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gehalten am 9. Januar 1849 in der Demokratischen Gesellschaft zu Brüssel von Karl Marx
Meine Herren! Die Abschaffung der Korngesetze in England ist der größte Triumph, den der Freihandel im neunzehnten Jahrhundert errungen hat. In allen Ländern, wo die Fabrikanten von Freihandel sprechen, haben sie vorzugsweise den Freihandel in Getreide oder überhaupt in Rohstoffen im Auge. »Das ausländische Korn mit Schutzzöllen belasten, ist infam, heißt auf den Hunger des Volkes spekulieren.«
Billiges Brot, hohe Löhne, cheap food, high wages, das ist der alleinige Zweck, für welchen die Freihändler in England Millionen ausgegeben haben, und schon hat ihr Enthusiasmus ihre Brüder auf dem Festlande angesteckt. Überhaupt, wenn man den Freihandel will, so will man ihn zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen.
Aber, wunderbar! Das Volk, dem man um jeden Preis billiges Brot verschaffen will, ist sehr undankbar. Das wohlfeile Brot ist in England ebenso verrufen wie die wohlfeile Regierung in Frankreich. Das Volk erblickt in den Männern voll Hingebung, in einem Bowring, einem Bright und Konsorten seine größten Feinde und die unverschämtesten Heuchler.
Jedermann weiß, daß der Kampf zwischen Liberalen und Demokraten in England ein Kampf zwischen Freihändlern und Chartisten ist.
Sehen wir nun zu, auf welche Art die englischen Freihändler dem Volke die edle Gesinnung bewiesen haben, welche sie beseelte.
Sie sagten den Fabrikarbeitern:
Der Getreidezoll ist eine Steuer auf den Lohn: diese Steuer zahlt ihr den Großgrundbesitzern, diesen mittelalterlichen Aristokraten; wenn eure Lage eine jammervolle ist, so ist dies eine Folge der Kostspieligkeit der unentbehrlichsten Lebensmittel.
Die Arbeiter fragten ihrerseits die Fabrikanten: Wie kommt es, daß im Verlauf der letzten dreißig Jahre, wo unsere Industrie die größte Entwicklung genommen hat, unser Lohn in einem viel rapideren Verhältnis gesunken ist, als der Preis des Getreides gestiegen?
Die Steuer, welche wir, wie ihr behauptet, den Grundbesitzern zahlen, beträgt für den Arbeiter ungefähr 3 Pence pro Woche; dagegen ist der Lohn des Handwebers von 1815-1843 von 28 Schilling pro Woche auf 5 Schilling gefallen; und der Lohn des Maschinenwebers ist in der Zeit von 1823-1843 von 20 Schilling pro Woche auf 8 Schilling heruntergedrückt worden.
Und während dieser ganzen Zeit ist der Steuerbetrag, den wir dem Grundbesitzer bezahlt haben, nie höher als 3 Pence gewesen. Und dann, als im Jahre 1834 das Brot sehr billig und der Geschäftsgang ein flotter war, was sagtet ihr uns damals? Wenn ihr unglücklich seid, so kommt dies daher, daß ihr zuviel Kinder macht und daß eure Ehe fruchtbarer ist als euer Gewerbe!
Das sind eure eigenen Worte, die ihr uns damals zurieft, und ihr ginget hin, neue Armengesetze zu fabrizieren und die Arbeitshäuser zu errichten, diese Bastillen der Proletarier.
Hierauf replizierten die Fabrikanten:
Ihr habt recht, werte Herren Arbeiter; es ist nicht nur der Preis des Getreides, sondern außerdem auch die Konkurrenz unter den angebotenen Händen, welche den Lohn bestimmt.
Aber denkt an den einen Umstand, daß unser Boden nur aus Felsen und Sandbänken besteht. Ihr bildet euch doch nicht ein, daß man Getreide in Blumentöpfen ziehen kann! Würden wir aber, anstatt unser Kapital, unsere Arbeit auf einen durchaus unfruchtbaren Boden verschwenden, den Ackerbau aufgeben und uns ausschließlich der Industrie widmen, dann würde ganz Europa seine Fabriken aufgeben und England eine einzige große Fabrikstadt bilden, mit dem ganzen übrigen Europa als Ackerprovinz.
Während er nun so zu seinen eigenen Arbeitern spricht, wird der Fabrikant von dem Kleinhändler interpelliert, der ihm zuruft:
Aber wenn wir die Korngesetze abschaffen, werden wir zwar die Landwirtschaft ruinieren, aber darum noch nicht die anderen Länder zwingen, aus unseren Fabriken zu beziehen und die ihrigen aufzugeben.
Was wird die Folge sein? Ich verliere die Kundschaft, die ich jetzt auf dem Lande habe, und der innere Handel verliert seinen Markt.
Der Fabrikant wendet dem Arbeiter den Rücken und antwortet dem Krämer: Was das anbetrifft, so laßt uns nur machen. Einmal der Getreidezoll abgeschafft, werden wir vom Ausland billigeres Getreide bekommen. Dann werden wir den Lohn herabsetzen, der gleichzeitig in den anderen Ländern, aus denen wir Getreide beziehen, steigen wird.
