Rom zu vertreiben und den Gegenpapst dort einzusetzen. Aber Ludwig starb während des Feldzugs und die Reste seiner Truppen kehrten nach Hause zurück. Der Papst selbst ging nach Neapel, wo er neun Kardinäle einkerkern ließ, weil sie zur Partei Frankreichs und seines Gegners Clemens gehalten. Dann überwarf er sich mit dem Könige, weil dieser einen seiner Neffen nicht zum Fürsten von Capua machen wollte. Indem er sich stellte, als liege ihm nichts daran, bat er sich Nocera zur Wohnung aus, wo er sofort Befestigungen aufführte und sich anschickte, den König der Krone zu berauben. Dieser zog gegen den Papst, welcher nach Genua floh, wo er die gefangenen Kardinäle umbringen ließ. Hierauf kehrte er nach Rom zurück und ernannte, um seine Partei zu verstärken, neunundzwanzig Kardinäle. Carl, König von Neapel, aber ging nach Ungarn, wo er zum König gekrönt ward und bald starb, indem er in Neapel seine Gemahlin und seine Kinder Ladislaus und Johanna zurückließ. Gian Galezzo Visconti hatte damals nach Bernabòs Tode den ganzen Staat von Mailand an sich gerissen und wollte auch noch Toscana besetzen, da es ihm nicht genügte, über die Lombardei zu schalten. Als er aber jener Provinz sich zu bemächtigen und zum Könige von Italien sich aufzuwerfen dachte, ereilte ihn der Tod. Auf Urban VI. war Bonifaz IX. gefolgt, während zu Avignon der Gegenpapst Clemens VII. starb und Benedikt XIII. zum Nachfolger erhielt.
In diesen Zeiten war Italien voll englischer, deutscher und bretagnischer Söldlinge, die zum Teil von den bei verschiedenen Veranlassungen ins Land gekommenen Fürsten gedungen, zum Teil von den Päpsten während ihres Aufenthaltes in Avignon dahin gesandt worden waren. Mit diesen kämpften die italienischen Fürsten ihre Kriege durch, bis Lodovico da Cento, ein Romagnole, aufstand und eine Schar italienischer Soldtruppen bildete, die er die Kompagnie des heiligen Georg nannte. Die Tapferkeit und Manneszucht dieser Truppen minderte den Ruf der fremden Söldlinge und verschaffte den Italienern Berühmtheit, so daß von da an die Fürsten in ihren Fehden ihrer sich bedienten. Wegen Unfriedens mit den Römern begab sich der Papst nach Assisi, wo er bis zum Jubiläum des Jahres 1400 blieb, bei welcher Gelegenheit die Römer, um ihn zur Rückkehr nach ihrer Stadt zu veranlassen, ihm sich fügten und von neuem einen ausländischen Senator annahmen, während sie ihm zugleich erlaubten, die Engelsburg zu befestigen. Nachdem der Papst unter solchen Bedingungen zurückgekehrt, verordnete er zu größerem Vorteil der Kirche, daß jedesmal bei der Vakanz von Benefizien der päpstlichen Kammer eine Annate gezahlt werden sollte. Nach dem Tode Gian Galeazzo Viscontis wurden dessen Staaten, obgleich er zwei Söhne hinterließ, in mehrere Teile zerstückelt. In den darauffolgenden Unruhen verlor einer der Söhne das Leben; der andere, Filippo Maria, hielt sich eine Zeitlang im Kastell von Pavia und rettete sich nur durch die Treue und Tapferkeit des Kastellans. Unter denen, welche Viscontische Städte besetzten, war Guglielmo della Scala, welcher als Verbannter bei Francesco da Carrara, Herrn von Padua, lebte, mit dessen Beistand er Verona wieder einnahm. Doch blieb er dort nur kurze Zeit, denn er wurde auf Francescos Befehl vergiftet, worauf dieser Veronas sich bemächtigte. Als die Bewohner von Vicenza, die unter Viscontischer Herrschaft ruhig gelebt hatten, dies sahen, fürchteten sie die Macht des Herrn von Padua und stellten sich unter den Schutz Venedigs, weshalb die Venezianer mit dem Carraresen Krieg begannen, und ihm erst Verona, dann auch Padua nahmen.
