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Sich selbst bereichern, den Feind zugrunde richten, war stets der Zweck derer, welche einen Krieg beginnen, und daß es so ist, liegt in der Natur der Dinge. Nur darum sucht man den Sieg, nur darum strebt man nach Zuwachs an Besitz, um seine Macht zu heben, die des Gegners zu schwächen. Wenn also der Sieg verarmen läßt, oder der Erwerb entkräftet, so folgt daraus, daß man das Ziel des Krieges entweder zu weit übersprungen, oder aber es nicht erreicht hat. Durch Kriege und Siege bereichern sich solche Fürsten oder Freistaaten, welche den Feind vernichten und Herren sind über Beute und Kriegsabgaben. Die aber verarmen ungeachtet des Sieges, denen die Unterdrückung des Feindes nicht gelingt, und deren Soldaten, nicht aber sie selbst, über Beute und Steuern verfügen. Dieser ist ganz unglücklich beim Verlieren, noch unglücklicher im Siege: denn unterliegend erträgt er die Schmach, welche der Feind ihm zufügt; siegend jene, die ihm die Freunde bereiten, eine Schmach, die man schwerer erträgt, weil kein vernünftiger Grund dafür vorhanden, namentlich wenn man sich genötigt sieht, die Lasten der Untertanen noch durch neue Auflagen zu mehren. Wer aber menschliche Empfindung in sich trägt, kann sich nicht freuen über einen Sieg, über den die Untertanen sich nur betrüben. Die gutgeordneten alten Freistaaten pflegten bei Siegen den Schatz mit Gold und Silber zu füllen, Gaben unter das Volk zu verteilen, den Untergebenen den Tribut zu erlassen und sie durch Spiele und Feste zu erfreuen. Jene Staaten aber in den Zeiten, die wir beschreiben, leerten erst den Schatz, plünderten dann das Volk und sicherten es nicht vor dem Feinde. Alles dies war Folge der Unordnung, womit Krieg geführt wurde. Denn da man den besiegten Feinden nur ihre Habe nahm und sie weder gefangen hielt noch tötete, so wurde von diesen ein neuer Angriff auf den Sieger nur solange verschoben, bis es ihren Führern gelungen, sie mit neuen Pferden und Waffen zu versehen. Da überdies Beute und Kriegssteuer den Truppen gehörten, so zogen die siegreichen Fürsten daraus keinen Vorteil für die neue Löhnung, sondern erpreßten diese von ihren Untertanen. Für letztere hatte so der Sieg keinen andern Vorteil, als daß er die Bedenklichkeiten der Fürsten minderte, wenn es darauf ankam, neue Lasten aufzulegen. Dahin hatten jene Soldtruppen das Kriegswesen gebracht, daß so Sieger wie Besiegte stets frischer Geldmittel bedurften, um ihre Scharen brauchen zu können. Denn der eine mußte sie neu rüsten, der andere sie belohnen. Und wie die Besiegten ohne neue Pferde nicht kämpfen konnten, so wollten es die Sieger nicht ohne neue Zulage. Daher kam es, daß der eine des Sieges wenig sich freute, der andere den Verlust wenig empfand: denn der Besiegte hatte Zeit sich wieder zu erholen, der Sieger keine Zeit, seinen Vorteil zu verfolgen.
Diese Unordnung und heillose Kriegführung waren schuld daran, daß Niccolò Piccinino schon wieder zu Pferde saß, ehe man in Italien seinen Sturz vernommen, und nach der Niederlage dem Feinde größern Schaden zufügte als vorher. So kam es, daß er nach dem Verluste von Tenna Verona nehmen konnte; daß er, nachdem er hier sein Heer eingebüßt, mit einer mächtigen Schar in Toscana einzufallen vermochte; daß er, bei Anghiari geschlagen, schon ehe er die Romagna erreichte, mächtiger im Felde war als zuvor und den Herzog mit Hoffnung erfüllte, die Lombardei zu verteidigen, welche während seiner Abwesenheit beinahe ganz in Feindesgewalt geraten war. Denn während Niccolò Toscana in Verwirrung setzte, waren des Herzogs Angelegenheiten zu dem Punkte gelangt, daß er anfing sich für verloren zu halten. Indem er nun glaubte, er könne zum Äußersten getrieben werden, bevor Niccolò auf seinen Ruf wieder erschiene, nahm er, um den Eifer des Sforza zu zügeln und das Geschick, welchem er durch Waffen nicht beizukommen vermochte, durch Klugheit zu lenken, seine Zuflucht zu jenen Mitteln, deren er sich in ähnlichen Fällen oft mit Erfolg bedient hatte. Darum sandte er den Herrn von Ferrara, Niccolò da Este, nach Peschiera, wo der Sforza stand, und ließ ihn zum Frieden aufmuntern und ihm zeigen, wie dieser Krieg nicht in seinem Interesse liege. Wenn nämlich der Herzog so geschwächt werde, daß er seine bisherige Stellung nicht mehr zu behaupten vermöge, so werde er, der Graf, der erste sein, der darunter leide, indem Venedig und Florenz nicht mehr dieselbe Rücksicht auf ihn nehmen würden. Zum Beweise, daß der Herzog den Frieden wolle, bot er ihm die endliche Eheschließung an: er werde seine Tochter nach Ferrara senden und verspreche sie ihm zu übergeben, nachdem Friede gemacht worden. Der Graf antwortete: wenn der Herzog wahrhaft den Frieden wolle, so sei nichts leichter, da Florentiner und Venezianer sich danach sehnten. Man könne ihm aber nur schwer Glauben beimessen, da man wisse, daß er immer nur aus Not Frieden geschlossen und, wie die Not vorüber, stets die Kriegslust ihm wiederkehre. Ebensowenig könne er dem Ehebündnis trauen, da er so oft damit getäuscht worden. Übrigens wolle er, wäre der Friede geschlossen, in letzterer Hinsicht tun, was seine Freunde ihm raten würden.
Die Venezianer, welche ihre Kriegsanführer oft unklugerweise im Verdacht hatten, wurden durch diese Unterhandlungen natürlich sehr beunruhigt. Da nun der Graf diesen Verdacht tilgen wollte, fuhr er fort mit allem Eifer Krieg zu führen: doch wirkte auf ihn der Ehrgeiz, auf die Venezianer die Besorgnis so erkältend, daß während des noch übrigen Teils des Sommers wenig von Belang vorgenommen ward. Als nun der Piccinino nach der Lombardei zurückgekehrt und der Winter bereits angefangen war, bezogen die Heere ihre Quartiere, das des Grafen in Verona, der Herzog in Cremona, die florentinischen Truppen in Toscana, die päpstlichen in der Romagna. Letztere hatten nach dem Siege bei Anghiari Forli und Bologna angegriffen, um sie dem Francesco Piccinino zu nehmen, der diese Städte für seinen Vater besetzt hielt. Der Streich mißlang, da Francesco sich wacker verteidigte. Die Ravennaten aber wurden so sehr in Furcht gesetzt, daß sie nicht mehr unter die Herrschaft der Kirche zurückkehrten, sondern im Einverständnis mit ihrem Gebieter, Ostasio da Polenta, sich den Venezianern übergaben, welche zum Lohne dafür und damit Ostasio ihnen nicht etwa durch Gewalt nehmen könnte, was er ihnen unklugerweise gegeben, ihn mit einem Sohne nach Candia sandten, wo er den Tod fand. Da, ungeachtet der errungenen Vorteile, der Papst sich in Geldverlegenheit befand, verkaufte er den Florentinern um fünfundzwanzigtausend Dukaten das Kastell Borgo San Sepolcro.
Als die Sachen zu diesem Punkte gelangt waren und des Winters wegen jeder sich vor dem Kriege sicher hielt, dachte man auch nicht mehr an den Frieden, am wenigsten der Herzog, der auf Niccolò Piccinino und die Jahreszeit vertraute. Deshalb brach er alle Unterhandlungen mit dem Sforza ab, rüstete Niccolòs Heer mit großem Eifer und traf alle Vorkehrungen zu einem künftigen Feldzuge. Der Graf, dem dies zu Ohren kam, begab sich nach Venedig, um mit dem Senat zu beraten, was im nächsten Jahr zu tun sein würde. Niccolò seinerseits, der gerüstet dastand und den Feind unvorbereitet sah, wartete den Frühling nicht ab, sondern ging im tiefen Winter über die Adda, rückte in das Brescianische ein und besetzte das ganze Land (1441) mit Ausnahme von Adula und Acri, wobei er über zweitausend Sforzasche Reiter, welche diesen Angriff nicht erwarteten, niederwarf und gefangen nahm. Was aber den Grafen am meisten kränkte und die Venezianer ängstete, war, daß Ciarpellone, einer der ersten Hauptleute des Sforza, die Fahnen verließ. Der Graf reiste sogleich von Venedig ab und begab sich nach Brescia, wo er fand, daß Niccolò, nachdem er diese Verheerung angerichtet, in seine Quartiere zurückgekehrt war. Da er nun den Krieg beendigt fand, wollte er die Flamme nicht wieder anfachen, sondern die Muße, welche Winter und Feind ihm ließen, benutzen, sich instand zu setzen, im jungen Jahr die alte Unbill zu rächen. Er bewog deshalb die Venezianer, ihre in Toscana stehenden Truppen zurückzurufen und statt des verstorbenen Gattamelata den Micheletto-Attendolo in ihren Dienst zu nehmen.
Beim Frühlingsanfang war der Piccinino der erste, der ins Feld rückte. Er berannte Cignano, ein zwölf Millien von Brescia entlegenes Kastell, dem der Sforza zu Hilfe zog, worauf die beiden Hauptleute nach gewohnter Weise gegeneinander Krieg führten. Da der Graf wegen Bergamo besorgt war, zog er vor Martinengo, welches Kastell eine solche Lage hatte, daß er nach dessen Einnahme jener durch Niccolò hartbedrängten Stadt leicht Hilfe leisten mochte. Niccolò Piccinino, welcher einsah, daß der Feind ihm nur von dieser Seite beikommen konnte, hatte das Kastell auf jede Weise befestigt, so daß der Sforza nötig fand, auf dessen Belagerung seine ganze Macht zu verwenden. Da nahm Niccolò mit seinem Heere eine Stellung ein, wo er dem Gegner die Zufuhr abschnitt und durch Gräben und Basteien so sich sicherte, daß dieser ihn nur mit offenbarer Gefahr angreifen konnte. Nun befanden die Belagerer sich in schlimmerer Lage als die Belagerten. Denn der Graf konnte wegen des Mangels an Lebensmitteln die Einschließung nicht fortsetzen und ebensowenig, der vom Feinde drohenden Gefahr wegen, das Lager abbrechen, so daß für den Herzog entschiedener Sieg, für die Venezianer und den Sforza gänzlicher Untergang bevorstand.
Das Glück aber, dem es nicht an Mitteln fehlt, die Freunde zu begünstigen, den Feinden zu schaden, ließ in der Erwartung dieses Sieges des Piccinino Ehrsucht und Anmaßung dermaßen sich steigern, daß er alle Rücksicht gegen den Herzog wie gegen sich selbst aus den Augen setzte. Er ließ den Visconti wissen: nachdem er so lange unter seinen Fahnen gedient, habe er noch nicht einmal soviel Land erworben, daß er sich darin könne begraben lassen, weshalb er nun wissen wolle, welcher Lohn für seine Bemühungen ihm bevorstehe. Denn in seiner Hand liege es, ihm die ganze Lombardei zu unterwerfen und alle seine Feinde zu überliefern, und da ihn dünke, er dürfe für sichern Sieg sichern Lohnes gewärtig sein, so verlange er die Abtretung der Stadt Piacenza, damit er, nach so langen Feldzügen müde, bisweilen ausruhen könnte. Zuletzt scheute er sich nicht, dem Herzog zu drohen, er werde das Unternehmen aufgeben, wenn dieser nicht in sein Begehren willigte. Diese beleidigende und übermütige Art verletzte den Visconti so und erzürnte ihn dermaßen, daß er beschloß, lieber auf die erwarteten Vorteile zu verzichten, als dem Piccinino seinen Willen zu tun. Ihn, welchen so viele Gefahren und Drohungen der Feinde nicht zur Sinnesänderung gebracht, brachte dazu der Übermut der Freunde. Er beschloß mit dem Grafen sich zu vertragen, sandte zu ihm den Antonio Guidobuono von Tortona und ließ ihm die Hand seiner Tochter und Friedensbedingungen anbieten, die von ihm wie von den Verbündeten mit Freudigkeit angenommen wurden.
Nachdem dies heimlich abgeschlossen worden, ließ der Herzog den Piccinino wissen: er solle mit dem Grafen auf ein Jahr Waffenstillstand schließen, indem er vorgab, die Kriegskosten lasteten so schwer auf ihm, daß er einen sichern Frieden nicht um eines zweifelhaften Sieges willen aufgeben könnte. Über diesen Entschluß war Niccolò aufs höchste erstaunt, da er nicht begriff, was den Herzog veranlaßte, auf so glorreichen Sieg zu verzichten, und es ihm nicht in den Sinn kam, daß, um die Freunde nicht belohnen zu müssen, jener die Feinde retten wollte. Er widersetzte sich daher diesem Plan so viel er konnte, bis, um ihn zur Ruhe zu bringen, der Herzog genötigt war, ihm zu drohen, er werde ihn, wenn er sich sträube, seinen Soldaten und dem Feinde zur Beute geben. Da gehorchte der Piccinino, in derselben Stimmung wie einer, der Heimat und Freunde zu verlassen genötigt ist, und beklagte sein widriges Schicksal, indem bald Glückswechsel, bald der Herzog ihm den Sieg entrissen. Nachdem der Waffenstillstand abgeschlossen, fand die Hochzeit Francesco Sforzas mit Madonna Bianca statt, und die Stadt Cremona wurde ihm als Mitgift eingeräumt. Hierauf ward im November 1441 Frieden geschlossen, für die Venezianer durch Francesco Barbarigo und Paolo Trono, für die Florentiner durch Messer Agnolo Acciaiuoli. Die Venezianer erwarben dabei Peschiera, Asola und Leonato, Kastelle des Markgrafen von Mantua.
Nachdem der Krieg in der Lombardei beendigt, währte noch der im Königreich Neapel, welcher die Ursache ward, daß man auch in der Lombardei von neuem begann. Während der erwähnten Feldzüge hatte Alfons von Aragon dem Könige René von Anjou das ganze Land genommen, mit Ausnahme der Stadt Neapel: so daß Alfons, seinen Sieg für sicher haltend, während der Belagerung Neapels dem Grafen Sforza Benevent und seine übrigen dortigen Besitzungen zu nehmen beschloß, was er ohne Gefahr tun zu können glaubte, indem der Sforza in der Lombardei beschäftigt war. Es gelang ihm auch wirklich und er besetzte diese Orte mit geringer Mühe. Als aber die Nachricht von dem geschlossenen Frieden anlangte, fürchtete Alfons, der Graf würde um seiner Besitzungen willen dem Anjou zu Hilfe kommen, welcher aus demselben Grunde diese Hoffnung nährte. Er sandte zu ihm, indem er ihn aufforderte, einem Freunde zu helfen, an einem Feinde sich zu rächen. Andrerseits lag Alfons den Herzog von Mailand an, er möchte dem Grafen so viel zu schaffen machen, daß er dies sein lasse, um an Wichtigeres zu denken. Der Visconti ging darauf ein, ohne zu bedenken, daß er so den Frieden störte, den er soeben zu seinem großen Nachteil geschlossen. Er gab Papst Eugen zu verstehn, es sei nun Zeit, die Länder wiederzunehmen, welche der Graf besetzt hielt, und bot ihm dazu den Piccinino an, welcher nach dem Friedensschluß mit seinen Truppen nach der Romagna gegangen war, und dessen Löhnung während des Krieges er übernehmen wollte. Papst Eugen griff eifrig nach diesem Plane, teils weil er den Sforza haßte, teils weil er das Seinige wiederzuerlangen wünschte. War er einst mit gleicher Hoffnung vom Piccinino getäuscht worden, so besorgte er jetzt, wo der Herzog dabei war, keine Täuschung mehr. Nachdem er nun seine Scharen mit denen Niccolòs vereinigt, griff er die Mark an. Durch einen so unerwarteten Angriff überrascht, setzte sich der Sforza mit seinen Kriegsvölkern in Marsch. Unterdes nahm König Alfons Neapel ein, so daß, mit Ausnahme des Castelnuovo, das ganze Reich sich in seiner Gewalt befand. René ließ im Kastell eine starke Besatzung und begab sich nach Florenz, wo er auf die ehrenvollste Weise empfangen ward. Als er sodann, nach wenigen Tagen, sah, daß ihm die Mittel zur Fortsetzung des Krieges mangelten, segelte er nach Marseille.
