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Dokumente

I.
Der letzte Bericht des böhmischen Statthalters Grafen Coudenhove an den Ministerpräsidenten.

»K. k. Statthaltereipräsidium in Böhmen.
Prag, am 16. X. 1918.
33 456

Eure Exzellenz!

Über die Ereignisse des 14. X. l. J. wurde Eurer Exzellenz telephonisch im Detail berichtet: weitere Meldungen stehen noch aus und werden nachgetragen werden.

Gegenwärtig erübrigt es noch, auf die politische Färbung dieses äußerst merkwürdigen Tages näher einzugehen, und ich werde mir im folgenden erlauben, hierüber meine Meinung zu äußern, wenngleich ich gegenwärtig noch nicht in der Lage bin, für die absolute Richtigkeit unbedingt einzustehen.

Von besonderem Interesse ist es, daß an den Manifestationen und Äußerungen dieses Tages weder die staatsrechtlich demokratische noch die agrarische Partei fast irgendwie Anteil hatte. Das ganze ging von den Sozialisten, speziell von der Sozialistika Rada in Prag aus. Aber auch hier hatte es den Anschein, als ob die Führer der sozialistischen Parteien nur vorgeschobene Posten wären, und die Rolle, die sie spielten, mehr eine Folge einer Art Bedrängnis, als die eigener Initiative war. Je näher man die Sache besieht, desto mehr kommt man zu dem Schluß, daß das Ganze eine Art Überrumpelung und eine Art Putschversuch einer plötzlich in Erscheinung getretenen maximalistischen Regung der Sozialisten war. Hierfür gibt es mehrere Anhaltspunkte:

Vor allem ist maßgebend der Umstand, daß ein großangelegter Plan (wie dies sonst der Fall ist) in den sozialistischen Zeitungen vorher nicht ventiliert wurde. Die nationalsozialistischen Blätter haben sich die Tage vorher in keinem besonders eruptiven Sinne geäußert; dasselbe gilt von »Pravalidu«. Erst am Sonntag, den 13. d. M., brachte dieses Blatt einen derart explosiv gehaltenen Artikel, daß diese Schreibweise gänzlich aus dem Rahmen der bisher beobachteten und der sozialdemokratischen Leitung zweifelsohne auch vollkommen entsprechenden Schreibweise fiel. Eine Manifestation war wohl geplant, doch sollte sie sich ausschließlich nur mit Fragen der Ausfuhr aus Böhmen befassen, und ich glaube, daß dies den Führern von vorneherein Ernst war. Auf einmal hat sich in diesen Charakter eine ausgesprochen republikanisch-revolutionäre Tendenz eingeschlichen, ein Umstand, welcher, wenn von den Führern der beiden sozialistischen Parteien ausgehend, auf einen gänzlichen Stimmungsumschwung dieser Kreise schließen lassen müßte, wofür ich aber insbesondere mit Rücksicht auf die stets beobachtete Tendenz zur Evolutionistik dieser Leute gar keinen Anhaltspunkt finde. Es müssen also in der Leitung der Sozialistika Rada auf einmal jüngere radikal bolschewistisch gesinnte Leute Einfluß genommen haben, welche mit überraschenden Tatsachen düpieren wollten. Was die Führer veranlaßte, klein beizugeben, kann ich heute noch nicht beurteilen.

Ein weiteres Moment für die Beleuchtung der vorgebrachten Erwägung ist die Haltung der bürgerlichen Presse (folgen Pressestimmen aus »Wenkow«, »Èech« und »Veèer«).

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Parteigruppen sind bis zum offenen Zwiespalt gediehen.

Weiters will ich bemerken, daß die von mir erlassene und E. E. am 13. X. nachts zur Kenntnis gebrachte Kundmachung, wie ich von verschiedener Seite höre, beruhigend und vielfach ermutigend gewirkt hat. Es wurden Stimmen laut, welche sagten, daß die Beantwortung einer gewaltsamen Lösung mit Gegengewalt am Platze sei.

Daß unter solchen Umständen die von mir ergriffene Maßregel der Heranziehung und Verwendung außerordentlicher Machtmittel gerechtfertigt war, ist ebenso selbstverständlich, als es selbstverständlich ist, daß dieselben unter den gegenwärtigen Verhältnissen auch nicht die allergeringste Schmälerung erfahren dürften.

Die furchtbare Gefahr, vor der der Staat stand, und die heute kaum in ihrer ganzen Größe übersehen werden kann, fordert die Inanspruchnahme dieser Machtmittel, welche unbedingt notwendig sind, um die primitiven Grundlagen der staatlichen Ordnung zu erhalten und zu schützen und den ruhigen Elementen einen Rückhalt und eine Stärkung in ihrem Verhalten zu gewährleisten.

Dieser Bericht wird in Abschrift S. E. dem Herrn k. k. Ministerpräsidenten vorgelegt.

Der k. k. Statthalter:
gez. Coudenhove

*

II.
Geheimbericht an die Militärkanzlei Kaiser Karls von Österreich über die südslawische Organisation.

»AOK.
E. v. B. Nr. 32 810.

Südslaw. Organisation.
Chef des Gen.
Streng geheim.

An die Militärkanzlei S. M. des Kaisers und Königs. 24. X. 18.

Standort am 21. X. 18.

Bei der Nachrichten-Abteilung AOK. ist von dienstlicher Seite folgende im Wortlaut wiedergegebene Meldung angelangt:

Von vollkommen vertraulicher Seite wurde nachstehendes in Erfahrung gebracht:

1. Die Post zwischen Dr. Trumbic und südslawischem Komitee in der Monarchie besorgen feindliche Unterseeboote an Orten, die von Südslawen der Monarchie fallweise bestimmt werden. Auf dieselbe Art wird auch die Post von Südslawen an Dr. Trumbic geleitet. Die Korrespondenz betrifft verschiedene Fragen und Direktiven in den südslawischen Fragen im Einvernehmen mit Wilson.

2. Im ganzen Lande von Kroatien und Slawonien sind bestimmte Ausschüsse bereits aufgestellt, die die Aufgabe haben, das Volk für die Jugoslavia vorzubereiten und zu belehren, jedes Mitglied zahlt monatlich 1 Krone, ärmere 50 Heller als Nationalsteuer. Sitzungen und Konferenzen werden an verschiedenen Orten Kroatiens und Slawoniens wie Istriens gehalten. Eine solche wurde am 4. X. in Sussak abgehalten, wo auch die Frage der eventuell sich ereignenden Revolution zur Frage kam.

3. Die nationale Polizei ist bereits aufgestellt, die die Aufgabe haben wird, renitente Elemente und solche, die für Volk und Land Unglück bringen können, zu internieren, wobei ihnen das Leben zugesichert wird.

4. Im gegebenen Falle wird die Proklamation seitens des südslawischen Komitees an die Bevölkerung herausgegeben. Dieselbe wird die Bevölkerung zur Ruhe und Ordnung auffordern und gleichzeitig versprechen: Teilung der Güter der Großgrundbesitzer, sowie Aufteilung der Kirchengüter. Die Kriegswucherer werden ihr Vermögen dem südslawischen Staat auszuliefern haben.

5. Der neue südslawische Staat wird eine Republik sein, wo der Präsident der Reihe nach aus den Slowenen, Serben und Kroaten gewählt wird.

6. Die Familien Karagjorgjewic und Njegus haben im Falle des südslawischen Staates abzudanken.

7. Die Opposition im österreichischen Parlament arbeitet nach Weisung des Dr. Trumbic im Einvernehmen mit Wilson. Dr. Trumbic gab die Initiative, daß die Slawen im österreichischen Parlament eine solche Stimmung vorzubereiten haben, daß die Deutschen Österreichs den Anschluß an Deutschland eventuell verlangen, damit diese als Hochverräter angegeben werden können.

8. Triest mit einem noch zu bestimmenden Hinterlande hat durch Plebiszit zu bestimmen, wohin es gehören wolle, ebenso Mazedonien.

9. Die Entente wird an dreizehn noch näher zu bestimmenden Punkten in Dalmatien und der Herzegowina eindringen, wodurch Österreich-Ungarn gezwungen wird, die Gebiete zu räumen, und dieselben werden von den südslawischen Legionen besetzt werden.

10. Die Südslawen haben bereits zwei Milliarden Goldstücke im Werte pro Stück zwanzig Franken, die »Sokole« heißen werden. Auf der einen Seite des Goldstückes wird der Falke und auf der anderen die Initialen »SHS« (»Srpsko – hrvatsko – slovensko«) enthalten sein.

11. Die Entente wird vor Friedenskonferenz verlangen, daß der Deutsche Kaiser auf einem englischen Kriegsschiffe interniert wird und auf den Thron zu verzichten habe.

12. Proponiert ist folgende Fahne für die Jugoslavia. Ein Dreieck mit den Farben Rot-Weiß-Blau. Das soll heißen: niemand ist der erste, jede Nation ist selbständig, und alle zusammen bilden ein Ganzes.

13. Ebenso ist bereits eine Nationalhymne für den südslawischen Staat gefunden worden. Den Inhalt konnte jedoch Gewährsmann nicht angeben.

14. Die beabsichtigte Proklamation Sr. Majestät an die Völker wird, da sie zu spät erscheint, nicht beachtet.

Die Punkte 1-13 sind von Gewährsmann am 4. d. M. in Erfahrung gebracht worden. Punkt 14 erst vor einigen Tagen, als die Zeitungen über das Manifest sprachen.

Zum Schlusse wird noch bemerkt, daß der Gewährsmann angab, daß zwischen Agram und Bosnien die jeweilige Post, respektive die Direktiven an die bosnisch-herzegowinischen Politiker abgesandt werden.

Ungeachtet diese Nachrichten, die von der berichtenden Seite als sehr vertrauenswürdig und seriös bezeichnet werden, bis nun noch nicht überprüft werden konnten, beehre ich mich dennoch, mit Rücksicht auf die Dringlichkeit des Gegenstandes hievon Mitteilung zu machen. Das Ergebnis der hierseits gepflogenen Nachforschungen wird umgehend zur Mitteilung gelangen.

Ergeht an Mil.-Kanzlei S. M., K. M. Präs.-Bureau, k. k. Ministerpräs., kgl. ung. Ministerpräs., Vertreter des Min. d. Äußern beim AOK., Flottenkommando, M.K./K.M. Z. St. Wien, V. H. K. Budapest zur gefl. Kenntnis, VO. des AOK. b. k. ung. Min. des Innern, Gstabt. HGK. Fm. von Boroevic, HGK. Baron Köveß, des Mil.-Komm. Zagreb, Budapest, Temesvar.

von Arz, Genobst.«

*

III.
Bericht des Vizeadmirals von Keil über das Ende der österreichisch-ungarischen Flotte an Kaiser Karl im Exil.

»Darstellung der Verhältnisse und der daraus folgenden Erwägungen, welche die Übergabe der Flotte und des Marineeigentums an den südslawischen Nationalrat als unumgänglich notwendig erscheinen ließen.

Seit der Meuterei der Schiffsbemannungen in der Bocche die Cattaro waren die früher vereinzelt und unter dem Deckmantel der Beschwerde wegen ungenügender Nahrung und Bekleidung auftretenden Unruhen, Widersetzlichkeiten und Unbotmäßigkeiten der Marinemannschaften an der Tagesordnung.

Durch Belehrung der Mannschaft, Abstellung aufgedeckter Mißstände, tunlichste Vermehrung der Fürsorge wurden diese Unruhen gedämpft, es war aber unverkennbar und auch durch die Vertrauensmänner der Behörden erhärtet, daß die eigentlichen Ursachen dieser Anstände in politisch-nationaler Verhetzung der Mannschaft durch geheime Emissäre lagen, welche den Abfall der Nationalstaaten systematisch vorbereiteten.

Wie es sich hinterher herausstellte, waren an diesen Vorgängen auch Stabspersonen beteiligt, was eine um so tiefere Wirkung auf die Mannschaft ausüben mußte.

Seit dem Erscheinen des Manifestes nahm diese Bewegung merklich zu und wurde durch die durch die Emissäre geförderte mißverständliche Auffassung, daß das Manifest schon die Bildung und Sanktionierung der Nationalstaaten, sowie deren gegenseitige Unabhängigkeit beinhalte, wesentlich bekräftigt.

Die von den für die Marineleitung maßgebendsten Behörden, d. i. den Hafenadmiralaten von Pola und Cattaro, dem Kreuzerflottillenkommando Cattaro, den Seebezirkskommanden Sebenico, Fiume und Triest, einlaufenden Berichte und Telegramme meldeten übereinstimmend eine stets stärker werdende nationale Bewegung, die durch keine Mittel mehr aufgehalten und nur mit aller Mühe in ruhige Bahnen gelenkt werden könne; schließlich betonten die warnenden Berichte dieser Behörden mehr und mehr, daß durch Unnachgiebigkeit die bisher mühsam vermiedenen Exzesse, ja selbst helle Meuterei, eventuell sogar Anarchie und Plünderung, nicht mehr hintanzuhalten wären.

Einstweilen hatten sich auch in den verschiedenen Ländern der Monarchie neue Regierungen, »Nationalräte«, gebildet, welche, wenn auch von der Zentralregierung noch nicht anerkannt, doch in mehr oder minder offizieller Form funktionierten und mehr und mehr Einfluß auf die konnationalen Mannschafts- und auch Stabspersonen der Kriegsmarine gewannen und ausübten.

Nicht nur an den Fronten, auch im Hinterlande setzte die Agitation für die Rückkehr der nationalen Militärpersonen in ihre Heimatländer lebhaftest ein. So hatten zweite Hälfte Oktober zweihundert tschechische Soldaten einer Garnison in der Nähe Wiens erklärt, sie müßten dem Rufe des Abgeordneten Klofaè, ins tschechoslowakische Reich zurückzukehren, Folge leisten und hätten in Österreich nichts mehr zu tun. Am 27. Oktober liefen dringende Mitteilungen des Flottenkommandos und des Hafenadmiralates Pola ein, daß laut Meldungen der Vertrauensmänner bei den Fortsbesatzungen, Heeresformationen und der Flotte Meutereibewegungen unmittelbar bevorständen zu dem Zwecke, nach Aufteilung von Proviant, Monturen und Geldverlägen und Vertäuung der Schiffe unter Land in die Heimat abzuziehen. Die hohen Befehlshaber würden noch trachten, durch Ansprachen die Bewegung niederzuhalten, erbäten aber dringend telegraphische, kalmierende, zum ruhigen Ausharren bis Friedensschluß ermahnende Enunziationen der Führer der Nationalräte an die Heeres- und Marinemannschaft und Entsendung von Vertretungen der Nationen in die Hauptkriegshäfen Pola und Cattaro, welche vielleicht die Katastrophe noch abwenden konnten.

Gleichzeitig wurden in der Adria feindliche Flottenmaßnahmen durch Kundschafter gemeldet, so daß anzunehmen war, daß der Feind, speziell Italien, von der meuterischen Bewegung, welche die Sicherheitsmaßnahme wesentlich beeinflußte, in Kenntnis sei und zu einem Handstreiche gegen die Hauptkriegshäfen schreiten werde.

