Georges Ohnet
Der Schritt zur Liebe – Zweiter Band
Georges Ohnet

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Zehntes Kapitel

Um zwei Uhr morgens hatten sich Géraldine, Frau von Préjean und Annina, nachdem sie das Benozzische Lokal verlassen, in Valançons Atelier zusammengefunden. Es war von Anfang an beschlossene Sache gewesen, daß Frau Trélaulier nicht in ihre Wohnung zurückkehren, sondern den Rest der Nacht bei Géraldine zubringen solle. Tristan war in den Klub gesandt worden mit dem Auftrag, Valançon über das Vorgefallene zu unterrichten, und außerdem, falls noch Zeit wäre, André gegen die ihm dort drohenden Gefahren zu wappnen.

Mit furchtbarer Herzbeklemmung war Annina sich bewußt geworden, daß sie von ihrem persönlichen Schmerz hingerissen, alles vergessen, was nicht mit dem ihr zugefügten Unrecht zusammenhing, und André damit arglos den Feinden ausgeliefert hatte. Sein Schicksal hatte in ihrer Hand gelegen, und sie hatte vergessen können, daß ein Wort von ihr ihn aufklären und vor dem Verderben bewahren konnte.

Großmütig auch im eigenen Leiden, beauftragte sie Tristan, André zu benachrichtigen, daß er mit Mißtrauen beobachtet werde und daß derjenige, der ihm den Scheiterhaufen geschichtet habe, nicht barmherzig sein werde wie sie, sondern seine Sache aufs äußerste zu verfolgen gesonnen sei. Diese Bemühung zu Gunsten des Vicomte war die letzte Äußerung ihrer Willenskraft gewesen. Seit sie Tristan ihren Auftrag erteilt hatte, war die junge Frau in ein dumpfes Hinbrüten versunken, dem auch die zärtlichste Fürsorge der Freundinnen sie nicht zu entreißen vermochte. Sie lag ausgestreckt auf dem Ruhebett des Ateliers, den Kopf ganz vergraben in Kissen, weinte aber nicht, sondern verharrte regungslos und starr wie eine Tote und erwiderte auf all den liebevollen Zuspruch, den ihr Frau von Préjean wie Géraldine aufs zartfühlendste zuflüsterten, kein einziges Wort.

Es machte den Eindruck, als ob für sie alles zu Ende wäre, als ob sie weder Linderung in der Gegenwart, noch Hoffnung für die Zukunft zugänglich sei. Ob sie auch nur hörte, was man ihr sagte? Man konnte darüber nicht ins klare kommen, aber der liebevolle Eifer der beiden Frauen erlahmte deshalb doch nicht. Endlich aber stellten sie ihr Zureden ein, weil sie Anninas Erschöpfung dadurch zu steigern fürchteten, überließen sie ihrer eigensinnigen Schweigsamkeit, ihrer trotzigen Starrheit und zogen sich in die entfernteste Ecke des großen Raums zurück, wo sie leise plaudernd Saint-Yrieix und Valançons Rückkehr abwarteten. Um drei Uhr morgens klingelte es an der Gartentür. Bei diesem Klang, der Nachricht erwarten ließ, fuhr Annina jählings auf.

»Das sind sie!« murmelte sie mit namenloser Angst auf dem Gesicht und im Klang der Stimme.

Als die Schritte der beiden Männer auf der Treppe laut wurden, zitterte sie wie Espenlaub. Sie schien ganz außer sich zu sein; ihre Augen glühten, der Mund war krampfhaft verzerrt. Außer stande, ihre Ungeduld zu bemeistern, lief sie an die Tür, riß sie auf und rief: »Was ist geschehen?«

Valançon wie Tristan sahen so niedergeschlagen aus, daß Annina keine Antwort brauchte.

»Tristan kam zu spät?« rief sie, die Hände ringend.

»Man entrinnt seinem Schicksal nicht,« gab Valançon ernst und traurig zurück. »Wenn Herr von Preigne heute nicht ertappt worden wäre, so wäre es unfehlbar ein andres Mal geschehen, vielleicht in vier Wochen, vielleicht in einem Jahr; wer einmal auf die schiefe Ebene geraten ist, den hält man nicht mehr auf. Der Unglückselige war verloren . . . Es ist besser, daß ihn sein Schicksal heute nacht ereilt hat! Wenigstens konnte er Sie nicht weiter mit sich hinabreißen, und das war's, was uns am meisten am Herzen lag . . .«

»So haben Sie um meinetwillen ihn geopfert?«

»Nein. Um Ihretwillen habe ich ihn sogar beschützt, soweit es in meiner Macht lag, und mir verdankt er, daß ihm wenigstens noch ein Schimmer von Ehre bleibt.«

»Und was wird er beginnen?«

»Er wird den Versuch machen, Sie wiederzusehen, darüber ist kein Zweifel. Sie sind seine letzte Zuflucht, seine einzige Rettung. Er weiß zu genau, wie gut Sie sind, und er rechnet auf Ihre Zärtlichkeit. Wenn Sie ihm Gehör schenken, ihn auch nur sehen, werden Sie, wie ich fürchte, ihm verfallen sein und dann so tief sinken, daß alle Liebe Ihrer Freunde, aller Opfermut dessen, der Sie nie aufgegeben hat, nicht ausreichen würden, Sie wieder zu erheben.«

Annina wurde leichenblaß bei dieser deutlichen Anspielung auf die übermenschliche Großmut ihres Gatten, die Valançon in dem Augenblick wagte, wo die grausame und ehrlose Selbstsucht ihres Geliebten sich so deutlich bestätigte. Es war ihr selbst unmöglich, den Vergleich dieser beiden Männer von sich zu weisen, und Trélaurier wuchs in ihren Augen in demselben Maß, als sein Nebenbuhler zusammenschrumpfte. Atemlos fragte sie, immer noch an André denkend, ehe sie an sich selbst dachte: »Der Unselige! Was wird aus ihm werden?«