Alfons nahm nun das Castel nuovo, und Francesco Sforza vermochte in der Mark dem Papste und Niccolò nicht die Spitze zu bieten. Er wandte sich deshalb an die Venezianer und Florentiner mit Bitten um Truppen und Geld, indem er ihnen vorhielt, daß, wenn sie nicht drauf bedacht wären, den Papst und den König im Zaum zu halten, während er sich noch verteidigen könnte, sie später an ihr eigen Heil denken müßten, indem jene beiden sich dem Visconti anschließen und Italien unter sich teilen würden. Eine Zeitlang blieben die beiden Republiken unentschlossen, sowohl weil sie nicht wußten, ob es ratsam wäre, sich den Papst und den König zu Feinden zu machen, als auch weil die Angelegenheiten Bolognas sie in Anspruch nahmen. Annibale Bentivogli hatte den Francesco Piccinino aus dieser Stadt vertrieben und, um sich gegen den dem Genannten günstigen Herzog verteidigen zu können, die Venezianer und Florentiner um Beistand ersucht, welchen diese ihm auch nicht verweigerten. Hier beschäftigt, konnten sie sich nun nicht entschließen, dem Grafen Hilfe zu leisten. Als aber Annibale den Francesco geschlagen und diese Sache zu Ende schien, beschlossen die Florentiner, dem Sforza beizustehn. Um indes des Herzogs sicher zu sein, erneuerten sie das Bündnis mit ihm, welches der Visconti auch hielt. Denn wenn er auch zugegeben, daß der Krieg gegen den Grafen begonnen ward, während der König René noch unter den Waffen stand: so wollte er doch nicht, daß der Sforza alle seine Besitzungen verlöre, als er jenen aus dem Königreiche vertrieben sah. Darum willigte er nicht bloß ein, daß dem Sforza Hilfe gesandt wurde, sondern er schrieb auch dem Könige mit dem Ersuchen, in sein Reich zurückzukehren und den Krieg gegen ihn nicht weiter fortzusetzen. Alfons tat dies zwar ungern; aber der Verbindlichkeiten wegen, die er dem Visconti schuldete, beschloß er doch dessen Wunsch zu erfüllen und zog sich mit seiner Mannschaft jenseits des Tronto zurück.
Während dieser Vorgänge in der Romagna hatten die Florentiner zu Hause nicht viel Ruhe. Zu den angesehensten Bürgern gehörte Neri Capponi, dessen Ansehen dem Cosimo de'Medici mehr denn irgend etwas Besorgnis einflößte. Denn sein Einfluß in der Stadt ward noch durch den vermehrt, welchen er bei dem Kriegsvolk hatte; dies kam daher, weil er zu verschiedenen Malen Anführer der florentinischen Heere gewesen war und sie durch Tapferkeit und gute Führung gewonnen hatte. Überdies bewirkte die Erinnerung an die Siege, die er wie sein Vater Gino davongetragen, indem dieser Pisa erobert, jener bei Anghiari den Piccinino geschlagen: daß viele ihn liebten, die aber ihn fürchteten, welche im Regieren keine Genossen wollten. Unter den Hauptleuten des florentinischen Heeres war damals Baldaccio von Anghiari,Conte dell' Anguillara. Seine Gattin war Annalena Malatesta von Rimini, Tochter des Galeotto Malatesta und der Maria Orsini, geboren 1420 und bei den Medici erzogen. Nach Baldaccios Tode gründete sie da, wo ihre Wohnungen standen, ein Kloster nach der Regel des hl. Dominicus zur Aufnahme betrübter Witwen, und starb in demselben 1490. Das Kloster wurde 1808 aufgehoben und in Privatwohnungen umgeschaffen. Noch aber besteht der Name: Casa d'Annalena. ein sehr wackerer Kriegsmann, den keiner in Italien an Tapferkeit und körperlicher Gewandtheit übertraf. Dieser genoß beim Fußvolk, dessen Anführer er stets gewesen, eines solchen Rufes, daß man der Meinung war, die Scharen würden ihm zu jedem Unternehmen nach seinem Willen folgen. Baldaccio war sehr befreundet mit Neri und liebte dessen treffliche Eigenschaften, von denen er so oft Zeuge gewesen, was andere Bürger mit großem Verdacht erfüllte. Da diese es für gefährlich hielten, ihn zu entlassen, für gefährlicher noch, ihn im Dienste zu behalten, so beschlossen sie ihn umzubringen. Die Umstände zeigten sich ihrem Plane günstig. Der Justiz-Gonfaloniere war Messer Bartolommeo Orlandini. Es war derselbe, von dem wir erzählten, daß er bei Niccolò Piccininos Einfall in Toscana, zur Bewachung von Marradi gesandt, schmählich entfloh und den Paß aufgab, der durch seine örtliche Beschaffenheit allein beinahe verteidigt wurde. Solche Verzagtheit mißfiel dem Baldaccio, der durch scharfe Worte wie durch Briefe Messer Bartolommeos Feigheit angriff, worüber dieser beschämt und zornig sich nach Rache sehnte, indem er durch den Tod des Anklägers die Schmach seines Betragens auslöschen zu können wähnte.
Um dies Verlangen des Messer Bartolommeo wußten die übrigen Bürger, so daß sie ihn ohne Mühe beredeten, durch Baldaccios Ermordung die eigne Beleidigung zu rächen und den Staat von einem Manne zu befreien, den man entweder mit Gefahr besolden, oder mit Schaden entlassen müsse. Nachdem nun der Orlandini ihn zu töten beschlossen, verbarg er mehrere bewaffnete junge Männer in seinem Gemache, und da Baldaccio, wie er zu tun pflegte, auf den Platz vor dem Palast gekommen, um mit dem Magistrat in Dienstangelegenheiten zu verhandeln, sandte der Gonfaloniere zu ihm, der ohne Argwohn dem Rufe folgte. Messer Bartolommeo kam ihm entgegen und ging mit ihm, von Geschäften redend, zwei- oder dreimal den langen Gang entlang, der an den Gemächern der Signoren vorüberführt. Als ihm nun der Augenblick gekommen schien und er sich in der Nähe des Zimmers befand, in welchem die Bewaffneten harrten, gab er ein Zeichen, worauf diese hervorsprangen, den Baldaccio, welchen sie allein und ohne Waffen fanden, sogleich töteten und zum Fenster des Palastes hinauswarfen, welches sich auf der Seite des Zollamtes befindet. Die Leiche wurde dann auf den Signorenplatz geschleppt, und lag da, mit abgeschlagenem Haupte, den ganzen Tag über dem Volke zum Schauspiel. Er hinterließ einen einzigen Sohn, welchen Annalena, seine Gattin, ihm nicht lange zuvor geboren, der ihn aber nur kurz überlebte. Nachdem nun Annalena gatten- und kinderlos geblieben, wollte sie keine zweite Ehe eingehn, sondern schuf ihre Wohnung in ein Kloster um, wo sie mit andern edlen Frauen sich einschloß und heilig lebte und starb. Wegen des von ihr gestifteten und nach ihr genannten Klosters wird ihr Andenken, wie es heute noch lebt, so immer leben.
Dies Ereignis minderte zum Teil Neris Einfluß und nahm ihm so Ansehn wie Anhänger. Damit begnügten sich aber die Regierenden nicht. Denn nachdem nun zehn Jahre seit dem Beginn ihrer Macht verflossen, die der Balia verliehene Machtvollkommenheit erloschen war, und manche in Worten und Handlungen kühner wurden, als ihnen genehm war: so schien es den Häuptern der Faktion zur Sicherung ihrer Stellung notwendig, sie von neuem mit Entschiedenheit einzunehmen, indem sie den Freunden größeres Ansehn verliehen, die Gegner aber unterdrückten. Darum ließen sie im Jahre 1444 durch die Ratsausschüsse eine neue Balia ernennen, welche die Zulassung zu den Ämtern wieder beschränkte, die Wahlen zur Signorie einer kleinen Zahl Bürger zugestand, die Kanzlei der Riformagioni erneuerte, indem sie dieselbe dem Ser Filippo Peruzzi nahm und einem andern gab, der sich nach der Willensmeinung der Mächtigen zu verhalten haben sollte. Sie verlängerte den Verbannten die Zeit ihrer Ausschließung, ließ den Giovanni di Simone Vespucci ins Gefängnis werfen, nahm den Accoppiatoren der feindlichen Faktion die Amtsehren, darunter den Söhnen Piero Baroncellis, allen Serraglis, dem Bartolommeo Fortini, Messer Francesco Castellani und vielen andern. Auf solche Weise gelangten sie zu neuem Ansehn und Macht, während sie den Ehrgeiz der Verdächtigen und feindlich Gesinnten gewaltsam niederhielten.
Nach diesen Anstalten im Innern wandten sie sich zu den auswärtigen Verhältnissen. Niccolò Piccinino war, wie gesagt, vom König Alfons verlassen worden, und der Graf hatte durch florentinische Hilfe seine Macht so sehr verstärkt, daß er jenen bei Fermo angriff und ihm eine solche Niederlage beibrachte, daß sein Heer beinahe aufgelöst war. Mit einem geringen Reste von Truppen flüchtete er nach Montecchio, wo er sich so tapfer und so lange hielt, daß seine zerstreuten Leute sich sammeln konnten und allmählich zu ihm zurückkehrten, worauf er sich um so glücklicher gegen den Sforza verteidigte, da der Winter kam und die Truppen ihre Quartiere beziehen mußten. Niccolò war diese ganze Zeit über darauf bedacht, seine Mannschaft zu verstärken, und erhielt Beistand vom Papste und vom König Alfons. Beim Frühlingsanbruch, als man wieder ins Feld rückte, fand er sich so stark, daß der Graf ohne Zweifel den Kürzern gezogen haben würde, hätte nicht der Herzog von Mailand die Pläne des Piccinino durchkreuzt. Der Visconti ließ ihn wissen: er möge ohne Zeitverlust zu ihm kommen, indem er mündlich über wichtige Dinge mit ihm zu reden habe. Dieser nun, begierig des Herzogs Absicht zu vernehmen, verließ einen sichern Sieg um einer ungewissen Sache willen, und begab sich nach Mailand, indem er seinem Sohne Francesco den Oberbefehl über das Heer anvertraute. Kaum vernahm dies der Sforza, so wollte er Niccolòs Abwesenheit benutzen, um zu schlagen. In der Nähe des Kastells Monteloro fand der Kampf statt, in welchem Francesco Piccinino unterlag und gefangen ward. Als Niccolò zu Mailand angelangt war und fand, daß der Herzog ihn nur an der Nase herumführte, und er nun des Sohnes Niederlage und Gefangenschaft vernahm, betrübte er sich so sehr, daß er (im Jahre 1445) in einem Alter von vierundsechzig Jahren starb. Als Feldherr hatte er mehr Tapferkeit als Glück gehabt. Seine Söhne Francesco und Jacopo hatten weniger Kriegserfahrung, aber noch mehr Unglück als der Vater: so daß Braccios Soldheer beinahe völlig aufgerieben ward, während Sforzas Waffen durch die Gunst des Schicksals immer höhern Ruhm erwarben. Als der Herzog das Mißgeschick der Truppen Niccolòs und dessen Tod erfuhr, suchte er, auf die aragonische Macht wenig bauend, mit dem Grafen Frieden zu schließen, was ihm auch mittels der Florentiner gelang. Dem Papste blieben dabei von den Städten der Mark Osimo, Fabriano und Recanati, während der Graf alles übrige behielt.
Nachdem der Friede in der Mark erfolgt war, hätte ganz Italien der Ruhe genießen können, wäre sie nicht durch die Bolognesen gestört worden. Es gab in Bologna zwei sehr mächtige Geschlechter, Canneschi und Bentivogli. Haupt der letzteren war Annibale, der ersteren Batista. Um das gegenseitige Vertrauen zu mehren, hatten sie sich miteinander verschwägert: aber unter Leuten, die nach demselben hohen Ziele streben, ist Verschwägerung leichter denn Freundschaft. Die Stadt hatte mittels des Annibale Bentivogli, nach Francesco Piccininos Vertreibung, mit Florenz und Venedig Bündnisse geschlossen. Da aber Batista wußte, wieviel dem Herzog daran lag, Bologna befreundet zu erhalten: so kam er mit ihm überein, den Annibale zu töten und das Viscontische Banner aufzupflanzen. Nachdem sie die Art und Weise verabredet, griff am 24. Juni 1445 Batista den Bentivogli mit den Seinen an, ermordete ihn, rief den Namen Filippos aus und durchzog mit seinen Anhängern die Stadt. Es befanden sich in Bologna venezianische und florentinische Commissarien, die beim ersten Aufruhr in ihre Wohnungen sich zurückzogen. Als sie aber sahen, wie das Volk sich nicht zu den Mördern schlug, sondern, bewaffnet auf dem Platze erscheinend, laut über Annibales Mord klagte: so faßten sie Mut, schlössen sich mit den in der Eile gesammelten Leuten jenem an, warfen sich auf die Gegenpartei und schlugen sie in kurzer Zeit, indem sie einen Teil töteten, die übrigen aus der Stadt vertrieben. Da es dem Batista an Zeit zu fliehn, den Gegnern an Zeit ihn zu töten gefehlt hatte, so verbarg er sich in seiner Wohnung in einem unterirdischen Gewölbe, welches zum Aufbewahren des Getreides bestimmt war. Nachdem die Gegner ihn den ganzen Tag gesucht, und sie bestimmt wußten, daß er die Stadt nicht verlassen, jagten sie seinem Gesinde solche Angst ein, daß ein Diener ihn aus Furcht verriet. Man holte ihn in voller Rüstung aus seinem Schlupfwinkel und tötete ihn, worauf er durch die Stadt geschleppt und verbrannt wurde. War des Herzogs Ansehn groß genug gewesen, ihn zu diesem Unternehmen zu verleiten, so war dessen Macht zu ferne, ihn zu retten.
Nachdem durch Batistas Tod und die Zerstreuung der Seinigen dieser Tumult beseitigt, waren die Bolognesen in großer Verwirrung. Denn von der Bentivoglischen Familie war keiner fähig, die Leitung zu übernehmen, indem Annibale einen einzigen sechsjährigen Sohn, namens Giovanni, hinterlassen hatte. Man fürchtete deshalb, unter den Anhängern dieses Hauses würde Zwiespalt entstehen und die Rückkehr der Gegenpartei und ihren eignen Ruin veranlassen. Während sie in dieser Ungewißheit waren, befand sich zu Bologna Francesco, der vormalige Graf von Poppi. Dieser eröffnete den Vornehmsten der Stadt: wenn sie von einem aus Annibals Blute regiert sein wollten, so wisse er ihnen einen solchen anzugeben. Er erzählte ihnen nun, wie vor etwa zwanzig Jahren Ercole Bentivogli, ein Vetter des Ermordeten, zu Poppi verweilt und mit einem Mädchen des Kastells Bekanntschaft gehabt habe, von welcher ihm ein Sohn namens Santi geboren worden sei. Ercole habe ihn wiederholt als den Seinigen anerkannt, woran auch niemand zweifeln könne, der einst den Vater gesehn und den jungen Mann kenne, indem die größte Ähnlichkeit zwischen beiden bestehe. Die Bürger maßen seinen Worten Glauben bei und sandten sogleich nach Florenz, den Jüngling aufzufinden und Cosimo und Neri zu ersuchen, ihn nach Bologna ziehn zu lassen. Santis Pflegevater war tot, und er lebte unter der Aufsicht eines Oheims, Antonio da Cascese. Dieser war reich, kinderlos und mit Neri befreundet, der, als er den Antrag vernahm, urteilte, daß er weder von der Hand zu weisen noch blindlings anzunehmen sei, und wollte, daß Santi mit den bolognesischen Abgesandten in Cosimos Beisein reden sollte. Sie kamen also zusammen, und Santi ward von den Bolognesen nicht nur geehrt, sondern geradezu angebetet: soviel vermochte Parteigeist bei diesen Leuten. Es wurde aber nichts beschlossen, sondern Cosimo nahm den Santi beiseite und sagte zu ihm: »In einem solchen Falle kann der beste Rat nur von dir selbst ausgehen. Denn du mußt jenen Entschluß fassen, zu dem du dich am meisten hingezogen fühlst. Bist du Ercole Bentivoglis Sohn, so wirst du dich zu jenen Unternehmungen wenden, die deines Geschlechts und deines Vaters würdig sind. Bleibst du der Sohn Antonios da Cascese, so wirst du dein Leben in Florenz und in Geschäften der Wollenweberzunft unrühmlich verbringen.« Diese Worte wirkten auf den Jüngling, und während er früher geneigt gewesen, die Sache abzuweisen, sagte er nun, er gebe sich ganz dem anheim, was Cosimo und Neri beschließen würden. Diese verständigten sich hierauf mit den bolognesischen Abgeordneten: Santi wurde mit Kleidung, Pferden und Dienern versehen und unter zahlreichem Geleit nach Bologna geführt, wo ihm die Leitung der Söhne Messer Annibales wie der städtischen Angelegenheiten übertragen ward. Er zeigte darin eine so große Klugheit, daß, während alle seine Vorfahren im Kampfe mit ihren Gegnern den Tod gefunden hatten, er im Frieden lebte und in Ehren starb.
