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Hochzeitsadler vor dem Vorhang
Ich bin zwar der Hochzeitslader,
der Bote zu Lust und Freud –
und hab doch den Vorhang gehoben
vor Bauernnot und Leid.
Sollt mir vergeben,
denn unser Leben
ist kein Theaterspiel –
tut mit uns, was es will.
Das Ansagen ist hier mein Amt.
So denkt dran, ihr Leut allesamt:
Das Leben des Bauern ist eures auch
und seine Art und seine Sitt und sein Brauch. –
Habt nur vergessen, dass er der Adam ist,
der stets wieder den Schweiß für euch vergießt
und euch Brot gibt – und Brot ist Leben.
Alle nehmen – nur die Bauern geben.
Aber, weil er direkt von Adam stammt,
ist der Bauer zu Stolz und Hochmut verdammt –
und sagt: Bauernrecht ist älter als 's Neu Testament. –
Schaun wir ihm weiter zu bis an sein End!
Der Vorhang gebt auf. Bauernstube. Einige Spinnerinnen, eine Klöpplerin, der Bauer, die Bäuerin, einige Burschen, die Magerl, der Korbflechter
Erster Bursch
Franzenbauer, wo bleiben deine Buben so lang?
Bauer
Futter richten s'. Müssen bald fertig sein.
Zweiter Bursch
Wenn der Sepp nit da ist, ist nichts los in der Spinnstuben.
Ein Mädel
Freilich! Uns wieder seckieren, das wär euch recht.
Erster Bursch
Was soll man sonst im Winter in der Spinnstuben tun?
Bauer
Wir haben's als Burschen nit anders gemacht. Und wenn man die Weiber nit sekkiert, ist's erst nit recht.
Ein Mädel
Helft denen auch noch! Dann geben s' überhaupt keine Ruh mehr.
Die drei Söhne des Bauern kommen, drei prächtige, gesunde Kerle
Ein Bursch
Da seid ihr ja schon!
Bauer
Seids fertig?
Sepp
Ja. ( hängt gleich einer die Schnur vom Spinnrad los)
Das Mädel (Kohlerkatherl)
Hab ich's nicht gesagt? Kaum ist der Sepp in der Stuben, seckiert er einen schon. Musst mir denn jedes Mal die Schnur aushängen?
Sepp zupft sie am Kleid
Schauts, die Kohlerkatherl hat ein neues Gewand, da muss man s' ja zwicken.
Bäuerin
Kannst keine Ruhe geben, Sepp?
Sepp lacht
Am End wär's ihr gar nit recht, wenn ich s' nit zwicken tät.
Kohlerkatherl deutet auf die Magerl, die sehr still am Spinnrad sitzt
Ich mein, du hättest zum Zwicken wo anders genug. ( Die Burschen und Mädchen lachen)
Ein Mädel
Geh, singt doch was!
Sepp
Recht hast. Was singen wir denn?
Ein Bursch
Singen wir:
»Zu dir bin i ganga«
Alle fallen in das Lied ein
Ein Mädel
Jetzt singen wir Dirndln eins.
(
Sie beginnt)
»Du, du, dalkata Jagersbua«
Alle Mädchen stimmen ein
Eine nach dem Singen
O weh! Fünfe ist's schon. Dirndln, gehn wir Vieh füttern – und melken!
Alle springen auf und stellen die Räder zurück, nur die Magerl bleibt sitzen und spinnt weiter.
Bauer
Nur langsam! Ihr kommt schon noch hin.
Eine
Gelt, Franzenbäuerin, die Rocken lassen wir da. Seid so gut und wehrt die Kunden ab, sonst binden sie uns wieder alles voll Knoten.
Eine Andere
Magerl, pass du auch auf!
Bäuerin
Ich schau ihnen schon auf die Finger. Eilt euch nur, dass wir um sieben wieder alle beieinander sind in der Spinnstub.
Alle , außer Bauer, Bäuerin und Magerl ab
Bauer
Mutter!
Bäuerin
Ja?
Bauer
Hör doch her!
Bäuerin
Was denn?
Bauer
Heut hab ich mir das Kohlerkatherl erst so richtig angeschaut. Ich mein, sie wär schon ein rechtes Dirndl. Und wie der Sepp sie aufgezwickt hat, ist mir ganz vorgekommen, als säh sie ihn gern.