Von diesen Nachrichten wurden durch die Marinesektion sofort die Zentralregierung sowie speziell auch die Nationalräte von Österreich, Prag und Zagreb, die k. ung. Regierung und der damals schon funktionierende ung. Nationalrat in Kenntnis gesetzt und die Entsendung von Enunziationen sowie Vertretern dringendst erbeten.

Die Tschechen und Südslawen forderten direkte, daß sofort ein Waffenstillstand eingeleitet werde, da sie nur dann zur Intervention bereit wären, und daß diese Forderung Sr. Majestät sofort zur Kenntnis gebracht werde, was auch durch die Marinesektion veranlaßt wurde.

Die Waffenstillstandsverhandlungen wurden auch am 28. Oktober eingeleitet, was die Abgeordneten von Friaul mit einer beruhigenden Enunziation ihren konnationalen Wehrmachtsangehörigen telegraphisch zur Kenntnis brachten.

Eine tschechische Aufforderung zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe wurde vom Vizepräsidenten des Narodny Vybor Tusar zur Weitergabe nach Agram mit der Bedingung übermittelt, den Aufruf nur dann zu veröffentlichen, wenn der südslawische Nationalrat ein Gleiches tue.

Deutsche sozialistische Abgeordnete begaben sich nach Pola, um beruhigend einzuwirken.

Aus Agram erfolgte folgende Antwort:

»Dem slow.-kroat.-serb. Nationalrate stellt sich die Landmacht zur bedingungslosen Verfügung, wenn die Seemacht das gleiche tut, sind wir bereit, den uns zugeschickten Aufruf auch in unserem Namen an die Marine abzusenden und je einen Abgeordneten nach Pola, Cattaro und Sebenico zu entsenden.

Slow.-kroat.-serb. Nat.-Rat
Abgeordnet f. nat. Vert.

Dr. Drinkovic.«

Einstweilen lief ebenfalls am 28. Oktober ein Telegramm des Kreuzerflottillenkommandos Cattaro ein, daß unter der Marinemannschaft propagiert werde, am 1. November die Schiffe zu verlassen, um in die Heimat zurückzukehren, mit der Bitte, ebenfalls! Abgeordnete zu entsenden, um die Bestrebungen des Stabes, beruhigend einzuwirken, zu verstärken.

Diese Entsendung von Abgeordneten für Cattaro konnte nicht mehr erreicht werden, weil sich die Ereignisse in den folgenden Tagen überstürzten.

Die Ansprachen, die der Flottenkommandant am 28. Oktober auf allen Flottenschiffen hielt, wirkten zwar einigermaßen beruhigend insoferne, als Exzesse anscheinend nicht beabsichtigt waren; doch erklärten unter anderem die ungarischen Matrosen einmütig, verhalten zu sein, am 1. November, ebenso wie die ungarischen Regimenter der Landfront, unbedingt in die Heimat zu deren Verteidigung abzuziehen und hierzu von maßgebender Stelle verpflichtet worden zu sein. Es war nicht zu eruieren, wer diese maßgebende Stelle war, doch scheint eine Enunziation des Grafen Michael Károlyi hierfür maßgebend gewesen zu sein.

Gleichzeitig wurden auf den Schiffen sowohl als in Marineanstalten am Lande Matrosenräte gebildet, Vertrauensmänner bestimmt, welchen die Kontrolle der Kommandanten oblag. Diese Vertrauensmänner und Räte, aus allen Nationen zusammengesetzt, forderten unter anderem auch auf den Schiffen die Schlüssel der Munitionsdepots ab, damit die Schiffe seitens der Stäbe nicht in die Luft gesprengt werden könnten, und warnten vor einem Versuche hierzu, der nur zu einem Massacre der Stabspersonen führen würde.

Diese Warnung wurde nachträglich durch den Umstand erhärtet, daß nach der Sprengung des »Viribus Unitis« durch italienische Offiziere sofort durch Matrosenpatrouillen viele nichtslawische Offiziere und Beamte verhaftet und mißhandelt wurden, da man annahm, daß die Sprengung des »Viribus Unitis« durch kaisertreue Stabspersonen veranlaßt worden sei. Die Freilassung der Verhafteten erfolgte erst nach einwandfreier Feststellung, daß die italienischen Offiziere die Urheber der Sprengung gewesen seien.

Eine Meldung des Verbindungsoffiziers des Armeeoberkommandos beim Flottenkommando erhärtete diese Berichte, fügte bei, daß, wenn keine Entscheidung über Waffenstillstand, Einleitung des Friedensschlusses, Beginn der Entlassung ältester Jahrgänge usw. bis 1. November getroffen sei, in Pola eine unabsehbare Katastrophe eintrete und bolschewikische Elemente unbedingt die Oberhand gewinnen würden.

Es muß hier hervorgehoben werden, daß jedwede größere Entlassung oder auch nur relativ geringe Unbotmäßigkeit der Marinemannschaften die Flotte respektive die komplizierten Schiffseinheiten sofort total kampfunfähig gemacht hätte, da nicht nur die Kopfzahl der Bemannung, sondern deren technische Qualifikation und erst nach längerer Zeit zu erwerbende Vertrautheit mit den Lokaleinrichtungen hierfür maßgebend ist.

An eine Aktion mit der Flotte war sonach gar nicht zu denken; kaum an eine nur halbwegs erfolgreiche Verteidigung eines angegriffenen befestigten Platzes. Die Flotte, sämtliche Marineanstalten und sonstiges Marineeigentum wären einem angreifenden Gegner unter diesen Umständen fast wehrlos als gute Beute zugefallen. Außerdem hätten versuchte Verteidigungs- und Kampfmaßnahmen bei dem Umstande, als die Südslawen und Tschechen aller Voraussicht nach nicht nur nicht teilgenommen, sondern sich solchen Anordnungen direkt widersetzt hätten, nur dazu geführt, Exzesse jeder Art auszulösen, deren Grenzen angesichts der Verhetzung der Nationalitäten untereinander ganz unabsehbar gewesen wären.

Jeder versuchte Zwang, die alten Verhältnisse in der Kriegsmarine zu erhalten, hätte, ganz abgesehen von den Materialverlusten, zu offenem Kampfe führen müssen, bei dem die in starker Minderzahl befindlichen auf dem Standpunkt der »Gemeinsamkeit« verbliebenen Getreuen ganz zwecklos abgeschlachtet worden wären.

Dies alles und die Befürchtung, daß die teils italienisch, teils slawisch gesinnte Bevölkerung von Pola bolschewikische Exzesse sowie Raub und Plünderung verübe, sowie die, wenn auch geringe Hoffnung, den Anspruch an das gemeinsame Marineeigentum für die Nationalstaaten zu retten und zu wahren, waren die Gründe, welche die Übergabe der Marine an den südslawischen Nationalrat als lokalen Machthaber als einzigen Ausweg rätlich erscheinen ließen. Wie schon erwähnt, wären alle Ansprüche der Nationalstaaten verfallen, wenn z. B. die Italiener Pola durch Handstreich erobert hätten.

 

Die nachfolgenden Ereignisse in Pola und Cattaro bestätigten die Unvermeidlichkeit der Übergabe insofern, als es sich erwies, daß der südslawische Nationalrat beschlossen hatte, unter allen Umständen, selbst mit Gewalt, von der Marine Besitz zu ergreifen, und dieser Beschluß den obersten Behörden in Pola auch der Flotte eben mitgeteilt werden sollte, als die telegraphische Depesche eintraf, welche über Anordnung Sr. Majestät diese Übergabe unter protokollarischer Wahrung der Rechte der anderen Nationalstaaten anordnete. Der Beschluß war gefaßt worden nach Beratung mit dem Chef der Militärkanzlei, dem Chef des Generalstabes und dem Minister des Äußeren, Grafen Andrássy, hierauf gemeinsam Sr. Majestät vorgetragen und von Sr. Majestät schließlich genehmigt worden.

Daß die Macht der zur Zeit in den verschiedenen Orten bestehenden südslawischen Lokalkomitees nicht so stark sei, um Exzesse verschiedener Art und Plünderungen hintanzuhalten, war zur Zeit der Übergabe nicht vorauszusehen und von dieser Aktion auch ganz unabhängig.

Die in der Marine-Sektion erliegenden Akten geben die im vorstehenden zusammengezogenen Tatsachen in allen Details, und viel deutlicher wieder, als sie in dieser kurzen Zusammenstellung geschildert werden konnten.

Wien, am 27. März 1920.«

*

IV.
Darstellung des Kapitäns z. See Weniger über die Vorgänge auf dem Kriegsschiffe »König« in Kiel.

»Aufgestellt 17.-19. November 1918.

20. November 1918.

»König« lag seit Sonnabend, den 2. November, im Schwimmdock 7, das Schiff war nicht mehr fahr- und kriegsbereit. Die Torpedomunition war abgegeben. Am Sonntag wegen der erwarteten Unruhen kein Stadturlaub, am Montag desgleichen. Geschwaderchef schifft sich daher gegen 5 Uhr nachmittags auf »Bayern« ein, um mit den andern Schiffen einen Hafen aufzusuchen, in dem beurlaubt werden konnte.

Am Montag gegen 3 Uhr nachmittags kam der Fernspruch des Gouverneurs »Um Blutvergießen zu vermeiden« usw. offen an; ich hielt ihn für falsch, er wurde auf Anfrage aber bestätigt und mitgeteilt, daß er irrtümlicherweise für »König« abgegeben sei. Gegen 7 Uhr ließ ich wegen Beurlaubungen bei Station anfragen. Antwort: »Lage ruhig, aber nur vereinzelt Offiziere, Deckoffiziere und Unteroffiziere beurlauben.« Ich entschloß mich, niemand zu beurlauben, da Grenze schwer zu ziehen. Bei Abendmusterung wurde dies der Besatzung durch die Divisionsoffiziere bekanntgegeben. Lage war gegen 8 Uhr jedenfalls nicht mehr ruhig. Eine Ordonnanz, die Befehle abholen sollte, konnte nicht mehr zur Station kommen, da Zugangsstraßen von bewaffneten Leuten der W.D. und T.D. besetzt. Der Besatzung des Schiffes wurde es auch sehr bald klar, daß Lage an Land nicht ruhig war. Verschiedentlich versuchten Trupps von zwanzig bis vierzig Mann sich zu entfernen. Vom ersten Trupp kamen zwei, vom nächsten fünf bis zehn Mann durch. Es gelang mir und den Offizieren, die andern durch Zureden und Ermahnungen zurückzuhalten. Gegen 9 Uhr setzte der Generalstreik der Werftarbeiter ein, damit war die Möglichkeit, das Dock zu senken, nicht mehr vorhanden. Nach 11 Uhr kamen zwei Untersuchungsgefangene an Bord und meldeten, daß das Arresthaus in der Feldstraße gestürmt und sie befreit seien. Dies war das Signal, zwei an Bord befindliche Arrestanten zu befreien. Wiederergreifen erschien mir in der Nacht zu schwer durchführbar, ich ließ es daher dabei bewenden.

Im Laufe der Mittelwache (von 12-4 Uhr nachts) trafen immer mehr Meldungen ein, daß der Soldatenrat die Stadt und Werft beherrschte. Ankommende Armeetruppen seien entwaffnet und zurückgeschickt worden. Es kamen ferner Drohungen an die Besatzung, »auch mitzumachen, endlich Schluß zu machen, sonst würde es dem Schiff schlecht gehen, zwei U-Boote das Dock sprengen« usw. und eine Aufforderung an mich, die Besatzung frei zu geben. Am Morgen meldete mir der erste Offizier, daß ein kleiner Teil der Besatzung blau anzöge, der größere Teil aber den befohlenen Arbeitsanzug. Gegen 7 Uhr 30 heißten Schiffe und Fahrzeuge die rote Flagge. Ich ließ sofort durch den Adjutanten die Kriegsflagge setzen; soweit ich erkennen konnte, war »König« das einzige Schiff mit der Kriegsflagge. Unter diesen Umständen hatte ein Widerstand, auch wenn die ganze Besatzung mitgemacht hätte, keine Aussicht auf Erfolg. Außer hundert Gewehren und dreißig Pistolen standen nur die beiden 8,8-cm zur Verfügung, und diese auch nur beschränkt (auf nahe Entfernung nicht). Ich entschloß mich daher, die Flagge mit Offizieren zu verteidigen und die Besatzung ganz frei zu geben. Ich wollte ihr das sagen oder sagen lassen, als mir der I. O. meldete, daß der Befehl: »divisionsweise antreten«, nicht ausgeführt wurde. Es wäre wohl noch möglich gewesen, den Befehl durchzudrücken unter Heranziehung aller Vorgesetzten und wenn das Antreten unter Deck befohlen wäre. Ich verzichtete aber darauf und ließ pfeifen: »Wer an Land gehen will, kann an Land gehen.« Soweit ich beobachtet habe, ist zunächst nur von etwa hundert Mann von dieser Erlaubnis Gebrauch gemacht worden. Nach 8 Uhr kamen Vertreter des Soldatenrats und erteilten mir den Befehl, die rote Flagge zu heißen; als ich mich weigerte, sagte er, dann würde das Heißen der Flagge gegen Mittag erzwungen werden. Bald danach sah ich, wie Leute des Schiffes, die an Land gegangen waren, zurückkamen. Ich ging ihnen auf Deck entgegen und sagte ihnen, »ich wollte sie nicht mehr an Bord haben, sie sollten an Land bleiben«. Antwort: »An Land würden sie durchs Tor nicht durchgelassen, sie sollten sich Waffen holen.« Ich: »Sie sollten doch nicht solche Angst haben, sie könnten dann ja auf der Werft ausbiegen und dort warten, an Bord ginge bald Schießerei los.« Antwort: »Das nütze ihnen nichts, sie würden doch totgeschossen.« Da in den Gesichtszügen hauptsächlich Angst zu lesen war, und da ich fest überzeugt war, daß Leute der Besatzung nicht auf die Offiziere und mich schießen würden, gab ich ihnen die Erlaubnis, Waffen zu holen, und sagte es dem wachhabenden Offizier (v. Chappuis) und dem I.O.; dann ließ ich die Deckoffiziere kommen, erklärte ihnen die Lage, stellte ihnen ihr Verhalten anheim, legte ihnen nahe, sich am Kampfe nicht zu beteiligen. Ich befahl auch, daß die Seekadetten dabei unten bleiben sollten.