Unterdessen starb Papst Bonifaz und es folgte ihm Innocenz VII. Diesen bat das Römische Volk, er möge ihm die Burgen und die Freiheit wiedergeben, und da der Papst nicht dareinwilligen wollte, rief es den König Ladislaus von Neapel zu Hilfe. Später aber vertrugen sie sich und der Papst kehrte von Viteirbo, wohin er geflohn und wo er seinen Neffen Lodovico Migliorati zum Grafen der Mark ernannt hatte, nach Rom zurück. Er starb bald und nach ihm wurde Gregor XII. gewählt, unter der Bedingung, daß er seine Würde niederlegen sollte, falls der Gegenpapst ein gleiches täte. Auf Veranlassung der Kardinäle und um zu versuchen, ob der Kirchenspaltung ein Ende zu machen sei, verfügte sich der Gegenpapst Benedikt nach Porto Venere, Gregor nach Lucca, wo sie viel miteinander verhandelten, aber keine Entscheidung herbeiführten. Die Folge war, daß die Kardinäle den einen wie den andern verließen, worauf Benedikt nach Spanien ging, Gregor nach Rimini. Die Kardinäle ihrerseits, von Baidassar Cossa, dem Kardinallegaten von Bologna geleitet, hielten zu Pisa ein Konzil, in welchem sie Alexander V. wählten, welcher alsbald König Ladislaus in den Bann tat, die Krone von Neapel an Ludwig von Anjou vergab, im Bunde mit Florentinern, Genuesen, Venezianern und mit Baldassar Cossa Ladislaus angriff und ihm Rom nahm. Mitten in diesem Kriege aber starb der Papst und an seiner Statt wurde Cossa gewählt, der sich Johann XXIII. nannte. Dieser ging von Bologna nach Rom, wo er den Anjou fand, der mit Heeresmacht aus der Provence angelangt war. Sie zogen gegen Ladislaus und schlugen ihn. Aber die Fehler ihrer Hauptleute hinderten sie die Vorteile des Sieges zu verfolgen, so daß Ladislaus bald von neuem die Oberhand bekam und Rom besetzte, worauf der Papst nach Bologna ging, Ludwig nach der Provence. Indem nun der Papst darüber nachsann, auf welche Weise er Ladislaus' Macht schwächen könnte, veranlaßte er die Wahl Sigmunds, des Königs von Ungarn, zum Kaiser, ermunterte ihn zum Zuge nach Italien und traf mit ihm in Mantua zusammen, wo sie übereinkamen, zur Wiedervereinigung der Kirche ein allgemeines Konzil zu halten. Denn nur nachdem die Einheit hergestellt, konnte die Kirche ihren Feinden Widerstand leisten.
So waren denn in jener Zeit drei Päpste, Gregor, Benedikt und Johann, und die Kirche durch diese Spaltung schwach und ohne Ansehn. Zum Orte des Konzils wurde Costniz gewählt, eine Stadt in Deutschland, der Absicht Papst Johannes zuwider. Obgleich König Ladislaus Tod den Grund, welcher den Papst zur Bewilligung der Kirchenversammlung bewogen, aus dem Wege geräumt hatte, so konnte er nun doch die Teilnahme an derselben nicht verweigern, da er sie einmal zugesagt hatte. Einige Monate darauf in Costniz angelangt, sah er seinen Irrtum ein und versuchte zu entfliehn: aber gefangen und eingekerkert, wurde er gezwungen, die päpstliche Würde niederzulegen. Auch Gregor dankte mittels eines Bevollmächtigten ab; Benedikt, der andere Gegenpapst, welcher nicht entsagen wollte, wurde als Ketzer abgesetzt. Von seinen Kardinälen verlassen, mußte endlich auch er sich fügen, und das Konzil wählte Oddo Colonna, welcher den Namen Martin V. annahm. So einigte sich die Kirche von neuem nach vierzigjähriger Trennung.