»Ach, das ist seine Sache!« fiel Tristan ungerührt ein. »Machen wir uns doch keine Sorgen um den! Mit seiner hübschen Larve und seiner lasterhaften Geschicklichkeit wird er immer wieder Leute finden, die auf ihn hereinfallen. Du aber, Annina, mach dir ums Himmels willen die Lehre zu nutze, die du jetzt erhalten hast. Die Macht der Umstände gibt dir deine Freiheit zurück, du hast das in einer Stunde der Verblendung geknüpfte Band nicht aus freien Stücken gelöst, es ist zerrissen, jetzt flicke du es nicht wieder zusammen! Ich bitte dich im Namen aller, die dich lieb haben, mache die Augen auf. Von Selbsttäuschungen betrogen, hast du den Weg verfehlt, stehe jetzt still! Wir sind an deiner Seite, wir wollen dir den rechten Weg weisen, dich pflegen, dich trösten, aber versprich uns, Preigne nicht wiederzusehen!«

»Werde ich das können?« fragte sie trostlos. »Werde ich die Kraft dazu haben, wenn ich's auch verspreche?«

»So geben Sie uns das Recht, Sie vor ihm und vor sich selbst zu beschützen,« sagte Frau von Préjean. »Wir werden nicht von Ihrer Seite weichen . . .«

»Aber wenn er mir trotz alledem Aufklärungen zu geben hätte? Wenn er mir beweisen könnte, daß er mich nicht verraten hat?« fragte Annina, verzweifelt die Hände ringend. »Ach! Ihr seht's ja, wie feige ich bin, wie sehr ich noch an ihm hänge . . . überlaßt mich meinem Elend, ich bin's nicht wert, daß ihr mich zu retten versucht. Ich bin besessen, bin nicht mehr ich selbst. Ich werde alle Schwüre brechen, eure Freundschaft betrügen, ich bin so niedrig wie er, laßt mich bei ihm!«

Mit einem Strom von Tränen sank sie auf das Ruhebett zurück, verzweifelt wie eine Wahnsinnige, ihren Schmerz hinausschreiend. Die Freunde sahen einander betroffen, bekümmert, ratlos an, nur Saint-Yrieix zeigte Entschlossenheit und Kaltblütigkeit.

»Gewinnen wir Zeit,« sagte er leise. »Ohne Zweifel kommt Vernaut heute mit dem Schnellzug, vielleicht sogar Trélaurier selbst. Tun wir unser möglichstes, bis dahin wenigstens eine Begegnung des Vicomte mit Annina zu verhindern. Das erkläre ich euch, wenn er sich hier einstellt, so weise ich ihm die Tür, mag daraus entstehen, was will. Schließlich habe ich seine Großmäuligkeit satt, und Angst habe ich nicht im geringsten vor ihm!«

Zum zweiten Male errang Tristan durch seine Mannhaftigkeit Frau von Préjeans Bewunderung.

»Tristan, so gefällt's mir!« sagte sie mit Wärme. »Ich stimme Ihnen in allen Stücken bei. Valançon und Sie wachen an der Türe, Géraldine und ich im Innern. So glaube ich, können wir den Ereignissen mit Ruhe entgegensehen.«

Sie beugte sich über Annina.

»Liebling, ich meine, Sie sollten ein wenig ruhen . . . Frau Valançon hat ein Zimmer für Sie bereit. Kommen Sie mit mir, ich werde Sie zu Bett bringen und wie ein geliebtes Kind in Schlaf singen . . . Sie müssen Ihre Kräfte sammeln für das Kommende. Haben Sie nur Vertrauen zu uns, die wir Ihnen so gern aus aller Not helfen möchten, und kommen Sie jetzt.«

Sie hatte den Arm unter Anninas Schulter geschoben und half ihr, sie stützend, sich aufrichten. Géraldine hielt die Tür offen und im Nu befand sich Annina im dämmerigen Dunkel einer Schlafstube, wo ein blendendweißes Bett Ruhe und Vergessen verhieß. Die beiden Frauen nützten Anninas Widerstandslosigkeit, um sie zu entkleiden, ihre schönen Haare zu lösen und zu flechten und ihr ein feines, duftendes Nachthemd überzuwerfen. Körperlich angenehm berührt, von einem gewissen Wohlsein durchströmt, sah sie die Freundinnen an und die trostlosen Augen versuchten zu lächeln, konnten aber nur neue Tränen, dieses Mal der Rührung, vergießen. Géraldine kniete vor ihr, um ihr Schuhe und Strümpfe abzuziehen, und die jungen Frauen tauschten beim Anblick dieses geschmeidigen und kraftvollen jugendfrischen Körpers einen schmerzlichen Blick aus. Dieses Meisterwerk der Schönheit verschmähte der Geliebte über ungesunden Gelüsten, dieses entzückende Geschöpf, dessen Liebe jedes Opfers wert war, hatte alles hingeben müssen, um nun nicht einmal Achtung zu genießen!

In anmutiger Bewegung setzte Annina das schimmernde Knie aufs Bett, das leicht federte, und streckte sich mit wohligem Aufatmen aus. Im Schatten der Vorhänge wälzte sie langsam den Kopf auf dem Kissen hin und her, als ob sie die Unruhe ihrer Gedanken damit beschwichtigen wolle.

»Liegen Sie bequem, Liebste?« fragte Géraldine.

»Ja, ich danke Ihnen . . . Sie sind so gut . . .«

»Sie haben wenig Zeit zum Schlafen, es ist schon vier Uhr und demnächst wird der Tag anbrechen . . . Wollen Sie nicht etwas Beruhigendes nehmen, um einschlafen zu können?«

»Ich nehme, was Sie mir geben,« sagte Annina sanft wie ein Kind.

Frau von Préjean trat an Géraldines Stelle ans Bett. Sie drückte ihre Lippen auf die schon kühler werdende Stirn Anninas, flüsterte ihr zärtliche Trostesworte zu, die dem Ohr schmeicheln und das Gemüt beruhigen, bis Géraldine mit einem Glas zurückkam, worin sie eine Flüssigkeit umrührte.