Nach dem Weggang des Vertreters des Soldatenrats hatte ich angeordnet, daß die Seeoffiziere der Kriegswache an Deck bleiben sollten, und einen an die Flagge geschickt, um Überrumpelungen vorzubeugen. Den Kampf erwartete ich erst gegen 11 Uhr. Ich ging aber jetzt herauf auf das Aufbaudeck, um mir die örtlichen Verhältnisse anzusehen. Lt. z. S. Zenker, den ich zur Flagge geschickt hatte, stand auf dem Luftschacht hinter dem achteren Kommandostand, ich stellte mich neben ihn. Kurz vor oder kurz nach meiner Ankunft fing das Schießen auf uns an, zunächst nur von der Stadtseite (Schuhmacherstraße und Wall), später auch von der Werftseite. Vom Dock und vom Schiff ist meines Wissens nicht geschossen worden. Lt. z. S. Zenker wurde sehr bald getroffen, er fiel hin mit dem Ruf: »Ich habe meine Pflicht getan!« Ich beugte mich zu ihm herunter und rief ihm zu: »Ja, Sie haben Ihre Pflicht sehr gut getan!« Einige Offiziere waren mir auf das Aufbaudeck gefolgt; ich rief ihnen zu, sie möchten Lt. z. S. Zenker heruntertragen. Ich glaube, Korv.-Kapt. Junkermann und Kaptlt. Walther haben es getan. Auf dem Aufbaudeck habe ich ferner noch gesehen Kaptlt. Fengler, zeitweise I. 0. und Lt. z. S. Kahnt; es mögen aber noch andere oben gewesen sein. Nachdem Lt. z. S. Zenker weggetragen war, erhielt ich gleichzeitig zwei Treffer (r. Schulter und r. Oberschenkel); ich fiel hin, und da es mir nicht gleich gelang, mich auf dem Luftschacht wieder aufzurichten, ließ ich mich auf das Aufbaudeck heruntergleiten. Dort kam ich zum Stehen und konnte auch gut gehen. Die Schulterwunde machte sich durch starkes Bluten bemerkbar. Ich ging neben dem Kommandostand an Steuerbord auf und ab und erhielt hier noch eine Wunde im Rücken, die mich aber nicht störte. Als ich einmal mit den weiter vorn stehenden Offizier sprach, hörte ich ein »Hurrah« an Land. Ich drehte mich um und sah, wie ein Obermatrose des Schiffes dabei war, die Flagge niederzuholen. Ich schrie ihn an: »Weg da!« und holte meine Pistole heraus. Er ließ die Flaggleine los, sprang, anstatt wegzulaufen, auf mich zu mit dem Ruf: »Kameraden, helft mit!« Ich schoß (vier oder fünf Schüsse sind gefallen, wie ich nachher feststellte), er fiel und rollte den Luftschacht herunter mir zu Füßen. Soweit ich erkennen konnte, war er sofort tot. Etwas später ist der I. O. verwundet worden. Ich ging nachher nach Backbord, herüber und erhielt nach einiger Zeit den Schuß durch den Kopf. Ich war zunächst ohnmächtig, wahrscheinlich aber nur kurze Zeit. Ich erinnere mich, mit dem Kopf auf etwas sehr Hartem gelegen zu haben, was es war, habe ich nicht erkannt – das Sehen fiel mir sehr schwer –, dann ferner eine starke Blutung gespürt und den Drang gehabt, diese Blutung zu verstopfen – wo die Blutung war, habe ich auch nicht erkannt, dann irgendwo gesessen zu haben und schließlich den Ob.-Ass.-Arzt d. Res. Dr. Kiel gesehen zu haben, der mich wahrnahm und verband. Ich hatte erst geglaubt, von Offizieren heruntergeführt worden zu sein; diese waren aber noch mit dem Wegschaffen des I. O. beschäftigt und nicht oben, wie ich nachher gehört habe. Ich bin also jedenfalls allein von dem Aufbaudeck bis nach achtern zur Treppe nach der Kajüte gegangen. Ich hatte die Absicht gehabt, solange ich konnte, bei der Flagge auszuharren; als das klare Bewußtsein nicht mehr vorhanden war, ist der Selbsterhaltungstrieb mächtiger gewesen und hat mich Flagge und meine Absicht vergessen lassen.

Ich bin am Vormittag noch in einem offenen Motorwagen nach dem Lazarett Wik gebracht worden, der Soldatenrat hatte dem Chefarzt gesagt, sie legten Wert darauf, daß die verwundeten Offiziere gut, ferner sie, wie sonst behandelt würden. Der I. O. ist leider an demselben Tage noch, Lt. z. S. Zenker einige Tage später gestorben.

gez. Weniger.«

*

V.
Aufruf des Prinzen Max von Baden an die Kieler Matrosen.

»Seeleute!
Arbeiter!

Tiefbedauerliche Ereignisse haben sich in den letzten Tagen zugetragen. Zwischen Mannschaften, welche die Ordnung gewaltsam zu stören versuchten, und anderen, die beauftragt waren, sie aufrechtzuerhalten, ist es zu Zusammenstößen gekommen, bei denen es Tote und Verwundete gegeben hat.

Eine Untersuchung der Vorfälle ist eingeleitet, bei der alle Umstände geprüft werden sollen, die zu diesen beklagenswerten Ereignissen geführt haben.

Nach den uns bisher gewordenen Nachrichten ist die herrschende Erregung durch unsinnige Gerüchte hervorgerufen worden. Es wurde behauptet, die Offiziere der Kriegsflotte seien mit der Friedenspolitik der Regierung nicht einverstanden und planten einen Handstreich, der die Mannschaften nutzlos dem Tode überliefern würde. Die Offiziere der Kriegsflotte leisten der Regierung Gehorsam, und der gegen sie gerichtete Vorwurf, sie hätten diesen Gehorsam verletzt oder wollten ihn verletzen, ist unberechtigt. Niemand denkt daran, das Leben von Volksgenossen, Familienvätern zwecklos aufs Spiel zu setzen. Die Regierung hat schon am 5. Oktober den Gegnern den Abschluß eines Waffenstillstandes vorgeschlagen, um zweckloses Blutvergießen zu vermeiden.

Wenn der Waffenstillstand noch nicht abgeschlossen ist, so kommt das daher, daß die Gegner ihre Bedingungen noch nicht genannt haben. Solange die Kriegshandlungen durch den Willen der anderen Seite fortgehen, bestrebt sich die deutsche Kriegsführung zu Lande und zur See, mit Menschenleben so zu sparen, wie dies mit den Zwecken notwendiger Abwehr vereinbar ist.

Die Aufgabe, unnützes Blutvergießen zu vermeiden, kommt aber nicht nur der Regierung, sondern dem ganzen Volke zu. Wir wollen den Völkerkrieg nicht abschließen, um den Bürgerkrieg zu beginnen. Gewissenlos handelt, wer durch Ausstreuung phantastischer Gerüchte Unruhe verbreitet und die Flamme des Bürgerkrieges entfacht.

Beschwerden sollen untersucht, berechtigte Forderungen erfüllt werden.

Die Regierung ist aber auch verpflichtet, mit allen Mitteln, die ihr zu Gebote stehen, das Volk vor dem Elend zu schützen, das ihm aus der Zerstörung jeglicher Ordnung erwachsen würde, sie ist verpflichtet, nach Recht und Gerechtigkeit zu verfahren, dafür trägt sie vor dem ganzen Volke und seiner gewählten Vertretung, dem Deutschen Reichstag, die volle Verantwortung.

Seeleute!
Arbeiter!

Seid auch Ihr Euch der Verantwortung bewußt, die Ihr vor Euren Volksgenossen tragt. Sorgt dafür, daß die traurigen Ereignisse der letzten Tage vereinzelt bleiben, und daß wir ohne blutige Wirren unsere inneren Angelegenheiten in gesetzlicher Freiheit ordnen können, dem deutschen Volke und Euch selbst zum Heil!

gez. Prinz Max von Baden,
Reichskanzler.

Scheidemann,
Staatssekretär.

Ritter von Mann,
Staatssekretär des R. M. A.«

*

VI.
Die Verkündigung des bayerischen Freistaates.

»Proklamation.

Volksgenossen!

Um nach jahrelanger Vernichtung aufzubauen, hat das Volk die Macht der Zivil- und Militärbehörden gestürzt und die Regierung selbst in die Hand genommen. Die Bayerische Republik wird hierdurch proklamiert. Die oberste Behörde ist der von der Bevölkerung gewählte Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat, der provisorisch eingesetzt ist, bis eine endgültige Volksvertretung geschaffen werden wird. Er hat gesetzgeberische Gewalt. Die ganze Garnison hat sich der Republikanischen Regierung zur Verfügung gestellt. Generalkommando und Polizeidirektion stehen unter unserem Befehl. Die Dynastie Wittelsbach ist abgesetzt. Hoch die Republik!

Der Arbeiter- und Soldatenrat:
Kurt Eisner

*

VII.
Depesche des Staatssekretärs Doktor Solf an Kaiser Wilhelm II. über den Thronverzicht.

» Telegramm

Berlin, den 8. November 1918.

Der Staatssekretär
an Freiherrn von Grünau.

Für
Seine Majestät den Kaiser und König.

Euer Majestät unterbreite ich alleruntertänigst, daß die Teilnahme der Mehrheit der Sozialisten die unerläßliche Voraussetzung für die Fortsetzung des Friedenswerkes ist. Die Sozialisten scheiden bei der Nichtberücksichtigung ihres Ultimatums sofort aus der Regierung aus. Dann bleibt nur die Militärdiktatur. Jedenfalls hört die Regierung auf, für die Entente verhandlungsfähig zu sein. Unter solchen Umständen werden die Feindseligkeiten durch die Entente fortgesetzt werden.

Eine Einflußnahme auf die Sozialisten zur Zurücknahme ihres Entschlusses ist vergeblich versucht und schlechterdings unmöglich. Die Mehrheit der Sozialisten können und wollen den Unabhängigen und der Spartakusgruppe die Alleinherrschaft über die Massen nicht lassen.

Von Eurer Majestät sofortigem Entschluß hängt es einzig und allein ab, ob der Bürgerkrieg zu vermeiden ist. Ich bitte daher Eure Majestät in aller Ehrfurcht, durch das höchste Opfer dem Reich den Frieden zu bringen, der allein es retten kann.

Alleruntertänigst
Solf

*

VIII.
Reichskanzler Prinz Max von Baden an Kaiser Wilhelm II. am Spätabend des 8. Novembers 1918.

»Der Reichskanzler
an Freiherrn von Grünau
für Seine Majestät den Kaiser und König.

Eure Majestät bitte ich im Anschluß an meine heutigen Berichte zur Lage auf folgende neueren Ereignisse aufmerksam machen zu dürfen:

1. Seine Majestät der König von Bayern hat dem Throne entsagt.

2. Dasselbe hat Seine Königliche Hoheit der Herzog von Braunschweig getan.

3. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin hat die Forderungen des Arbeiter- und Soldatenrates angenommen.

4. Das Kabinett, dessen Mitglieder bis gestern in der Mehrzahl gegen die Thronentsagung Euerer Majestät waren, hält heute überwiegend diesen Schritt für das einzige Mittel, um Deutschland vor blutigem Bürgerkrieg zu bewahren.

5. Exzellenz von Payer hat mir erklärt, im Falle meines Rücktrittes das Amt des Vizekanzlers, das für den Vertrauensmann der Mehrheit geschaffen ist, nicht weiterführen zu können; sämtliche Mitglieder des Kriegskabinettes werden folgen. Die Neubildung einer Regierung ist unmöglich, weil auch nach Ansicht der Zentrumsführer eine arbeitsfähige Mehrheit im Reichstag nicht zu finden ist. Das Reich steht dann ohne Kanzler, ohne Regierung, ohne feste Reichstagsmehrheit verhandlungsunfähig da.

Alleruntertänigst
Prinz Max von Baden

*

IX.
Fernspruchmeldung des Admirals von Hintze an den Reichskanzler Prinz Max von Baden am 9. November 1918, um 9 Uhr 15 Minuten vormittags.

»Die Oberste Heeresleitung hat sich entschlossen, sogleich Seiner Majestät zu melden, daß die bewaffneten Streitkräfte im Falle eines Bürgerkrieges nicht hinter ihm stehen würden, und daß die Armee wegen Ernährungsschwierigkeiten nicht imstande sein würde, einen Bürgerkrieg zu führen.«

*

X.
Die Abdankungserklärung Kaiser Wilhelms II.

(Durch Fernsprecher mitgeteilt an die Reichskanzlei am 9. November 1918.)

»Seine Majestät sind damit einverstanden, wenn die deutsche Regierung die beim Feinde befindliche Waffenstillstandskommission ermächtigt, sofort abzuschließen, auch ehe die Waffenstillstandsbedingungen hier bekanntgeworden sind. Um Blutvergießen zu vermeiden, sind Seine Majestät bereit, als Deutscher Kaiser abzudanken, aber nicht als König von Preußen.

Seine Majestät will auch aus dem Grunde König von Preußen bleiben, um zu vermeiden, daß durch den bei seiner Abdankung erfolgenden gleichzeitigen Abgang der Mehrzahl der Offiziere die Armee führerlos wird und sich auflöst.

Seine Majestät wollen einen Bürgerkrieg nicht.

Seine Majestät werden für den Fall der Abdankung als Deutscher Kaiser dem Feldmarschall von Hindenburg befehlen, den Oberbefehl über das deutsche Heer zu übernehmen und selbst bei den preußischen Truppen bleiben. Weitere Bestimmungen werden dem Reichsverweser vorbehalten.

Heerführer und Oberbefehlshaber sind der Ansicht, daß die Tatsache der Abdankung des Deutschen Kaisers und Obersten Kriegsherrn jetzt die schwerste Erschütterung in der Armee hervorrufen wird, und können eine Verantwortung für den Zusammenhalt der Armee nicht mehr übernehmen.

Wilhelm II. I. R.

*

XI.
Proklamation des Volkskommissars Pogány an die Budapester Soldatenräte.

»Soldaten!

Der Nationalrat hat im Einvernehmen mit dem Kriegsminister und auf Grund der Entschließung des Ministerrates die Reorganisation des Soldatenrates befohlen.

Entstanden in den ersten ruhmreichen Tagen der Revolution, ist der Soldatenrat aus dem Gebot der Stunde geboren, ohne Wahlen aus jenen prächtigen revolutionären Soldaten, die – ihren Prinzipien getreu – die neue Fahne hochhielten.

Jetzt, da wir mit Anerkennung und Liebe dem Soldatenrat seine großen Dienste danken, müssen wir gleichzeitig anordnen, daß ein Soldatenrat durch die ganze Budapester Garnison auf Grund der demokratischen freien Wahl gewählt werde.

Das Ziel ist:

Der Soldatenrat möge, aufgebaut auf der Grundlage der Demokratie, in Wahrheit den unverfälschten Willen der Mehrheit der Soldatenmassen repräsentieren, und alle Organisationen und Gruppen, Offiziere wie Mannschaften, sollen durch ihre Vertrauensmänner im Soldatenrate Vertretung finden.

Aus diesem Grunde ordnen wir an:

Alle Offiziere und Soldaten des Mannschaftsstandes müssen in ihre Kasernen und Einteilungen zurück.

In allen Kasernen und überall, wo sich Truppen befinden, sind sofort Vertrauensmänner zu wählen, die die Vertrauensmännerkorporation des Soldatenrates bilden werden.