Nach Niccolò Piccininos Ableben und der wiedererlangten Ruhe wünschte der Herzog von Mailand einen Feldhauptmann zu finden, welchem er seine Heere anvertrauen könnte. Er trat daher in Unterhandlung mit dem Ciarpellone, einem der ersten Unterfeldherren des Grafen Francesco. Nachdem sie sich verständigt, verlangte dieser Urlaub, um sich nach Mailand zu begeben, angeblich um einige Kastelle in Besitz zu nehmen, welche ihm vom Herzog Filippo in früheren Kriegen geschenkt worden. Da der Sforza die wahre Sachlage argwöhnte, so ließ er den Ciarpellone erst festhalten, dann umbringen, damit er ihm nicht schaden könnte, unter dem Vorgeben, er habe ihn über Intriguen ertappt. Der Herzog empfand darüber großes Mißvergnügen und Ärger, was den Florentinern und Venezianern erwünscht war, die immer die Besorgnis hegten, der Visconti und der Sforza möchten sich einander anschließen. Jener Unwille veranlaßte aber neue Unordnung in der Mark. Herr von Rimini war Gismondo Malatesta, welcher, als Schwiegersohn des Grafen, die Herrschaft über Pesaro zu erhalten hoffte. Der Sforza aber gab dieselbe seinem Bruder Alessandro, worüber Gismondo heftig erzürnt ward. Dazu kam, daß sein Feind, Federigo von Montefeltro, mit des Grafen Hilfe sich in Urbino festgesetzt hatte. Der Malatesta näherte sich nun dem Herzoge und lag dem Papste wie dem König Alfons an, den Grafen zu bekriegen. Letzterer wollte den Gismondo die ersten Früchte des Krieges kosten lassen, den er wünschte, und griff ihn plötzlich an. Da ging der Lärm von neuem los in der Romagna und Mark. Denn der Visconti, König und Papst sandten dem Malatesta bedeutende Verstärkung, während Florenz und Venedig den Grafen wenn nicht mit Truppen, doch mit Geld unterstützten. Damit war der Herzog nicht zufrieden, sondern wollte auch dem Grafen Cremona und Pontremoli nehmen: Cremona schützten ihm aber die Venezianer, Pontremoli die Florentiner. Als so der Kriegslärm auch in der Lombardei wieder anhub, wurde (1446) der herzogliche Feldhauptmann Francesco Piccinino bei Casale von den venezianischen Truppen unter Micheletto Attendolo geschlagen. Dies erfüllte die Venezianer mit stolzer Hoffnung. Sie sandten einen Kommissar nach Cremona, fielen in die Ghiaradadda ein und besetzten sie ganz bis Crema. Da wandte sich der Herzog an König Alfons mit dem Gesuch um Hilfe: dem Königreich drohe Gefahr, wenn die Lombardei von Venedig verschlungen werde. Der Aragonier verhieß Beistand, aber ohne des Sforza Zustimmung war der Zug nach der Lombardei kaum ausführbar.
Nun bat Filippo den Grafen, er möchte seinen schon bejahrten und blinden Schwiegervater nicht verlassen. Der Sforza zürnte diesem wegen des Krieges, den er ihm auf den Hals geladen, andrerseits aber mißfiel ihm die große Zunahme der venezianischen Macht. Überdies fehlte es ihm an Geld und die Verbündeten sandten ihm karge Unterstützung. Denn bei den Florentinern war die Furcht vor dem Visconti, die sie auf den Grafen so großen Wert legen ließ, schon geschwunden; die Venezianer gar wünschten des letztern Sturz, indem sie der Meinung waren, nicht der Visconti, sondern der Sforza würde sie an der Eroberung der Lombardei hindern. Während aber Filippo den Grafen an sich zu ziehen trachtete, indem er ihm den Oberbefehl seiner sämtlichen Heere antrug, unter der Bedingung, daß er von den Venezianern abfiele und dem Papste die Mark wiedergäbe: sandten auch die Venezianer Abgeordnete, um ihm, falls sie es eroberten, Mailand zu versprechen, nebst der immerwährenden Feldhauptmannschaft ihrer Heere, vorausgesetzt, daß er den Krieg in der Mark fortführte und das Zuziehn der aragonischen Hilfsmacht hinderte. Die Versprechungen der Venezianer waren also groß, sehr groß ihre Verdienste: denn sie hatten diesen Krieg begonnen, dem Grafen Cremona zu retten. Frisch war hingegen die Erinnerung an die vom Herzog erlittenen Unbilden, unzuverlässig und schwach seine Versprechungen. Dennoch war der Sforza lange unschlüssig. Einerseits bestimmten ihn die Bundesverpflichtung, die gelobte Treue, die neuliche Begünstigung und die gemachten Zusagen; andrerseits des Schwiegervaters Bitten und der Verdacht, daß Gift verborgen liege unter den Verheißungen der Venezianer, von deren Gutdünken, nachdem sie gesiegt, die Erfüllung abhängen würde – eine Lage, in welche ein Verständiger nie ohne Not sich begibt. Den Zweifeln des Sforza machte der Ehrgeiz der Venezianer ein Ende. Denn da diese Hoffnung hatten, Cremona zu besetzen, wo sie Verständnis angeknüpft, ließen sie unter einem Vorwande ihre Truppen vor die Stadt rücken. Aber die Sforzaschen Befehlshaber kamen hinter den Anschlag und er mißlang. Sie gewannen Cremona nicht und verloren den Grafen, der, aller Bedenklichkeit ein Ende machend, dem Visconti sich näherte.
Papst Eugen war gestorben und Nicolaus V. ihm nachgefolgt (1447). Schon stand des Sforza ganzes Heer geschart bei Cotignola, als ihm die Nachricht kam vom Tode Filippo Maria Viscontis. Er war am letzten Tage des August im Jahre 1447 gestorben. Diese Kunde erfüllte den Grafen mit großer Besorgnis. Denn einmal war er seiner Truppen nicht ganz sicher, weil Sold rückständig war; sodann fürchtete er die Venezianer, die gerüstet und seine Feinde waren, weil er sie eben verlassen und dem Herzog sich angeschlossen; er fürchtete Alfons, seinen beständigen Feind, und hoffte weder auf den Papst noch auf die Florentiner, weil letztere Bundesgenossen Venedigs waren, und weil jener die der Kirche gehörenden Länderstriche zurückfordern würde. Dennoch beschloß er dem Glücke keck ins Gesicht zu schauen und sein Verhalten den Ereignissen anzupassen. Denn oft entdeckt man handelnd Auskunftmittel und Wege, die man stillestehend nimmer finden würde. Mit großer Hoffnung erfüllte ihn der Glaube, daß die Mailänder, wollten sie sich schützen gegen der Venezianer Ehrgeiz, keinen andern Beistand als den seinen ansprechen könnten. Deshalb zog er getrosten Mutes nach dem Bolognesischen, ging an Modena und Reggio vorüber, blieb an der EnzaIm Text: in su la Lenza. Die Enza, oder Lenza, welche nicht fern von Brescello in den Po fällt, bildete die Grenze der Viscontischen Staaten, wie später die der Herzogtümer Parma und Modena. stehn und sandte nach Mailand, seine Dienste anzubieten. Nach des Herzogs Tode wollten ein Teil der Mailänder die Republik, andere einen Fürsten. Von letzteren wünschten diese den Grafen, jene den König Alfons. Die Republikaner als die einigeren trugen den Sieg davon und errichteten nach ihrer Weise einen Freistaat, welchem viele Städte des Herzogtums sich nicht fügen wollten, indem sie teils auf Unabhängigkeit von Mailand Anspruch machten, teils selbst freie Staaten zu bilden sich vornahmen. So gaben sich Piacenza und Lodi den Venezianern, während Pavia und Parma sich für frei erklärten. Als der Sforza von dieser Verwirrung hörte, zog er nach Cremona, wo zwischen seinen Abgeordneten und den mailändischen das Abkommen getroffen wurde, daß er Feldhauptmann der Republik sein sollte, unter den Bedingungen, die er zuletzt mit dem Herzog eingegangen. Doch wurde hinzugefügt, daß Brescia ihm gehören sollte, bis es gegen Verona ausgetauscht würde, falls die Eroberung dieser Stadt gelinge.
Vor des Visconti Tode hatte Papst Nicolaus die italienischen Fürsten zum Frieden zu stimmen versucht. Mittels der Gesandten, welche Florenz bei Gelegenheit seine Krönung schickte, veranstaltete er eine Zusammenkunft zu Ferrara, um einen langen Waffenstillstand oder dauernden Frieden zu schließen. Dort trafen nun zusammen der päpstliche Legat und die Gesandten der Venezianer, der Florentiner und des Herzogs. Die des Königs Alfons blieben aus. Dieser stand zu Tivoli mit viel Reiterei und Fußvolk und bezeigte sich dem Herzog günstig, so daß man glaubte, die beiden würden, falls es ihnen gelinge, den Sforza auf ihre Seite zu ziehn, die Florentiner und Venezianer angreifen und unterdessen, bevor des Grafen Truppen die Lombardei hätten erreichen können, den Friedensabschluß verzögern, an welchem der König nicht teilnahm, indem er erklärte, er werde des Herzogs Beschlüsse ratifizieren. Mehrere Tage lang wurden Unterhandlungen gepflogen, und nach vielem Hin- und Herreden beschloß man, dem Herzog die Wahl zu lassen zwischen festem Frieden oder fünfjährigem Waffenstillstand. Damit gingen die Gesandten nach Mailand, wo sie ihn tot fanden. Dessen ungeachtet wollten die Mailänder dem Vertrage beipflichten: nun aber weigerten sich die Venezianer, die sich der Hoffnung hingaben, ihre Herrschaft über die ganze Lombardei auszudehnen. Sie taten dies um so mehr, als gleich nach des Visconti Tode Lodi und Piacenza sich ihnen ergeben hatten, worauf sie sich mit der Aussicht schmeichelten, daß sie durch Gewalt oder Vertrag Mailand seines Gebietes berauben und die Hauptstadt selbst so bedrängen würden, daß sie sich ihnen ergeben müßte, bevor man ihr zu Hilfe käme. Dies wurde ihnen doppelt wahrscheinlich, als sie die Florentiner in einen Krieg mit König Alfons sich verwickeln sahen.
Dieser König stand bei Tivoli und da er gemäß der Verabredung mit dem Visconti den Feldzug in Toscana beginnen wollte und der in der Lombardei schon angefangene Krieg dies zu erleichtern schien: so wünschte er vor seinem Einrücken ins florentinische Gebiet einen Anhaltspunkt in demselben zu haben. Deshalb knüpfte er in der Burg von Cennina im obern Arnotal ein Einverständnis an und besetzte sie plötzlich. Durch diesen unerwarteten Angriff überrascht, warben die Florentiner Truppen, als sie den König heranrücken sahen; sie ernannten die Zehn und bereiteten sich nach ihrer gewohnten Weise zum Kampfe. Schon war Alfons mit seiner Mannschaft ins Gebiet von Siena gerückt und tat alles mögliche, um diese Stadt auf seine Seite zu ziehn: aber die Bewohner hielten fest am Bunde mit Florenz und gewährten dem Könige weder bei sich, noch in einer ihrer Burgen Aufnahme. Doch versahen sie ihn wohl mit Lebensmitteln, was durch ihre Schwäche und des Feindes Stärke entschuldigt war. Der König gab den früheren Gedanken auf, dem Arnotal zu folgen, teils weil er Cennina wieder verloren, teils weil die Florentiner schon Truppen aufgebracht hatten. So zog er denn gen Volterra und besetzte mehrere Ortschaften des Gebiets. Hierauf rückte er ins Pisanische ein, wo Arrigo und Fazio, aus dem Geschlecht der Grafen von der GherardescaEine der ältesten und größten toscanischen Familien. Ein Teil der pisanischen Maremma, von der Cecina bis zur Grenze von Piombino, ist die Grafschaft Gherardesca. – Campiglia, ein Kastell in der genannten Gegend, landeinwärts vom Vorgebirge von Piombino. ihn begünstigten, nahm einige Kastelle und bestürmte Campiglia. Indes konnte er den Ort nicht nehmen, welchem die Florentiner und der Winter zu Hilfe kamen. Mit Zurücklassung von Besatzung in den eroberten Kastellen führte er darauf sein Heer in die Winterquartiere im Gebiet von Siena. Durch die Jahreszeit begünstigt, versahen sich nun die Florentiner, so rasch sie vermochten, mit Truppen unter der Anführung Federigos, Herrn von Urbino, und des Gismondo Malatesta von Rimini. Diese waren zwar alte Gegner, aber die Klugheit Neri Capponis und Bernardettos de'Medici, der Commissarien beim Heer, hielt doch die Eintracht in dem Maße aufrecht, daß man schon im Winter ins Feld rückte, die verlorenen Kastelle im Pisanischen wie Pomarance im Volterranischen nahm und die königlichen Besatzungen, die bis dahin das Land brandschatzten, so in Zaum hielt, daß sie mit Mühe die ihnen anvertrauten Orte schützen konnten. Als der Frühling (1448) gekommen, sammelten die Commissarien ihre Truppen, fünftausend Reiter und zweitausend Mann zu Fuß, bei Spedaletto, während der König die seinigen, fünfzehntausend an der Zahl, bis drei Millien von Campiglia führte. Als man nun eben dachte, er werde diesen Ort berennen, warf er sich auf Piombino,Der Ort gehörte damals der Donna Caterina d'Appiano, Tochter Gherardo's L. und Gemahlin Rinaldo Orsini's. im Glauben, er werde das schlecht verteidigte Städtchen leicht nehmen: eine Eroberung, von welcher er sich großen Vorteil, für die Florentiner aber schweren Verlust versprach, weil er von dort aus, wo die Verbindung zur See wie der Weg ins Pisanerland ihm offen standen, die Florentiner durch langen Krieg ermüden zu können glaubte. Den letzteren war deshalb dies Unternehmen sehr unerwünscht. Nachdem sie aber über das, was zu tun, Beratung gepflogen, waren sie der Ansicht, der König werde entweder mit Schmach zum Abzug genötigt oder geschlagen werden, wenn es ihnen gelinge, sich in den Waldstrichen bei Campiglia zu halten. Darauf rüsteten sie vier im Hafen von Livorno liegende Galeazzen, verstärkten die Besatzung Piombinos durch dreihundert Mann, und lagerten, da die Stellung in den Waldungen der Ebene ihnen gefährlich schien, bei Caldana, wo es schwer war ihre Linien anzugreifen.
Das Heer bezog den Proviant aus den benachbarten Ortschaften, mit Mühe indes, weil deren Zahl wie die der Einwohner nicht bedeutend waren. Deshalb trat Mangel ein, besonders an Wein: denn, da er in jenen Gegenden nicht gebaut wird und man ihn von auswärts nicht beziehen konnte, so war es untunlich, jeden damit zu versehn. Der König hingegen, obgleich von den Florentinern eingeschlossen, hatte Überfluß an allem, Pferdefutter ausgenommen, indem Lebensmittel ihm von der Seeseite zukamen. Die Florentiner wollten nun erproben, ob es ihnen gleichfalls gelingen würde, sich von der See her zu versorgen. Sie beluden ihre Galeazzen mit Lebensmitteln und ließen sie nach der Küste segeln, aber sieben königliche Fahrzeuge begegneten ihnen, nahmen ihnen zwei Schiffe und verjagten die beiden andern. Dieser Verlust benahm den Truppen die Hoffnung auf Zufuhr. Darum flohen mehr denn zweihundert Troßbuben in das neapolitanische Lager, meist durch den Mangel an Wein dazu getrieben, und die übrigen Truppen murrten: sie könnten nicht an so warmem Orte aushalten, wo kein Wein und wo das Wasser schlecht. Endlich sahen sich die Kommissarien genötigt zum Aufbruch und zogen vor einige Orte, die der König noch besetzt hielt. Auch dieser, obgleich er keinen Mangel an Lebensmitteln litt und an Mannschaft überlegen war, sah doch seine Unternehmung scheitern, weil sein Heer vom Maremmen-Fieber angegriffen war, das solche Verheerung anrichtete, daß viele starben und fast alle erkrankt waren. Er wollte darum einen Vertrag schließen: man sollte ihm fünfzigtausend Goldgulden zahlen und Piombino seinem Schicksal überlassen. Als man dies in Florenz beriet, stimmten viele dafür, die nach Frieden verlangten, indem sie versicherten, sie wüßten nicht, wie man hoffen könne, in einem Kriege zu siegen, der so bedeutende Kosten veranlasse. Neri Capponi aber, der sich nach Florenz begeben, sprach so entschieden gegen den Vergleich, daß alle Bürger einstimmig ihn verwarfen, den Herrn von Piombino als ihren Schutzbefohlenen annahmen und in Kriegs- wie Friedenszeit ihm beizustehn versprachen, wenn er nur sich selbst nicht aufgäbe und wie bisher sich verteidige. Als der König dies vernahm und sah, daß er mit seinem fieberkranken Heere nichts vermochte wider den Ort, brach er wie ein Besiegter sein Lager ab, in welchem er über zweitausend Tote zurückließ, und zog mit dem Rest, der auch in traurigem Zustand war, nach dem Gebiet von Siena und hierauf zurück ins Königreich, aufs heftigste den Florentinern zürnend, die er bei geeigneter Zeit mit neuem Kriege bedrohte.