»Trinken Sie das, Liebling . . . Valançon hat das beruhigende Tränkchen selbst für Sie gemischt.«

Sie hob ihr den Kopf, hielt das Glas an ihre Lippen und ließ Annina trinken.

»So, jetzt versuchen Sie's nur ernstlich, das Denken aufzugeben!«

Sie zog alle Vorhänge zu, um Annina vor dem einbrechenden Tageslicht zu schützen, und setzte sich mit Frau von Préjean in eine ferne Ecke des Zimmers.

»Was ich ihr gab, ist ein Morphiumsirup,« sagte sie leise. »Das arme Kind wird einschlafen und hoffentlich recht spät erwachen, so daß wir Zeit haben, einen etwaigen Angriff des Vicomte mit allen Mitteln abzuschlagen.«

»Hören Sie nur . . . sie schläft schon . . .«

Regelmäßige, tiefe Atemzüge ließen sich vernehmen, Annina hatte, von Müdigkeit überwältigt, von dem Schlaftrunk betäubt, endlich das Bewußtsein ihres Elends verloren.

»Liebe Freundin, tun Sie mir den Gefallen, in Ihren Gasthof zu gehen,« sagte Géraldine zu Frau von Préjean. »Sie bedürfen auch der Ruhe! Seien Sie bis neun Uhr wieder hier, so lange werde ich wachen. Wenn Sie dann wieder da sind, kann ich mich eine Weile schlafen legen. Ich werde jetzt sorgen, daß Valançon zu Bett geht, denn er würde uns ja nichts nützen. Sie sehen, daß die arme Annina folgsam ist, wie ein kleines Kind, und vermutlich wird der Rest der Nacht ganz ruhig vorübergehen. Ach! Wenn wir das auch vom morgigen Tag hoffen dürften . . .«

Frau von Préjean drückte Géraldine die Hand und ging auf den Zehenspitzen ins Atelier hinüber. Nach kurzer Zeit hörte man den Landauer, der vor dem Tor gewartet hatte, davonfahren, und tiefe Stille trat im Hause ein. Annina schlief, zuweilen im Traum tief aufseufzend, unter der treuen Obhut der Freundin, bis diese nach einem halben Stündchen gespannter Aufmerksamkeit den Kopf auf die Rücklehne ihres Stuhls sinken ließ und friedlich neben ihrem Pflegling einschlummerte.

Um acht Uhr erschien ein Telegraphenbote. Valançon wurde geweckt und nahm das von Vernaut unterzeichnete Telegramm in Empfang.

»Komme mit Felix Schnellzug. Handelt einstweilen nach Gutdünken.«

Noch hielt er das Blatt in der Hand, als Saint-Yrieix schon als Vorläufer Frau von Préjeans erschien.

»Ich komme so zeitig,« sagte er, »aus Angst, Preigne könnte den Versuch machen, Annina zu sprechen.«

»Das würde ihm schwerlich gelingen, wenn ich nicht will!«

»O, er ist von verzweifelter Verwegenheit und hat, ganz abgesehen von der Eigenliebe, triftige Gründe, sich nicht willig verdrängen zu lassen!«

»Mir wäre, offen gestanden, nichts lieber, als wenn er käme, ehe Trélaurier und Vernaut hier sind. Es wäre mein höchster Wunsch, mit dem sauberen André fertig zu werden, ohne jegliche Einmischung des Ehemanns. Wenn Trélaurier und der Vicomte zusammentreffen, so könnte sich die lang angesammelte Wut entladen, der seit einem Jahr aufgehäufte Groll zum Ausbruch kommen.«

»Was für Gesinnungen setzen Sie zur Zeit bei Trélaurier voraus?«

»Ich kenne Felix sehr genau; er ist ein Mensch, der sein Urteil nie widerrufen wird. Er hat alles aufgeboten, um Annina zu verhindern, daß sie sich zu Grund richte, und es ist ihm nicht gelungen. Weit entfernt, das Spiel aufzugeben, hat er dann seine ganze Kraft eingesetzt, den Schein oder was davon noch übrig blieb, zu retten. Jetzt wird er logischerweise ehrlich und aufrichtig darauf hinarbeiten, Annina aus dem Sumpf zu ziehen, worin sie beinah erstickt. Annina wird sein einziger Gedanke sein, alles andre wird er der tiefen Liebe unterordnen, die er seiner Frau bewahrt hat. Wird ihm das gelungen sein, falls es überhaupt gelingt, so werden wir ja sehen, was er weiter unternimmt. Für den Augenblick steht das eine fest: er wird alle Hebel ansetzen, um Annina von dem Mann zu befreien, der sie vom rechten Weg abgeleitet hat.«

»Was verstehen Sie unter diesen Hebeln?«

»Alles: Schlauheit, Macht, Bestechung. Wenn's sein muß, wird er dem schönen André ohne Zögern ans Leben gehen, ist er für Geld zu haben, so wird Trélaurier nicht knausern!«

»Für Geld zu haben? Schätzen Sie ihn dermaßen nieder ein?«

»Ich bin dahin gelangt, ihn so gering zu schätzen, als man einen Menschen nur gering schätzen kann. Ich habe den Kerl an der Arbeit gesehen; er ist zu allem fähig. Aus Egoismus, zu seinem Vergnügen, um einer Laune willen würde er Christus noch einmal ans Kreuz schlagen, um so weniger zaudert er, ein einfaches menschliches Geschöpf am Spieß zu drehen, bis er seinen schändlichen Zweck erreicht hat. Er ist der Typus des neuen Geschlechts der Übermenschen, dessen sich die Gesellschaft zu erwehren haben wird. Ob unten oder oben an der Leiter, die jetzigen Sitten bringen die nämlichen Erscheinungen hervor: in den untern Kreisen Mörder, die wegen fünfzig Franken eine alte Frau abschlachten, in den höhern reizende Schwerenöter, die sich darin gefallen, an gar nichts zu glauben, nichts und niemand zu achten. Mein Lieber, wir leben in einer Gesellschaft, die in Zersetzung begriffen ist! Man hat alle Stützbalken entfernt, worauf sie ruhte, und braucht sich also nicht zu wundern, wenn sie zusammenstürzt, nur ist's nicht sehr angenehm, gerade unten zu stehen!«