Dies hat nach Abteilungen in Versammlungen zu geschehen. Die Versammlungen sind nach demokratischen Grundsätzen abzuhalten, Vorsitzender und Schriftführer sind zu wählen, die Beschlüsse werden protokolliert. Bei Abstimmung entscheidet die Mehrheit. Bei Stimmengleichheit der Vorsitzende.

Die Offiziere eines Bataillons wählen einen Vertrauensmann, die Mannschaften vier Vertrauensmänner. Die Vertrauensmänner vertreten die Offiziere und Mannschaft des Bataillons im Budapester Soldatenrat.

Alle Vertrauensmänner sind zur Legitimierung mit Legitimationen zu versehen, die den Stempel der Truppenkörper tragen.

Alle Vertrauensmänner von Offizieren und Mannschaften haben am 3. November, Sonntag, früh 9 Uhr, im Alten Abgeordnetenhaus zu erscheinen. Dort wird der Soldatenrat sich konstituieren. An der konstituierenden Versammlung können die Delegierten nur auf Grund ihrer Legitimation teilnehmen. Die Versammlung wird den Vorstand, Ausschuß und die nötigen Komitees des Soldatenrates wählen.

Alle Soldaten und Truppen fordern wir durch diesen Befehl auf, die Anordnungen des Nationalrats, des Ministerrats und des Kriegsministers sofort durchzuführen.

Budapest, am 2. November 1918.

Der Regierungskommissar des Soldatenrates.«

*

XII.
Flugblatt der Berliner sozialistischen Zeitung »Vorwärts« am 9. November 1918.

»DIE KAISERFRAGE VOR DER ENTSCHEIDUNG.

Kurzer Aufschub!

Über den Stand der Kaiserfrage am gestrigen Abend unterrichtet in kurzer und erschöpfender Form folgendes Flugblatt, das vom Parteivorstand und der Reichstagsfraktion ausgegeben wurde:

Arbeiter!
Parteigenossen!

Ein Teil der gestern von uns aufgestellten Forderungen ist von der Regierung und den Mehrheitsparteien erfüllt worden.

Das gleiche Wahlrecht für Preußen und alle Bundesstaaten auf Grundlage der Verhältniswahl soll ohne Verzug durch Reichsgesetz eingeführt werden.

Die sofortige Parlamentarisierung der preußischen Regierung ist gesichert, ebenso die Verstärkung des sozialdemokratischen Einflusses in der Reichsregierung.

Die Einberufungen zum Militär sind rückgängig gemacht.

Noch nicht erledigt ist

die Kaiserfrage.

Unsere Forderung auf sofortigen Rücktritt des Kaisers und Verzicht des Kronprinzen wurde aufgestellt unter der Voraussetzung, daß der Waffenstillstand heute mittag abgeschlossen sein würde. Diese Voraussetzung hat sich nicht erfüllt, weil die deutsche Delegation infolge äußerer Hindernisse heute vormittag im feindlichen Hauptquartier nicht eintreffen konnte. Der Abschluß des Waffenstillstandes würde aber gefährdet durch unseren Austritt aus der Regierung. Deshalb haben Parteivorstand und Reichstagsfraktion die gestellte Frist bis zum Abschluß des Waffenstillstandes verlängert, um erst das Aufhören des Blutvergießens und die Sicherung des Friedensschlusses herbeizuführen. Sonnabend vormittag treten die Vertrauensmänner der Arbeiter erneut zusammen.

Arbeiter! Parteigenossen! Es handelt sich also nur um einen Aufschub von wenigen Stunden.

Eure Kraft und Eure Entschlossenheit verträgt diesen Aufschub.

Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und die Reichstagsfraktion.

Heute mittag erwartet man den Kurier mit den Waffenstillstandsbedingungen in Berlin. Morgen dürfte der Waffenstillstand unterzeichnet werden. Dann ist die augenblickliche Hemmung, die sich der schnellen Lösung entgegenstellte, weggeräumt.

Der Reichskanzler hatte nach dem Ultimatum der Sozialdemokraten seine Demission angeboten, die abgelehnt wurde. Auch ohne sie wäre die Volksregierung durch den sofortigen Austritt der Sozialdemokraten zusammengebrochen, und dann wäre niemand dagewesen, der den Waffenstillstand hätte unterzeichnen können.

Jeder Tag Krieg kostet nutzlos und zwecklos Tausende von Menschenleben. Darum hat die Sozialdemokratie in den kurzen Aufschub eingewilligt. An dem Ergebnis, das mit großer Bestimmtheit zu erwarten ist, wird nichts dadurch geändert.

In den Hansastädten, in zahlreichen Städten Mitteldeutschlands ist die Bewegung siegreich. Bayern und Braunschweig sind zu Volksrepubliken erklärt, der Herzog von Braunschweig hat für sich und seine Nachkommen auf den Thron verzichtet.

Welcher Siegeslauf der Bewegung in den wenigen Tagen seit Kiel! Kiel wirkte vorbildlich in jeder Beziehung. Überall galt es als Regel, Verluste von Menschenleben zu vermeiden, und überall, so weit wir sehen, arbeiten wie in Kiel, wo Genosse Noske als Marine- und Stadtkommandant seines Amtes waltet, die beiden sozialistischen Richtungen einträchtig zusammen. Es gilt jetzt die Bewegung in den unblutigen Formen, in denen sie sich bisher vollzogen hat, zum krönenden Abschluß zu bringen und dann die brennenden sozialen Fragen, vor allem die Ernährungsfrage, in die Hand zu nehmen. Dazu sind wir auf gutem Wege. Versuche zu Gegenmaßregeln, die nicht im Einverständnis mit der Regierung, also von Unverantwortlichen auf eigene Faust unternommen werden könnten, werden kaum zur Ausführung gelangen können. Sie könnten nur namenloses Unheil anrichten, an dem Endergebnis aber nichts ändern.

Das ganze Volk muß wissen, daß der Erfolg dieser Versuche unweigerlich zur Wiederaufnahme des Krieges und zum völligen Ruin Deutschlands führen müßte. In dem Augenblick, in dem an der Spitze des Reiches keine Volksregierung mehr, sondern eine kaiserlich-militaristische Regierung stände, wäre die wichtigste vom deutschen Volk angenommene Friedensbedingung hinfällig geworden, und die Friedensverhandlungen wären damit gescheitert.

Darüber muß jeder Volksgenosse aufgeklärt werden, dann sind Wahnsinnsstreiche der Reaktion unmöglich.«

*

XIII.
Mémoire des Professors Thomas G. Massaryk an Sir Edward Grey

Überreicht in London im April 1915

VERTRAULICH
APRIL 1915
LONDON

DAS UNABHÄNGIGE BÖHMEN

INHALT

Einleitende Bemerkung.

Das Ziel des gegenwärtigen Krieges: die Regeneration Europas.

Das moderne Nationalitätenprinzip.

West und Ost: die kleinen Nationen.

Nur drei große Nationen in Europa.
Das Bevölkerungsproblem des Krieges.

Die Weltstellung Englands und Rußlands: See- und Landmacht.

Deutschland: eine Kontinentalmacht.

Bismarcks Politik gegenüber Österreich: Pangermanismus.

Berlin-Bagdad.

Der Dreibund als Drang nach dem Osten: Triest, die Adria.

Österreich, ein künstlicher Staat: sein fortschreitender Zerfall.

Böhmen als Bestandteil Österreich-Ungarns.

Die Notwendigkeit für Böhmen, sich von Österreich-Ungarn zu trennen.

Böhmen für Rußland, Serbien und die Alliierten. Böhmens Anteil am Krieg.

Böhmen fordert seine Unabhängigkeit.

Der unabhängige böhmische Staat: Flächeninhalt und Bevölkerung. Mögliche Einwände gegen die Schaffung eines unabhängigen Böhmens und ihre Widerlegung.

1. »Es ist schwierig.«
2. Kleine Staaten sind strategisch unmöglich.
3. Die ökonomische Schwäche eines kleinen Staates.
4. Böhmischer Grundbesitz.
5. Die Frage der nationalen Minoritäten.
6. Die böhmische Minorität in Wien.

Böhmen ist nicht die einzige Nation, die befreit werden muß.

Das freie Böhmen und Serbo-Kroatien als Nachbarländer.

Die slawische Barriere gegen Deutschlands Marsch nach Konstantinopel-Bagdad.

Diese Barriere stimmt mit den Interessen der Alliierten in Asien überein.

Italien und die slawische Frage: Dalmatien.

Böhmen und die Balkanstaaten: England, Rußland und Deutschland. Das unabhängige Böhmen: Konstitutionierung und Regierung.

Ein »Sine qua non«.

Map of United States of Bohemia Zeme Cesko-Slovenské.

DAS UNABHÄNGIGE BÖHMEN

Einleitende Bemerkung.

Dieses Memorandum enthält das Programm der Reorganisation Böhmens als unabhängiger Staat.

Es ist das Programm aller politischen Parteien Böhmens mit Ausnahme der Katholisch-Klerikalen. Alle Details und untergeordneten Probleme sind fortgelassen. Der Plan einer Wiedererrichtung des unabhängigen böhmischen Staates unmittelbar im Herzen Europas führt naturgemäß zu den grundlegenden politischen Problemen des gegenwärtigen Krieges. Der innere Zusammenhang all dieser Probleme erklärt ihre Erörterung, soweit es die böhmischen und slawischen Fragen hier erfordern.

Die Gesichtspunkte sind selbstverständlich vom böhmischen Standpunkte aus dargestellt; das wird, hoffentlich, das Verständnis für die böhmische Frage erleichtern.

Das Ziel des großen Krieges: die Regeneration Europas.

Englische Staatsmänner und Politiker haben häufig als die Idee und das Ziel dieses Krieges die Befreiung und Freiheit der kleinen Staaten und Nationen ausgerufen. Das gleiche Prinzip wurde in Frankreich verkündet. In Rußland haben der Zar und der Generalissimus öffentlich von der Befreiung ihrer slawischen Brüder gesprochen, während in England und Frankreich die Integrität Belgiens nachdrücklichst hervorgehoben wurde.

In diesen feierlichen Proklamationen der Alliierten wurde die Regeneration Europas als eines der Ziele des Krieges betont.

Das moderne Nationalitätenprinzip.

Bis vor kurzem wurde die Menschheit eingeteilt und organisiert in Staaten und Kirchen, ohne Rücksicht auf Nationalitäten. Die moderne Zeit kennzeichnet sich durch die Entwicklung verschiedener Nationen als starker politischer und staatenbegründender Mächte.

Im praktischen Leben ist die Sprache als die Vermittlerin im täglichen kulturellen Leben und Treiben der wahre Prüfstein der Nationalität. Neben der Nationalität haben in modernen Zeiten ökonomische Entwicklung ebenso wie die Fürsorge für die Massen – nicht ausschließlich für aristokratische Minoritäten – eine große, politische und rassenbindende Macht erlangt.

Die Nationalität ist nicht die einzige organisatorische Kraft in der Gesellschaft, aber sie ist ein sehr machtvoller Faktor, dies um so mehr, als sie sich sehr oft dem Staate entgegenstellt. Das Losungswort »Nationalstaaten« umfaßt die ganze Richtung moderner politischer Entwicklung.

Für die Zwecke dieses Memorandums ist es nicht notwendig, die Wirkungsfähigkeit der Nationalität als politische Macht einzuschätzen. Die Zukunft möge den entscheidenden Sieg der aufbauenden Macht der Nationalität erbringen; heute ist es zum wenigsten gut, festzustellen, in welchem Maße ihre Kraft ausreicht, die Übel, die zum Kriege geführt haben und die in seinem Verlaufe enthüllt wurden, zu verhindern.

West und Ost: kleine Nationen.

Zwischen dem Westen und Osten Europas besteht ein auffallender Unterschied in bezug auf die Zusammensetzung der Staaten und die Zahl der kleinen Nationen. Der Westen hat vier (fünf) große Nationen und nur fünf kleine, während der Osten nur aus einer großen und einer großen Anzahl kleiner Nationen besteht. Im Westen werden die Staaten von einer beherrschenden Rasse gebildet, im Osten sind sie national untermischt.

Westen.
1. England 1. Portugal
2. Frankreich 2. Holland (und die Flamen Belgiens)
3. Deutschland 3. Dänemark
4. Italien 4. Norwegen
(5. Spanien) 5. Schweden
Osten.

Rußland, das in sich selbst zahlreiche kleine Nationen umschließt, während Österreich-Ungarn sich aus neun, der Balkan aus sieben Nationen zusammensetzt.

Nur drei große Nationen in Europa: das Bevölkerungsproblem des Krieges.

In Europa bestehen tatsächlich nur drei große Nationen: Rußland (170 Millionen), England (45 Millionen), Deutschland (65 Millionen).

Die drei sind zum wenigsten die drei größten Nationen, an der Zahl und dem ständigen Wachstum ihrer Bevölkerung gemessen.

Auf dem Wiener Kongreß, als Europa gestaltet wurde, war Frankreich die größte Nation; Deutschland hatte 1816 auf dem gleichen Territorium, das es heute besitzt, 27,8 Millionen, Frankreich mehr als 30. Heute ist Frankreich viel kleiner als Deutschland und kleiner als Großbritannien.

Italien ist die kleinste der größern Nationen; Spanien kann kaum als große Nation überhaupt anerkannt werden.

Der Unterschied im Wachstum der Bevölkerung, ihr dauerndes Anwachsen, die ungefähre Bestimmung des Zeitpunkts ihrer Verdoppelung, der steigende Unterschied in der Anzahl der Soldaten und Arbeiter beginnt Staatsmännern und Politikern den Anreiz zu geben, die Wanderung der Bevölkerung (Auswanderung, Einwanderung) zu regeln und eine weitblickende Kolonialpolitik zu verfolgen.

Die kolonialen Bestrebungen Deutschlands und Frankreichs müssen von diesem bevölkerungspolitischen Standpunkt aus betrachtet werden; er läßt uns den Antagonismus zwischen Frankreich und Deutschland verstehen, das Bündnis Frankreichs mit Rußland (170 Millionen) und die ganze politische Situation Europas.

Die Weltstellung Englands und Rußlands: See- und Landmacht.

Die geographische Lage Englands ist einzig dastehend; England ist die Kolonial- und Seemacht par excellence; so sehr die einzige Seemacht, wie Rußland die Kontinentalmacht par excellence ist. Die modernen Verkehrsmittel ermöglichen es England, seine kolonialen Kräfte zusammenzufassen und damit sogar der großen Armee des kontinentalen Deutschlands zu trotzen.

Der Unterschied und natürliche Gegensatz zwischen England und Rußland regelt die auswärtige Politik und den militärischen und maritimen Charakter der beiden Staaten.

Beide Nationen haben ein vitales Interesse an Asien – daher entfaltet sich der Gegensatz zugleich mit dem Zusammentreffen politischer Interessen in der Politik betreffs der Türkei, Persiens, Chinas, Japans usw. und vor allem Deutschlands.

Deutschland: eine Kontinentalmacht.