Während dies in Toscana vorging, machte der neue Feldhauptmann der Mailänder, Francesco Sforza, vor allem sich den Francesco Piccinino zum Freunde, damit dieser, der im Solde der Republik stand, ihn in seinen Unternehmungen begünstigen oder mindestens ihm nicht so entschieden feindlich entgegentreten möchte. Hierauf zog er mit seinem Heere ins Feld. Da die Einwohner von Pavia sahen, daß Widerstand vergeblich sei, sie auf der andern Seite den Mailändern sich nicht fügen wollten, so boten sie ihm den Besitz ihrer Stadt an, unter der Bedingung, daß er sie Mailand nicht unterwerfe. Der Graf sehnte sich sehr nach diesem Besitz, der ihm ein schöner Anfang zur Ausführung seiner Pläne zu sein schien. Nicht hielt ihn zurück die Besorgnis oder Scheu, sein Wort zu brechen: denn große Männer nennen Schande das Verlieren, nicht aber den Gewinn durch Trug. Nur besorgte er, durch die Besitzergreifung Pavias die Mailänder so zu erzürnen, daß sie sich den Venezianern in die Arme würfen; auf der andern Seite fürchtete er, falls er das Anerbieten ausschlüge, die Einmischung des Herzogs von Savoyen, welchem viele Bürger das Regiment übertragen wollten: beides Fälle, die ihn um die gehoffte Herrschaft über die Lombardei bringen konnten. Endlich wurde er mit sich eins, geringere Gefahr sei mit dem Nehmen verbunden, da er glaubte, es werde ihm gelingen, die Mailänder zu beschwichtigen. Diesen stellte er vor, welcher Gefahr man ausgesetzt gewesen wäre, wenn er Pavia nicht genommen hätte. Denn die Bürger würden sich entweder Venedig oder dem Herzog unterworfen haben: in jedem Falle ein offenbarer Verlust für den Staat. Sie müßten eher damit zufrieden sein, ihn zum Nachbar und Freunde zu haben, als einen Mächtigen und Gegner, wie jene sein würden. Die Mailänder waren über den Vorfall bestürzt, da sie des Sforza Ehrgeiz und seinen Endzweck klar zu sehen glaubten. Aber sie beschlossen, ihren Unwillen zu verheimlichen, da sie, falls sie auf seine Dienste verzichteten, nicht wußten, an wen sie sich wenden sollten, die Venezianer ausgenommen, vor deren Stolz und harten Bedingungen sie sich scheuten. Deshalb wollten sie sich vom Grafen nicht trennen und in Gemeinschaft mit ihm den Übeln abzuhelfen suchen, die sie bedrängten, in der Hoffnung, daß sie, von diesen befreit, ihn selbst los werden würden. Denn nicht nur die Venezianer bedrohten sie, sondern auch die Genuesen und der Herzog von Savoyen im Namen Carls Herzogs von Orleans, dessen Mutter eine Schwester des letzten Visconti war.Valentia Visconti, Tochter Gian Galeazzos und Schwester Filippo Marias, heiratete 1389 Ludwig Herzog v. Orleans, Bruder König Carls VI., und starb 1408. Die Grafschaft Asti war ihre Mitgift; die Ansprüche Frankreichs auf das Herzogtum Mailand, durch ihren Enkel Ludwig v. Orleans (König Ludwig XII.) schrieben sich von dieser Verbindung her. Der Angriff wurde von dem Grafen mit geringer Mühe zurückgewiesen. So blieben denn nur die Venezianer, welche das Herzogtum mit zahlreichem Heere besetzen wollten und Lodi und Piacenza innehatten. Vor Piacenza zog der Graf, nahm und plünderte die Stadt nach langer Einschließung und führte dann sein Heer in die Winterquartiere, während er selbst nach Cremona ging und dort mit seiner Gemahlin die rauhe Jahreszeit hindurch ausruhte.
Als aber der Frühling kam, rückten die venezianischen Scharen ins Feld. Die Mailänder wollten Lodi nehmen und dann mit Venedig sich verständigen: denn sie trugen ungern die Kriegskosten und trauten dem Feldhauptmann nicht. So wäre ihnen der Friede in jeder Hinsicht erwünscht gewesen. Sie beschlossen deshalb vor Caravaggio zu ziehn, in der Meinung, daß Lodi sich ergeben würde, wenn es ihnen gelänge, dem Feinde dies Kastell zu entreißen. Der Graf tat ihren Willen, obgleich er lieber über die Adda gegangen und ins Gebiet von Brescia eingefallen wäre. Nachdem er nun vor Caravaggio das Lager geschlagen, befestigte er dasselbe durch Gräben und Schutzwehren, damit die Venezianer, wenn sie den Ort entsetzen wollten, ihn nur mit Nachteil angreifen könnten. Die Venezianer ihrerseits näherten sich unter ihrem Feldhauptmann Micheletto Attendolo dem Lager des Sforza auf zwei Bogenschüsse und blieben dort mehrere Tage hindurch stehen, wobei es zu zahlreichen Scharmützeln kam. Der Graf fuhr nichtsdestoweniger fort, das Kastell zu bedrängen, so daß dessen Übergabe vorauszusehen war, was den Gegnern sehr mißfiel, indem sie es als einen entschiedenen Verlust ansahen. Unter ihren Hauptleuten war deshalb heftiger Streit hinsichtlich der Mittel, Caravaggio zu entsetzen. Man hielt dafür, dies könnte nur geschehn, indem man den Feind in seinen Verschanzungen angriffe, wo man sich in offenbarem Nachteil befand. Der Verlust jenes Ortes aber schien ihnen so bedrohlich, daß der Senat, obgleich von Natur vorsichtig und jedem gewagten und zweifelhaften Schritte abgeneigt, es vorzog, alles aufs Spiel zu setzen um Caravaggio zu retten, statt durch dessen Aufgeben den ganzen Feldzug aufzugeben.
Sie beschlossen also den Sforza auf alle Weise anzugreifen, und nachdem sie eines Morgens frühzeitig gerüstet, begannen sie den Kampf auf einem wenig bewachten Punkte. Wie es bei solchen unerwarteten Angriffen oft geschieht, brachten sie im ersten Moment das mailändische Heer in Verwirrung. Der Graf aber stellte die Ordnung so rasch und so vollkommen wieder her, daß die Feinde, nachdem sie fruchtlos sich bemüht, die Verschanzungen zu erstürmen, nicht nur zurückgeworfen, sondern dermaßen geschlagen wurden, daß von ihrem über zwölftausend Reiter zählenden Heere nicht tausend sich retteten und alles Gepäck und Fuhrwerk den Siegern in die Hände fiel. Nie bis zu jenem Tage erlitten die Venezianer eine entschiedenere und entsetzlichere Niederlage. Zwischen Beute und Gefangenen sah man in tiefer Betrübnis einen venezianischen Proveditore, welcher vor dem Kampfe und während des Feldzugs vom Grafen schlecht gesprochen und ihn einen Bastard und Feigling gescholten hatte. Als dieser sich nun gefangen sah, glaubte er sicher, daß er seinen Verdiensten gemäß behandelt werden würde. Darum trat er vor den Grafen ängstlich und voll Furcht, nach der Art der gemeinen und doch hochmütigen Naturen, die im Unglück ebenso demütig und untertänig sind, wie übermütig im Glück. Auf die Knie sich niederwerfend, bat er um Verzeihung wegen der Beleidigung. Der Graf hob ihn auf, faßte ihn beim Arme und sagte ihm, er sollte guten Mutes sein. Hierauf bemerkte er, er wundere sich sehr, daß ein verständiger und ernster Mann, wofür er doch gelten wolle, in den Irrtum gefallen sei, so schlecht von denen zu reden, die es nicht verdienten. Was aber die Vorwürfe selbst betreffe, die er ihm gemacht, so wisse er nicht, wie sein Vater Sforza es mit Madonna Lucia seiner Mutter gehalten, da er nicht dabei gewesen und ihr Zusammenleben nicht habe regeln können. Was jene also getan, könne ihm weder zum Lobe gereichen noch zum Tadel. Was er selbst aber zu tun gehabt, das, wisse er, habe er auf solche Weise ausgeführt, daß keiner ihm einen Vorwurf machen dürfe, was er und sein Senat ihm auf der Tat bezeugen könnten. Hierauf riet er ihm, in Zukunft in Reden bescheidener, vorsichtiger im Handeln zu sein.
Nun zog der Graf mit seinem siegreichen Heere ins Brescianische, besetzte das ganze Land und lagerte zwei Millien von der Stadt. Die Venezianer ihrerseits, welche gleich nach der Niederlage die Besorgnis gehegt, daß Brescia zunächst angegriffen werden würde, hatten die Besatzung, so rasch und so gut sie es vermochten, verstärkt und sammelten nun die Reste ihres geschlagenen Heeres und neue Streitkräfte, während sie, kraft des Bündnisses, bei den Florentinern um Hilfstruppen anhielten. Diese, von dem Kriege mit König Alfons befreit, sandten ihnen auch tausend Mann Fußvolk und zweitausend Reiter. So hatten die Venezianer Zeit, an einen Vergleich zu denken. Es war eine Zeitlang gleichsam das Los Venedigs, im Kriege zu verlieren und durch Verträge zu gewinnen, so daß, was sie im Kampfe einbüßten, ihnen durch den Friedensschluß bisweilen zwiefach ersetzt wurde. Die Republik wußte, daß die Mailänder dem Sforza nicht trauten, daß dieser nicht Feldhauptmann, sondern Herr der Mailänder zu sein wünschte, und daß es bei ihnen stand, mit einem von beiden Frieden zu schließen, indem der eine Teil aus Ehrgeiz, aus Furcht der andere den Frieden wünschte. Sie beschlossen daher mit dem Grafen sich zu verständigen und ihm ihren Beistand bei seinen Unternehmungen anzubieten: überzeugt, daß die Mailänder, wenn sie sich getäuscht sähen vom Sforza, in ihrer Entrüstung eher jedem andern als ihm sich unterwerfen würden, und, in die Lage gebracht, daß sie weder sich selbst verteidigen, noch dem Grafen trauen könnten, in Ermangelung andern Schutzes sich ihnen, den Venezianern, übergeben müßten. Darauf erforschten sie die Gesinnung des Sforza, den sie zum Frieden geneigt fanden, da er für sich, nicht für Mailand, von dem bei Caravaggio erfochtenen Siege Vorteil zu ziehen wünschte. Sie schlössen deshalb einen Vergleich, durch welchen sie dem Grafen, solange er Mailand nicht nähme, monatlich dreizehntausend Gulden zu zahlen und überdies während der Dauer des Kriegs viertausend Reiter und zweitausend Fußsoldaten zu stellen sich verpflichteten. Andrerseits verhieß der Graf den Venezianern Ortschaften, Gefangene und was er während des Krieges gewonnen, zurückzugeben und mit demjenigen Teil des Landes sich zu begnügen, welchen der Herzog Filippo bei seinem Tode besessen. Dieser Vergleich betrübte die Stadt Mailand mehr, als der bei Caravaggio errungene Vorteil sie erfreut hatte. Die Vornehmen waren niedergeschlagen, die Leute aus dem Volke klagten, die Frauen und Kinder weinten, alle zusammen nannten den Grafen einen Wortbrüchigen und Verräter, und obgleich sie nicht hofften, durch Bitten und Verheißungen seinen undankbaren Sinn zu ändern, so sandten sie doch Abgeordnete zu ihm, um zu sehen, welche Miene er zu seinem unwürdigen Handeln machte. Als diese vor den Grafen gekommen, redete einer von ihnen folgendermaßen: »Leute, welche von jemandem etwas zu erlangen wünschen, pflegen Bitten, Belohnungen oder Drohungen anzuwenden, um ihn durch Mitleid, oder durch Gewinnsucht, oder aber durch Furcht zur Gewährung zu stimmen. Da aber bei harten, habsüchtigen und nach ihrer Meinung mächtigen Menschen diese Beweggründe nicht wirken können: so sind jene in großem Irrtum, welche da wähnen, sie durch Bitten zu erweichen, durch Belohnungen zu gewinnen, durch Drohungen zu schrecken. Wir nun, die wir leider zu spät deinen grausamen Sinn, deinen Ehrgeiz und deinen Hochmut erkennen, kommen zu dir, nicht weil wir etwas erreichen wollen, oder etwas zu erlangen hoffen, wenn wir darum ersuchten: sondern um dich zu mahnen an die Wohltaten, welche das mailändische Volk dir erzeigt, und um dir zu zeigen, mit welchem Undank sie von dir vergolten worden sind, auf daß, inmitten der Übel, die uns bedrängen, wir zum mindesten den Genuß haben, dir sie vorwerfen zu können. Es kann nicht aus deinem Gedächtnisse geschwunden sein, in welcher Lage du nach des Herzogs Tode dich befandest. Du hattest Papst und König zu Feinden; du hattest Venezianer und Florentiner verlassen und warst sozusagen ihr Gegner geworden, weil sie mit Recht dir zürnten und deiner nicht ferner bedurften. Du warst ermattet durch den Krieg mit der Kirche, mit geschwächtem Heere, ohne Geld, ohne Freunde, ohne Hoffnung, dein Besitztum und deinen frühern Ruf bewahren zu können. Dein Fall war unabwendbar, wäre dir nicht unsere Einfalt zu Hilfe gekommen. Denn wir allein nahmen dich in unser Land auf, dazu veranlaßt durch die Ehrfurcht, die wir gegen das Andenken unsers Herzogs empfanden, mit dem du verschwägert und neuerdings befreundet warst. Wir glaubten, du würdest deine Anhänglichkeit auf seine Erben übertragen, und unsere Wohltaten im Verein mit den seinen die Freundschaft so stählen, daß sie fest nicht bloß, sondern unzertrennlich werden müßte. Darum sagten wir dir, außer den früheren Verträgen, Brescia zu oder Verona. Was mehr konnten wir dir geben, dir verheißen? Und du, was konntest du in jener Zeit von irgendeinem wünschen, geschweige erlangen? Du erhieltest also von uns unerwartetes Gut, wir von dir unerwarteten Schaden. Nicht bis heute hast du gewartet, deine schlechte Gesinnung uns kundzugeben. Kaum warst du unser Feldherr, so nahmst du gegen alles Recht Besitz von Pavia, was uns an den Endzweck deiner Freundschaft hätte mahnen sollen. Wir ertrugen die Schmähung, in dem Wahne, die Größe des Erwerbs werde deinen Ehrgeiz sättigen. Doch, ach! die, welche alles wollen, kann nicht ein Teil befriedigen. Du versprachst, die nächstfolgenden Erwerbungen sollten uns zugute kommen, da du sehr wohl wußtest, wie du mit einem Male uns wieder nehmen konntest, was du uns allmählich gabst. So war es nach dem Siege bei Caravaggio, der mit unserm Blut und unserm Gelde gebahnt, zu unserm Ruin ausschlagen sollte. Unselig sind die Städte, welche ihre Freiheit gegen die Ehrsucht derer zu verteidigen haben, die sie unterdrücken wollen; viel unseliger aber die, welche sich mit erkauften und treulosen Waffen wie die deinen schützen müssen. Möchte wenigstens unser Beispiel der Nachwelt dienen, da wir keinen Nutzen zogen vom Beispiel der Thebaner und Philipps von Makedonien, der nach dem Siege aus ihrem Feldherrn Feind und dann Herrscher ward. Nur eine Anklage kann uns treffen: daß wir dem zu sehr getraut, dem wir nicht hätten trauen sollen. Denn dein vergangenes Leben und dein nach dem Hohen strebender Sinn, der nie mit Rang und Besitz sich begnügte, hätten uns mahnen sollen; wir hätten auf den keine Hoffnung setzen dürfen, der den Herrn von Lucca verraten, Florentiner und Venezianer ausgepreßt, den Herzog mißachtet, den König gering gehalten und vor allem Gott und seine Kirche mit so vieler Beschädigung verfolgt hat. Wir hätten nie glauben sollen, daß so viele Fürsten bei Francesco Sforza weniger gelten würden als die Mailänder, und daß er uns die Treue bewahren würde, die er andern so oft gebrochen. Fällt aber dieser Mangel an Klugheit uns zur Last, so kann er dich nicht entschuldigen: er wird dich nicht befreien von der Schmach der Untreue, die, infolge unserer gerechten Klagen, an deinem Namen haften wird; er wird dich nicht befreien von dem Stachel des Gewissens, wenn die Waffen, die wir bereitet, andern zu widerstehn und sie im Zaume zu halten, gegen uns selber sich wenden. Denn du wirst dich der Strafe verfallen erkennen müssen, welche den Vatermördern beschieden ist. Wärest du auch geblendet durch Ehrgeiz, so wird die ganze Welt, deines Unrechts Zeuge, dir die Augen öffnen: dir wird Gott sie öffnen, welchem Meineid, verletzte Treue, Verrat mißfallen und der nicht der Schlechten Freund ist. Rechne darum auf keinen sichern Sieg: denn Gottes gerechter Zorn kann ihn dir entreißen, und wir sind entschlossen, nur mit dem Leben unsere Freiheit aufzugeben, die wir, könnten wir sie nicht schützen, lieber jedem andern Fürsten als dir zum Opfer bringen würden. Kämen wir aber um unserer Sünden willen dennoch in deine Hände, so halte für gewiß, daß die Herrschaft, die in dir beginnt mit Trug und Schande, mit Gespött und Schmach enden wird in dir oder deinen Kindern.«
Zwar fühlte sich der Sforza durch die Vorwürfe der Mailänder in jeder Hinsicht getroffen, doch erwiderte er, ohne durch Wort oder Miene irgendeine merkliche Aufregung an den Tag zu legen, er wolle ihrer Erbitterung die schwere Kränkung ihrer unklugen Worte nachsehn, auf die er antworten würde, stände er vor einem, der ihren Zwist zu schlichten hätte. Man würde dann sehn, daß er nicht gegen die Mailänder unrecht gehandelt, sondern nur vorgesorgt, auf daß ihm nicht Unrecht durch sie geschehe. Denn sie wüßten wohl, wie sie sich benommen nach dem Siege von Caravaggio; wie sie, statt ihn durch Brescia oder Verona zu belohnen, mit den Venezianern sich zu vertragen gesucht, damit ihm allein die Last der Feindschaft bliebe, während sie im Frieden die Früchte des Sieges genössen. Darum dürften sie sich nicht darüber beklagen, daß er den Vertrag geschlossen, den sie vor ihm zu schließen gesucht. Hätte er gezaudert diesen Entschluß zu fassen, so würde er ihnen jetzt die Undankbarkeit vorzuwerfen haben, die sie ihm vorwürfen. Ob dies gegründet oder nicht, würde durch des Krieges Ausgang jener Gott zeigen, den sie zum Rächer anriefen, der aber klar werden lassen würde, wer ihm genehmer und auf wessen Seite das Recht in diesem Kampfe.