So werden wir außer den Vorteilen, deren wir uns bereits erfreuen, noch den billigerer Löhne haben, und mit all diesen Vorteilen werden wir den Kontinent schon zwingen, von uns zu kaufen.
Aber jetzt mischen sich der Pächter und der Landarbeiter in die Diskussion.
Und wir, rufen sie, was wird aus uns werden?
Sollen wir ein Todesurteil fällen helfen über die Landwirtschaft, von der wir leben? Müssen wir dulden, daß man uns den Boden unter den Füßen wegzieht?
Statt jeder Antwort hat sich die Anti-corn-law-league Liga gegen die Kornzölle (Vereinigung der englischen Fabrikanten zum Kampf für die Abschaffung der Getreidezölle). D. R. damit begnügt, Preise auszusetzen auf die drei besten Schriften über den heilsamen Einfluß der Abschaffung der Korngesetze auf den englischen Ackerbau.
Diese Preise wurden erworben von den Herren Hope, Morse und Greg In der Erstausgabe immer Gregg. D. R., deren Abhandlungen in Tausenden von Exemplaren auf dem Lande verbreitet wurden.
Der eine dieser Preisgekrönten verlegt sich darauf, zu beweisen, daß weder der Pächter noch der Landarbeiter bei der Einfuhr des fremden Getreides verlieren wird, sondern lediglich der Grundbesitzer. Der englische Pächter, ruft er aus, hat die Abschaffung der Korngesetze nicht zu fürchten, weil kein Land so gutes und so billiges Getreide produzieren kann wie England. So könnte, selbst wenn der Preis des Getreides fiel, Euch dies nicht schaden, weil dieses Sinken lediglich die Rente träfe, die fallen würde, und keineswegs den Kapitalgewinn und den Lohn, die sich gleichblieben.
Der zweite Laureat, Herr Morse, behauptet im Gegenteil, daß der Getreidepreis infolge der Abschaffung der Korngesetze steigen würde. Er gibt sich unendliche Mühe, nachzuweisen, daß die Schutzzölle dem Getreide niemals einen lohnenden Preis haben sichern können.
Zur Bekräftigung seiner Behauptung führt er die Tatsache an, daß stets, wenn ausländisches Getreide eingeführt wurde, der Getreidepreis in England beträchtlich stieg, und daß, wenn man wenig einführte, derselbe außerordentlich fiel. Der Laureat vergißt, daß die Einfuhr nicht die Ursache des hohen Preises war, sondern der hohe Preis die Ursache der Einfuhr.
Ganz im Gegensatz zu seinem Mitpreisgekrönten behauptet er, daß jedes Steigen im Preise des Korns dem Pächter und Arbeiter zugute kommt und nicht dem Grundbesitzer.
Der dritte Laureat, Herr Greg, der Großfabrikant ist und dessen Buch sich an die Klasse der Großpächter wendet, durfte sich nicht mit solchen Albernheiten aus der Affäre ziehen. Seine Sprache ist wissenschaftlicher.
Er gibt zu, daß die Korngesetze die Rente nur dadurch steigen machen, daß sie den Preis des Getreides erhöhen, und daß sie den Getreidepreis nur dadurch erhöhen, daß sie das Kapital zwingen, sich auf Boden niederer Qualität zu werfen, was sich ganz einfach erklärt.
In dem Maße, wie die Bevölkerung anwächst, ist man eben gezwungen, sobald das fremde Getreide nicht in das Land kann, minder fruchtbare Ländereien zu verwerten, deren Kultur mehr Kosten erfordert und deren Produkt infolgedessen teurer ist. Da für das sämtliche so produzierte Getreide Bedarf vorhanden ist, es also gekauft werden muß, wird sich der Preis notwendigerweise nach dem Preis der Produkte des schlechteren Bodens richten. Die Differenz zwischen diesem Preis und den Produktionskosten des besseren Bodens bildet eben die Rente. Wenn somit infolge der Abschaffung der Korngesetze der Preis des Getreides und folglich auch die Rente fällt, so rührt dies daher, daß der schlechtere Boden nicht mehr bebaut wird. Somit zieht die Herabsetzung der Rente unfehlbar den Ruin eines Teiles der Pächter nach sich.
Diese Bemerkungen waren notwendig, um die Sprache des Herrn Greg zu verstehen.
Die kleinen Pächter, sagt er, die sich nicht beim Ackerbau halten können, werden eine Zuflucht in der Industrie finden. Was die Großpächter anbetrifft, so müssen sie dabei gewinnen. Entweder werden die Grundbesitzer gezwungen sein, ihnen ihre Grundstücke sehr billig zu verkaufen, oder die Pachtkontrakte, welche sie mit ihnen machen, werden auf sehr lange Termine abgeschlossen werden. Das wird ihnen gestatten, größere Kapitalien in den Boden zu stecken, Maschinen in größerem Umfange anzuwenden und so menschliche Arbeit zu ersparen, die übrigens billiger sein wird dank dem allgemeinen Sinken der Löhne, der unmittelbaren Folge der Abschaffung der Korngesetze.