Seine zentrale Lage in Europa, der Aufstieg und die Niederlage Frankreichs 1870 und seine kolonialen Bestrebungen bringen Deutschland mit seiner großen und dichten Bevölkerung in Mitbewerb mit Rußland und England. Seine militärischen Kräfte sind gegen Rußland, seine Flotte ist gegen England gerichtet.

Deutschland ist eine durchaus kontinentale Macht. Es ist ein Militärstaat, kein Seestaat.

Seine zentrale Lage veranlaßt Deutschland, sich die Suprematie über Europa anzumaßen.

Der große deutsche Historiker und philosophische Geograph Heeren fürchtete die Zukunftsaussicht einer Vereinigung Deutschlands schon auf dem Wiener Kongreß: »Die Aufrichtung eines Zentralstaates von Europa sollte den fremden Mächten nicht gleichgültig sein. Wäre es eine große Monarchie: welche Möglichkeit, ihr den Frieden zu sichern? Könnte eine solche Macht lange der Versuchung widerstehen, sich das Übergewicht über Europa anzumaßen, zu dem seine Lage und seine Macht ihm die Berechtigung zu geben scheinen? Die Errichtung einer einzigen Monarchie in Deutschland wäre bald das Grab der Freiheit in Europa.«

Bismarcks Politik gegenüber Österreich-Ungarn: Pangermanismus.

Als eine kontinentale, übervölkerte Macht drückt Deutschland dauernd gegen Österreich und bedient sich seiner. Bismarcks Politik gegenüber Österreich ist die diplomatische und politische Formulierung des dauernden Druckes des nördlichen Preußens auf das südliche Österreich. Lagarde, der Vater des modernen Pangermanismus, formulierte das deutsche Programm: »Kolonisation Österreichs durch Deutschland.«

Durch die Kolonisierung Österreichs strebt Deutschland danach, den Balkan zu kolonisieren und so Konstantinopel und Bagdad zu erreichen.

Berlin-Bagdad.

Der »Drang nach Osten« erklärt die Politik Deutschlands gegen die Magyaren, gegen Rumänien, gegenüber Bulgarien und der Türkei.

Die Losung Berlin-Bagdad kennzeichnet das wahre Ziel Deutschlands, die Richtung des »Drangs nach dem Osten«. Das Bündnis mit der Türkei im Krieg ist das Endresultat der deutschen Invasion in Konstantinopel und in Kleinasien (Finanzpolitik, Eisenbahnen, Schulen und Krankenhäuser usw.).

Bekannte deutsche Politiker und Publizisten befürworten während des ganzen Krieges den Plan, Asien bis Bagdad zu okkupieren; zum Beispiel: Lamprecht, von Liszt, Dirr, der Direktor des ethnologischen Museums in München, usw.

Der Dreibund als Drang nach dem Osten: Triest, die Adria.

Der Dreibund ist die diplomatische und militärische Waffe des Berlin-Bagdad-Plans: Österreich-Ungarn steht absolut zu Deutschlands Verfügung. Italien ist in seinen nationalen Bestrebungen gehemmt, denn es ist klar, daß Deutschland versucht, Triest und die Adria für sich zu beanspruchen – den Weg nach Asien und Ostafrika. Die pangermanistischen Politiker seit Lagarde beanspruchen Triest sehr energisch für Deutschland.

Im Grunde enthüllt der deutsche Anspruch auf Asien eine der ausschlaggebendsten Ursachen des Krieges und erklärt den Gegensatz von Deutschland zu England und Rußland.

Österreich, ein künstlicher Staat: sein fortschreitender Zerfall.

Österreich, als eine Zusammensetzung neun kleiner Nationen, ist ein ganz künstlicher Staat, wie ein österreichischer Politiker (Plener, der Jüngere) es nannte; keine Nation in Österreich ist so volkreich, daß sie die beherrschende Majorität hätte. Die Dynastie versucht deshalb, ihre absolutistische Stellung nach dem Prinzip »divide et impera« zu halten, indem sie einmal der einen, einmal der andern Nation kleine Konzessionen macht; die Deutschen (die Dynastie ist deutsch) und die Ungarn sind die Bevorzugten.

Österreich dankt seinen Ursprung der Abwehr der Invasionen von Türken und vorher von Hunnen (Magyaren); Österreich bedeutet das östliche Imperium: die deutschen Provinzen, Böhmen und Ungarn vereinigt zu einem Bündnis wider die Türkei.

Mit dem Fall der Türken stürzte auch Österreich; Österreich verlor seine beherrschende Idee und ist nicht fähig, eine positive Idee zu finden.

So fällt Österreich von Stufe zu Stufe. Das österreichisch-spanische Imperium wurde aufgelöst. Österreich verlor den größeren Teil Schlesiens und wurde von Preußen gezwungen, Deutschland zu verlassen; 1848 von Rußland gerettet, verlor es 1859 die italienischen Provinzen; 1866 wurde es von Preußen geschlagen. Seither existiert es, geteilt in Österreich und Ungarn, nur noch als der Vasall von Berlin; Berlin verdanken sowohl die Österreicher, wie die Ungarn ihre beherrschende Stellung in Österreich.

Die andern Nationen, besonders die Böhmen und die Südslawen, sind in dauernder Opposition zu den beiden verpreußten Vasallen, den Österreichern und Ungarn. Österreich war nicht fähig, alle seine Nationen in einem festen Bündnis zu vereinigen und sein eigenes Ziel in der Arbeit für das Wachstum und die Entwicklung seiner einzelnen nationalen Komponenten zu verfolgen. Deutschland – und das ist Bismarcks Vorhaben mit Österreich – bedient sich der scheinbaren Großmacht für seine eigenen Zwecke.

Der Krieg von 1914 hat die Schwäche der Doppelmonarchie enthüllt. Österreich war, obgleich es durch seine brutale und schimpfliche antiserbische Politik den Krieg entfesselte, auf ihn nicht vorbereitet, wurde von Rußland geschlagen, verlor den größten Teil von Galizien, und nur die Hilfe Deutschlands und seine strategische Führung verzögern den endgültigen Zusammenbruch.

Österreich ist degeneriert, es ist die katholische Türkei, es hat seine » raison d'être« verloren.

Böhmen als Bestandteil Österreich-Ungarns.

Böhmen war ursprünglich mit Deutschösterreich und Ungarn als ein unabhängiges Königreich vereinigt; der König war gemeinsam für alle drei Staaten; jeder hatte seine eigene Verwaltung. Die Revolution von 1618, die zur Schlacht am Weißen Berg führte und den Dreißigjährigen Krieg hervorrief, beraubte Böhmen nicht seiner Unabhängigkeit; erst der Absolutismus des 18. Jahrhunderts, verschärft durch die Reaktion gegen die französische Revolution, strebte die Gestaltung der drei verbündeten Staaten in einen zentralisierten Staat an. Die Revolution von 1848 in Ungarn und in Böhmen gab Böhmen seine Rechte für eine Weile wieder, der verstärkte absolutistische Zentralismus wurde 1859 und 1866 aufgehalten. 1867 machte Wien mit Ungarn Frieden (Dualismus), aber Böhmen mußte fortfahren, seine Rechte und Freiheiten zu behaupten. Seit Wien die Konstitution hat zugestehen müssen, haben Böhmen und seine rechtlichen Vertreter beharrlich für seine Unabhängigkeit gegen die deutsche und magyarische Suprematie kämpfen müssen.

In diesem Kampfe wird es von den nichtdeutschen und nichtungarischen Nationen, besonders den Südslawen, unterstützt.

Die Notwendigkeit für Böhmen, sich von Österreich-Ungarn zu trennen.

Der Krieg 1914 hat ebenso wie die Kriege von 1859 und 1866 geoffenbart, daß Österreich-Ungarn unfähig ist, Böhmen und die andern Nationen zu beschützen und zu verwalten. Wien hat in diesem Kriege bis zum äußersten versagt, um so mehr versagt mit Rücksicht auf die kurz vorhergehenden militärischen Vorbereitungen seit der Annektion von Bosnien-Herzegowina; es wurde tatsächlich prahlerisch verkündet, Österreich werde allein die Russen schlagen, Deutschland seine Hauptkräfte gegen Frankreich und seine Alliierten richten.

Böhmen mußte nun für sich selbst Sorge tragen.

Böhmen für Rußland, Serbien und die Alliierten: Böhmens Anteil am Kriege.

Die Böhmen sind seit dem Erwachen des Nationalgefühls streng slawophil gesinnt. Die politische Gesinnung des böhmischen Slawophilismus offenbarte sich 1849 bei dem Slawenkongreß in Prag und später bei der sogenannten Moskauer Wallfahrt 1876. – Palatsky selbst, der »Vater der Nation«, bekundete russophile Neigungen gegen das dualistische Österreich.

Im letzten Krieg der Serben und Bulgaren gegen die Türkei haben die Böhmen, wie allgemein bekannt, den slawischen Verbündeten durch Sendung von Ärzten, Sanitätsmaterial, Geld usw. nach Kräften geholfen. Vor dem Krieg haben die böhmischen Vertreter in Delegation und Parlament offenkundig die Südslawen gegen Wien und Budapest unterstützt.

Seit dem Beginn des Krieges im vergangenen August und seinen Antezedenzien hat die böhmische Nation ihrer Sympathie für Rußland, Serbien und die Alliierten deutlichen Ausdruck verliehen.

Böhmen, ebenso wie die Mehrzahl der kriegführenden Nationen, wurde von dem plötzlichen, unerwarteten Ausbruch des Krieges überrascht, es war deshalb nicht darauf vorbereitet, seiner Opposition durch eine regelrechte Revolution gegen Wien Ausdruck zu geben: aber es bezeugte seine Gefühle und Gedanken energisch genug.

Wo immer Vertreter der Deutschen, Ungarn und Polen ihre Hilfe für den Krieg und ihre Anhänglichkeit zum Herrscherhause ausriefen, schlossen sich die Vertreter der böhmischen Nation diesen Beteuerungen nicht an; die Böhmen begünstigten die Kriegsanleihe nicht, und es ist bekannt, daß die böhmische öffentliche Meinung wegen ihrer ausgesprochenen Sympathie für die Alliierten dauernd im Konflikt mit den Behörden ist. Es ist ferner bekannt, daß viele böhmische Regimenter nur unter Zwang an die Front gingen, und daß sie ihre Antipathie gegen den Krieg durch häufige Kundgebungen zeigten – die Zeitungen berichteten darüber –, indem sie sich zu kämpfen weigerten und wiederholt überliefen. Es ist eine feststehende Tatsache, daß der österreichische Generalstab diese Haltung der böhmischen Truppen und der Zivilbevölkerung als eine ernstliche Schwächung der österreichisch-ungarischen Armee fürchtet.

Böhmen fordert seine Unabhängigkeit.

Alle böhmischen Auslandskolonien, vor allem die in Rußland, Frankreich, der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika, die nicht unter dem Druck Österreichs stehen, haben wiederholt ihre treuen Gefühle für die Nation kundgegeben und die Notwendigkeit proklamiert, die Unabhängigkeit Böhmens wiederherzustellen. Das offizielle Organ des politischen Böhmens im Ausland ist »La nation tchèque«, das in Paris erscheint, unter der Leitung von Herrn Ernest Denis, Professor an der Sorbonne und bekanntem Historiker Böhmens.

Die Erlangung der Unabhängigkeit ist das ersehnte Ziel ganz Böhmens und aller böhmischen Politiker; es gibt nur einige wenige persönliche Anhänger Österreichs. Kein Politiker von einiger Bedeutung ist unter ihnen.

Der unabhängige böhmische Staat: Flächeninhalt und Bevölkerung.

Der böhmische Staat würde sich zusammensetzen aus den sogenannten böhmischen Ländern, nämlich Böhmen, Mähren, Schlesien; hinzukämen die slowakischen Teile Nordungarns, von Ungvar, vorbei an Kaschau, entlang der ethnographischen Grenzen herab am Fluß Ipoly (Eipel) zur Donau, einschließlich Preßburgs und des ganzen slowakischen Nordens bis zur Grenzlinie von Ungarn. Die Slowaken sind Böhmen, obgleich sie ihren Dialekt als Schriftsprache benutzen. Die Slowaken kämpfen auch um ihre Unabhängigkeit und akzeptieren das Programm der Vereinigung mit Böhmen.

Der böhmische Staat würde eine Bevölkerung von über 12 Millionen haben. Die Ausdehnung des neuen Staates würde mehr als 50 000 englische Quadratmeilen (Belgien 11 373) betragen.

Mögliche Einwände gegen die Schaffung eines unabhängigen Böhmens und ihre Widerlegung.

Gegen die Wiederaufrichtung eines unabhängigen Böhmens werden verschiedene Einwände, vielleicht nicht nur von seinen Gegnern, gemacht werden. Die hauptsächlichsten Einwände sollen deshalb formuliert und besprochen werden.

1. Die Wurzel aller Einwände ist vielleicht die Furcht vor neuen politischen Gebilden im allgemeinen. Diese Furcht drückt sich gewöhnlich in den Worten aus »Es ist schwierig«.

Ja, es ist schwierig. Jede politische Neuschöpfung ist schwierig, schwierig wird auch die Einschränkung des deutschen Militarismus und die politischen Konsequenzen dieser Einschränkung sein, wenn sie logisch durchgeführt werden. In der Politik beherrschen Gewohnheiten, und nicht nur gute, sondern ebensosehr auch schlechte, die Menschheit.

2. Häufig wird die Meinung wiederholt, daß ein kleiner Staat unmöglich ist, kleine Staaten können sich nicht selbst beschützen und erhalten.

Das weitreichende politische Problem der kleinen Nationen ist oft diskutiert worden. Hier muß betont werden, daß das unabhängige Böhmen nicht gar so klein wäre. Was die Bevölkerung anbelangt, würde es in Europa den achten Platz einnehmen, nur sieben Staaten wären größer: vierzehn wären kleiner.

Größer als Böhmen.

England – Frankreich – Spanien – Deutschland – Italien – Rußland – Polen

Kleiner als Böhmen.

Portugal – Belgien – Holland – Dänemark – Norwegen – Schweden – Schweiz – Serbien – Montenegro - Bulgarien – Griechenland (Albanien) – Türkei (Europa)

Fortgelassen sind politische Merkwürdigkeiten à la Andorra.

Böhmen liegt nicht am Meer (leider nur in einem der Shakespeareschen Dramen), und das ist ohne Zweifel ein schwerer Nachteil (verglichen mit dem kleinen Dänemark und den übrigen am Meer gelegenen Ländern).

In dieser Hinsicht steht Böhmen nicht allein (Serbien, die Ungarn, die Schweiz), aber das Beispiel der Schweiz beweist, daß nicht nur die Unabhängigkeit bewahrt bleiben kann, sondern daß die modernen Verkehrsmittel es auch einem landumschlossenen Land ermöglichen, eine blühende Industrie zu haben.

Wenn darum betont wird, Österreich wäre notwendig für seine Nationen, Österreich müßte, wenn es nicht bestände, geschaffen werden, muß man mit Palatsky sagen, Böhmen war vor Österreich und wird nach Österreich sein.