Nach dem Abgang der Gesandten bereitete sich der Graf zum Angriff auf Mailand. Die Bürger sorgten für die Gegenwehr und hofften mit Hilfe des Jacopo und Francesco Piccinino, die aus altem Hasse der Partei Braccios gegen die des Sforza ihnen treu geblieben, ihre Unabhängigkeit so lange zu verteidigen, bis es ihnen gelingen würde, die Venezianer und den Grafen, von denen sie nicht glaubten, daß sie lange Freunde bleiben könnten, zu veruneinigen. Der Graf, der dasselbe voraussah, hielt es für geraten, sie durch die Hoffnung auf Vorteil an sich zu ketten. Indem er nun den Feldzug ordnete, übertrug er den Venezianern den Angriff auf Crema, während er den Rest sich vorbehielt. Dadurch bewirkte er, daß sie so lange bei ihm aushielten, bis er das ganze mailändische Gebiet eingenommen und die Stadt so bedrängte, daß die Einwohner sich nicht mehr mit dem Notwendigsten versehen konnten. An ihrem Heil verzweifelnd, sandten sie da Abgeordnete nach Venedig, mit der Bitte, daß sie sich erbarmen und, wie es einer Republik zieme, ihrer Freiheit günstig sich bezeigen möchten, nicht aber einem Tyrannen, den sie nicht nach ihrem Gutdünken zügeln würden, gelänge es ihm, der Stadt sich zu bemächtigen. Sie möchten nicht glauben, er werde sich an die Bedingungen der Verträge halten: er werde nicht ruhen, bis er die alte Grenze des Staates hergestellt habe. Noch hatten die Venezianer Crema nicht genommen, und da sie, bevor sie Partei wechselten, im Besitz dieser Stadt sein wollten, so antworteten sie öffentlich, sie könnten ihnen nicht helfen wegen des mit dem Grafen eingegangenen Vertrages; im geheimen aber hielten sie die Abgeordneten so hin, daß diese die sichere Hoffnung auf ein Abkommen nach Hause melden konnten.
Schon war der Sforza (1449) mit seinen Truppen der Stadt so nahe gerückt, daß er die Vorstädte angriff, als die Venezianer, welche unterdes Crema genommen, nicht länger aufschieben wollten, mit den Mailändern Freundschaft zu schließen. Zu den ersten Bedingungen des Vertrags gehörte die Zusage, daß sie ihre Freiheit schützen würden. Nachdem dies geschehen, erteilten sie ihren im Lager des Grafen befindlichen Truppen den Befehl, sich auf venezianisches Gebiet zurückzuziehen. Zugleich zeigten sie diesem den mit Mailand geschlossenen Frieden an und ließen ihm zwanzig Tage Frist, demselben beizutreten. Der Sforza wunderte sich nicht über diesen Entschluß, denn er hatte ihn längst vorausgesehn und täglich erwartet: nichtsdestoweniger konnte er nicht umhin, da es nun geschehen, sich darüber zu betrüben, wie die Mailänder sich betrübt hatten, als er sie verließ. Er brachte zwei Tage hin, bevor er den von Venedig zu ihm gekommenen Abgeordneten Antwort erteilte, und beschloß während dieser Zeit die Venezianer hinzuhalten und das Unternehmen nicht aufzugeben. Er erklärte daher öffentlich, er wolle den Frieden annehmen, und sandte Bevollmächtigte nach Venedig, ihn zu ratifizieren: unter der Hand aber befahl er ihnen, nicht zu ratifizieren, sondern mit verschiedenen Ausflüchten und Scheingründen die Sache aufzuschieben. Um aber die Venezianer an seine Aufrichtigkeit glauben zu machen, schloß er mit Mailand auf einen Monat Waffenstillstand, zog seine Truppen zurück und ließ sie an verschiedenen Orten in der Umgebung Quartiere beziehen. Dies war Ursache seines Sieges und des Unterganges der mailändischen Sache. Denn die Venezianer, den Friedensaussichten trauend, sorgten weniger für die Kriegsangelegenheiten, während die Mailänder, nachdem Waffenstillstand geschlossen, der Feind sich zurückgezogen und die Venezianer Freunde geworden, wähnten, der Graf werde das Unternehmen aufgeben. Dies brachte ihnen zwiefachen Nachteil: denn einmal vernachlässigten sie die Verteidigungsanstalten, sodann machten sie, da das Land vom Feinde befreit und die Zeit zum Säen gekommen, reichliche Aussaat. Darum konnte der Sforza sie später um so leichter aushungern. Was den Feinden Schaden, brachte dem Grafen Nutzen, außerdem daß er Zeit gewann Atem zu schöpfen und nach Beistand sich umzusehn.
In diesem lombardischen Kriege hatten sich die Florentiner für keine der Parteien erklärt und dem Grafen keine Hilfe gewährt, weder als er für die Mailänder kämpfte, noch später. Denn da der Graf solcher Hilfe nicht bedurfte, hatte er sie nicht darum ersucht. Nach der Niederlage von Caravaggio aber hatten sie, den Bedingungen des Bundes zu genügen, die Venezianer unterstützt. Als nun der Sforza allein stand, nicht wissend, wohin er sich wenden sollte, war er genötigt, die Florentiner dringend um Beistand zu bitten. Öffentlich wandte er sich an die Republik, heimlich an die Freunde und namentlich an Cosimo de'Medici, zu dem er von jeher in vertrautem Verhältnis gestanden und von dem er in jeglichem Unternehmen treuen Rat und reichliche Unterstützung erhalten hatte. Auch in der gegenwärtigen Bedrängnis verließ ihn Cosimo nicht, sondern ließ ihm aus eignen Mitteln reichliche Hilfe zukommen, und machte ihm Mut, das Begonnene auszuführen. Er wünschte auch, die Stadt möchte ihn öffentlich unterstützen, stieß aber dabei auf Schwierigkeiten. Neri Capponi genoß in Florenz immer großen Ansehens. Diesem schien es nicht zum Heil der Stadt, daß der Sforza Herr von Mailand werde, sondern er glaubte, es würde für Italien vorteilhafter sein, wenn dieser dem Frieden beitrete. Zunächst besorgte er, die Mailänder würden aus Erbitterung gegen den Grafen den Venezianern sich in die Arme werfen, woraus nur allgemeines Unheil entstehen könnte. Gelänge es ihm aber, Mailand zu erobern, so dürfte so große Kriegsmacht, mit so bedeutendem Länderbesitz vereint, zu gefährlich sein. Und wie der Sforza schon als Graf unerträglich, so werde mit ihm als Herzog nicht auszukommen sein. Er behauptete deshalb, wie für ganz Italien so sei es für Florenz besser, daß der Sforza berühmter Feldherr bleibe und die Lombardei in zwei Freistaaten sich teile, die nimmer zum Schaden der übrigen sich vereinigen würden, während jeder für sich nicht eigentlich gefährlich werden könnte. Dies zu bewirken, sehe er kein passenderes Mittel, als den Grafen nicht zu unterstützen und dem alten Bündnis mit Venedig treu zu bleiben. Diese Gründe erhielten nicht die Zustimmung der Freunde Cosimos. Denn sie glaubten, der Capponi spreche sich so aus, nicht weil er das Beste des Staates dadurch zu fördern glaube, sondern weil er nicht wolle, daß der Sforza, Cosimos Freund, Herzog werde, indem er den dadurch entstehenden allzu großen Zuwachs der Macht Cosimos fürchte. Seinerseits legte der Medici seine Gründe dar, weshalb er glaube, daß es für den Staat und Italien nützlich sei, wenn man den Sforza unterstütze. Es sei töricht, zu denken, die Mailänder würden ihre Unabhängigkeit bewahren können: die Verhältnisse der Bürgerschaft, die Lebensweise, die alten Parteiungen widerstrebten jeder Art republikanischer Verfassung. Es liege in der Natur der Sache, daß entweder der Sforza Herzog, oder die Venezianer Herren werden müßten. Unter solchen Umständen könne niemand einen vernünftigen Zweifel hegen, was besser, einen mächtigen Freund oder einen übermächtigen Feind zum Nachbar zu haben. Er glaube übrigens nicht, daß die Mailänder, weil sie mit dem Grafen im Kriege, den Venezianern sich unterwerfen würden. Denn der Sforza habe eine Partei in Mailand, die Venezianer nicht; und wenn einmal die Stadt nicht länger sich zu verteidigen vermöchte, so würde sie lieber dem Sforza als den Venezianern gehorchen. Diese Meinungsverschiedenheiten hielten die Beschlüsse lange im Schwanken, bis endlich durchgesetzt ward, daß Abgeordnete zum Sforza gehn sollten, den Vergleich mit ihm zu unterhandeln. Fänden sie ihn dermaßen stark, daß sein Sieg vorauszusehen, so sollten sie gleich abschließen, wo nicht, die Sache in die Länge ziehen.
Als die Gesandten (1450) zu Reggio anlangten, vernahmen sie, der Graf habe sich zum Herrn von Mailand gemacht. Denn nachdem die Frist des Waffenstillstands verstrichen, schloß er mit seinem Heere die Stadt ein, in der Hoffnung, dieselbe, den Venezianern zum Trotz, bald zu nehmen, da letztere ihr nur von der Adda her zu Hilfe kommen konnten und auch dieser Weg sich leicht verlegen ließ. Der Graf fürchtete um so weniger angegriffen zu werden, da der Winter gekommen, vor dessen Ende er den Sieg in Händen zu halten glaubte, um so mehr, als Francesco Piccinino gestorben und sein Bruder allein Feldhauptmann der Belagerten geblieben war. Die Venezianer hatten einen Gesandten nach Mailand abgeordnet, die Bürger zu standhafter Gegenwehr zu ermahnen und ihnen zugleich kräftige und rasche Hilfe zu versprechen. Nun fanden noch während des Winters einige leichte Scharmützel statt; als aber die Witterung milder geworden, stellte sich das venezianische Heer unter Pandolfo Malatesta an der Adda auf. Als sie hier berieten, ob sie, den Entsatz zu versuchen, den Grafen angreifen und es auf eine offene Schlacht ankommen lassen sollten, riet Pandolfo davon ab, da er des Sforza Kriegserfahrung und die Tüchtigkeit seiner Truppen kannte. Er hoffte, man werde, ohne zu schlagen, sicher siegen, wenn man warte, bis der Graf durch Mangel an Bedarf und an Lebensmitteln zum Rückzuge genötigt werde. Deshalb riet er, man sollte im Lager stehen bleiben und so den Mailändern Hoffnung auf Entsatz gewähren, damit sie sich nicht verzweifelnd dem Grafen ergäben. Die venezianische Republik war damit einverstanden, sowohl weil sie die Sache selbst für sicher hielt, als auch weil sie dachte, die Mailänder würden in dieser Not sich ihrer Herrschaft unterwerfen, da sie sich für überzeugt hielt, diese würden, der erlittenen Unbilden gedenkend, nie den Sforza als Herrn anerkennen.
Die Belagerten waren indes aufs Äußerste getrieben. Da die Zahl der Armen auch sonst bedeutend, so starb man Hungers in den Straßen. Deshalb entstanden allerorten Getümmel und Klagen, welche die Magistrate in große Betrübnis versetzten, so daß sie die Zusammenrottungen des Volks auf alle Weise zu hindern suchten. Es pflegt lange zu währen, bevor eine ganze Bevölkerung übelgestimmt wird: ist sie es aber einmal, so setzt der unbedeutendste Zufall sie in Bewegung. Da nun zwei Männer nicht vornehmen Standes in der Nähe des neuen Tors von dem traurigen Zustande der Stadt und ihrem Elend redeten und einander fragten, ob denn keine Abhilfe möglich sei: so begannen andere ihnen sich anzuschließen, so daß bald eine Menge versammelt waren und das Gerücht umlief, die vom neuen Tor wären gegen die Verwaltung in Waffen aufgestanden. Da war bald die ganze Volksmasse, die nur auf einen Anlaß harrte, gerüstet, und sie machten den Guasparre da Vicomercato zu ihrem Anführer. Hierauf zogen sie zu dem Orte, wo die Magistrate saßen und brachen auf diese mit solcher Wut los, daß sie alle erschlugen, die nicht die Flucht ergriffen. Unter andern mordeten sie den venezianischen Botschafter Lionardo Venier, als wäre er Urheber ihres Elends und als freue er sich über die Hungersnot. Als sie nun auf solche Weise gleichsam Herren der Stadt geworden, berieten sie, was zu tun, um aus ihren Nöten sich zu befreien und Ruhe zu gewinnen. Und alle waren der Ansicht, daß man, da die Freiheit nicht zu halten sei, einem fremden Fürsten sich anvertrauen müsse, um unter seinem Schutz zu stehen. Der eine wollte den König Alfons rufen, der andere den Herzog von Savoyen, der dritte den König von Frankreich: vom Grafen Sforza war damals noch nicht die Rede, so groß war die Entrüstung gegen ihn. Als man indes sich nicht verständigen konnte, war der Vicomercato der erste, welcher vom Sforza sprach und dartat, wie es kein anderes Mittel gebe, den Krieg los zu werden, als indem man ihn rufe. Denn das mailändische Volk bedürfe eines sichern und baldigen Friedens, nicht der weitaussehenden Hoffnung auf kräftigen Beistand. Er entschuldigte des Grafen Handlungsweise, klagte dagegen die Venezianer an und die übrigen Staaten Italiens, von denen der eine aus Ehrgeiz, der andere aus Habsucht ihnen die Freiheit nicht gönnten. Und da sie nun diese Freiheit einmal opfern müßten, so wäre es das beste, sie einem zu opfern, der die Stadt verteidigen könne und wolle, auf daß sie mit der Dienstbarkeit wenigstens Frieden erlangten, nicht aber größeres Unheil und gefährlicheren Krieg. Man hörte ihn aufmerksam an, und nachdem er geendet, schrien alle, man solle den Grafen rufen. So ward denn Guasparre zu ihm gesandt, den Beschluß des Volkes ihm kundzutun. Mit Freuden vernahm der Sforza die frohe und glückliche Kunde, zog am 26. Februar 1450 als Herrscher in Mailand ein und wurde mit lautem Jubel von denen empfangen, die kurz zuvor in heftigem Hasse ihm geflucht hatten.
