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5. Bild.
Krieg

Der Zuschauerraum bleibt während der kurzen Pause dunkel. Nach einer Weile Gesang hinter der Bühne: »In der Heimat, in der Heimat, da gibt`s ein Wiedersehn.« Der Vorhang geht auf, die Bühne wird hell. Der Bauer blättert in einem Kalender. Die Bäuerin sitzt strickend auf der Ofenbank. Das Singen wird lauter, als ob sie gerade draußen vorbeizögen.

Bäuerin hält sich gequält die Ohren zu

Bauer

Jetzt ist wieder ein Trupp Rekruten fort. In drei Monaten schon die vierten. Lustig sind s', als ging's auf den Tanzboden. Wie viel werden heimkommen? – O der Krieg!

Bäuerin

Ich kann s' nit mehr singen hören. Es schneidet mir eins Herz. Unsere Buben sind auch fort mit lauter Musik und Singen. Dort an der Tür ist der Karl gestanden, ich, seh ihn noch wie heut. Mutter, heul nit, hat er gesagt, in ein paar Wochen sind wir wieder da.

Bauer

Und der Toni hat gelacht: Mich trifft keine Kugel, ich hab geweihtes Salz mitgenommen.

Bäuerin weh

Und jetzt liegen s' schon alle zwei unter der Erd.

Bauer

Der verfluchte Krieg!

Bäuerin

Wenn ich nur wüsst, wo der Sepp steckt. Gar nichts mehr hören lassen hat er, seit du ihn vom Hof gewiesen hast.

Bauer

Red nimmer davon!

Bäuerin

Dass er Soldat geworden ist, weiß ich von seinem Spezl, ,dem Schreinersepp. Aber sonst gar nichts.

Bauer zieht aus der Tasche einen verknitterten Brief

Einmal musst du 's ja wissen, – den Brief da hat er geschrieben.

Bäuerin nimmt zitternd den Brief

O heilige Muttergottes! Wann denn?

Bauer

Vorige Woch.

Bäuerin

Schreiben musst ihm, Vater!

Bauer

Ich hab schon. Gleich, wie ich ihn bekommen hab.

BauerIN

Ich muss ihn lesen – den Brief von meinem Sepp. Ich geh in die Kammer, Vater.
( Sie geht. Der Bauer sitzt in Gedanken)

Bauer

Der Krieg! Der Krieg! Kein End und kein Aufhören.

Briefträger tritt ein

Grüß dich Gott, Franzenbauer.

Bauer

Grüß dich! Bringst mir was?

Briefträger zögernd

Einen Brief bring ich zurück – den du an deinen Sepp geschrieben hast – und noch einen zweiten – – Der Postmeister meint, ich soll dir – – er ist nit vom, Sepp – – er ist wieder von der Kompanie – – –

Bauer springt auf

– es wird doch nit? – Gib her! ( reißt den Brief an sich)

Briefträger

Nimm dich zusammen, Franzenbauer!

Bauer läßt den Brief auf den Tisch fallen

– ist schon so – – (gepresst) So haben die andern zwei auch ausgeschaut. O Herrgott! – – – (erschüttert) Der Sepp – – und meinen Brief hat er nimmer bekommen ( verzweifelt) – aus ist's!

Briefträger

Es muss ja nit gleich das Schlimmste sein. Am End ist er mir schwer verwundet.

Bauer

Da lies! – Lies mir 's vor! Ich rühr den Brief nicht an.

Briefträger öffnet den Brief, liest langsam und stumm – legt den Brief bin auf den Tisch – und geht, sich die Augen wischend, langsam ab

Bauer hängt an seinem Gesicht – auf eine letzte Hoffnung lauernd – stiert dem abgehenden Briefträger nach), als könnte es doch ein Irrtum sein – greift langsam nach dem Brief – fährt zudrück und sitzt stumm da, den Kopf auf der Brust – wie erstarrt

Bäuerin kommt herein

Vater, jetzt wird alles wieder gut mit unserem Sepp – – was sitzt denn so da? – – War der Briefträger nit da – hab ihn doch übern Hof gehen sehen. Du – Vater!

Bauer zeigt stumm auf die Briefe auf dem Tisch

Bäuerin schreiend

Der Sepp?!

Bauer nickt

Bäuerin

Der letzt! Und ich hab ihn nimmer gesehen. – – O Herrgott im Himmel! – ( bricht weinend zusammen, den Kopf auf der Bank neben dem Bauern)

Bauer schiebt die krampfhaft geballten Fäuste gemartert über den Tisch), – keucht, springt auf, stellt sich vor das Kreuz im Herrgottswinkel – brüllend, abgehackt
Bist mir neidisch gewesen, du? Hast mir sie nicht lassen können, meine drei Buben? Hast mir auch den letzten nehmen müssen, nachdem ich ihn gerade wiedergefunden. Du willst ein Erlöser sein? Mit deinem einen Kreuz? Mich hast jetzt dreimal gekreuzigt.
(zu seiner Frau)
Resl, es gibt nichts – nichts – es gibt keinen Herrgott!

Bäuerin klammert sich an ihn

Versündig dich nicht! Bet mit mir, Vater! – – Eine Mutter trägt's doppelt. Hilf mir! – O meine Kinder!

Bauer schüttelt sie ab und stürzt hinaus

Bäuerin betet mechanisch, stockend

Heilige Maria, Mutter Gottes – – –

Der Vorhang sinkt


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