Österreich wurde im Mittelalter als ein Bund kleiner Staaten gegen die wilden Türken und Hunnen und gegen den grausamen Geist des Zeitalters im allgemeinen geschaffen. Seither haben sich der kriegerische Geist und die grausamen Neigungen der Nationen verhältnismäßig gesänftigt, und da die berechtigte Hoffnung besteht, daß dem Krieg eine längere Friedenszeit folgen wird (auf 1870 folgten 45 Friedensjahre), kann sich während dieser Zeit Böhmen relativ leicht festigen.

Den nötigen Schutz gegen feindliche Nachbarn könnte sich das freie Böhmen durch Bündnisse mit gleichfalls bedrohten oder befreundeten Nachbarn schaffen. Böhmen würde an Polen und Rußland, vielleicht an Serbien angrenzen.

3. Ökonomisch und finanziell ist Böhmen als die »Perle Österreichs« anerkannt – es würde so reich bleiben, wie es jetzt ist; es wird reicher sein, denn es wird die wirtschaftlich »passiven« Provinzen Österreichs nicht zu unterstützen haben.

Bemerkt muß werden, daß der Teil von Österreich, der sich selbst unterhält, aus Böhmen (mit Mähren, Schlesien), Niederösterreich mit Wien, Nordsteiermark, Teilen von Westgalizien besteht (das letztere erst in den letzten Jahren).

Böhmen würde natürlich einen Teil der Staatsschuld Österreichs übernehmen, und da der Krieg diese Schuld sehr vergrößern wird, müßte das unabhängige Böhmen seine eigene Verwaltung mit einer beträchtlichen Bürde eröffnen; die leitenden Politiker Böhmens sind sich dieser schweren Aufgabe und der Notwendigkeit einer gefestigten, sorgfältig ausbalancierten Finanzverwaltung bewußt.

Es muß bedacht werden, daß die wirtschaftliche Erschöpfung aller Nationen nach dem Kriege die allersorgfältigste Finanzverwaltung erfordern wird.

4. Es ist unmöglich, in diesem Umriß alle Probleme Böhmens durchzusprechen.

Aber es ist von allgemeinem Interesse, auf die eigenartige Stellung der böhmischen Grundbesitzer (Aristokraten) hinzuweisen. Diese Grundherren sind in ihrer Mehrzahl ihren Gefühlen nach Österreicher und würden vielleicht ein gefährliches Element bilden. In ihrem Falle könnte Böhmen dem Beispiel Englands in Irland folgen (Landkauf).

5. Da es nicht unsere Absicht ist, die Schwierigkeiten des freien Böhmens zu verschleiern, muß die Frage der nationalen Minoritäten erwähnt werden.

Vor allem wünschen wir, wenn wir auch das Nationalitätenprinzip verteidigen, unsere deutschen Minoritäten zu behalten. Es erscheint paradox, aber es ist nach dem Nationalitätenprinzip, daß wir die deutsche Minorität behalten. Böhmen ist ein ganz einzigartiges Beispiel eines gemischtnationalen Landes; in keinem Lande sind zwei Nationalitäten so untermischt und, um so zu sagen, so ineinander verwoben wie in Böhmen. Zwischen Italienern und Deutschen zum Beispiel ist die ethnographische Grenze einfach, scharf eingeschnitten; nicht so in Böhmen – in vielen großen Orten und fast allen Städten haben wir böhmische (oder deutsche) Minoritäten. Die Deutschen wenden ein, daß die böhmischen Minoritäten in Nordböhmen usw. »nur« Arbeiter sind, Volk, das vom deutschen Brote lebt; dies antisoziale Argument ist ersichtlich falsch; es verkennt den Prozeß der Industrialisierung Böhmens, der selbstverständlich arbeitende »Hände« erfordert.

In Böhmisch-Schlesien ist die Majorität polnisch und deutsch, in den slowakischen Distrikten wäre eine magyarische Minorität.

6. In einem detaillierten Programm müßte auch die böhmische Minorität in Wien (über eine halbe Million) diskutiert werden.

Hier muß der Hinweis auf eine mögliche Repatriierung eines großen Teiles der böhmischen Auswanderer in ein freies und darum reicheres Böhmen genügen.

Böhmen ist nicht die einzige Nation, die befreit werden muß.

Die Schwierigkeiten der Wiedererrichtung Böhmens werden kleiner, betrachtet man das Problem im Zusammenhang mit den andern Schwierigkeiten, d. i. dem Aufbau und Wiederaufbau Polens und Serbo-Kroatiens, und selbstverständlich mit der Befreiung der Franzosen und Dänen in Deutschland, mit der Lösung der Balkan- und türkischen Frage und all den weltbewegenden Fragen dieses Krieges. Der Versuch, diese Fragen zu lösen, ist das wahre Ziel des regenerierten Europas. All diese Fragen zusammen umfassen das europäische Problem.

Das freie Böhmen und Serbo-Kroatien als Nachbarländer.

Das Höchstmaß der böhmischen und serbo-kroatischen Wünsche wäre die Verbindung von Böhmen und Serbo-Kroatien.

Das kann durchgeführt werden, indem man den Landstrich an der westlichen Grenze Ungarns Serbien oder die Hälfte davon (nördlich) Böhmen, die andere Hälfte (südlich) Serbien gibt.

Dieser Korridor würde sich zusammensetzen aus Teilen der Grafschaften Pozsony (Preßburg), Sopron (Ödenburg), Moson (Wieselburg) und Vas (Eisenburg).

Die Bevölkerung ist deutsch, mit Einschluß beträchtlicher kroatischer Minoritäten; der Süden ist slowenisch.

Da bedeutende slowakische und serbo-kroatische Minoritäten Ungarn belassen werden mögen, ist es nicht ungerecht, diesen Landstrich zu beanspruchen, um so mehr, als die Ungarn die Serben und Kroaten in einer Weise, würdig der Hunnen des Mittelalters, behandelt haben und noch behandeln. Ganze Landstriche sind entvölkert, die Einwohner Bosniens nach Montenegro vertrieben, indes die Syrmiens nach Ungarn gebracht wurden, wo sie, da nicht für sie gesorgt wird, in Massen sterben. Und die Slowaken waren seit Jahrhunderten die Opfer brutalster Magyarisierung.

Der serbisch-böhmische Korridor würde den wirtschaftlichen Verkehr beider Länder erleichtern – des industriellen Böhmens und des ackerbauenden Serbo-Kroatiens – und er würde von Böhmen zu den serbo-kroatischen Häfen führen.

Der Korridor hätte natürlich große militärische Bedeutung.

Es muß hinzugefügt werden, daß viele serbo-kroatische Politiker den Plan eines Korridors ebenso zu dem ihren machen, wie die böhmischen Politiker.

Die slawische Barriere gegen Deutschlands Marsch nach Konstantinopel – Bagdad.

Die Alliierten würden durch Schaffung solch eines serbisch-böhmischen Korridors Deutschland an der Kolonisierung des Balkans und Kleinasiens verhindern, und sie würden die Magyaren hindern, der gehorsame Vorposten Berlins zu sein.

Diese Barriere stimmt mit den Interessen der Alliierten in Asien überein.

England wie Frankreich protegierten einst die Türkei; unbewußt war dies eine antideutsche Politik, obgleich sie gegen Rußland gerichtet war, das die Slawen und Nationen des Balkans beschützte. Jetzt haben England und Frankreich die Politik Rußlands zu der ihren gemacht, indes Deutschland die von den Alliierten verlassene Politik aufgenommen hat.

Die Alliierten erreichen durch den Schutz der Balkanslawen und Balkannationen ebensoviel und sogar mehr, als mit dem Schutze der Türkei und dienen der Sache der Freiheit und Zivilisation.

Die Entfernung Deutschlands aus Asien schließt logisch die Wegnahme Ostafrikas ein. Das ist die direkte Folge des Falles von Kiautschau.

Italien und die slawische Frage: das dalmatinische Problem.

Nur einige wenige Worte müssen in diesem Zusammenhang über Italien gesagt werden und über seine übertriebenen Ansprüche auf serbo-kroatisches Gebiet.

Italien überschätzt den Besitz der kroatischen Küste (Fiume) und Dalmatiens. Die Beherrschung der Adria wird durch eine zahlreiche und gute Flotte gesichert, nicht durch eine arme und kahle Küste. Italien wünscht die Befreiung der Italiener vom österreichischen Joch, aber gleichzeitig übernimmt es die verwerfliche österreichische Politik der nationalen Unterdrückung. Italien hat sich die folgende Frage zu beantworten: entweder es wünscht in der Adria eine starke österreichische und türkische Flotte und eine deutsche Flottenbasis in Triest, Pola oder irgendeinem südlicheren Ort zu sehen, oder es muß mit Serbien Frieden halten, das bis heute kein einziges Schiff besitzt. Triest als italienischer Freihafen, Pola, Valona, die Inseln in der Aegaeis sind mehr als genug für Italiens Ansprüche in Asien und Afrika.

Selbstverständlich muß Italien Rußland den Besitz Konstantinopels und der Meerengen zugestehen – wenn England und Frankreich zu einer Einigung mit Rußland gekommen sind. Warum will Italien eine Mittelmeerpolitik verfolgen, die betreffs der dalmatinischen Küste auf einer falschen Idee beruht?

Diese Adriapolitik ist, vom Standpunkt der gegenwärtigen Bedeutung des Mittelmeeres gesehen, völlig falsch. Dies Meer ist jetzt etwas ganz anderes, als es für die Griechen und Römer war; der freie Verkehr der Länder dieser Küste ist unbestritten, aber heute ist das Mittelmeer für diese Länder der Weg nach Asien, Afrika, Australien, Amerika. England ist eine starke Mittelmeermacht, obgleich es nur zwei oder drei kleine Orte und einen schmalen Küstenstreifen (Ägypten) besitzt. Benötigt Italien, das eine sehr lange Küste sein eigen nennt und eine Anzahl von Inseln (eine von ihnen ist groß), die lange Küste Dalmatiens so sehr, wenn es Triest, Pola und Valona erhält?

Italien sollte sich besinnen, daß das alte deutsche Kaisertum italienisches Gebiet in Besitz nahm, das neue deutsche Kaiserreich wird nicht zögern, das gleiche zu tun, nachdem es sich schon einen großen Teil der norditalienischen Industrie erobert hat. Der Weg nach Bagdad führt von Berlin nicht nur über Konstantinopel, sondern auch über Triest und Venedig.

Italien ist der natürliche Verbündete der Nord- und Südslawen gegen den »Drang nach Osten«.

Böhmen und die Balkanstaaten: England, Rußland und Deutschland.

Böhmen muß die Vereinigung der serbokroatischen Nation und ein befriedigendes Einverständnis zwischen Serbien und Bulgarien wünschen.

Die böhmischen Politiker hoffen, daß der endgültige Wiederaufbau des Balkans im Einverständnis mit Rußland und seinen Alliierten gelöst werde. Für Böhmen und die Balkanslawen ist Rußlands Freundschaft das Wesentlichste.

Die böhmischen Politiker glauben, daß Konstantinopel und darum auch die Meerengen nur Rußland gehören dürfen. Es ist ein langgehegter Plan der ganzen russischen Nation; dieser Plan hat die religiöse Billigung (Hagia Sofia!) des russischen Volkes und ist die natürliche Lösung der politischen und wirtschaftlichen Bestrebungen Rußlands, sich das Schwarze Meer und den freien Weg zum Mittelmeer und zum Roten Meer zu sichern.

Die böhmischen Politiker sind erfreut über die Tatsache, daß England und Rußland einander gefunden haben, und daß die persische Frage (Persischer Golf) gelöst wurde. Rußland, im Besitz Konstantinopels und der Meerengen, hat kein vitales Interesse mehr im Persischen Golf und wäre fähig, sich ganz der endgültigen Einverleibung Konstantinopels zu widmen.

Konstantinopel und die Meerengen bedeuten eine schwere administrative und finanzielle Belastung, die nur eine Großmacht zu ertragen vermag; Griechenland, Bulgarien vermöchten sogar mit vereinten Kräften nicht, dieser Aufgabe zu genügen. Es wäre zu hoffen, daß beide Nationen diese Tatsache anerkennen und ihre Auswirkung bei der endgültigen Verteilung Kleinasiens annehmen.

Die böhmischen Politiker hoffen und wünschen, daß die Türkei von der Karte weggewischt werde. England ist eine größere mohammedanische Macht als die Türkei, Rußland fast eine ebenso große; ihre Übereinstimmung garantiert die zukünftige Lösung der religiösen und politischen Probleme der mohammedanischen Welt. Die Slawen sind an dieser Lösung interessiert, denn ein gut Teil Serben und Bulgaren sind Mohammedaner.

Die böhmischen Politiker legen großen Wert auf die Übereinstimmung von Rußland und England, da sie fürchten müssen, daß die alte Bismarcksche Politik der Versöhnung Rußlands durch den Krieg wiederbelebt wird. Es ist nicht schwer, in verschiedenen Äußerungen hervorragender deutscher Publizisten und Staatsmänner (unter andern Hindenburgs selbst) einen versteckten Appell an Rußland zu entdecken. Die deutschen Absichten in Asien enthüllen auf einmal die ungeheure Bedeutung Rußlands als asiatische Kontinentalmacht. Wenn auch die Deutschen sich auf englischen Parlamentarismus und Liberalismus berufen, wissen die böhmischen Politiker, daß die Deutschen blinde Anhänger jener preußischen konstitutionellen Theorie sind, die Treitschke abstrakt, Bismarck praktisch formulierte und der der Kaiser ruchlosen Ausdruck verlieh, als er das Werkzeug Bismarcks, seinen Großvater, als die neueste Offenbarung Gottes ausrief.

Das unabhängige Böhmen: Konstitutionierung und Regierung.

Böhmen ist als monarchischer Staat projektiert; die böhmische Republik wird nur von wenigen radikalen Politikern verteidigt.

Die Dynastie könnte auf zwei verschiedene Arten eingesetzt werden. Entweder könnten die Alliierten einen ihrer Prinzen hergeben, oder es könnte eine Personalunion zwischen Böhmen und Serbien werden, wenn der serbisch-böhmische Korridor zustande käme.

Das böhmische Volk ist, was nochmals betont werden muß, durchaus russophil. Eine russische Dynastie, in welcher Form immer, wäre überaus populär. Auf jeden Fall wünschen die böhmischen Politiker die Aufrichtung des böhmischen Königtums in voller Übereinstimmung mit Rußland. Rußlands Wünsche und Pläne wären von bestimmendem Einfluß.

Die böhmischen Politiker, im Bewußtsein der schwierigen Aufgabe einer Wiederaufrichtung Böhmens, schrecken vor der Verantwortung des zu vollendenden Werkes nicht zurück. Wenn sie völlige Unabhängigkeit wünschen, so geschieht dies, weil sie die politischen Kräfte der Nation zum Bau eines starken Staates nützen wollen. Nicht nur Rußland, auch seinen Alliierten wird am besten mit starken slawischen Staaten und Nationen gedient, und dies Ziel wird am besten erreicht, wenn die Nationen die volle Verantwortung für ihre Politik tragen werden.