Als die Nachricht davon nach Florenz kam, erteilte man den unterwegs befindlichen Gesandten den Auftrag, sie sollten statt zum Unterhandeln mit dem Grafen, zur Beglückwünschung des Herzogs weiterziehn. Sie wurden von dem Sforza aufs ehrenvollste empfangen und ausgezeichnet, denn er wußte, daß die Florentiner die treuesten und kräftigsten Freunde waren, die er gegen die Übermacht Venedigs haben konnte. Es war klar, daß Florenz, nun der Furcht vor dem Hause Visconti ledig, den Venezianern und Aragonesen gegenüberstehn würde. Denn letztere waren feindlich gesinnt, weil sie wußten, daß Florenz stets befreundet gewesen mit dem französischen Königshause. Die Venezianer aber ahnten, daß die alte Furcht vor den Visconti auf sie übergegangen sei, und da sie gesehen, mit welcher Standhaftigkeit Florenz die Visconti verfolgt, so sannen sie nach, wie sie die Republik stürzen könnten, von der sie gleiche Verfolgung fürchteten. Diese Betrachtungen waren Veranlassung, daß der neue Herzog sich bald an Florenz anschloß, dagegen Venedig und der König Alfons gegen sie sich verbündeten, unter der Verpflichtung, zu gleicher Zeit ins Feld zu rücken, der König gegen die Florentiner, die Venezianer gegen den Herzog, welcher, so hofften sie, da er neu in seiner Herrschaft, weder mit eignen Kräften, noch mit fremder Hilfe sich zu halten imstande sein würde.
Da aber das Bündnis zwischen Florenz und Venedig noch bestand und nach dem Piombiner Feldzug der König mit ersterem Staate Frieden geschlossen, so schien es ihnen passend, den Krieg nicht zu beginnen, bevor er durch irgendeinen Vorwand gerechtfertigt werden könnte. Beide Teile sandten daher Botschafter nach Florenz, um glauben zu machen, das neugeschlossene Bündnis bezwecke nicht einen Angriff auf andere, vielmehr Schutz eignen Besitzes. Hierauf beschwerte sich der venezianische Gesandte bei den Florentinern darüber, daß sie dem Alessandro Sforza, des Herzogs Bruder, den Durchzug durch die Lunigiana gestattet, um nach der Lombardei sich zu begeben, und überdies die zwischen dem Herzog und dem Markgrafen von Mantua geschlossene Abkunft veranlaßt: Dinge, wie er sagte, welche ihren freundschaftlichen Verhältnisse zuwiderliefen. Deshalb ermahne er sie zu bedenken, daß, wer mit Unrecht kränke, andern Grund zu gerechter Wiedervergeltung gebe, und wer den Frieden breche, des Kriegs gewärtig sein müsse. Die Republik hieß Cosimo de'Medici antworten. Dieser erinnerte in langer und wohlgesetzter Rede an alle Wohltaten, welche die Stadt der Republik Venedig erwiesen; zeigte, welche Macht diese durch der Florentiner Geld, Kriegsvölker und Rat erworben, und bemerkte, da die Veranlassung zur Freundschaft von den Florentinern ausgegangen, so werde von ihnen nimmer der Grund zur Feindschaft gelegt werden. Da sie stets Freunde des Friedens gewesen, so könne ihnen auch das zwischen Venedig und dem König geschlossene Bündnis nicht anders als lieb sein, sobald dessen Zweck nicht Krieg, sondern Frieden. In der Tat wundere er sich sehr über die vorgebrachten Klagen, indem er sehe, daß eine so große Republik einer so unbedeutenden Kleinigkeit solches Gewicht beilege. Wäre es aber auch der Beachtung wert, so wollten sie, daß männiglich wisse, wie ihr Land einem jeden offen stehe, wie auch, daß der Herzog der Mann sei, der, um mit Mantua Frieden zu schließen, niemandes Rat noch Gunst bedürfe. Er fürchte daher, daß unter diesen Klagen irgendein Gift verborgen liege. Wäre dies der Fall, so werde die Welt bald erfahren, daß, wie der Florentiner Freundschaft Vorteil bringe, so ihre Feindschaft Schaden.
Für den Augenblick (1451) blieb es aber dabei und die Gesandten schienen befriedigt abzuziehn. Unterdessen wurde das Bündnis geschlossen und das Benehmen der neuen Freunde ließ die Florentiner und den Sforza eher den Wiederausbruch des Krieges befürchten, als festen Frieden hoffen. Die Florentiner gingen nun mit dem Herzog einen förmlichen Bund ein, und das Übelwollen der Venezianer kam an den Tag, indem sie die Stadt Siena auf ihre Seite zogen und alle Florentiner und deren Untertanen aus ihrem Gebiet verwiesen. Gleich darauf tat König Alfons das nämliche, ohne auf den im Jahr zuvor geschlossenem Frieden Rücksicht zu nehmen und ohne einen scheinbaren, geschweige denn wirklichen Grund zu seinem Verfahren zu haben. Die Venezianer suchten überdies Bologna zu gewinnen und nachdem sie die Ausgewanderten unterstützt, beförderten sie selbe, von vielem Kriegsvolk begleitet, nachts durch die Abzugskanäle in die Stadt. Erst dann erfuhr man ihre Anwesenheit, als sie selbst Geräusch zu machen anhüben. Als nun Santi Bentivogli dadurch geweckt ward, vernahm er, die ganze Stadt sei von den Rebellen eingenommen. Und obgleich viele ihm rieten, er sollte durch die Flucht sein Leben retten, da er durch sein Bleiben die jetzige Verfassung nicht zu retten imstande sei, so wollte er doch dem Glück das Angesicht zeigen. Er griff zu den Waffen, flößte den Seinen Mut ein, raffte einige Freunde zusammen, mit denen er die Feinde angriff. Viele derselben blieben auf dem Platze, der Rest floh. Da urteilte jeder, er habe den rechten Beweis abgelegt, daß er ein echter Bentivogli.
Diese Anzeichen und Tatsachen ließen die Florentiner fest an Krieg glauben. Deshalb trafen sie die altgewohnten Vorbereitungen, ernannten den Magistrat der Zehne, nahmen neue Hauptleute in Sold, sandten Botschafter nach Rom, Neapel, Venedig, Mailand, Siena, bei den Freunden um Beistand anzuhalten, den Verdacht ins klare zu bringen, die noch Unschlüssigen zu gewinnen, der Feinde Ratschläge zu entdecken. Vom Papst erhielt man nichts anderes als allgemeine Redensarten, Zusicherung der Wohlgeneigtheit und Ermunterung zur Eintracht. Vom König eitle Entschuldigungen wegen des Ausweisens der Florentiner, mit dem Erbieten sichern Geleits für alle, die es ansprechen würden. Und obgleich Alfons sich bemühte, die kriegerischen Pläne zu verheimlichen, so erkannten die Gesandten dennoch seine Übelgeneigtheit und kamen hinter verschiedene Zurüstungen, die gegen die Republik gerichtet waren. Mit dem Herzog wurde das Bündnis unter manchen Zusätzen bestätigt und durch seine Vermittlung auch Freundschaft mit Genua geschlossen, mit Hintansetzung alter Klagen und Ansprüche. Die Venezianer suchten dies Verhältnis auf alle Weise zu hintertreiben und baten sogar den griechischen Kaiser, alle florentinischen Bewohner seiner Staaten auszuweisen. So sehr gaben sie ihrer Feindseligkeit Raum und so viel vermochte bei ihnen die Ländergier, daß sie rücksichtslos den Untergang derjenigen herbeizuführen suchten, die zu ihrer Größe so tätig mitgewirkt hatten. Der Kaiser aber achtete nicht auf ihre Einflüsterungen. Der venezianische Senat untersagte den florentinischen Gesandten, das Gebiet der Republik zu betreten: er schützte vor, da man im Bunde mit König Alfons, so könne man sie nicht ohne dessen Beisein vernehmen. Die Sienesen empfingen die Botschafter mit freundlichen Worten, da sie besorgten, daß es ihnen schlimm ergehn könnte, bevor der Bund imstande wäre, ihnen Hilfe zu senden. Darum hielten sie's für geraten, die Macht einzuschläfern, der zu widerstehn sie sich außerstande sahen. Die Venezianer und der König wollten, wie man vermutete, um den Krieg zu rechtfertigen, Gesandte nach Florenz schicken. Der venezianische aber wurde zurückgewiesen, und da der des Königs seines Auftrags nicht allein sich entledigen zu dürfen glaubte, blieb es ohne förmliche Botschaft. Die Venezianer erkannten nun, daß die Florentiner sie noch geringer achteten, als sie dieselben vor wenigen Monaten geschätzt.
Während diese neuen Kriege drohten (1452), kam Kaiser Friedrich III. nach Italien, um gekrönt zu werden. Als er am 30. Januar mit fünfzehnhundert Reitern in Florenz einzog, wurde er von der Signorie aufs ehrenvollste empfangen und verweilte bis zum 6. Februar, an welchem Tage er seine Reise nach Rom fortsetzte. Nachdem er hier feierlich gekrönt worden und seine Hochzeit mit der Kaiserin gefeiert, die zur See dahin gelangte, trat er seine Rückreise nach Deutschland an und war im Mai wieder in Florenz, wo ihm dieselben Ehrenbezeigungen zuteil wurden. Auf der Rückkehr verlieh er dem Markgrafen von Ferrara, der sich ihm ergeben bezeigt, Modena und Reggio.Mit dem Herzogstitel. Zugleich Graf von Rovigo und Comacchio. Unterdessen bereiteten sich die Florentiner zum Kriege, und um ihr Ansehn zu erhöhen und die Gegner zu schrecken, schlossen sie und der Herzog mit dem Könige von Frankreich ein Bündnis zur Verteidigung ihrer gegenseitigen Staaten, was sie durch ganz Italien mit Glanz und Jubel bekanntmachten.
Der Mai des Jahres 1452 war gekommen, als es den Venezianern ratsam schien, den Anfang des Krieges nicht länger hinauszuschieben. Sie griffen daher mit sechzehntausend Reitern und sechstausend Mann Fußvolk von der Seite von Lodi her den Herzog an, während der Markgraf von Montferrat, entweder durch eignen Ehrgeiz verlockt oder durch Venedig angetrieben, ihm auf der Seite von Alessandria ins Land fiel. Der Herzog seinerseits hatte achtzehntausend Reiter und dreitausend Mann zu Fuß zusammengebracht, Alessandria und Lodi und alle übrigen Orte mit guten Besatzungen versehn und fiel mit seinen Scharen ins Brescianische ein, wo er den Venezianern großen Schaden zufügte. Von beiden Seiten wurde das Land verheert und die schwachen Ortschaften geplündert. Nachdem aber bei Alessandria der Markgraf von den Truppen des Sforza geschlagen worden, konnte dieser größere Macht gegen die Venezianer wenden.
Während so der Krieg in der Lombardei mittels einer Reihe unbedeutender Scharmützel fortgesetzt ward, begann er gleichfalls in Toscana zwischen König Alfons und den Florentinern, ohne indes größeren Ereignissen Raum zu geben. Nach Toscana kam des Königs unrechtmäßiger Sohn, Ferrante, mit zwölftausend Mann unter dem Oberbefehl des Herrn von Urbino. Ihre erste Waffentat war ein Angriff auf Fojano im Chianatal: denn da sie die Sienesen zu Freunden hatten, so fielen sie von dieser Seite her ins florentinische Gebiet ein. Das Kastell hatte eine schwache Mauer, war klein und nicht stark bevölkert: aber die Bewohner galten, nach den Begriffen jener Zeit, für mutig und treu. Die Besatzung bestand aus zweihundert Soldaten, welche die Signorie dahin gesandt hatte. Vor diesem unbedeutenden Kastell lagerte Ferrante: aber die Tapferkeit der Belagerten war so groß, oder die seinige so gering, daß er sechsunddreißig Tage davorlag, bis er es nahm. Die Stadt hatte unterdessen alle Muße, die wichtigeren Orte besser zu besetzen, Truppen zusammenzuziehn und die Verteidigung zu ordnen. Die Feinde rückten ins ChiantiFruchtbare und weinreiche Gegend zwischen Florenz und Siena, links von der nach letzterer Stadt führenden Hauptstraße. wo es ihnen nicht einmal gelang, zwei Villen zu nehmen, welche Privatleuten gehörten. An diesen vorüber zogen sie nun vor Castellina, welcher Ort zehn Millien von Siena an der Grenze des Chianti gelegen ist, mit schwachen Befestigungswerken und in noch schwächerer Lage. Aber die Schwäche des Belagerungsheeres konnte dieser doppelten Schwäche nicht Meister werden, und nach vierundvierzig Tagen mußte es schmachvoll abziehn. So furchtbar waren damals die Heere, so gefährlich die Kriege, daß Orte, die man jetzt als nicht zu verteidigen aufgibt, damals als uneinnehmbar sich hielten. Während nun Ferrante so im Chianti stand, unternahm er Streifzüge durch das florentinische Gebiet und wagte sich bis zu sechs Millien von der Stadt, zum Schrecken und Schaden der Untertanen. Die florentinischen Scharen, achttausend Mann stark, waren indes unter Astorre Manfredi von Faenza und Gismondo Malatesta von Rimini gen Colle gezogen und vermieden eine Schlacht, weil sie durch deren Verlust das Schicksal des ganzen Krieges zu entscheiden fürchteten. Denn verloren sie auch kleine Kastelle, so waren sie gewiß, selbe mit dem Frieden wiederzuerlangen; der großen Orte aber waren sie sicher, da sie wußten, der Feind werde sie nicht angreifen. Noch hatte der König eine Flotte von etwa zwanzig Galeeren und Schnellseglern in den Gewässern von Pisa. Während das Landheer vor Castellina lag, griff die Flotte die Rocca di Vada an und nahm sie wegen Sorglosigkeit des Befehlshabers. Darauf nun belästigten die Feinde das umliegende Land, wovon sie indes bald ablassen mußten, als die Florentiner einen kleinen Haufen nach Campiglia sandten, der jene auf den Strand beschränkt hielt. Um alle diese Kriege kümmerte sich der Papst nur insoweit, als er Frieden stiften zu können hoffte. Während er aber dem auswärtigen Kriege fremd blieb, hätte er zu Hause beinahe einen gefährlicheren gefunden. In jener Zeit lebte in Rom ein Messer Stefano Porcari, edel durch Geschlecht und Wissen, noch mehr aber durch glänzende Eigenschaften des Geistes. Wie ruhmsüchtige Leute zu tun pflegen, wünschte dieser eine der Erinnerung würdige Handlung auszuführen oder zu versuchen. Da schien es ihm, das beste wäre der Versuch, seine Vaterstadt den Händen der Prälaten zu entreißen und die alten Regierungsformen wieder einzuführen, indem er, im Fall des Gelingens, neuer Begründer und zweiter Vater seines Vaterlandes genannt zu werden hoffte. Ihm flößten Hoffnung ein die ausschweifende Lebensweise der Geistlichkeit und die Unzufriedenheit der Barone und des Volkes, vor allem aber die Verse Petrarcas in der Kanzone: Spirto gentil,Bekanntlich deutet man diese Kanzone (»O schöner Geist, der diese Glieder lenkt«) auf Cola di Rienzo. worin es heißt:
Im Kapitol such' einen Herrn, Kanzone,
Den ganz Italien ehrt' aus einem Munde,
Der mehr an andre denkt, als an sich selber.