Es befand sich damals, wie gesagt, Filippo Visconti im Kastell von Pavia. Als aber Facino Cane starb, welcher während der lombardischen Unruhen der Städte Vercelli, Alessandria, Novara und Tortona sich bemächtigt und viele Reichtümer erworben hatte, ließ er, da er kinderlos war, seine Gemahlin Beatrice als Erbin, und veranlaßte bei seinen Freunden die Wiederverheiratung derselben mit dem Visconti. Dieser, auf solche Art mächtig geworden, gelangte wieder zum Besitze Mailands und der Lombardei. Um sich sodann für große Wohltaten dankbar zu erweisen, wie es bei Fürsten fast immer der Fall zu sein pflegt, klagte er Beatricen des Ehebruchs an und ließ sie hinrichten. Sodann dachte er an den Krieg mit Toscana, den Lieblingsplan seines Vaters Gian Galeazzo.
König Ladislaus von Neapel hatte bei seinem Tode seiner Schwester Johanna, außer dem Reiche, ein großes, von den ersten Condottieren Italiens befehligtes Heer hinterlassen. Zu diesen Condottieren gehörte Sforza von Cotignola, der in jener Art der Kriegführung einen großen Ruf erworben hatte. Die Königin, um der Schmach ihres Umgangs mit einem gewissen Pandolfello ein Ende zu machen, heiratete Jakob de la Marche, aus königlich französischem Geblüte, unter der Bedingung, daß er damit sich begnügen sollte, Fürst von Tarent genannt zu werden, während ihr der königliche Titel und die Regierung blieben. Kaum aber war er in Neapel angelangt, so begrüßte das Heer ihn als König, so daß zwischen den Ehegatten ernstliche Mißverständnisse ausbrachen und verschiedene Male der Sieg schwankte, bis am Ende die Königin obsiegte, die nachmals dem Papste feind ward. Um diese in Not zu bringen und sie zu veranlassen, sich ihm ganz in die Arme zu werfen, kündigte Sforza ihr seinen Dienst. So befand sie sich plötzlich ohne Heer, und wandte sich in ihrer Verlegenheit an Alfons, König von Aragon und Sizilien, den sie an Sohnes Statt annahm. Zugleich nahm sie den Braccio da Montone in ihren Sold, der dem Sforza an Waffenruhm gleich stand und gegen den Papst war, indem er Perugia und andere Orte des Kirchenstaats besetzt hatte. Später vertrug sich die Königin mit dem Papste: König Alfons aber, welcher besorgte, von ihr gleich ihrem Gemahl behandelt zu werden, suchte in der Stille der Festungen sich zu bemächtigen; die schlaue Johanna kam ihm indes zuvor und hielt das Kastell von Neapel mit ihren Getreuen besetzt. Da nun der Verdacht zwischen beiden sich steigerte, griffen sie zu den Waffen: die Königin, mit Hilfe Sforzas, der zu ihr zurückgekehrt war, besiegte Alfons, vertrieb ihn aus Neapel, nahm die Adoption zurück und setzte an seine Stelle Ludwig von Anjou, woher zwischen Braccio, der zur Partei des Königs hielt, und Sforza, welcher für die Königin war, neuer Krieg entstand. Während dieses Kampfes ertrank Sforza beim Übergange über den Fluß Pescara, so daß die Königin, ohne Heerführer, von neuem hätte fliehen müssen, wäre ihr nicht Filippo Visconti zu Hilfe gekommen, der Alfons zur Räumung des Reiches nötigte. Braccio aber, dessen nicht achtend, fuhr fort, Johanna zu bedrängen. Da er Aquila belagerte, nahm der Papst, welcher Braccios Größe ungerne sah, Francesco, den Sohn Sforzas in seinen Sold: dieser zog gegen Aquila und schlug den Braccio, welcher dabei das Leben verlor. Von Braccios Partei blieb sein Sohn Oddo, dem der Papst Perugia nahm, aber Montone ließ. Nicht lange darauf aber kam dieser in der Romagna um, während er in florentinischem Solde focht, so daß von jener Condottierenschule Niccolò Piccinio der berühmteste blieb.