Doktor Bowring hat allen diesen Argumenten eine religiöse Weihe gegeben, indem er in einem öffentlichen Meeting ausrief: »Jesus Christus ist der Freihandel – der Freihandel ist Jesus Christus!«
Man begreift, daß die ganze Heuchelei nicht dazu angetan war, den Arbeitern das billige Brot schmackhaft zu machen.
Wie hätten übrigens die Arbeiter die plötzliche Philanthropie der Fabrikanten begreifen sollen, derselben Leute, die noch in vollem Kampf waren gegen die Zehn-Stunden-Bill, mittels deren man den Arbeitstag des Fabrikarbeiters von zwölf auf zehn Stunden reduzieren wollte!
Um Ihnen eine Idee zu geben von der Philanthropie dieser Fabrikanten, erinnere ich Sie, meine Herren, an die in allen Fabriken eingeführten Fabrikordnungen.
Jeder Fabrikant hat ein veritables Strafgesetzbuch zu seinem besonderen Privatgebrauch, das für alle absichtlichen und unabsichtlichen Vergehen Bußen festsetzt; z. B. zahlt der Arbeiter soundso viel, wenn er das Unglück hat, sich auf einen Stuhl zu setzen, wenn er tuschelt, plaudert, lacht, wenn er einige Minuten zu spät kommt, wenn ein Maschinenteil zerbricht, wenn er die Produkte nicht in der verlangten Qualität liefert usw. usw. Die Bußen sind stets höher als der wirklich vom Arbeiter verursachte Schaden. Um es dem Arbeiter möglichst zu erleichtern, sich Strafen zuzuziehen, läßt man die Fabrikuhr vorgehen, liefert man schlechten Rohstoff, aus welchem der Arbeiter gutes Produkt anfertigen soll. Man setzt den Werkführer ab, wenn er nicht geschickt genug ist, die Fälle von Übertretungen zu vermehren.
Sie sehen, meine Herren, diese Privatgesetzgebung ist eigens geschaffen, Verstöße zu züchten, und man züchtet Verstöße, um Geld zu machen. So wendet der Fabrikant alle Mittel an, den nominellen Lohn herabzusetzen und sogar die Zufälle auszubeuten, deren der Arbeiter nicht Herr ist.
Und diese Fabrikanten, das sind dieselben Philanthropen, welche den Arbeitern einreden wollten, sie seien fähig, enorme Summen auszugeben, einzig und allein, um das Los derselben Arbeiter zu verbessern. Auf der einen Seite beschneiden sie den Lohn des Arbeiters durch Fabrikordnungen in der kleinlichsten Weise, auf der anderen legen sie sich die größten Opfer auf, um ihn mit Hilfe der Anti-corn-law-league zu erhöhen.
Sie bauen mit großen Unkosten Paläste, in denen die Liga gewissermaßen ihre Amtswohnung einrichtete, sie entsenden eine ganze Armee von Aposteln nach allen Punkten Englands, um die Religion des Freihandels zu predigen. Sie lassen Tausende von Broschüren drucken und unentgeltlich verteilen, um den Arbeiter über seine eigenen Interessen aufzuklären. Sie geben enorme Summen aus, um die Presse für ihre Sache günstig zu stimmen. Sie organisieren einen großartigen Verwaltungsapparat, um die freihändlerische Bewegung zu leiten, und entfalten alle Gaben ihrer Beredsamkeit in öffentlichen Meetings. Auf einem dieser Meetings war es, wo ein Arbeiter ausrief:
»Wenn die Grundbesitzer unsere Knochen verkauften, so würdet ihr Fabrikanten die ersten sein, sie zu kaufen, um sie in eine Dampfmühle zu werfen und Mehl daraus zu machen.«
Die englischen Arbeiter haben die Bedeutung des Kampfes zwischen den Grundbesitzern und den Kapitalisten sehr gut begriffen. Sie wissen sehr wohl, daß man den Preis des Brotes herunterdrücken wollte, um den Lohn herabzudrücken, und daß der Kapitalprofit um so viel steigen würde, als die Rente fiele.
Ricardo, der Apostel der englischen Freihändler, der ausgezeichnetste Ökonom unseres Jahrhunderts, stimmt in bezug auf diesen Punkt vollkommen mit den Arbeitern überein.
Er sagt in seinem berühmten Werk über politische Ökonomie:
»Wenn wir, anstatt bei uns Getreide zu ernten, einen neuen Markt entdeckten, wo wir es uns zu einem billigeren Preise verschaffen könnten, so würden in diesem Falle die Löhne sinken und die Profite steigen. Das Fallen des Preises der landwirtschaftlichen Produkte reduziert die Löhne nicht nur der in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter, sondern auch all derer, die in der Industrie arbeiten oder im Handel beschäftigt sind.«
Und glauben Sie nicht, meine Herren, daß es eine für den Arbeiter ganz gleichgültige Sache sei, nicht mehr als vier Franken zu bekommen, weil das Getreide billiger ist, wenn er früher fünf Franken bekam.
Ist sein Lohn nicht gefallen im Verhältnis zum Profit? Und ist es nicht klar, daß seine soziale Lage gegenüber der des Kapitalisten schlechter geworden ist? Außerdem verliert er auch tatsächlich.