Böhmen wird natürlich konstitutionell und demokratisch sein, – wie es sich für die Nation von Hus, Chelèicky und Comenius gehört, für die Nation, die zuerst die mittelalterliche Priesterherrschaft brach und die durch ihre Reformation und ihren Kampf um die geistige Freiheit die moderne Entwicklung Europas vorbereitete. Das große Verdienst, das sich Böhmen um Europa und die Menschheit erwarb, gibt ihm das Recht, seine Unabhängigkeit zu fordern und Sitz und Stimme im Areopag der freien Nationen zu haben.

Die Regeneration Europas wird nicht nur durch die äußere Politik, sondern hauptsächlich durch die aktive Förderung der Freiheit und des Fortschritts im Innenleben der europäischen Nationen erreicht werden. Bei dieser Aufgabe können die Alliierten völlig auf die böhmische Nation vertrauen.

»Sine qua non.«

Die Voraussetzung für das böhmische Programm ist die Einschränkung Deutschlands und seine Vernichtung im Kriege.

Diese Vernichtung muß eine doppelte sein. Erstens der direkte Sieg der Alliierten über Deutschland; die zweite und dauernde Vernichtung Deutschlands wäre die Vernichtung Österreich-Ungarns und die Aufteilung dieses künstlichen Staates. Jede Schwächung Österreichs ist eine Schwächung Deutschlands; Bismarcks Plan des Auspressens der österreichischen Zitrone fände ein Ende.

Heute verfügt Deutschland über die 50 Millionen der österreichischen Bevölkerung. Aber nach der Befreiung der nichtdeutschen und nichtungarischen Nationen würden nur 10 Millionen übrigbleiben – immer vorausgesetzt, daß Deutschösterreich in gutem Einvernehmen mit Deutschland bliebe oder sogar einverleibt würde.

Das befreite Böhmen würde bestimmt in Übereinstimmung mit der Entente handeln und wird ihm immer ein loyaler Verbündeter sein. Böhmen wünscht und hofft nunmehr, daß seinen russischen Brüdern bald die Besetzung der böhmischen und slowakischen Distrikte gelingen wird. Das wäre die beste Lösung nicht nur für Böhmen, sondern auch der Ausweg aus den österreichischen, deutschen und anderen Fragen.

*

XIII.
Mémoire des Professors Thomas G. Massaryk an Sir Edward Grey

Aus technischen Gründen wurden die Seiten des englischen Originaldokumentes zusammengefaßt und der deutsche Übersetzung nachgestellt. Re.

CONFIDENTIAL
APRIL 1915
LONDON

INDEPENDENT BOHEMIA

CONTENTS

Prefatory notice

The Aim of the Present War: Europe Regenerated

The Modern Principle of Nationality

West and East: the Small Nations

Only three Great Nations in Europe
The Population Problem of the War

The World-Position of England and Russia: Sea and Land Power

Germany: a Continental Power

Bismarck's Policy towards Austria: Pan-Germanism

Berlin-Bagdad

The Dreibund as Drang nach Osten: Trieste, the Adriatic Austria, an artificial State: her progressive Dismemberment

Bohemia as part of Austria-Hungary

Bohemia forced to abandon Austria-Hungary

Bohemia for Russia, Serbia and the Allies. Bohemia's share in the war

Bohemia claims her Independence

The Independent Bohemian State: Area and Population

Possible Objections to the Creation of Independent Bohemia, and their Refutation

(1) »It is difficult«
(2) Small States are strategically impossible
(3) The economic Weakness of a small State
(4) Bohemian Landed Proprietorship
(5) The Question of National Minorities
(6) The Bohemian Minority in Vienna

Bohemia not the only Nation to be freed

Free Bohemia and Serbo-Croatia, as neighbouring Countries

The Slavic Barrier against Germany's March to Constantinople-Bagdad

This Barrier accords with the Interests of the Allies in Asia

Italy and the Slavic Question: Dalmatia

Bohemia and the Balkans: England, Russia and Germany

Independent Bohemia; Constitution and Government

A »Sine qua non«.

Karte

Map of United States of Bohemia Zeme Cesko-Slovenské.

INDEPENDENT BOHEMIA

Prefatory Notice.

This Memorandum gives the programme for the reorganization of Bohemia as an independent State.

It is the programme of all Bohemian political parties except the Catholic Clericals. All details and minor problems are omitted. The plan of reconstructing the independent Bohemian State in the very heart of Europe naturally leads to the fundamental political problems of the present war. The interdependence of all these problems explains why they are touched upon here, in so far as the Bohemian and Slav questions seem to require it.

These views are of course presented from the Bohemian standpoint; this will, it is hoped, facilitate an understanding of the Bohemian Question.

The Aim of the Great War: Europe Regenerated.

British statesmen and politicians have frequently proclaimed as the idea and aim of this war the liberation and freedom of the small States and nations. The same principle has been proclaimed in France. In Russia the Tsar and the Generalissimo publicly spoke of the liberation of their Slav brethren, while in Britain and France the integrity of Belgium was specially emphasized.

In these solemn proclamations of the Allies the Regeneration of Europe was accentuated as an aim of the war.

The Modern Principle of Nationality.

Till recently mankind was divided and organized into States and churches, without regard to Nationality. The modern era is characterized by the development of various nationalities, as strong political and State-forming forces.

In practice, language as the medium of common cultural life and effort, is the main test of Nationality. Besides Nationality, in modern times economic development, as well as provident care for the masses – not merely for aristocratic minorities – has become a great political and racial force.

Nationality is not the only organizing force in society, but it is a very powerful force, the more so as it is very often opposed to the State. The watchword »National States« sums up the tendency of modern political development.

For the purposes of this memorandum it is not necessary to estimate the degree to which Nationality works as a political power. The future may bring a decided victory of the organizing power of Nationality; to-day it is at least well to recognize its force to the extent of avoiding the evils which have led to the war and have been revealed in its course.

West and East: Small Nations.

There is a striking difference between the west and east of Europe in regard to the composition of States and the number of small nations. The west has four (five) great nations and only five small ones, whereas the east has only one great nation and a great number of small ones. In the west the states are formed by one dominant race, in the east they are nationally mixed.

West.
1 England 1 Portugal
2 France 2 Holland (and Flemings of Belgium)
3 Germany 3 Denmark
4 Italy 4 Norway
(5 Spain) 5 Sweden
East.

Russia, who herself includes many small nations, while Austria-Hungary is composed of nine nations, and the Balkans of seven nations.

Only three Great Nations in Europe: The Population Problem of the War.

In fact there are only three great nations in Europe: Russia (170 millions), England (45 millions), Germany (65 millions). These three are at least the greatest nations, measured by the number and the constant growth of population.

France was the greatest nation at the Congress of Vienna, when Europe was shaped; Germany had in 1816 on the territory which she now possesses 27.8 millions; France more than 30. To-day France is much smaller than Germany and smaller than Britain.

Italy is the smallest of the greater nations; Spain will hardly be acknowledged as a great nation at all.

The difference in the growth of the population, the constant increase of it, the approximate determination of the period of doubling, the growing difference in the number of soldiers and workers begins to instigate statesmen and politicians to regulate the migration of the population (emigration-immigration), and to pursue a far-sighted colonial policy.

The Colonial effort of Germany and of France is to be looked at from this populationistic view; this view enables us to understand the antagonism of France and Germany, the alliance of France with Russia (170 millions), and the whole political situation of Europe.

The World Position of England and Russia: Sea and Land Power.

The geographical position of England is unique; England is the Colonial- and Sea-Power par excellence; so far the only Sea Power, whereas Russia is the Continental Power par excellence. The modern means of communication at sea enable England to gather her colonial forces and even face the great army of Continental Germany.

This difference and natural antithesis of England and Russia regulates the foreign policy and the military and naval character of the two States.

Both nations have a vital interest in Asia – hence the difference, but also the coincidence of political interest displayed in the policy regarding Turkey, Persia, China, Japan, etc., and above all regarding Germany.

Germany: A Continental Power.

The central position in Europe, the outgrowth and defeat of France in 1870, and the colonial endeavour brings Germany with her large and dense population in competition with Russia and England. Her military forces are directed against Russia, her navy against England.

Germany is essentially a Continental Power. She is a military, not a naval State.

Her central position induces Germany to arrogate the supremacy over Europe.

Heeren, the great German historian and philosophic geographer apprehended the future effect of uniting Germany at the Congress of Vienna: »La Constitution d'un Etat central de l'Europe ne saurait être différente aux puissances étrangères. Si c'était une grande monarchie, quelle possibilité d'assurer la paix pour elle? Une telle puissance pourrait-elle résister longtemps à la tentation de s'arroger sur le reste de l'Europe la prépondérance à laquelle sa situation, et sa puissance sembleraient l'autoriser? L'établissement d'une monarchie unique en Allemagne serait bientôt le tombeau de la liberté en Europe.«

Bismarck's Policy towards Austria: Pan-Germanism.

As a Continental over-populated Power Germany presses constantly on Austria and uses her. Bismarck's policy towards Austria is the diplomatic and political formulation of the constant pressure of the Prussian North on the Austrian South. Lagarde, the father of modern Pan-Germanism, formulated the German programme: »Colonization of Austria by Germany.«

By Colonising Austria Germany aspires to colonize the Balkans, and thus to reach Constantinople and Bagdad.

Berlin-Bagdad.

This »Drang nach Osten« explains the policy of Berlin towards the Magyars, towards Roumania, towards Bulgaria, and towards Turkey.

The watch-word Berlin-Bagdad denotes the real aim of Germany, the direction of the »Drang nach Osten«. The alliance with Turkey in the War is the final result of the German invasion in Constantinople and in Asia Minor (financial policy, railways, schools and hospitals, etc).

Known German politicians and publicists emphasize all the time during the War the plan to occupy Asia as far as Bagdad; for instance: Lamprecht, von Liszt, Dirr, the director of the Ethnological Museum Munich, etc.

The Dreibund as Drang nach Osten; Trieste, The Adriatic.

The Triple Alliance is the diplomatic and military weapon of the Berlin-Bagdad plan: Austria-Hungary is absolutely at Germany's disposition; Italy is checked in her national endeavour, for it is obvious that Germany tries to preserve Trieste and the Adriatic for herself – the way to Asia Minor and East Africa. The Pan-German politicians since Lagarde claim Trieste very strongly for Germany.

At bottom it is the German aspiration for Asia which reveals one of the most effective causes of the War and which explains the antagonism of Germany against England and against Russia.

Austria an Artificial State: Her Progressing Dismemberment.

Austria being an aggregate of nine small nations, is quite an artificial State, as she was called by an Austrian politician (Plener, the younger); no nation in Austria is so populous that it would have the ruling majority. The dynasty, therefore, tries to maintain its absolutistic position by the principle of divide et impera, by little concessions now to one nation, now to another; the Germans (the dynasty is German) and Magyars are the favourites.

Austria owes her origin to the invasions of the Turks, and previously of the Huns (Magyars); Austria means the Eastern Empire, the German provinces, Bohemia and Hungary joined in a federation against Turkey.

With the fall of the Turks Austria falls also; Austria lost her ruling idea, and is unable to find a positive idea.

So Austria falls from step to step. The Austrian-Spanish Empire was dissolved. Austria lost the greater part of Silesia, and was driven by Prussia to abandon Germany; in 1848, saved by Russia, she lost in 1859 the Italian provinces; in 1866 she was beaten by Prussia. Since then she exists only as the vassal of Berlin, being divided into Austria and Hungary; it is to Berlin that both the Germans and the Magyars owe their dominating position in Austria.

The other nations, especially the Bohemians and South-Slavs, are in everlasting Opposition against the two Prussified vassals, the Germans and Magyars. Austria was unable to unite all nations in a strong federation and to pursue her own aim to work for the growth and development of the single national components. Germany – and that is Bismarck's plan with Austria – uses the seeming Great Power for her own ends.

The war of 1914 has uncovered the weakness of the Dual Monarchy. Austria, though she initiated the war by her brutal and dishonest anti-Serbian policy, was not prepared for the war, was beaten by the Russians, lost the greater part of Galicia, and only the help of Germany and her strategical leading retards the final collapse.

Austria is degenerated, she is the Catholic Turkey, she has lost her raison d'être.

Bohemia as Part of Austria-Hungary.

Bohemia was formerly associated with German-Austria and with Hungary as an independent kingdom; the King was in common for all three States; each possessed its own administration. The revolution of 1618 leading to the battle at the White Mountain and causing the Thirty Years' War, did not deprive Bohemia of her independence; it was the absolutism of the 18th century, strengthened by the reaction against the French Revolution, which endeavoured to shape the three federated States into a centralized State. The revolution of 1848 in Hungary and in Bohemia restored the rights of Bohemia for a while; the reinforced absolutistic centralism was checked in 1859 and 1866. Vienna made peace with Hungary in 1867 (Dualism), but Bohemia had to continue to assert her rights and liberty. Since Vienna had to concede the Constitution, Bohemia and her legal representatives have been persistently fighting for independence against the German and Magyar supremacy.

In this fight she is supported by the non-German and non-Magyar nations, especially by the Southern Slavs.

Bohemia forced to abandon Austria-Hungary.

The war of 1914 revealed, as did the two wars of 1859 and 1866, that Austria-Hungary is unable to protect and to administer Bohemia and the other nations. Vienna has utterly failed in this war, and failed the more, in view of the recent military preparations, since the annexation of Bosnia-Herzegovina; indeed, it was boastfully proclaimed that Austria-Hungary alone would defeat the Russians, the Germans directing their main forces against France and her Allies in the West.

Bohemia must now take care of herself.

Bohemia for Russia, Serbia, and the Allies: Bohemia's Share in the War.

The Bohemians are since the awakening of the national feeling strongly Slavophil. The political meaning of Bohemian Slavophilism was revealed in 1849 by the summons of the Slav Congress at Prague, and later in the so-called Moscow Pilgrimage in 1876 – Palatsky himself, the »Father of the Nation«, manifested Russophil tendencies against Dualistic Austria.

In the last war of the Serbians and Bulgarians against Turkey the Bohemians, as is generally known, strongly helped the Slav Allies by sending physicians, sanitary materials, money, etc. Previously to that war the Bohemian representatives in the Delegation and in the Parliament openly supported the Southern Slav cause against Vienna and Buda-Pesth.

Since the beginning of the War last August and its antecedents the Bohemian nation has manifested its sympathy for Russia, Serbia and the Allies.

Bohemia, as the majority of the belligerent nations, was surprised by the sudden, unexpected outbreak of the war; she was therefore not prepared to manifest her Opposition to Vienna by a regular revolution; but she manifested her feelings and thoughts strongly enough.