Da ich nun mit der Erzählung zu jenen Zeiten gelangt bin, welche zu erreichen ich mir vorgesetzt hatte, (indem das, was noch zu behandeln bleibt, größtenteils nichts anderes betrifft, als die Kriege der Florentiner und Venezianer mit dem Herzog von Mailand, welche ich erzählen werde, wenn ich im besondern die florentinische Geschichte beschreibe), so will ich für jetzt nicht weiter fortschreiten, sondern nur in der Kürze andeuten, in welchen Verhältnissen Italien sich in jener Epoche befand. Neapel beherrschte die Königin Johanna II. Von der Mark, dem Patrimonium und der Romagna gehörte ein Teil der Kirche, andere Teile waren von Statthaltern oder Gewaltherrschern besetzt, wie Ferrara, Modena und Reggio von den Este, Faenza von den Manfredi, Imola von den Alidosi, Forli von den Ordelaffi, Rimini und Pesaro von den Malatesta, Camerino von den Varano. Die Lombardei gehörte zum Teil dem Herzog Filippo, zum Teil Venedig, denn alle, welche dort einst abgesonderte Staaten besaßen, waren ausgestorben oder zugrunde gegangen, mit Ausnahme des Hauses Gonzaga, welchem Mantua gehörte. Über den größten Teil Toscanas herrschten die Florentiner: nur Lucca und Siena hatten ihre Unabhängigkeit bewahrt, Lucca unter den Guinigi, Siena als Republik. Genua, bald frei, bald dem französischen Königshause oder den Visconti Untertan, stand ungeehrt da und gehörte zu den kleineren Staaten. Alle diese Herrscher und Staaten hatten keine eigene Heeresmacht. Filippo Visconti, in seinen Gemächern eingeschlossen, ohne sich sehen zu lassen, führte durch seine Bevollmächtigten Krieg. Die Venezianer, als sie ihre Politik in bezug auf Italien änderten, legten die Waffen nieder, die ihnen auf der See so großen Ruhm verschafft hatten, und ließen, der Sitte der übrigen Italiener folgend, ihre Heere durch Fremde befehligen. Der Papst, weil es ihm als Kirchenfürsten nicht wohl anstand, Waffen zu führen, und die Königin Johanna, weil sie ein Weib war, taten aus Not das, was die übrigen aus unkluger Wahl taten. Auch die Florentiner gehorchten derselben Notwendigkeit: denn da sie in ihren vielen bürgerlichen Zwisten den Adel vernichtet hatten und die Verwaltung des Staates in den Händen von Leuten geblieben war, welche im Handel aufgewachsen, so teilten sie die Weise und das Schicksal der übrigen. In Italien waren also die Waffen in den Händen von kleinen Fürsten, oder von Leuten ohne Landbesitz. Die kleinen Fürsten trieben das Kriegshandwerk, nicht aus Begierde nach Ruhm, sondern um sich zu bereichern, oder in größerer Sicherheit zu leben; die andern, unter den Waffen groß geworden, ohne eine andere Beschäftigung, suchten Reichtum oder Einfluß. Unter diesen waren damals die bekanntesten der Graf von Carmagnola, Francesco Sforza, Niccolò Piccinino (Braccios Zöglinge), Agnolo della Pergola, Lorenzo di Micheletto Attendolo, Agnolo Tartaglia, Giacopaccio, Ceccolino von Perugia, Niccolò von Tolentino, Guido Torello, Antonio von Pontedera und viele andere ihresgleichen.
Mit diesen waren jene Herren, deren ich oben gedachte, und die römischen Edelleute, die Colonna und Orsini, und andere Barone aus dem Königreiche und der Lombardei, welche, vom Kriege lebend, gleichsam Bund und Einverständnis miteinander geschlossen, und aus der Kriegsführung eine Kunst gemacht hatten, indem sie in solchem Maße temporisierten, daß meist beide Teile verloren. Am Ende riß eine solche Feigheit ein, daß selbst ein mittelmäßiger Feldherr, wäre nur ein Schatten der alten Tapferkeit wiederaufgelebt, zur Verwunderung von ganz Italien, das in seiner geringen Klugheit diese Leute bewunderte, ihre Schmach an den Tag gebracht haben würde. Mit diesen untätigen Fürsten und ruhmlosen Waffentaten wird meine Geschichte angefüllt sein. Ehe ich mit ihr beginne, muß ich, wie ich eingangs versprochen habe, vom Ursprunge der Stadt Florenz berichten, damit jeder kennenlerne, welcher Art in jener Zeit der Zustand der Stadt, und mit welchen Mitteln sie unter so großen Wechselfällen des Schicksals, welche tausend Jahre lang Italien umgewälzt hatten, zu solchem Zustande gelangt war.