Solange der Getreidepreis noch höher war und der Lohn gleichfalls, genügte eine kleine Ersparnis am Brotverbrauch, um ihm andere Genüsse zu verschaffen. Sobald aber das Brot und folglich der Lohn sehr niedrig steht, wird er fast nichts am Brot absparen können behufs Ankaufs anderer Gegenstände. Die englischen Arbeiter haben es die englischen Freihändler fühlen lassen, daß sie sich von ihren Vorspiegelungen und Lügen nicht hinters Licht führen lassen, und wenn sie sich ihnen trotzdem gegen die Grundbesitzer angeschlossen haben, so geschah es, um die letzten Reste des Feudalismus zu zerstören und nur noch mit einem einzigen Feind zu tun zu haben. Die Arbeiter haben sich in ihren Berechnungen nicht getäuscht; denn die Grundbesitzer, um sich an den Fabrikanten zu rächen, machten gemeinsame Sache mit den Arbeitern zur Durchbringung der Zehn-Stunden-Bill, die diese letzteren seit dreißig Jahren vergeblich gefordert hatten und die unmittelbar nach der Abschaffung der Korngesetze durchging.
Wenn auf dem Kongreß der Ökonomen Dr. Bowring aus seiner Tasche eine lange Liste zog, um zu zeigen, wieviel Stück Vieh, Schinken, Speck, Hühner usw. usw. in England eingeführt worden sind, um dort, wie er sagt, von den Arbeitern konsumiert zu werden, so hat er leider vergessen zu sagen, daß zur selben Zeit die Arbeiter von Manchester und den anderen Fabrikstädten sich durch die beginnende Krisis aufs Pflaster geworfen sahen.
Grundsätzlich darf man in der politischen Ökonomie niemals Ziffern eines einzelnen Jahres zusammenstellen, um aus ihnen allgemeine Gesetze abzuleiten. Man muß stets den Durchschnitt von sechs bis sieben Jahren nehmen – den Zeitabschnitt, während dessen die moderne Industrie die verschiedenen Phasen der Prosperität, Stagnation, Krise durchmacht und ihren unvermeidlichen Kreislauf vollendet.
Kein Zweifel, wenn der Preis aller Waren fällt, und dies ist die notwendige Konsequenz des Freihandels, so kann ich mir für einen Franken weit mehr Dinge als vorher verschaffen. Und der Frank des Arbeiters gilt ebensoviel wie jeder andere. Somit wird der Freihandel dem Arbeiter sehr vorteilhaft sein. Es ist nur ein kleiner Übelstand damit verbunden, nämlich der, daß der Arbeiter, bevor er seinen Frank gegen andere Ware umtauscht, zunächst den Tausch seiner Arbeit gegen das Kapital vollzogen hat. Wenn er bei diesem Tausch stets für dieselbe Arbeit den bewußten Frank erhielte und der Preis aller anderen Waren fiele, so würde er stets bei diesem Handel gewinnen. Die Schwierigkeit besteht nicht darin, zu beweisen, daß, wenn der Preis aller Waren fällt, ich für dasselbe Geld mehr Waren bekomme.
Die Ökonomen greifen stets den Preis der Arbeit in dem Moment heraus, wo er sich gegen andere Waren austauscht, aber sie lassen stets den Moment beiseite, wo die Arbeit ihren Tausch gegen das Kapital vollzieht. Wenn weniger Kosten erforderlich sind, um die Maschine in Bewegung zu setzen, welche die Waren anfertigt, so werden die zum Unterhalt dieser Maschine, die sich Arbeiter nennt, notwendigen Dinge gleichfalls weniger kosten. Wenn alle Waren billiger sind, so wird die Arbeit, die auch eine Ware ist, gleichfalls im Preise sinken, und wie wir später sehen werden, wird diese Ware Arbeit verhältnismäßig viel mehr sinken als alle anderen Waren. Verläßt sich der Arbeiter dann immer noch auf die Argumente der Ökonomen, so wird er finden, daß der Frank in seiner Tasche zusammengeschmolzen ist und ihm nur noch fünf Sous übrigbleiben.
Hierauf werden Ihnen die Ökonomen sagen:
Nun ja, wir geben zu, daß die Konkurrenz unter den Arbeitern, die unter der Herrschaft des Freihandels sicherlich nicht geringer sein wird, sehr bald die Löhne in Einklang mit dem niedrigen Preis der Waren bringen wird. Aber anderseits wird der niedrige Preis der Waren den Konsum vermehren; der größere Konsum wird eine stärkere Produktion erfordern, welche eine stärkere Nachfrage nach Arbeitskräften nach sich ziehen wird, und dieser stärkeren Nachfrage nach Arbeitskräften wird ein Steigen der Löhne folgen.