»Sie sind ein Schwarzseher, Valançon!«

»Wie sollte ich es nicht sein? Ich bin Idealist und man hat die Ideale totgeschlagen! Ich habe einen Sohn, der mir leid tut, in den kommenden Zeiten leben zu müssen . . .«

Sie wurden durch den Bedienten unterbrochen, der mit geheimnisvoller Miene eintrat und mit gedämpfter Stimme, gleichsam vertraulich, meldete: »Die Jungfer von Frau Trélaurier ist da; sie bringt Kleider für ihre Herrin.«

Valançon und Saint-Yrieix verständigten sich durch einen raschen Blick. Vielleicht, daß man durch das Mädchen erfahren könnte, was im »Englischen Haus« vor sich ging und was der Vicomte plante. Zoë war zweifellos nicht ohne Auftrag gekommen, sie mochte auf Rekognoszierung, vielleicht auch als Parlamentär abgesandt worden sein.

»Führen Sie die Jungfer in den kleinen Salon im Erdgeschoß,« beschied Valançon den Diener.

»Ich will sie nicht heraufkommen lassen,« sagte er erklärend zu Tristan. »Annina könnte ihre Stimme hören, und das würde vielleicht genügen, all unsre Berechnungen umzustoßen. Unten können wir das Zöfchen ins Gebet nehmen und vielleicht etwas Wissenswertes aus ihr herauskriegen.«

Trotz ihrer sonstigen Naseweisheit war Arturs Freundin ziemlich verzagt, als sie den beiden Herren gegenübertreten mußte. Sie setzte eine Trauermiene auf und fragte in weinerlichem Ton, wie ihre geliebte Herrin die Nacht zugebracht habe.

»Sie schläft noch,« sagte Valançon trocken.

Zoë machte ein sehr verwundertes Gesicht über diese unerwartete Nachricht, und der Künstler setzte hinzu: »Wenn Sie ihr etwas zu bestellen haben, so werden Herr von Saint-Yrieix und ich den Auftrag übernehmen, oder Sie müssen später wiederkommen, denn wir werden Frau Trélaurier deshalb sicher nicht wecken lassen.«

»O, das versteht sich,« gab Zoë zu. »Und ich möchte nicht . . . es war mir nur darum zu tun, der gnädigen Frau das Nötigste zu bringen . . .«

»Beruhigen Sie sich, es mangelt ihr hier an nichts. Bestellen Sie das auch denen, die sich dafür interessieren und Sie hergeschickt haben.«

»Ich bin aus freien Stücken gekommen . . .«

»Davon sind wir überzeugt, möglicherweise weiß aber Herr von Preigne doch darum . . .«

»Gewiß, das gehört sich auch. Er gab mir sogar ein Briefchen für die gnädige Frau . . .«

»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«

Zoë verzog gekränkt den Mund.

»Ich möchte nicht falsch beurteilt werden von den Herren. Ich bin der gnädigen Frau ganz und gar ergeben, und den Herrn von Preigne, . . . den ertrage ich nur, weil sie es verlangt. Mir wäre nichts lieber, als wenn wir ihn los würden, denn er ist ein abscheulicher Mensch!«

»Die Ratten verlassen das Schiff,« brummte Tristan.

»Haben Sie für den Fall, daß Sie Frau Trélaurier seinen Brief nicht zustellen könnten, vielleicht einen mündlichen Auftrag an die Dame?« fragte Valançon.

»Ja, Herr Valançon. Ich sollte der gnädigen Frau sagen, sie möchte ausgehen, und Herr von Preigne werde sie gegen ein Uhr in den öffentlichen Anlagen erwarten. Falls sie nicht käme, werde er sie auf jede Gefahr hin hier aufsuchen . . .«

»Schön. Nun, mein Kind, da Sie Frau Trélaurier nicht sehen werden, können Sie ihr weder den Brief zustellen, noch den mündlichen Auftrag ausrichten. Davon bitte ich Herrn von Preigne in Kenntnis zu setzen . . .«

»Aber befindet sich meine gnädige Frau auch wirklich wohl, Herr Valançon?«

»Ihre Gesundheit läßt nichts zu wünschen übrig.«

»Und wie befindet sich denn Herr von Preigne?« fragte Saint-Yrieix.

»Bei einem Mann von solcher Selbstbeherrschung ist das schwer zu sagen! Er spricht nichts und geht seit heute früh, Zigaretten rauchend, im Garten auf und ab. Artur, sein Diener, der ihn genau kennt, sagt, der Herr Vicomte sei in größter Aufregung. Man denke sich auch, eine Frau wie die Gnädige, so gut, so nachsichtig, so großmütig, zu verlieren! Eine Frau wie sie findet man nicht so leicht wieder! Ach, und was hat sie nicht trotzdem auszustehen gehabt! Und diese Geduld, die sie hatte! Ein Ungeheuer von einem Mann, der sie Abend für Abend allein sitzen ließ, um Karten zu spielen, und um zwei Uhr Nachts heimkam mit ausgeleerten Taschen, wie ein ausgelaufener Krug! Ach, die Spieler! Etwas Schlimmeres gibt es nicht! Lieber noch die Schürzenjäger! Allerdings sind sie oft beides zumal! Und dann ist's die Hölle . . . Gott helfe uns heraus!«

»Und Sie glauben also, daß Herr von Preigne alles daran setzen wird, Frau Trélaurier wieder in die Gewalt zu bekommen, wenn sie nicht freiwillig zurückkehrt?«

»Das ist Arturs Ansicht. Er sagt, der Herr Vicomte sei ein furchtbarer Mensch, wenn man ihm Widerstand leiste. Man kann sich's kaum vorstellen, wenn man ihn so sieht, blond und rosig und harmlos wie ein kleiner Junge . . . Der führt die Leute schön an!«

»Herr von Preigne wird Sie wahrscheinlich ausfragen, wenn Sie nach Hause kommen. Wiederholen Sie ihm genau, was wir gesagt haben, wiederholen Sie alles . . .«

»Jawohl, Herr Valançon.«

»Und setzen Sie noch hinzu, daß wenn er hierherkommt, Herr von Saint-Yrieix und ich bereit sind, ihn zu empfangen, daß er aber Frau Trélaurier nicht sehen wird.«

»Gut, Herr Valançon. Das Paket für die gnädige Frau lasse ich da.«

»Herr von Preignes Brief steckt nicht etwa darin?«

»O nein, Herr Valançon, den habe ich hier.«

Sie zog den Umschlag aus der Tasche und hielt ihn Valançon hin. Als dieser nicht danach griff, steckte sie ihn wieder zu sich, grüßte und ging mit bekümmerter Miene ab.