Messer Stefano wußte, daß oft ein göttlicher und prophetischer Geist die Dichter erfüllt: er dachte, Petrarcas Vorhersagung müsse eintreffen, und er sei der zur Ausführung des glorreichen Unternehmens Bestimmte, da es ihm schien, er überträfe alle andern Römer an Beredtsamkeit, Geist, Lebensart und Freunden. Während er diesen Gedanken nachhing, vermochte er nicht ein so behutsames Schweigen zu beobachten, daß er nicht durch Umgang und Lebensweise sich entdeckte. So wurde er dem Papste verdächtig. Ihn aus dem Wege zu schaffen, verbannte dieser ihn nach Bologna und trug dem Governatore der Stadt auf, ihn täglich vor sich kommen zu lassen. Dies erste Mißlingen entmutigte Messer Stefano nicht, sondern er blieb bei seinen Entwürfen, unterhielt mit seinen Freunden vorsichtig Verbindung, und ging verschiedene Male heimlich nach Rom, von wo er mit solcher Schnelligkeit zurückkehrte, daß er da war, wenn er dem Governatore sich stellen mußte. Als er aber (1453) glaubte, genug Teilnehmer gewonnen zu haben, wollte er die Ausführung nicht länger verschieben. Drum ersuchte er seine in Rom befindlichen Freunde, zu einer bestimmten Zeit ein glänzendes Nachtmahl herrichten zu lassen, zu welchem alle Verschworenen eingeladen werden sollten, mit dem Auftrage, ihre vertrautesten Freunde mitzubringen. Vor dem Ende des Mahls versprach er in ihrem Kreise zu sein. Alles wurde nach seinem Wunsche ausgerichtet, und schon war Messer Stefano in dem Hause, wo zu Nacht gespeist ward. Kaum war nun der Schmaus zu Ende, so trat er in einem Gewandte von Goldstoff und, um wichtig zu erscheinen, mit Ketten und Kleinodien behängt, in den Kreis der Gäste, umarmte sie und ermunterte sie in einer langen Rede zum Entschluß und zum glorreichen Werke. Hierauf verteilte er die Rollen und ordnete an, daß am folgenden Morgen ein Teil den päpstlichen Palast angreifen, ein andrer Haufen in den Straßen Roms das Volk zu den Waffen rufen sollte. In derselben Nacht noch kam die Verschwörung dem Papste zu Ohren: durch Verrat eines der Teilnehmer, oder, wie andere sagen, weil Messer Stefanos Anwesenheit in der Stadt ruchbar ward. Wie dem aber auch sein möge, noch vor Tagesanbruch ließ Papst Nicolaus den Porcaro mit dem größern Teile seiner Genossen verhaften und sodann, wie sie's verschuldet, hinrichten. Solchen Ausgang nahm sein Plan. Wurde auch von einigen die Absicht belobt, so wird doch sein Mangel an Urteil und Klugheit stets getadelt werden. Denn haftet auch ein Schatten von Ruhm am ursprünglichen Gedanken solcher Unternehmungen, so stürzt ihre Ausführung fast jedesmal in sicheres Verderben.
Der Krieg in Toscana hatte beinahe ein Jahr gewährt und der Frühling 1453 war gekommen, mit ihm die Zeit, wo die Heere ins Feld zu rücken pflegen, als der Herr Alessandro Sforza, des Herzogs Bruder, den Florentinern mit zweitausend Reitern zu Hilfe zog. Da nun ihr Heer dem königlichen überlegen, dachten sie an die Wiedereroberung der verlorenen Ortschaften und nahmen mit geringer Mühe einige Kastelle. Hierauf zogen sie vor Fojano, welches durch Sorglosigkeit der Commissarien geplündert ward, so daß die zerstreuten Einwohner nur mit Mühe und durch Befreiung von Abgaben und andere Belohnungen zur Rückkehr vermocht werden konnten. Auch Vada wurde wiedergewonnen, welches die Feinde aufgaben und in Brand steckten, als sie sahen, daß sie es nicht zu halten imstande waren. Währenddessen hatte das aragonische Heer, welches mit dem florentinischen sich nicht zu messen wagte, in die Nähe Sienas sich zurückgezogen, von wo es das Gebiet der Republik durch Streifzüge und Räubereien sehr beunruhigte. Der König aber dachte auf andere Mittel, den Feinden beizukommen und sie durch Teilung zu schwächen.
Herr im Val di BagnoBagno in der toscanischen Romagna, im Tal des Savio. Nach der Einnahme Pisas 1406 war dies Gebiet, einst eine Grafschaft der Guidi, den Gambacorten, die vorher Herren jener Stadt gewesen, als Signorie angewiesen worden. war Gherardo Gambacorti, der, wie seine Ahnen, entweder aus Freundschaft oder aus Bedürfnis, stets im Dienste der Republik oder im Schutzverhältnis zu ihr gestanden hatte. Mit ihm ließ sich der König Alfons in Unterhandlungen ein, er sollte seine Besitzungen gegen andere im Königreich Neapel vertauschen. Kaum ward diese Schiebung in Florenz bekannt, so sandte man zum Gambacorti einen Abgeordneten, der ihn an die alten Verpflichtungen erinnern und zum treuen Ausharren bei der Republik ermahnen sollte. Gherardo stellte sich sehr verwundert und verschwor sich, nimmer sei ein so ruchloser Gedanke ihm in den Sinn gekommen: er werde selbst nach Florenz sich begeben als Unterpfand seiner Treue. Da er aber unwohl, so werde sein Sohn ihn ersetzen, den er dem Abgeordneten als Geißel überlieferte. Diese Worte und Handlung ließen die Florentiner glauben, Gherardo rede die Wahrheit und sein Ankläger sei ein Verleumder gewesen, weshalb sie nicht mehr an die Sache dachten. Der Gambacorta aber betrieb nun die Unterhandlung um so eifriger, und als der Vertrag abgeschlossen, sandte Alfons den Johanniterritter Fra Puccio mit beträchtlicher Mannschaft nach dem Val di Bagno, um die Kastelle zu besetzen. Das Volk aber, welches der Republik zugetan, unterwarf sich nur ungern den königlichen Beamten.
Fra Puccio hatte unterdes beinahe alle Orte besetzt: nur die Burg von Corzano fehlte ihm noch. Als der Gambacorta die Plätze übergab, war in seinem Gefolge Antonio Gualandi aus Pisa, ein kühner Jüngling und ungehalten über diese Verräterei. Indem dieser nun die Lage der Burg betrachtete und die Besatzung derselben, die in Miene und Haltung ihren Unwillen nicht verheimlichte, während er mit Gherardo am Tore stand, um das aragonische Kriegsvolk einzulassen: wandte er sich plötzlich gegen das Innere, drängte mit beiden Händen Gambacorta zum Tore hinaus und rief den Wachen zu, sie sollten vor den Augen dieses Verräters das Tor sperren und die Burg den Florentinern erhalten. So geschah's. Nun verbreitete sich der Lärm bis Bagno und nach den naheliegenden Orten: die ganze Bevölkerung stand auf gegen die Aragonesen, vertrieb sie und richtete die florentinischen Banner auf. Als dies in Florenz ruchbar ward, nahm man Gherardos Sohn in Verwahrsam, sandte Kriegsvolk ab und machte diese Gegend, die bis dahin eigene Herren gehabt, zu einem Vikariat der Republik. Der Gambacorta aber, an seinen Oberherrn wie am eignen Sohne zum Verräter geworden, floh mit genauer Not, indem er Gattin, Kinder und Habe in der Feinde Gewalt ließ. In Florenz aber legte man auf diesen Vorfall großes Gewicht. Denn gelang es dem Könige, dieses Landstriches sich zu bemächtigen, so konnte er mit Leichtigkeit in das Tibertal und Casentino rücken und dort die Republik so belästigen, daß diese dem auf dem sienesischen Gebiete stehenden Heere ihre volle Macht entgegenzustellen nicht imstande gewesen wäre. Außer den in Italien getroffenen Anstalten zur Abwehr der Macht der Verbündeten, hatten die Florentiner den Messer Agnolo Acciaiuoli als Botschafter zum Könige von Frankreich gesandt, um ihn zu veranlassen, René von Anjou zu unterstützen, damit dieser ihnen wie dem Herzog zu Hilfe ziehn und dann an die Eroberung des Königreichs Neapel denken könnte. Zu diesem Zwecke sagten sie ihm Truppen und Geld zu. Während nun so in Toscana und der Lombardei Krieg geführt ward, schloß der Botschafter mit dem König René einen Vergleich, wonach dieser zu Ende Juli mit zweitausendvierhundert Reitern nach Italien kommen, ihm hinwieder bei seinem Eintreffen in Alessandria Florenz und der Herzog dreißigtausend Gulden, wie während der Dauer des Kriegs monatlich zehntausend zahlen sollten. Als nun der König dem Vertrage nachkommen und über die Alpen ziehen wollte, verweigerten der Herzog von Savoyen und der Markgraf von Montferrat, als Freunde Venedigs, ihm den Durchzug. Da riet der Gesandte ihm, er solle nach der Provence zurückkehren, mit einem Teile der Seinigen zur See nach Italien gehn und durch Vermittlung des französischen Königs von dem Herzog von Savoyen den Durchzug erlangen. So geschah's: René stieg mit einigen von seiner Mannschaft an der italienischen Küste ans Land, und auf Veranstaltung des Königs wurde sein Kriegsvolk in Savoyen aufgenommen. Der Herzog von Mailand empfing ihn aufs ehrenvollste, und die vereinigten italienischen und französischen Truppen verbreiteten unter den Venezianern einen solchen Schrecken, daß sie ihnen in kurzer Zeit die Orte nahmen, die sie im Cremonesischen besaßen. Damit nicht zufrieden, besetzten sie beinahe das ganze Gebiet von Brescia, so daß das feindliche Heer, welches das Feld nicht mehr zu halten wagte, dicht unter Brescias Mauern lagerte.
Als aber der Winter kam, führte der Herzog seine Truppen in die Quartiere und wies dem König René Piacenza an. Nachdem nun die rauhe Jahreszeit von 1453 ohne eine Unternehmung vorübergegangen und der Sommer(1454) gekommen, wo man dachte, der Herzog würde ins Feld ziehn und den Venezianern ihre Festlandbesitzungen nehmen: erklärte René, er sei genötigt, nach Frankreich zurückzukehren. Dieser Entschluß war dem Sforza unerwartet und verursachte ihm großes Mißvergnügen. Obgleich er nun sogleich zu ihm ging, ihn von dem Gedanken abzubringen, vermochte er ihn doch weder durch Vorstellungen noch Versprechungen zu bewegen, und erlangte bloß, daß René verhieß, einen Teil seiner Truppen zurückzulassen und seinen Sohn Johann zu senden, um statt seiner den Verbündeten zu dienen. Den Florentinern hingegen war dieser Abzug nicht unlieb: sie hatten ihre Besitzungen wiedererworben, fürchteten den König nicht mehr, und wünschten andrerseits nicht, daß der Sforza mehr als das ihm zustehende Land erobern sollte. René zog also weiter und sandte, dem Versprechen gemäß, seinen Sohn, der aber nicht in der Lombardei verweilte, sondern nach Florenz kam, wo man ihn aufs ehrenvollste empfing.
Nach des Königs Abreise nahm Francesco Sforza gerne Friedensvorschläge an: Venedig, Alfons und Florenz, sämtlich des Krieges müde, sehnten sich nach Ruhe; der Papst aber war besonders darauf bedacht, Eintracht zu stiften, da in demselben Jahre Mohammed, der türkische Großherr, sich Konstantinopels und damit des ganzen griechischen Reichs bemächtigt hatte.D.i. am 29. Mai 1453. Diese Eroberung setzte die ganze Christenheit in Schrecken, am meisten die Venezianer und den Papst, die schon den Lärm der türkischen Waffen in Italien zu hören glaubten. Der Papst ersuchte deshalb die italienischen Fürsten, sie möchten Gesandte zu ihm beordern mit Machtvollkommenheit zum Abschluß eines allgemeinen Friedens. Dies geschah auch: als man aber zur Verhandlung kam, traf man auf eine Menge Schwierigkeiten. Der König verlangte von den Florentinern Entschädigung für die Kriegskosten, Florenz tat seinerseits ein gleiches. Die Venezianer verlangten vom Sforza Cremona, der Herzog nahm von Venedig Bergamo, Brescia und Crema in Anspruch, so daß die Lösung der Schwierigkeiten unmöglich schien. Was aber in Rom zwischen so vielen schwer durchführbar schien, gelang zwischen zweien in Mailand und Venedig. Denn während man dort über den Frieden unterhandelte, schlossen der Herzog und die Venezianer ihn am 9. April 1454. Jedem wurde der Besitzstand, wie er vor dem Kriege gewesen, wieder zugestanden; dem Herzog wurde freigelassen, die von den Fürsten von Montferrat und Savoyen ihm genommenen Landesteile wiederzuerobern; den übrigen Fürsten Italiens ward einmonatliche Frist zum Beitritt gewährt. Dies taten der Papst, die Florentiner, Siena und andere kleinere Staaten. Überdies schlossen Florenz, der Sforza und Venedig Eintracht auf fünfundzwanzig Jahre. Nur König Alfons bezeigte sich unzufrieden, indem er es gegen seine Würde hielt, bei einem solchen Frieden die Nebenrolle zu übernehmen. Deshalb währte es längere Zeit, ehe er seine Meinung kundgab. Nachdem aber der Papst und andere Fürsten mehrere feierliche Botschaften an ihn gesandt, ließ er sich durch diese, namentlich durch die päpstliche, bereden. So schloß er für sich und seinen Sohn auf dreißig Jahre Frieden, und König und Herzog gingen doppelte Verwandtschaft ein und feierten doppelte Hochzeit, indem sie wechselweise Sohn und Tochter miteinander verlobten.Eine dieser Ehen fand (1465) statt: die der Ippolita Sforza mit Alfonso Herzog von Calabrien, König von Neapel als Alfons II. Derer Tochter Isabella wurde 1489 mit Gion Galeazzo Sforza, drittem Herzoge von Mailand aus dieser Familie, vermählt und teilte die tragischen Schicksale des Hauses, welche durch Lodovico il Moro hauptsächlich veranlaßt wurden. Um aber in Italien wenigstens den Samen der Zwietracht zu lassen, bequemte sich Alfons nicht eher zum Frieden, als bis die Verbündeten ihm zugestanden, ohne Widerspruch ihrerseits die Genuesen, Gismondo Malatesta und Astorre den Herrn von Faenza angreifen zu können. Nach diesem Abschluß kehrte sein Sohn Ferrante, der zu Siena weilte, ins Königreich zurück, nachdem er durch seinen toscanischen Feldzug keine Handbreit Landes gewonnen, dagegen viel Mannschaft verloren hatte.
Nachdem dieser allgemeine Friede geschlossen worden, fürchtete man bloß, Alfonsos Feindschaft gegen Genua werde ihn brechen. Aber es kam anders: nicht der König, sondern, wie stets vorher geschehn, die Gier der Söldner trübte die Eintracht. Nach dem Friedensschluß hatten die Venezianer, wie es Sitte ist, ihren Feldhauptmann Jacopo Piccinino entlassen. Zu diesem schlugen sich einige ohne Sold gebliebene Hauptleute: sie zogen nach der Romagna, dann ins Gebiet von Siena, wo Jacopo sich festsetzte und einige Kastelle nahm. Zu Anfang dieser Bewegungen, beim Beginn des Jahres 1455, starb Papst Nicolaus, zu dessen Nachfolger Calixt III. gewählt ward. Den neuen und nahen Krieg zu unterdrücken, vereinigte dieser unter dem Giovanni Ventimiglia so viel Mannschaft er aufbringen konnte, und sandte sie mit florentinischen und mailändischen Truppen, die in gleicher Absicht herbeigeeilt waren, gegen Jacopo. Bei Bolsena kam man zum Kampfe, und obgleich der päpstliche Führer gefangen ward, erlitt doch der Piccinino eine Niederlage und zog sich auf Castiglione della Pescaia zurück, wo er verloren gewesen wäre, hätte nicht König Alfons ihn mit Geld unterstützt. Dies erweckte bei allen den Argwohn, daß Jacopo den Zug auf Anstiften des Königs unternommen habe. Um sich von diesem Verdachte zu reinigen und Eintracht zu bewahren mit den Verbündeten, die er sich durch diesen schwachen Kriegsversuch beinahe entfremdet hatte, veranlaßte nun (1456) Alfons den Piccinino, die Kastelle herauszugeben, wogegen die Sienesen ihm zwanzigtausend Gulden zahlten. Nachdem der Vergleich zustande gekommen, nahm er jenen und seine Scharen in seine Staaten auf.