Diese ganze Argumentierung läuft auf folgendes hinaus: der Freihandel vermehrt die Produktivkräfte. Wenn die Industrie im Wachstum begriffen ist, wenn der Reichtum, wenn die Produktivkräfte, wenn mit einem Wort das Produktivkapital die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, so steigt auch der Preis der Arbeit und folglich der Lohn. Die günstigste Bedingung für den Arbeiter ist das Anwachsen des Kapitals. Und man muß dies zugeben. Wenn das Kapital stationär bleibt, wird die Industrie nicht nur stationär bleiben, sondern zurückgehen, und in diesem Falle wird der Arbeiter das erste Opfer sein. Er wird vor dem Kapitalisten zugrunde gehen. Und in dem Falle, wo das Kapital anwächst, also in diesem, wie gesagt, besten Falle für den Arbeiter, welches wird da sein Schicksal sein? Er wird gleichfalls zugrunde gehen. Das Anwachsen des Produktivkapitals begreift in sich die Konzentration und Akkumulation der Kapitalien. Die Zentralisation der Kapitalien hat eine größere Arbeitsteilung und eine größere Anwendung von Maschinen zur Folge. Die größere Teilung der Arbeit zerstört die besondere Geschicklichkeit des Arbeiters; und indem sie an die Stelle dieser besonderen Geschicklichkeit eine Arbeit setzt, die jedermann verrichten kann, vermehrt sie die Konkurrenz unter den Arbeitern.
Diese Konkurrenz wird um so stärker, als die Arbeitsteilung den Arbeiter in die Lage versetzt, allein die Arbeit von dreien zu verrichten. Die Maschinen bewirken das gleiche Resultat noch in viel größerem Grade. Das Anwachsen des Produktivkapitals zwingt die industriellen Kapitalisten, mit stets wachsenden Mitteln zu arbeiten, und ruiniert damit die Kleinindustriellen und wirft sie ins Proletariat. Ferner, da der Zinsfuß in dem Maße fällt, als die Kapitalien sich anhäufen, werden die kleinen Rentiers, die nicht mehr von ihren Renten leben können, gezwungen sein, sich der Industrie zuzuwenden und somit die Zahl der Proletarier vermehren.
Endlich, je mehr das Produktivkapital wächst, desto mehr ist es gezwungen, für einen Markt zu produzieren, dessen Bedürfnisse es nicht kennt. Um so mehr geht die Produktion dem Bedarf voraus, um so mehr sucht das Angebot die Nachfrage zu erzwingen und nehmen daher die Krisen an Intensität und Häufigkeit zu. Aber jede Krisis ihrerseits beschleunigt die Zentralisation der Kapitalien und vermehrt das Proletariat. Je mehr das Produktivkapital also anwächst, desto mehr steigert sich die Konkurrenz unter den Arbeitern, und zwar in viel stärkerem Verhältnis. Die Entlohnung der Arbeit nimmt ab für alle, und die Arbeitslast vermehrt sich für einige.
1829 gab es in Manchester 1088 Spinner, die in 36 Fabriken beschäftigt waren. 1841 gab es nur noch 448, und diese Arbeiter bedienten 53 353 Spindeln mehr als die 1088 von 1829. Wenn die Handarbeit zugenommen hätte in demselben Maße wie die Produktivkraft, so hätte die Menge der Arbeiter auf 1848 steigen müssen; die technischen Verbesserungen haben also 1100 Arbeiter außer Arbeit gesetzt.
Wir kennen im voraus die Antwort der Ökonomen. Diese außer Arbeit gesetzten Leute, sagen sie, werden eine andere Beschäftigung finden. Herr Dr. Bowring hat nicht unterlassen, dieses Argument auf dem Ökonomenkongreß wieder vorzubringen. Aber er hat auch nicht unterlassen, sich selbst zu widerlegen.
1835 In der Erstausgabe Druckfehler 1833, in den bisherigen deutschen Ausgaben 1838. D. R. hielt Herr Bowring im Haus der Gemeinen Englisches Parlament (Unterhaus). D. R. eine Rede über die 50 000 Weber Londons, die seit langem am Hungertuch nagen, ohne diese neue Beschäftigung finden zu können, welche die Freihändler ihnen in Aussicht stellen.
Hören wir die markantesten Stellen dieser Rede des Herrn Dr. Bowring:
»Das Elend der Handweber«, sagt er, »ist das unvermeidliche Schicksal jeder Arbeit, die leicht erlernt wird und in jedem Augenblick durch weniger kostspielige Mittel ersetzt werden kann. Da in diesem Falle die Konkurrenz unter den Arbeitern ungemein groß ist, führt die geringste Verminderung der Nachfrage eine Krise herbei. Die Handweber befinden sich gewissermaßen an die äußerste Grenze der menschlichen Existenz gesetzt. Ein Schritt weiter, und die Existenz wird unmöglich. Die geringste Erschütterung genügt, um sie in die Bahn des Verkommens zu schleudern. Der Fortschritt der Technik, der die Handarbeit immer mehr aufhebt, führt unfehlbar während der Epoche des Überganges viel zeitweiliges Leiden mit sich. Der nationale Wohlstand kann nur um den Preis einiger individueller Übel erkauft werden. Man schreitet in der Industrie nur auf Kosten der Nachzügler vorwärts, und von allen Entdeckungen ist .der Dampfwebstuhl diejenige, welche am schwersten auf dem Handweber lastet. Bereits ist in vielen Artikeln, welche mit der Hand gearbeitet wurden, der Weber außer Kampf gesetzt worden, aber er wird auch weiterhin in vielen Dingen geschlagen werden, die heute noch mit der Hand verfertigt werden.«
»Ich habe«, sagt er an anderer Stelle, »in der Hand eine Korrespondenz des Generalgouverneurs von Ostindien mit der Ostindischen Kompanie. Diese Korrespondenz betrifft die Weber des Distriktes von Dakka. Der Gouverneur sagt in seinen Briefen: Vor einigen Jahren empfing die Ostindische Kompanie 6-8 Millionen Stück Kattun, die auf den einheimischen Handstühlen hergestellt waren. Die Nachfrage fiel stetig und ward auf eine Million Stück reduziert. In diesem Augenblick hat sie fast aufgehört. Noch mehr. Im Jahre 1800 bezog Nordamerika von Indien nahezu 800 000 Stück Kattun. Im Jahre 1830 bezog es nicht einmal mehr 4000 Stück. Endlich verschiffte man im Jahre 1800 eine Million Stück Kattun nach Portugal. 1830 empfing Portugal nicht mehr als 20 000 Stück.«
»Die Berichte über die Not der indischen Weber sind schrecklich; und welches war die Ursache dieser Not?