Als die beiden Herren ins Atelier zurückkehrten, fanden sie Frau von Préjean dort vor, die während ihrer Zwiesprache mit der Zofe leise ins Haus getreten war. Im ganzen Umkreis von Anninas Zimmer herrschte noch tiefe Stille. Die Sonne stand schon hoch, und die Uhr der benachbarten Kirche hatte elf Uhr geschlagen, als Géraldine die Tür aufmachte und, von ihrem verwirrten blonden Haar wie von einem Heiligenschein umrahmt, hereinrief: »Eben erst ist sie aufgewacht! Guten Morgen beisammen!«

»Wie steht's mit ihr?«

»Das läßt sich noch nicht so bestimmt sagen. Die Ermüdung, der Jammer, der Schlaftrunk – Valançon hat die Dosis etwas reichlich bemessen – alles miteinander hat eine gewisse Unklarheit in ihrem armen Kopf hervorgerufen. Sie wußte anfangs nicht recht, wo sie war, wunderte sich, nicht zu Haus zu sein, und ist jetzt in finsteres Schweigen versunken. Was sie denkt? Was sie vorhat? Ich habe noch nicht gewagt, daran zu rühren.«

»Jetzt werde ich Ihre Stelle bei ihr einnehmen, Géraldine,« erklärte Frau von Préjean. »Sie können sich einstweilen ankleiden, und die Herren bewachen den Eingang, wie in einer belagerten Festung. So wollen wir den Feind erwarten.«

Frau von Préjean fand Annina außer Bett, in einem leichten Morgenrock am Fenster sitzend. Als sie die Freundin eintreten sah, flog eine leichte Röte über ihr Gesicht. Das ganze Entsetzen der Auftritte dieser Nacht wurde ihr wieder lebendig beim Anblick der Frau, die deren Zeuge gewesen war, sie sah wieder den nüchternen Wirtschaftsraum vor sich, sah die Cortazzi ihre Augen verdrehen, um Eindruck zu machen, sah André blaß vor Wut aufschäumend, drohend, dann flehend, vergebens flehend vor sich. Und jetzt war sie in einem fremden Hause, war getrennt von dem, den sie liebte, lag hier an den Strand gespült, bis der Strom sie wieder ergreifen und fortreißen würde, sie wußte nicht wohin. Verzweiflung überkam sie, und als Frau von Préjean sich über sie beugte, um sie zu küssen, wandte sie sich ab und verbarg das Gesicht in den Händen, um nichts mehr zu sehen von allem, was sie umgab.

»Liebes Herz,« sagte Frau von Préjean mit sanfter Überredung, »beruhigen Sie sich doch, seien Sie verständig, erkennen Sie Ihre wahren Freunde . . .«

»Habe ich denn welche?« fragte Annina, ihr Gesicht enthüllend, mit finster leuchtenden Augen und bitter verzerrtem Mund. »Und welches sind die wahren? Welches die falschen?«

»Ist es dahin gekommen,« fragte Frau von Préjean traurig zurück, »daß Sie die Gesinnung anzweifeln, die uns zu handeln trieb?«

»Ach, ich zweifle an allem! Ich weiß nicht mehr, was gut und was schlecht ist! Mir ist, als ob ich im tiefsten Dunkel, das mich mit unsagbarem Entsetzen erfüllt, dahinginge. Weiß ich denn, ob ich nach den wahnsinnigen Torheiten, die ich gemacht, nicht noch größere machen werde? Ich habe kein klares Urteil mehr über mein Handeln . . . Was soll aus mir werden? Ach, und wie viel Zeit bleibt mir noch zu leiden?«

Auf ihren Zügen prägte sich bei diesen Worten die ganze Angst ihrer Seele aus.

»Was hat man mir heute nacht zu trinken gegeben,« fuhr sie den Blick zu Boden senkend fort, »um mich so tief einzuschläfern, daß ich bis jetzt die Erinnerung an mein Unglück verloren hatte? Wenn Sie wirklich die aufopfernde Freundin wären, für die Sie sich ausgeben, wissen Sie, was Sie dann tun würden? Sie würden dieses narkotische Mittel holen, das, nach seiner Wirkung zu urteilen, ein furchtbares Gift sein muß, Sie würden's vor mich auf diesen Tisch stellen und ins Nebenzimmer gehen zu Ihren Freunden . . .«

»Unglückliches Kind! Was fordern Sie von mir!«

»Das oberste Heilmittel für alle Leiden, den ruhigen Schlaf, fern von aller Aufregung, Angst und Qual! Ach! Wenn Sie wirklich Mitleid mit mir hätten, würden Sie meinen Wunsch erfüllen! Bedenken Sie doch, was ich in diesem einen Jahr an Herzeleid erduldet, was ich andern bereitet habe. Das Unglück ging von mir aus, jetzt hat's mich selbst erreicht. Ich bin ein armes verzagtes Geschöpf, das den schwersten Prüfungen ausgesetzt ist und es als freilich unverdiente Gnade erfleht, in Leblosigkeit und Schweigen zurückzusinken.«

»Annina, Sie reden irr! Sie, die Starke, sollten sich so mutlos zeigen? Das Schlafmittel hat bei Ihnen aufs Gehirn gewirkt und Sie haben die Herrschaft über sich selbst verloren . . .«