Whereas representatives of the Germans, Magyars, and Poles proclaimed their support of the War and their allegiance to the dynasty the representatives of the Bohemian nation did not join in these proclamations; the Bohemians did not favour the War loan, and it is known that Bohemian public opinion is constantly in conflict with the authorities, expressing sympathy with the Allies. It is further known that many Bohemian regiments only went to the front under compulsion, and that they showed their antipathy to the War by frequent demonstrations – reported in the papers – by declining to fight and by repeated surrenders. There is documentary evidence that the Austrian Generalissimo fears this attitude of the Bohemian troops and civil population as a serious weakening of the Austro-Hungarian army.

Bohemia Claiming her Independence.

All the Bohemian colonies abroad, especially those in Russia, England, France, Switzerland, and the United States of America, not being under the pressure of Austria, have repeatedly manifested the true feeling of the nation, proclaiming the necessity to restore the political independence of Bohemia. The official organ of political Bohemia abroad is La Nation Tchèque, appearing in Paris under the direction of Mr. Ernest Denis, professor at the Sorbonne, the well-known historian of Bohemia.

To attain independence is the alleged aim of all Bohemia and of all political parties; there are only some few individual adherents of Austria. No politician of any repute is among them.

The Independent Bohemian State: Area and Population.

The Bohemian State would be composed of the so-called Bohemian countries, namely of Bohemia, Moravia, Silesia; to these would be added the Slovak districts of North Hungary, from Ungvar through Kaschau along the ethnographical boundaries down the river Ipoly (Eipel) to the Danube, including Pressburg and the whole Slovak north to the frontier line of Hungary. The Slovaks are Bohemians in spite of their using their dialect as their literary language. The Slovaks strive also for independence and accept the programme of union with Bohemia.

The Bohemian State would have a population of over 12 millions. The extent of the new State would be about 50,000 English Square miles (Belgium = 11,373).

Possible Objections to the Creation of an Independent Bohemia: Refutation of these Objections.

Against the reconstruction of an independent Bohemia some objections will be made, perhaps not only by its adversaries. The principal objections may therefore be formulated and discussed.

1. At the root, perhaps, of all objections is the fear of new political formations in general. This fear is commonly expressed in the saying, »It is difficult«.

Yes, it is difficult. Every new political creation is difficult – difficult will be the restriction of German Militarism and the political consequences of such restriction, if logically carried out. In politics habits, and not only good ones but bad ones just as well, rule humanity.

2. Very often the saying is repeated, that a small State is impossible, small nations cannot protect and support themselves.

The far-reaching political problem of small nations has often been discussed. Here it must be emphasized that independent Bohemia would not be so very small. Regarding her population, she would hold in Europe the eighth place, only seven States being greater: 14 would be smaller.

Greater than Bohemia.

England France Spain
Germany Italy Russia
Poland

Smaller than Bohemia.

Portugal Belgium Holland
Denmark Norway Sweden
Switzerland Serbia Montenegro
Bulgaria Greece (Albania) Turkey (European)

Omitted are the political curiosities à la Andorra.

Bohemia has no sea (unfortunately, only in one of Shakespeare's plays), and that is a great drawback, no doubt (compare small Denmark and the rest of the sea-bordered countries).

In that respect Bohemia is not alone (Serbia, the Magyars, Switzerland), but the example of Switzerland shows that not only political independence can be preserved, but that the modern means of communication enable even a landlocked country to have a flourishing industry.

If, therefore, it is urged, that Austria is necessary for her nations, that Austria, if it did not exist, would have to be created, one must say with Palatsky, that Bohemia was before Austria, and that she will be after Austria.

Austria was created as a confederation of smaller States in the Middle Ages, against the fierce Turks and Huns, and against the oppresive spirit of the age in general. Since the military spirit and oppressive propensities of nations have grown relatively weaker, and as there is some good hope that the War will bring about a longer time of peace (1870 was followed by a 45-years' peace), Bohemia can, during that time, relatively casily be consolidated.

The necessary protection against hostile neighbours free Bohemia can get from alliances with equally threatened neighbours or with friendly neighbours. Bohemia will be contiguous to Poland and Russia, and perhaps to Serbia.

3. Economically and financially Bohemia is acknowledged to be the »pearl of Austria« – she will be as rich as she is now; she will be richer, because she will not have to support the economically »passive« provinces of Austria.

Be it noted, that the part of Austria which really pays its way consists of Bohemia (with Moravia, Silesia), Lower Austria with Vienna, North Styria, part of West Galicia (this latter only in recent years).

Bohemia, of course, would take a part of the Austrian public Debt, and as the War will augment this debt very greatly Independent Bohemia would have to begin her own administration with a considerable burden; the leading political men of Bohemia are aware of this serious task, and of the necessity of a solid, thoroughly balanced financial administration.

It may be mentioned that after the War the financial exhaustion of all nations will necessitate the most accurate financial administration.

4. In this outline it is impossible to discuss all problems of Bohemia.

But it is of general interest to point to the peculiar position of the Bohemian landed proprietors (aristocracy). These proprietors, for the most part, are Austrian in sentiment, and perhaps they would form a dangerous element. In their case, Bohemia could follow the English example in Ireland (land purchase).

5. As it is not on our intention to hide the difficulties of Free Bohemia, we must mention the question of national minorities.

First, though we advocate the principle of nationality, we wish to retain our German minority. It seems to be a paradox, but it is on the principle of nationality that we retain the German minority. Bohemia is a quite unique example of a mixed country; in no country are two nationalities so intermixed and interwoven, so to say, as in Bohemia. Between the Italians and Germans, for instance, the ethnographical frontier is simple, sharply cut; it is not so in Bohemia – in a great many places, and in almost all the cities, we have Bohemian (or German) minorities. The Germans object that the Bohemian minorities in North Bohemia, etc, are »only« working men, people who live on the German bread; this anti-social argument is obviously false; it misrepresents the process of industrialization of Bohemia, which, of course, needs factory »hands«.

In Bohemian Silesia the majority is Polish and German, in the Slovak districts there would be a Magyar minority.

6. In a more detailed programme the Bohemian minority of Vienna (about half a million!) would have to be discussed.

Here it must suffice to hint at the possibility of repatriating a great part of the Bohemian emigrants in a free and therefore richer Bohemia.

Bohemia not the only Nation to be Freed.

The difficulties of reconstructing independent Bohemia will be smaller if we take the problem in its connection with the other difficulties, i. e., with the construction and reconstruction of Poland and Serbo Croatia, and of course with the liberation of the French and Danes in Germany, with the Solution of the Balkan and Turkish question, and with all questions agitating the world in this war. The attempt to solve these questions is the very aim of regenerating Europe. All these questions together form the European problem.

Free Bohemia and Serbo-Croatia, Neighbouring Countries.

The maximum of the Bohemian and Serbo-Croatian wishes would be the connection of Bohemia and Serbo-Croatia.

This can be effected by giving the strip of land at the Hungarian frontier in the west either to Serbia or the half of it (north) to Bohemia, the other (south) to Serbia.

This corridor would be formed of parts of the counties of Pozsony (Pressburg), Sopron (Oedenburg), Moson (Wieselburg), and Vas (Eisenburg).

The population is German, containing considerable Croatian minorities; the south is Slovene.

As there are considerable Slovak and Serbo-Croatian minorities, which may be left to Hungary, it is not unjust to claim this district, the more so that the Magyars treated and treat now the Serbs and Croats in a way worthy of the Huns of the Middle Ages. Whole districts are depopulated, the inhabitants of Bosnia driven away to Montenegro, while those of Syrmia have been sent to Hungary, where they, not being cared for, die in masses. And the Slovaks were for centuries the victims of the most brutal Magyarisation.

The Serbo-Bohemian corridor would facilitate the economic interchange of both countries – industrial Bohemia and agricultural Serbo-Croatia – and it would lead from Bohemia to the Serbo-Croatian ports.

The corridor would, of course, have a great military significance. It must be added that many Serbo-Croatian politicians accept this plan of a corridor just as the Bohemian politicians.

The Slavic Barrier against Germany's March to Constantinople and Bagdad.

By forming this Serbo-Bohemian corridor the Allies would prevent Germany from colonizing the Balkans and Asia Minor, and they would prevent the Magyars from being the obedient advanced guard of Berlin.

This Slavic Barrier coincident with the interests of the Allies in Asia.

England as well as France once protected Turkey; that was unconsciously an anti-German policy, though it was directed against Russia, who protected the Balkan Slavs and nations. Now England and France have accepted the policy of Russia, while Germany has taken up the abandoned policy of the two Allies.

By protecting the Balkan Slavs and nations the Allies attain as much and even more than what they attained by protecting Turkey, and they serve the cause of liberty and civilization.

Logically the expulsion of Germany from Asia involves taking East Africa from her also. That is the direct consequence of the fall of Kiau-chau.

Italy and the Slav Question: The Dalmatian Problem.

Only a few words must in this connection be said about Italy, and her exaggerated claims to Serbo-Croatian territory.

Italy overrates the possession of the Croatian coast (Fiume) and of Dalmatia. The command of the Adriatic will be secured by a numerous and good fleet, not by a poor and bare coast. Italy wishes the liberation of the Italians from the Austrian yoke, but at the same time she accepts the repudiated Austrian policy of national suppression. Italy has to answer this question: Either she wishes to see in the Adriatic a strong Austrian and Turkish fleet and a German naval base at Trieste, Pola, or some place farther south, or she must be at peace with Serbia who, until now, has not a single ship. Trieste, as an Italian porto franco, Pola, Valona, the islands in the Aegean, are more than sufficient for Italy's aspiration in Asia and Africa.

Of course Italy must consent to Russia having Constantinople and the Straits – if England and France have come to terms with Russia. Why should Italy pursue a Mediterranean policy based on a false idea regarding the Dalmatian Coast?

This Adriatic policy is quite false, viewed from the present significance of the Mediterranean. This sea is now something different from what it was to the old Greeks and Romans: the free intercommunication of the countries bordering on this sea is not disputed, but to-day the Mediterranean leads these countries to Asia, Africa, Australia, America, England is a strong Mediterranean power, though only possessing two or three small places and one short coast line (Egypt). Does Italy, who has a very long coast of her own, and a number of islands (one of them is large), need the long coast of Dalmatia as well, if she gets Trieste, Pola and Valona?

Italy should remember that the old German Empire occupied Italian territory; the new German Empire will not hesitate to do the same, having already acquired a good deal of the industry in Northern Italy. The way to Bagdad goes from Berlin not only through Constantinople, but through Trieste and Venetia.

Italy is the natural ally of the Southern and Northern Slavs against the »Drang nach Osten«.

Bohemia and the Balkans: England, Russia and Germany.

Bohemia must wish that the Serbo-Croatian nation should be united and that Serbia should come to a satisfactory agreement with Bulgaria.

The Bohemian politicians hope that the final reconstruction of the Balkans will be solved in accordance with Russia and her Allies. For Bohemia and the Balkan Slavs the friendship and help of Russia is essential.

The Bohemian politicians think that Constantinopole, and therefore the Straits, can only belong to Russia. This is a long-cherished plan of the whole Russian nation; this plan has the religious sanction (Hagia Sofia!) of the Russian people, and it is the natural Solution of the political and economic endeavour of Russia to secure the Black Sea and the free way to the Mediterranean and the Red Sea.

The Bohemian politicians rejoiced in the fact that Russia and England found each other and that the Persian question – (Persian Gulf!) – was solved. Russia, having Constantinople and the Straits, has no vital interest in the Persian Gulf and will be able to devote herself to the final incorporation of Constantinople.

Constantinople and the Straits mean a heavy administrative and financial burden, which only a Great Power will be able to support; Greece, Bulgaria, even in joining their efforts, would not be able to stand the task. It is to be hoped that both these nations will acknowledge this fact and accept its bearing on the final distribution of Asia Minor.

The Bohemian politicians hope and wish that Turkey will be wiped off the map. England is a greater Mohamedan power than Turkey, Russia nearly so; their agreement guarantees the future Solution of the religious and political problems of the Mohamedan world. The Slavs are interested in this Solution, for there are a good many Serbian and Bulgarian Mohamedans.

The Bohemian politicians set great value on the agreement of Russia and England, as they must fear that Bismarck's old policy of conciliating Russia will be revived by the war. It is not difficult to detect in many utterances of prominent German publicists and statesmen (among others of Hindenburg himself) a hidden appeal to Russia. The German designs in Asia at once suggest the immense significance of Russia as an Asiatic Continental Power. If the Germans also appeal to English Parliamentarism and Liberalism, the Bohemian politicians know that the Germans are the blinded adherents of the Prussian constitutional theory, which Treitschke formulated in the abstract, Bismarck practically, and to which the Kaiser lent sacrilegious expression, proclaiming the tool of Bismarck, his grandfather, as God's newest revelation.

Independent Bohemia: Constitution and Government.

Bohemia is projected as a monarchial State; Bohemian Republic is only advocated by a few Radical politicians.

The dynasty could be established in one of two ways. Either the Allies could give one of their princes, or there could be a personal union between Serbia and Bohemia, if the Serbo-Bohemian corridor could be formed.

The Bohemian people, that must be emphasized once more, are thoroughly Russophile. A Russian dynasty in whatever form would be most popular. At any rate, the Bohemian politicians wish the establishment of the kingdom of Bohemia in full accordance with Russia. Russia's wishes and plans will be of determinating influence.

The Bohemian politicians, knowing the difficult task of reconstituting Bohemia, do not shrink from the responsibility of the work to be done. If they wish complete independence it is because they wish to use all the political forces of the nation to build a strong State. Not only Russia, but her Allies also, will be best served by strong Slav States and nations, and this aim will best be attained if these nations will bear the full responsibility of their policy.

Bohemia will, of course, be constitutional and democratic – as befits the nation of Hus, Chelèicky and Comenius, the nation which was the first to break the mediaeval theocracy and which by its reformation and fight for spiritual liberty prepared the modern development of Europe. It is this great service Bohemia has rendered to Europe and mankind which gives her the right to claim her independence and to have her seat and vote in the areopagus of free nations.

The regeneration of Europe will be attained not only by foreign policy, it must be chiefly attained by the active furtherance of liberty and progress in the inner life of the European nations. For this task the Allies can fully rely on the Bohemian nation.

»Sine qua non.«

The presupposition of the Bohemian programme is the restriction of Germany and her defeat in this War.

This defeat must be twofold. First, it is the direct victory of the Allies over Germany; the second and lasting defeat of Germany will be the defeat of Austria-Hungary and the dismemberment of this artificial State. Every weakening of Austria is a weakening of Germany; Bismarck's plan of squeezing the Austrian lemon will be at an end.

To-day Germany disposes of the 50 millions of Austria's population; but after the non-German and non-Magyar nations have been freed, only 10 millions of these will be left – always assuming that German Austria remained on good terms with Germany or even became incorporated.

Liberated Bohemia certainly will act in accordance with the Entente, and will always be a loyal ally to them; now Bohemia wishes and hopes that her Russian brethern will soon succeed in occupying the Bohemian and Slovak districts. This would be the best solution not merely of the Bohemian, but also of the Austrian, German and other questions at issue.

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