Das Auftreten englischer Produkte auf dem Markte, die Herstellung des Artikels vermittels des Dampfwebstuhles.«
»Eine sehr große Anzahl von Webern ist im Elend umgekommen. Der Rest ist zu anderen Beschäftigungen, namentlich zu ländlichen, übergegangen. Seine Beschäftigung nicht wechseln können, gleicht einem Todesurteil. Und in diesem Augenblick ist der Distrikt von Dakka überschwemmt von englischen Garnen und Geweben. Der Musselin von Dakka, in der ganzen Welt wegen seiner Schönheit und der Festigkeit seines Gewebes berühmt, ist gleichfalls infolge der Konkurrenz der englischen Maschinen verschwunden. In der ganzen Geschichte der Industrie wird man vielleicht Mühe haben, ähnliche Leiden zu finden wie die, welche auf diese Weise ganze Klassen in Ostindien erdulden mußten.«
Die Rede des Herrn Dr. Bowring ist um so bemerkenswerter, als die darin erwähnten Tatsachen richtig sind und die Phrasen, mit denen er sie zu bemänteln sucht, durchaus den Charakter der Heuchelei tragen, welche allen freihändlerischen Reden eigen ist. Er stellt die Arbeiter als Produktionsmittel hin, welche man durch weniger kostspielige Produktionsmittel ersetzen muß. Er tut so, als sähe er in der Arbeit, von der er spricht, eine ganz und gar ausnahmsweise Arbeit und in der Maschine, welche die Weber ausgerottet hat, eine ebenfalls ausnahmsweise Maschine. Er vergißt, daß es keine Handarbeit gibt, die nicht eines Tages vom Schicksal der Weberei betroffen werden kann.
»Das beständige Ziel und die Tendenz jeder Vervollkommnung in der Mechanik besteht in der Tat darin, vollständig die menschliche Arbeit entbehrlich zu machen oder ihren Preis zu vermindern, indem man die Arbeit von Frauen und Kindern an die Stelle der des erwachsenen männlichen Arbeiters oder den einfachen Handlanger an die Stelle des geschickten Handarbeiters setzt. In der Mehrzahl der Spinnereien von Wassergarn, auf Englisch throstle mills, wird das Spinnen lediglich von Mädchen von sechzehn Jahren und darunter besorgt. Die Einführung des Selfaktors anstatt der Hand-Mule hat zur Folge die Entlassung der Mehrzahl der Spinner und die Beibehaltung von Kindern und jungen Leuten.«
Diese Worte des leidenschaftlichsten Freihändlers, des Herrn Dr. Ure, sind geeignet, die Bekenntnisse des Herrn Dr. Bowring zu ergänzen. Herr Bowring spricht von einigen individuellen Leiden und sagt gleichzeitig, daß diese individuellen Leiden ganze Klassen zugrunde richten; spricht von vorübergehenden Leiden in der Zeit des Überganges, und zu gleicher Zeit verheimlicht er nicht, daß diese Leiden des Überganges für die Mehrzahl der Übergang vom Leben zum Tod gewesen sind und für den Rest der Übergang von einer besseren zu einer schlechteren Lage. Wenn er später sagt, daß die Leiden dieser Arbeiter untrennbar sind vom Fortschritt der Industrie und notwendig für den nationalen Wohlstand, so sagt er einfach, daß der Wohlstand der Bourgeoisklasse zur notwendigen Bedingung hat das Leiden der arbeitenden Klasse.
Der ganze Trost, den Herr Bowring den Arbeitern spendet, die da umkommen, und überhaupt die ganze Doktrin der Ausgleichung, welche die Freihändler aufstellen, läuft auf folgendes hinaus:
Ihr Tausende von Arbeitern, die Ihr umkommt, verzagt nicht. Ihr könnt in aller Ruhe sterben. Eure Klasse wird nicht aussterben. Sie wird stets zahlreich genug sein, daß das Kapital sie dezimieren kann, ohne befürchten zu müssen, daß es sie vernichtet. Übrigens, wie soll das Kapital eine nützliche Verwendung finden, wenn es nicht Sorge trüge, sich das Ausbeutungsmaterial, die Arbeiter, zu erhalten, um sie von neuem ausbeuten zu können«?