»Ach, ehedem, als ich voll Zuversicht einschlief, da war ich ohne Besinnung! Blind, verblendet war ich, ich mußte gestraft werden für meine abscheuliche Undankbarkeit . . . Ein unschuldiges, großmütiges Herz habe ich gefoltert, und es ist nur recht und billig, daß nun das meinige Folterqualen leidet!«

»Aber Sie sind wirklich töricht! Von niemand haben Sie irgend etwas zu fürchten, als von sich selbst. Der durch Sie so viel gelitten hat, denkt Ihrer voll Milde und Verzeihung! Beurteilen Sie doch Ihre Lage richtiger . . . O Annina! Vielleicht ist sie günstiger, als Sie es in der Tat verdienen . . . Aber dem ist so, und all Ihre Torheiten haben der Barmherzigkeit dieses bewundernswerten Mannes, dem Sie so bitteres Leid zugefügt haben, keinen Abbruch zu tun vermocht . . .«

»Ich will seine Barmherzigkeit nicht! Sie meinen, er werde nicht unerbittlich gegen mich sein? Damit glauben Sie mich zu trösten? Sie täuschen sich sehr, wenn Sie das für einen Trost halten, denn wenn ich in meinem Elend auf seine Verzeihung rechnete, so wäre ich dadurch in meinen Augen noch tiefer erniedrigt, als durch meinen Fehltritt! Ich wußte, was ich tat, als ich aus der Ehe zur Liebe flüchtete: ich setzte mein persönliches Leben gegen die Ehre meines Gatten ein, und die Möglichkeit einer Umkehr gab es für mich niemals. Ich habe entschlossen den Weg betreten, worauf man nur vorwärts gehen kann, den Pfad des Abenteuers. Er kam mir herrlich, leuchtend vor, schien durch blumige Auen zu führen, heute dünkt er mir ein steiniger, düsterer Hohlweg, der nirgends anders hinführt als zu einem Sumpf, worein ich meine letzten Bedenken, den letzten Rest von Stolz ertränken soll . . . Nein! Nein! Ich werde ihn nicht zu Ende gehen diesen Weg, das Ziel ist zu ekelhaft, zu gräßlich! Ich will lieber vorher abreisen. Erbarmen Sie sich meiner, verschaffen Sie mir die Mittel dazu!«

»Niemals!«

»Es ist Ihnen also lieber, wenn ich eine abscheuliche Todesart wählen muß, die mich entehrt?« fragte Annina mit grausiger Entschlossenheit. »Werden Sie etwa verhindern können, daß ich aus dem Fenster springe, mich auf die Eisenbahnschienen lege, mich von der Klippe ins Meer stürze? Von der Ausführung meines Planes werden Sie mich nicht abbringen. Am Tag, als ich mein Haus, meinen Gatten, meinen Kreis verließ, als ich freiwillig auf mich nahm, eine Ausgestoßene und Entehrte zu heißen, da gelobte ich mir, der Welt, die meinen Fehltritt gesehen, niemals das Schauspiel meiner Reue zu geben. Mich bestimmt nicht, wie Sie vielleicht annehmen, eine vorübergehende verzweifelte Stimmung, vielmehr schicke ich mich an, einen reiflich und ruhig überlegten Plan auszuführen. Ich will meinen Gatten nicht wiedersehen, denn seine Nähe wäre mir zu qualvoll. Ich will auch Herrn von Preigne nicht wiedersehen, denn er hat alle Bande zerrissen, die mich an ihn knüpften. Ich bin allein, bin verloren, habe nichts mehr zu tun, als zu verschwinden. Aus Barmherzigkeit verschaffen Sie mir Gift!«

»Wie können Sie ein derartiges Ansinnen an mich stellen, Annina? Besinnen Sie sich doch auf sich selbst! Mich, die ich Ihre Freundin bin, flehen Sie an, Ihnen beizustehen in der verwerflichsten aller Handlungen? Die verwerflichste, weil sie die unwiderruflichste ist. Ist denn in Ihrem Herzen jedes menschliche Gefühl erloschen? Gilt Ihnen der Kummer so gar nichts, den Sie allen bereiten würden, die Sie noch lieben? Sind Sie keine Christin mehr, Annina? Ich habe doch Ihre inbrünstige Frömmigkeit gekannt! Vergessen Sie ganz, daß wer sich der Buße für eine Schuld entzieht, diese Schuld furchtbar erschwert? Ist Ihnen denn wirklich so wenig Energie geblieben, daß, während wir alle in Reih und Glied stehen, um für Sie zu kämpfen, Sie selbst fahnenflüchtig werden möchten?«

Annina blickte sie dankbar an, und für einen kurzen Augenblick erschien ein milder Ausdruck auf ihren Zügen. Sie ergriff Frau von Préjeans Hand und preßte sie zwischen ihren glühendheißen Händen.

»Annina, Sie haben ja Fieber! Ich bitte Sie ums Himmels willen, sprechen wir nicht länger von Dingen, die so traurig für mich, so grausam für Sie sind! Wollen Sie uns etwas zuliebe tun, so vertrauen Sie uns, leben Sie heute wie ein Kind, das keinen Willen, keine Selbstbestimmung hat, sondern von andern abhängt. Diese andern sind Ihre Freunde, die für Sie sorgen, treue Wacht für Sie halten. Lassen Sie uns Ihre Verteidigung übernehmen, geben Sie uns das Recht, Sie zu retten . . .«

Annina schüttelte mit schmerzlicher Hartnäckigkeit den Kopf.

»Ich kann mich ja eurer Aufsicht gar nicht entziehen, ich bin nichts mehr, ich zähle nicht mehr mit. Lebendiges Strandgut, muß ich tun, was fremdem Willen beliebt, aber meine Gedanken bleiben mein Eigentum und kein Zwang wird sie umgestalten. Ihr behauptet, mich zu lieben, aber ihr liebt mich schlecht, denn ihr liebt mich um euret-, nicht um meinetwillen . . . Die Aussicht auf meinen Tod erschreckt euch, weil er euch einen peinlichen Schrecken und Verdruß bereiten würde, und nur an eure Pein denkt ihr, nicht an meine Qualen . . . Ich werde mich gedulden, weil ihr es verlangt, aber morgen, übermorgen, sobald ich die Freiheit wieder erlange, werde ich meinen Plan ausführen, denn es lebt niemand auf Erden, verstehen Sie mich wohl, der mir jetzt noch seinen Willen aufdrängen dürfte . . .«

»Selbst ich nicht, Annina?« gab eine ernste Stimme zur Antwort.