Obgleich die Angelegenheit des Piccinino damals dem Papste zu schaffen machte, setzte er darum doch die Gedanken für das Wohl der durch die türkische Übermacht bedrohten Christenheit nicht hintan. So sandte er in alle christlichen Länder Abgeordnete und Prediger, die Fürsten und Völker zu ermuntern, sich zum Schutz ihres Glaubens zu rüsten und durch Geld und persönlichen Dienst das Unternehmen gegen den gemeinsamen Feind ins Werk zu setzen. In Florenz wurden zu jener Zeit viele milde Beisteuern gegeben, auch bezeichneten sich viele mit einem roten Kreuze, um mit ihrer Person zum Kriege bereit zu sein. Überdies wurden feierliche kirchliche Umzüge gehalten, und man verfehlte nicht zu zeigen, daß man mit Rat, mit Geld und Mannschaft in den ersten Reihen bei diesem Unternehmen stehen wollte. Dieser Eifer des Kreuzzugs kühlte sich indes einigermaßen, als man vernahm, wie die Türken bei der Belagerung der an der Donau gelegenen Festung Belgrad von den Ungarn geschlagen und in die Flucht geschlagen worden waren. Nachdem solcherweise bei den Christen jene Furcht nachgelassen, welche der Fall Konstantinopels ihnen eingeflößt hatte, nahm man die Rüstungen lauer, während man in Ungarn selbst lässiger zu Werke ging, nachdem Johannes Waiwoda, der Sieger in jenem Kampfe, gestorben war.Johannes Hunyady (mit Johann von Capistrano) schlug die Türken vor Belgrad am 23. Juli 1456 und starb bereits am 11. August zu Semlin.
Um aber zu den italienischen Angelegenheiten zurückzukehren, so war es das Jahr 1456, in welchem die Piccininischen Händel endigten. Nachdem nun die Menschen die Waffen niedergelegt, schien Gott selbst sie in die Hand nehmen zu wollen. Denn es ereignete sich ein furchtbarer Orkan, der in Toscana Unheil anrichtete, das der Nachwelt kaum glaublich vorkommen wird, wie es in der Vergangenheit nie erhört worden war. Am 24. August, eine Stunde vor Sonnenaufgang, erhob sich vom Adriatischen Meere her in der Richtung von Ancona eine ungeheure schwere Wolke, welche etwa zwei Millien lang wie breit, über das Land hin gegen Livorno nach dem Mittelmeer zog. Von höheren Kräften getragen, mochten diese nun natürliche oder übernatürliche sein, in sich selbst zerrissen, kämpfte sie mit sich selber; die zerfetzten Dunstmassen, bald zum Himmel steigend, bald den Boden streifend, stießen aneinander, drehten sich mit rasendem Wirbel im Kreise herum, trieben eine tobende Windsbraut vor sich her und entluden sich kämpfend in Feuer und Blitzen. Diese verwirrten und zerrissenen Nebel, diese wilden Winde und Wetterstrahlen waren von einem Getöse begleitet, welches man nie weder bei Erdbeben noch Gewittern vernommen. Der Schrecken war so groß, daß jeder vermeinte, das Weltende sei gekommen, und Erde, Meer und Himmel und die übrige Welt kehrten in das alte Chaos zurück. Dies Wetter brachte die unerhörtesten Wirkungen hervor, am meisten bei dem Kastell San Casciano. Dies Kastell liegt acht Millien von Florenz entfernt, auf einem Hügelrücken, der die Flußtäler der Pesa und der Greve scheidet. Zwischen diesem Ort und dem Borgo San Andrea, der mehr nach unten auf denselben Anhöhen liegt, zogen die Sturmwolken hin: San Andrea berührten sie nicht, San Casciano streiften sie bloß, so daß sie einige Zinnen und Rauchfänge niederwarfen: außerhalb aber, auf dem freien Felde, wurden viele Wohnungen bis auf die Fundamente abgetragen. Die Dächer der Kirchen von Santa Maria zu Bagnuolo und von Santa Maria della pace wurden ganz wie sie waren über eine Millie weit geschleudert. Ein Fuhrmann ward mit seinen Maultieren weit von der Straße in einem angrenzenden Talgrunde tot gefunden. Die dicksten Eichen, die stärksten Bäume, die solcher Wut nicht weichen wollten, wurden nicht nur entwurzelt, sondern fern von ihrem Platze hingeworfen. Daher kam es, daß, nachdem der Sturm vorüber und der Tag angebrochen, die Leute wie betäubt dastanden. Das Land war verödet und vernichtet, Häuser und Kirchen waren eingestürzt; man vernahm das Wehklagen derer, welche ihr Eigentum zerstört sahen und unter den Trümmern Vieh und Angehörige tot fanden: alles dies erregte so großes Mitleid wie Entsetzen. Ohne Zweifel wollte Gott Toscana eher bedrohen als strafen. Denn wäre ein solches Unwetter über eine Stadt hereingezogen, mit eng aneinander gedrängten Wohnungen und vielen Menschen, statt daß es über Bäume und vereinzelte Häuser hereinbrach: so wäre zweifelsohne ein Unheil entstanden, wie man es sich kaum vorzustellen vermag. Aber Gott wollte damals dies kleine Beispiel geben, um die Erinnerung an seine Macht bei den Menschen wieder aufzufrischen. Dem König Alfons, um wieder anzuknüpfen, wo ich stehengeblieben, war mit dem Frieden wenig gedient. Da der Krieg, den er ohne irgendeinen vernünftigen Grund den Sienesen durch Jacopo Piccinino auf den Hals geladen, zu nichts geführt hatte, wollte er sehn, ob ein anderer Krieg, den er nach den Pakten des Bündnisses zu führen berechtigt war, Wichtigeres zutage fördern würde. So begann er im Jahre 1456 gegen Genua Krieg zu Lande und zur See, um die Stadt den damals herrschenden Fregosen zu nehmen, den Adornen wiederzugeben. Zugleich ließ er auf der andern Seite den Piccinino über den Tronto gehen, um Gismondo Malatesta anzugreifen. Dieser, der seine Plätze gut verwahrt hielt, achtete den Einfall Jacopos gering, und das Unternehmen hatte keinen Erfolg. Der Krieg gegen Genua aber machte dem König wie seinem Reiche mehr zu schaffen, als ihm lieb war. Doge von Genua war zu jener Zeit Pietro Fregoso. Sich zu schwach haltend dem Könige gegenüber, beschloß dieser das, was er nicht behaupten konnte, wenigstens einem zu geben, der ihn gegen seine Feinde schützte und ihm für die Gunst eine Wohltat gewährte. Darum sandte er Abgeordnete nach Frankreich an Carl VII. und trug ihm die Herrschaft über Genua an. Der König ging auf das Erbieten ein und sandte zur Besitznahme Johann von Anjou, den Sohn des Königs René, der kurz vorher Florenz verlassen hatte und nach Frankreich zurückgekehrt war. Carl war der Meinung, daß Johann, der viel von den italienischen Sitten angenommen, die Stadt besser denn ein anderer regieren würde; nebenbei dachte er auch, daß derselbe von da aus eine Unternehmung gegen Neapel einleiten könnte, dessen Besitz seinem Vater durch Alfons genommen worden war. So begab sich denn Johann nach Genua, wo man ihn wie einen Herrscher empfing und die Festen der Stadt und des Staates in seine Hand gab.
Dieser Zwischenfall mißfiel Alfonso, da es ihm schien, er habe sich einen zu mächtigen Gegner zugezogen. Doch verlor er den Mut nicht und beharrte unerschrockenen Geistes bei seinen Plänen. Schon war sein Heer unter Villamarina bis Portofino gelangt, als er plötzlich erkrankte und starb. Sein Tod befreite Johann und Genua vom Kriege. Ferrante aber, der dem Vater folgte,Sizilien blieb der aragonischen (rechtmäßigen) Hauptlinie unter Johann, Alfonsens jüngerem Bruder. war voll Unruhe und Verdacht, da er einen so gefährlichen Feind in Italien hatte und an der Treue vieler seiner Barone zweifelte, als hingen diese, neuerungssüchtig, französischem Interesse an. Auch vor dem Papste, dessen Ehrgeiz er kannte, fürchtete er sich, als werde dieser versuchen, ihn, der noch neu im Reiche, dessen zu berauben. Nur auf den Herzog von Mailand hoffte er, dem die Erhaltung der gegenwärtigen Verhältnisse Neapels ebensosehr am Herzen lag wie Ferdinand selber. Denn wenn die Franzosen sich Neapels bemächtigten, so besorgte er, daß sie auch auf seine Staaten Anschläge machen würden, die sie ja schon als etwas ihnen Gehöriges zurückverlangen zu können glaubten. Nach Alfonsos Tod sandte deshalb Francesco Sforza sogleich Briefe und Mannschaft an den neuen König, die Mannschaft, um ihm Beistand und Ansehn zu verleihen, das Geld, um ihn zu ermuntern, guten Mutes zu sein: nichts könne im gegenwärtigen Moment ihn nötigen, ihn zu verlassen. Des Papstes Absicht war, nach dem Tode des Königs das Reich seinem Neffen Pietro Lodovico Borgia zu geben. Um diesem Plane einen Schein von Rechtlichkeit zu verleihn und die italienischen Fürsten mehr auf seiner Seite zu haben, machte er bekannt, er wolle das Königreich wieder unter die Herrschaft der Kirche bringen, und suchte den Herzog zu überreden, nicht auf Ferdinands Seite zu sein, indem er ihm zugleich die Besitzungen anbot, die er einst im Neapolitanischen sein genannt. Inmitten aber dieser Pläne und neuen Umwälzungen starb Calixtus, und ihm folgte Pius II., Sienese von Geburt, aus dem Hause der Piccolomini und früher Enea (Silvio) geheißen. Dieser Papst, der nur an der Christenheit Vorteil und die Ehre der Kirche dachte, indem er alle persönlichen Zwecke beiseite setzte, krönte auf Francesco Sforzas Bitten Ferdinand zum Könige, indem er der Ansicht war, daß es ihm leichter gelingen würde, den Krieg in Italien zu unterdrücken, wenn er die bestehenden Verhältnisse bestätigte, als indem er die Franzosen begünstigte, welche Neapel zu nehmen trachteten, oder aber wenn er, wie Calixt, das Reich für sich behalten wollte. Der König aber ernannte, der Begünstigung eingedenk, Antonio, des Papstes Neffen, zum Herzog von AmalfiDies geschah 1461. Die zweite Gemahlin Antonios war Maria Marzano, des Königs Nichte mütterlicherseits. – Die Todeschini-Piccolomini, welche von Laudomia, der Schwester P. Pius II. stammten und in den Sienesischen Geschichten viel genannt sind (namentlich durch jenen Alfonso Herzog von Amalfi, Antonios Enkel, welcher in den unruhigsten Zeiten der Republik bis zum Jahre 1545 mehrmals den Primat bekleidete), starben 1783 aus. und gab ihm eine seiner natürlichen Töchter zur Frau. Auch stellte er der Kirche Benevent und Terracina wieder zurück.
Nun schienen die Waffen in Italien zu ruhen und der Papst schickte sich an, die Christenheit gegen die Türken zu Felde zu rufen, wie schon sein Vorgänger Calixtus begonnen hatte, als zwischen Johann von Anjou, Herrn von Genua, und den Fregosen Uneinigkeit entstand, welche wichtigern und größern Krieg anfachte, als die vorhergehenden gewesen waren. Pietrino Fregoso wohnte auf einem ihm gehörenden Kastell an der Riviera. Diesem schien es, daß Johann ihn nicht gemäß seinem Verdienste und dem seines Hauses belohnt habe, da er doch durch sie Herr der Stadt geworden sei. Bald brach offene Zwietracht aus. Ferdinand war darüber vergnügt, da er darin das einzige Rettungsmittel sah, und unterstützte Pietrino mit Truppen und Geld, indem er dadurch den Anjou verjagen zu können wähnte. Dieser sandte nun nach Frankreich um Hilfe und wandte sich dann gegen den Fregosen, der durch vielfache Unterstützung eine nicht unbedeutende Macht gesammelt hatte, so daß Johann sich genötigt sah, auf die Behauptung der Stadt sich zu beschränken. Da schlich sich während einer Nacht Pietrino in Genua ein und besetzte einige Orte: als aber der Tag kam, griffen die Anjouschen Leute ihn an und schlugen ihn, so daß er selbst auf dem Platze blieb und die Seinigen getötet oder gefangen wurden.
Dieser Vorteil machte Johann Mut, sich gegen Neapel zu wenden. Im Oktober 1459 segelte er mit einer mächtigen Flotte von Genua ab, wandte sich nach Bajä und dann nach Sessa, wo er von dem Herzoge aufgenommen ward. Der Fürst von Tarent, Aquila und andere Städte und Fürsten schlugen sich zum Anjou, so daß im Königreich alles in Verwirrung war. Als Ferdinand dies sah, wandte er sich um Hilfe an den Papst und den Herzog, und vertrug sich, um weniger Gegner zu haben, mit dem Malatesta (1460). Dies nahm Jacopo Piccinino, Gismondos persönlicher Feind, so übel, daß er des Königs Sold verließ und sich Johann näherte. Der König sandte nun Federigo, dem Herzoge von Urbino, Geld, brachte so ein für jene Zeit anständiges Heer zusammen und griff oberhalb des Flusses Sarno den Feind an. Aber er ward geschlagen und verlor mehrere seiner besten Hauptleute. Nach dieser Niederlage blieb nur die Stadt Neapel mit wenigen Orten und Fürsten dem Könige treu, während die meisten Johann anerkannten. Jacopo Piccinino wollte nun, dieser sollte Neapel angreifen und sich der Hauptstadt bemächtigen, wogegen Johann seine Meinung durchsetzte, dem Gegner erst sein ganzes Land zu nehmen und ihn dann in der Hauptstadt anzugreifen, deren Eroberung sodann viel leichter sein würde. Dieser Entschluß brachte ihn aber um alle Früchte des Siegs, und er erkannte zu spät, daß die Glieder dem Haupte folgen, nicht das Haupt den Gliedern.
Ferdinand war nach der Niederlage nach Neapel geeilt, wo er die Flüchtlinge aus seinen Staaten aufnahm und, so gut es ging, Geldmittel und einige Mannschaft auftrieb. Von neuem ging er Papst Pius und den Sforza um Hilfe an, die er auch von beiden reichlicher und rascher als vordem empfing, weil sie in großer Besorgnis lebten, er möchte das Königreich verlieren. Nachdem nun der König sich etwas erholt, verließ er die Stadt, und da seine Angelegenheiten sich zu heben begannen, eroberte er einige Orte wieder. Während dort (1461) der Kampf währte, ereignete sich ein Zufall, der Johann von Anjou mit seinem Ansehn die Aussicht auf Sieg raubte. Die Genuesen waren des habgierigen und hochmütigen Regiments der Franzosen so müde, daß sie die Waffen ergriffen gegen den königlichen Gouverneur, den sie nötigten, sich in das kleine Kastell zu flüchten. Fregosi und Adorni waren dabei einmütig und wurden zur Eroberung wie zur Behauptung vom Herzog von Mailand mit Geld und Truppen unterstützt. Der König René aber, welcher darauf seinem Sohne mit einer Flotte zu Hilfe kam, wurde beim Ausschiffen seiner Mannschaft dermaßen geschlagen, daß er, statt wie er hoffte Genua vom Kastell aus zu nehmen, schmachvoll nach der Provence zurückkehren mußte. Als diese Nachrichten nach Neapel kamen, erschreckten sie Johann von Anjou sehr. Doch gab er das Unternehmen nicht auf, sondern hielt längere Zeit aus, durch die Barone ermuntert, welche wegen ihres Abfalls einen harten Stand mit König Ferdinand zu haben besorgten. Am Ende aber stießen nach vielen Wechselfällen die beiden Heere bei Troia aufeinander, wo Johann im Jahre 1463 geschlagen wurde. Die Niederlage indes schadete ihm minder als die Untreue Jacopo Piccininos, welcher sich dem Könige anschloß, so daß der Anjou, ohne Heer, nach Ischia sich zurückzog, von wo er sich nach Frankreich begab. Dieser Krieg währte vier Jahre lang, und der, welcher durch die Tapferkeit der Seinigen mehrmals gesiegt, verlor doch am Ende durch seine Lässigkeit. Die Florentiner nahmen keinen offenkundigen Anteil an diesen Vorgängen. König Johann von Aragon, der kürzlich durch Alfonsens Tod die Krone erlangt, ersuchte sie wohl durch eine Botschaft, sie möchten seinem Neffen Ferdinand beispringen, wozu sie durch den neuerlichen Bund mit dessen Vater Alfons verpflichtet seien. Sie antworteten aber, sie wären jenem zu nichts verpflichtet und keineswegs geneigt, dem Sohne in einem Kriege beizustehen, den der Vater veranlaßt habe. Wie dieser Krieg ohne ihren Rat noch Vorwissen begonnen worden sei, so möge er ohne ihren Beistand geführt und beendet werden. Die Gesandten machten im Namen ihres Königs auf Verpflichtungsstrafe und Schadenersatz Anspruch, und reisten ab, aufgebracht gegen die Stadt. So bewahrten denn während des erwähnten Krieges die Florentiner Frieden nach außen hin, nicht aber im Innern, wie aus dem folgenden Buche sich ergeben wird.