Bäuerin
Wir schon recht als Schwiegertochter. Fleißig und brav ist's. Kann keiner ihr was nachsagen.
Bauer
Und 10 000 Mark bekommt's bestimmt mit.
Bäuerin
Ja, willst denn schon übergeben?
Bauer
Nit gern – aber weißt ja, ein alter und ein junger Bauer nebeneinander; das tut nit gut.
Bäuerin
So mach's halt am Sonntag nach der Mess aus mit ihren Vater, dem Kohlerbauern.
Bauer
Ist's dir auch recht mit dem Übergeben?
Bäuerin
Das ist deine Sach. Da red ich dir nichts drein.
Bauer beim Hinausgehen
Also – am Sonntag red ich mit dem Kohlerbauern.
Bäuerin
Magerl, hast 's Saufutter schon gerichtet?
Magerl tonlos
Ja, Bäuerin.
Bäuerin
Geh zu, wir müssen die Küh melken. ( Sie geht hinaus)
Magerl sitzt sehr still mit hängenden Armen
Sepp schnell herein
Wo ist's Magert?
Da sitzt 's, als ob 's keine Arbeit gäb. Komm, der Stall wartet.
Magerl erhebt sich schweigend
Sepp aufmerkend
Aber Dirndl, was ist denn mit dir?
Magerl
Nichts! ( will am Sepp vorbei)
Sepp hält sie fest
Nun red doch, was. hast? – Du hast doch was!
Magerl
Lass mich! – Geh zum Kohlerkatherl!
Sepp lacht
Wegen dem Zwicken? – So ein eifersüchtiges Maderl, so ein dummes.
Magerl
Frag nur deinen Vater! Der redt am Sonntag nach dem Amt mit dem Kohlerbauern.
Sepp ärgerlich
Red doch nit solch einen Schmarrn daher!
Magerl
Wo ich's mit eigenen Ohren gehört hab!
Sepp
Da hab ich auch noch mitzureden. Ich such mir selber meine Hausfrau. Aus dem Plan wird nichts draus.
Bauer eintretend
Wo wird nichts draus?
Sepp
Aus der Geschicht mit dem Kohlerkatherl.
Bauer
Wie redst mit mir?!
Die Bäuerin tritt ein
Sepp
Wie einer, der sich nit verhandeln lässt.
Bauer
Hast etwa eine andere?
Sepp
Und wenn?
Bauer
Vielleicht die da?!
Sepp stellt sich neben Magerl
Und wenn!
Bauer
Das leid ich nit!
Sepp
Ich heirat, nit du! Und ich heirat die Magerl!
Bauer
Also da schau her! So weit bist schon! Einen Dienstboten brächt er mir auf den Hof. O nein, mein Lieber. Wo Bauern sitzen, haben Häusler keinen Platz. Da bin ich auch noch da.
(
zu Magerl)
Und du sollst dich schämen! Bist Dienstbot hier und treibst dich mit dem Hoferben rum. – Du – du – Betteldirn du!
Magerl weint
Bäuerin
Halt dich zurück, Mann!
Sepp tritt hart vor den Bauern
Nimmst das zurück?!
Bauer
Wie trittst vor deinen Vater? Du ausgeschämter Kerl, du! Weg von dem Mädel!
Sepp reißt Magerl zu sich her
Her gehst, Magerl!
Bauer holt aus und schlägt Sepp ins Gesicht
Da Schandbub, du elender!
Sepp will sich auf ihn stürzen
Das tust mir?!
Bäuerin springt dazwischen, während Magerl sich an den Sepp hängt
Sepp!
Bauer
Hinaus mit dir! – Nimm s' mit, deine Betteldirn! Raus ans meinem Hof!
Bäuerin
Vater, was tust?
Sepp
Wär auch so nimmer blieben, Mutter. Bhüt Gott! Komm, Magerl! ( Er reißt sie heftig mit sich hinaus)
Bäuerin
Was hast tan, Vater?
Bauer hart
Was ich hab müssen. Hier auf dem Hof bleibt's beim alten Bauernbrach. Wenn der Vater was will, haben die Kinder nichts zu reden. So halten 'S wir Bauern.
(
Er wendet sich zum Gehen)
Der Stall wartet.
(
Er geht und dreht sich noch einmal um)
Und den Hof bekommt der Karl!
Der Vorhang fällt