Aber warum ist es denn noch eine erst zu lösende Frage, welchen Einfluß die Verwirklichung des Freihandels auf die Lage der arbeitenden Klassen ausüben wird? Alle Gesetze, welche die Ökonomen von Quesnay bis Ricardo formuliert haben, sind auf der Voraussetzung aufgebaut, daß die Schranken nicht mehr existieren, welche die Handelsfreiheit bisher noch beengen. Diese Gesetze bekräftigen sich in dem Maße, wie der Freihandel verwirklicht wird. Das erste dieser Gesetze sagt, daß die Konkurrenz den Preis jeder Ware auf das Minimum ihrer Produktionskosten reduziert. Somit ist das Lohnminimum der natürliche Preis der Arbeit. Und was ist das Lohnminimum? Genau das, was nötig ist, um die zum Unterhalt des Arbeiters unerläßlichen Gegenstände zu produzieren, um ihn instand zu setzen, sich durchzuschlagen und seine Klasse soviel wie nötig fortzupflanzen.
Glauben wir deshalb nicht, daß der Arbeiter nur dieses Lohnminimum haben wird, glauben wir noch weniger, daß er dieses Lohnminimum stets haben wird.
Nein, nach diesem Gesetz wird die Arbeiterklasse zeitweilig glücklicher sein. Sie wird zuweilen mehr als das Minimum haben, aber dieses Mehr wird nur die Ausgleichung von dem sein, was sie in Zeiten der industriellen Stockung weniger als das Minimum haben wird. Das will sagen: wenn man in einem gewissen periodisch wiederkehrenden Zeitabschnitt, in jenem Kreislauf, den die Industrie beschreibt, indem sie nacheinander die Phasen von Prosperität, Überproduktion, Stagnation, Krise durchläuft, alles zusammenrechnet, was die Arbeiterklasse über und unter dem Notwendigen gehabt hat, so wird man sehen, daß sie im ganzen weder mehr noch weniger als das Minimum gehabt hat: d. h. die Arbeiterklasse wird als Klasse erhalten sein, nachdem sie soundso viel Elend, soundso viel Leiden durchgemacht, soundso viel Leichen auf dem Schlachtfeld der Industrie zurückgelassen hat. Aber was verschlägt das? Die Klasse besteht fort, und mehr als das, sie wird zugenommen haben.
Das ist jedoch nicht alles. Der Fortschritt der Industrie liefert weniger kostspielige Existenzmittel. So hat der Schnaps das Bier, die Baumwolle Wolle und Leinen, die Kartoffel das Brot ersetzt,
Da man stets Mittel findet, die Arbeit mit wohlfeileren und erbärmlicheren Gegenständen zu ernähren, so ist das Lohnminimum in stetem Sinken begriffen. Wenn dieser Lohn anfangs den Menschen arbeiten ließ, um zu leben, läßt er ihn schließlich auch noch leben, aber das Leben einer Maschine. Seine Existenz hat keinen anderen Wert als den einer einfachen Produktivkraft, und der Kapitalist behandelt ihn demgemäß. Dieses Gesetz der Ware Arbeit, des Lohnminimums, verwirklicht sich in dem Maße, als die Voraussetzung der Ökonomen: der Freihandel, eine Wahrheit, eine Tatsache wird. So von zwei Dingen eines: entweder muß man die ganze auf die Voraussetzung des Freihandels begründete politische Ökonomie leugnen, oder man muß zugestehen, daß die Arbeiter unter diesem Freihandel von der ganzen Härte der ökonomischen Gesetze getroffen werden.
Um zusammenzufassen: Was ist also unter dem heutigen Gesellschaftszustand der Freihandel? Die Freiheit des Kapitals. Habt Ihr die paar nationalen Schranken, die noch die freie Entwicklung des Kapitals einengen, eingerissen, so habt Ihr lediglich seine Tätigkeit völlig entfesselt. Solange Ihr das Verhältnis von Lohnarbeit zu Kapital fortbestehen laßt, mag der Austausch der Waren sich immerhin unter den günstigsten Bedingungen vollziehen, es wird stets eine Klasse geben, die ausbeutet, und eine, die ausgebeutet wird. Es wird einem wirklich schwer, die Anmaßung der Freihändler zu begreifen, die sich einbilden, daß die vorteilhaftere Verwendung des Kapitals den Gegensatz zwischen industriellen Kapitalisten und Lohnarbeitern verschwinden machen wird. Ganz im Gegenteil. Die einzige Folge wird sein, daß der Gegensatz dieser beiden Klassen noch klarer zutage treten wird.
Man nehme einen Augenblick an, daß es keine Korngesetze, keine Gemeinde- und keine Staatszölle mehr gibt, mit einem Wort, daß alle Nebenumstände, welche der Arbeiter heute noch für die Ursachen seiner elenden Lage halten kann, vollständig verschwunden sind, und man wird ebenso viele Vorhänge zerrissen haben, welche seinen Augen den wahrhaften Feind verhüllten.
Er wird sehen, daß das frei gewordene Kapital ihn nicht minder zum Sklaven macht als das durch Zollschranken belästigte. Meine Herren! Lassen Sie sich nicht durch das abstrakte Wort Freiheit imponieren. Freiheit wessen? Es bedeutet nicht die Freiheit eines einzelnen Individuums gegenüber einem anderen Individuum. Es bedeutet die Freiheit, welche das Kapital genießt, den Arbeiter zu erdrücken.