Die junge Frau wandte sich rasch nach der Seite, von der sie kam, und ein namenloses Entsetzen malte sich auf ihren Zügen, die weit aufgerissenen Augen wurden starr, sie hob flehend, abwehrend die Hände. Im Rahmen der Tür erschien ihr, blaß, gebeugt, todestraurig, Trélaurier. Sie griff mit den Händen in die leere Luft, als wolle sie das Traumgesicht verscheuchen, ein erstickter Schrei entrang sich ihren Lippen, dann fiel sie wie vom Blitz erschlagen in Frau von Préjeans Arme.

»Mein Gott!« rief Trélaurier. »Habe ich ihr den Tod gebracht?«

»Nein. Sie atmet, aber die Überraschung kam zu jählings für dies schwer verwundete Herz.«

Sie trugen die Leblose auf eine Chaiselongue in der Nähe des Fensters und Trélaurier konnte mit schmerzlicher Lust das geliebte Antlitz betrachten, über das sich die Schatten des Todes gebreitet hatten. Der Mund war fest zusammengepreßt, die Spitzen der perlmutterweißen Zähnchen gruben sich in die entfärbte Unterlippe. Die Augenlider waren nur halb geschlossen, die Pupille schimmerte unter den Lidern hervor wie in Liebeslust. Sie war so schön in dieser Marmorblässe, daß Trélaurier erbebte.

Aber Annina kam wieder zu sich, kurze Atemzüge hoben die Brust und sie stieß tiefe, herzzerreißende Seufzer aus; man sah, daß sie selbst in der Bewußtlosigkeit namenlos litt.

»Sie erwacht,« sagte Frau von Préjean.

»Lassen Sie mich mit ihr allein,« erwiderte Trélaurier.

Die junge Frau ging und Trélaurier zog sich einen Stuhl an die Chaiselongue heran, um das Erwachen der Unglückseligen abzuwarten. Das Schwinden ihrer Sinne hatte das Bewußtsein nicht vollständig aufgehoben und der überwältigende Eindruck, den das Erscheinen ihres Gatten hervorgebracht hatte, war ihr geblieben, denn die Hände bewegten sich in krampfhaften Zuckungen, Tränen rollten über ihre Wangen. Man sah so deutlich, wie furchtbar sie litt, daß Trélaurier beschwichtigend die Hand auf ihre Stirne legte. Bei dieser Berührung schlug sie die Augen auf, und sich in die Kissen drückend, als ob sie drin verschwinden möchte, murmelte sie mit dem Ausdruck tiefsten Entsetzens: »O mein Gott!«

»Annina,« sagte Trélaurier mit bebender Stimme, »ich bitte dich, mich anzuhören, ich erbitte es als einzige Gnade. Du siehst, ich befehle nicht, ich will keinerlei Druck auf dich ausüben. Ich betrachte dich als unbedingt frei und will nicht auf deinen Willen einwirken, aber ich halte unter den neuen Verhältnissen, die für dich wie für mich eingetreten sind, eine Auseinandersetzung für unvermeidlich. Eigens zu dem Zweck fuhr ich von Paris her . . . Du siehst daraus, daß ich über die Vorgänge der letzten Tage unterrichtet bin. Ich erwähne sie nur, um die Lage der Dinge klarzustellen, und damit du die Tragweite meiner Worte recht ermessen und über die Bedeutung deiner eigenen Klarheit gewinnen kannst. Willst du mich anhören? Kannst du dich entschließen, mir zu antworten?«

Annina war im Innersten erschüttert, als sie diese traurige Stimme so edle Gefühle äußern hörte. Wenn sie die Augen schloß, so war es ihr, als ob sie noch in Paris wäre, als ob all das Elend, das sie während ihres letzten Lebensjahrs durchgemacht hatte, noch nicht auf sie hereingebrochen wäre, als ob Trélaurier jetzt erst die Unterredung herbeiführte, die über ihr Schicksal entscheiden sollte, als ob ihr die Wahl zwischen Pflicht und Liebe noch offen stünde. Nein! Was sie erlebt hatte, war nicht Wirklichkeit! Sie hatte die unbegreifliche Tollheit nicht begangen, den guten, weisen, redlichen Trélaurier zu verlassen, um mit dem verführerischen, selbstsüchtigen, unwahren André von Preigne durch die Lande zu schweifen. Alles, was sie getan, war, dem Himmel sei Dank, ein böser Traum, und wenn sie die Augen öffnete, würde sie wieder als anständige geachtete Frau in ihrem Haus bei ihrem Gatten sein. Dieser Eindruck war so mächtig, daß sie mit einem lauten Schrei auffuhr.

Als sie aber Trélaurier ansah, den von Kummer abgezehrten, ernsten, nachdenklichen Mann, dessen Haar der Schmerz gebleicht hatte, verflog die beglückende Selbsttäuschung. Vom Bewußtsein der Wirklichkeit niedergeschmettert, sank sie auf ihr Lager zurück. Ja, sie war wirklich die Frau, die dem Gatten entflohen war, und die der Geliebte verlassen hatte, die Frau, die vor wenigen Minuten inbrünstig gefleht hatte, daß man ihr die Möglichkeit gewähren möge, zu sterben, und die jetzt wehrlos die höchste Pein zu dulden hatte, dem Blick des Mannes preisgegeben zu sein, den sie so grausam beleidigt hatte, seine Klagen hören zu müssen, unter denen sie vor Scham zusammenbrach. Diese letzte Prüfung aber dünkte ihr zu hart. Sie hatte so viel gelitten, ohne jede Möglichkeit, das Leid abzuschütteln, daß sie sich mit aller Macht auflehnte gegen dieses neue Leid, das entweder zu tragen, oder von sich zu weisen einigermaßen in ihrer Macht lag.