Wozu wollen Sie die freie Konkurrenz noch durch diese Freiheitsidee sanktionieren, da doch diese Freiheitsidee selbst nur das Produkt eines auf der freien Konkurrenz beruhenden Zustandes ist?
Wir haben gezeigt, was die Brüderlichkeit ist, welche der Freihandel zwischen den verschiedenen Klassen ein und derselben Nation hervorruft. Die Brüderlichkeit, welche der Freihandel zwischen den verschiedenen Nationen der Erde stiften würde, wäre durchaus nicht brüderlicher; die Ausbeutung in ihrer kosmopolitischen Gestaltung mit dem Namen der allgemeinen Brüderlichkeit bezeichnen, ist eine Idee, die nur dem Schoß der Bourgeoisie entspringen konnte. Alle destruktiven Erscheinungen, welche die freie Konkurrenz in dem Innern eines Landes zeitigt, wiederholen sich in noch riesigerem Umfang auf dem Weltmarkt. Wir brauchen uns nicht länger bei den Sophismen aufzuhalten, welche die Freihändler über diesen Gegenstand ausspielen und die gerade soviel wert sind wie die Argumente unserer drei Laureaten, der Herren Hope, Morse und Greg.
Man sagt uns z. B., daß der Freihandel eine internationale Arbeitsteilung ins Leben rufen und damit jedem Lande eine mit seinen natürlichen Vorteilen harmonierende Produktion zuweisen würde.
Sie glauben vielleicht, meine Herren, daß die Produktion von Kaffee und Zucker die natürliche Bestimmung von Westindien sei.
Vor zwei Jahrhunderten hatte die Natur, die sich nicht um den Handel kümmert, dort weder Kaffeebäume noch Zuckerrohr gepflanzt. Und es wird vielleicht kein halbes Jahrhundert dauern, bis Sie dort weder Kaffee noch Zucker finden, denn bereits hat Ostindien durch billige Produktion gegen diese angeblich natürliche Bestimmung von Westindien den Kampf siegreich aufgenommen.
Und eben dieses Westindien ist mit seinen natürlichen Reichtümern eine ebenso schwere Last für die Engländer wie die Weber von Dakka, die auch von Anbeginn der Zeiten bestimmt waren, mit der Hand zu weben.
Noch ein Umstand darf dabei nie aus dem Auge gelassen werden: der nämlich, daß, wie alles Monopol geworden ist, es auch heute einige Industriezweige gibt, welche alle anderen beherrschen und den sie vorzugsweise betreibenden Völkern die Herrschaft auf dem Weltmarkt sichern. So hat im internationalen Verkehr allein die Baumwolle eine viel größere kommerzielle Bedeutung als alle anderen zur Anfertigung von Bekleidungsgegenständen verwendeten Rohstoffe zusammen. Es ist wahrhaft lächerlich, wie die Freihändler auf die paar Spezialitäten in jedem Industriezweig hinweisen, um sie gegen die Produkte des alltäglichen Gebrauches in die Waagschale zu werfen, die am billigsten in den Ländern produziert werden, wo die Industrie am entwickeltsten ist.
Wenn die Freihändler nicht begreifen können, wie ein Land sich auf Kosten des anderen bereichern kann, so brauchen wir uns darüber nicht zu wundern, da dieselben Herren noch weniger begreifen wollen, wie innerhalb eines Landes eine Klasse sich auf Kosten der anderen bereichern kann.
Glauben Sie aber nicht, meine Herren, daß, wenn wir die Handelsfreiheit kritisieren, wir die Absicht haben, das Schutzzollsystem zu verteidigen.
Man kann den Konstitutionalismus bekämpfen, ohne deshalb Freund des Absolutismus zu sein.
Übrigens ist das Schutzzollsystem nur ein Mittel, in einem Lande die Großindustrie aufzuziehen, d. h. es vom Weltmarkt abhängig zu machen; und von dem Augenblick an, wo man vom Weltmarkt abhängt, hängt man schon mehr oder weniger vom Freihandel ab. Außerdem entwickelt das Schutzzollsystem die freie Konkurrenz im Innern eines Landes. Deshalb sehen wir, daß in den Ländern, wo die Bourgeoisie anfängt, sich als Klasse Geltung zu verschaffen, wie z. B. in Deutschland, sie große Anstrengungen macht, um Schutzzölle zu bekommen.
Dieselben sind für sie Waffen gegen den Feudalismus und die absolute Staatsgewalt, sie sind für sie ein Mittel, ihre Kräfte zu konzentrieren und den Freihandel im Innern des Landes selbst zu realisieren.
Aber im allgemeinen ist heutzutage das Schutzzollsystem konservativ, während das Freihandelssystem zerstörend wirkt. Es zersetzt die früheren Nationalitäten und treibt den Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie auf die Spitze. Mit einem Wort, das System der Handelsfreiheit beschleunigt die soziale Revolution. Und nur in diesem revolutionären Sinne, meine Herren, stimme ich für den Freihandel.