Die Ungeheuerlichkeit ihrer Lage schien ihr über das hinauszugehen, was sie gerechterweise auf sich nehmen mußte, und jäh aufspringend, rief sie wie eine Wahnsinnige: »Bist du hierhergekommen, um mich nun auch deinerseits zu martern? Was willst du von mir? Das Geständnis meines sträflichen Wahns? Dein Wunsch soll erfüllt werden! Ja, ich war wahnsinnig! Ja, ich habe gefrevelt an dir und an mir selbst! Ja, ich bin gestraft dafür, furchtbar gestraft, weil ich neben dem eigenen Leid auch noch den Anblick des deinigen zu ertragen habe! Was kann ich tun, um dich zufrieden zu stellen? Unglücklicher als ich bin, kann ich nicht sein! Du bist sattsam gerächt. Alles hattest du vorhergesehen mit Ausnahme meines eigenen Ekels vor meinem Frevel. Die Qual, den Einsturz all meiner Hoffnungen zu überleben, den darfst du mir nicht auferlegen, damit rechne nur nicht! Das Ende meines sündhaften Glücks muß auch das Ende meines Lebens sein. Ich fordere das Recht, zu verschwinden, weshalb erhebst du deine Stimme, um es mir zu bestreiten?«

Sie stand hoch aufgerichtet, beinahe drohend vor ihm, glühend von Willenskraft und Empörung.

Trélaurier sah sie fest an und sagte mit einer Stimme, aus der das Zittern gewichen war: »Du fragst, weshalb ich dir zu sterben versage? Ich werde es dir sagen. Ich will nicht ein volles Jahr lang den Kummer getragen haben, der mich zu dem Unglücklichen gemacht hat, der vor dir steht, ohne daß er dir zum Heil gereichte. Beurteile mich doch richtiger, Annina. Ich habe ausgehalten im Leben, um dir nicht zu deiner Schuld auch noch die Verantwortlichkeit für meinen Tod aufzubürden. Daß niemand mir meine Tränen vorwerfe, habe ich sie in der Verborgenheit geweint. So hart du mit mir verfahren bist, ich hatte nur den einen Gedanken, dich zu beschützen und zu verteidigen. Jedes Unheil, das dich betroffen, zerriß mir das Herz, und ich würde alles daran gesetzt haben, dir Leiden zu ersparen – vielleicht aus Selbstsucht, wenn du so willst. Ich konnte mich ja innerlich niemals von dir losmachen. Die Gefühle, die ich dir schildre, sind nicht naturgemäß, natürlich wären Haß und Rachsucht gewesen, aber ich kann mich nicht anders machen, als ich bin. Ich hätte nach allem Unrecht, das du mir angetan, aufhören müssen, mich mit dir zu beschäftigen, aber das lag nicht in meiner Macht. Das einzige, was mich noch ans Leben band, warst du. Es mag sein, daß du das Feigheit nennst, darauf kommt mir's nicht an. Mir liegt nichts an deiner Achtung, ich trachte nicht nach deiner Dankbarkeit, es genügt mir, dir zu nützen, das ist mir eine bittersüße Freude, die einzige, die mir geblieben ist, und auf die werde ich nicht verzichten.«

Mit gesenkter Stirne, als ob sie sich schwer zu der Frage entschlösse, sagte Annina darauf: »Und trotzdem hoffst du auf einen Lohn deiner Mühen? So viel Großmut wird nicht immer uneigennützig bleiben? Was erwartest du von mir zu erlangen?«

»Nichts.«

»Und wenn ich mich dreinfüge, weiter zu leben, und morgen, in acht Tagen, wieder gefangen von dem Zauber des Lasters, der schon einmal auf mich gewirkt hat, abermals von dir ginge . . .«

»Ich habe dir schon gesagt, daß du frei bist.«

»Aber, Unglückseliger, begreifst du denn nicht, daß ich dieselbe Schwäche für den andern habe, wie du für mich? Die Opferwut, die dich hinriß, die erfüllte und erfüllt mich noch ihm gegenüber! Der Elende, der mich zu Grund gerichtet hat, braucht nur zu erscheinen, und sein Anblick, der Klang seiner Stimme durchschauert mich, wie in diesem Augenblick meine Nähe dich durchschauert. Er braucht mir nur ein Zeichen zu machen, und ich folge ihm! Gerade weil ich in seinem Bann stehe, ihm kraft- und widerstandslos verfallen bin, will ich zwischen der Ehrlosigkeit und Erniedrigung, wozu er mich sicher zwingen würde, und meinen letzten Regungen besserer Gefühle, eine unübersteigliche Schranke aufrichten – den Tod. Nichts als der Tod kann mich ihm entreißen, das fühle ich deutlich, das mußt du begreifen. Es graut mir vor ihm, er erregt meinen Abscheu, aber trotzdem werde ich ihm nicht entrinnen! Gib den Widerstand auf, spare dir weitere Mühe, kehre nach Paris zurück, sage dich ganz von mir los. Du bist der edelste, großmütigste Mann, dem anzugehören der Traum einer Frau sein könnte. Wenn ich die Einsicht gehabt hätte, dich zu verstehen und zu würdigen, als es noch Zeit war, hätte ich ein Glück kennen gelernt, das ich bitter beweine, aber dessen ich ohne Zweifel nicht würdig war, sonst würde ich's erkannt haben. Lebe wohl! Gib mich auf! Füge meinen Schmerzen nicht noch die Bürde der deinigen hinzu. Unsrer beider Existenzen sind für immer getrennt, nichts vermag sie wieder aneinanderzuknüpfen.«

Trélaurier schüttelte traurig den Kopf.

»Rechne nicht darauf, daß ich vor den ersten Einwänden zurückschrecke, die du erhebst. Ich habe oft in Gedanken durchgenommen, was ich dir sagen würde, und was du mir zur Antwort geben könntest an dem Tag, wo ich den unausbleiblichen Entscheidungskampf zwischen uns beiden herbeiführen würde. Du bist nicht zum Widerstand gerüstet wie ich, weil dein Unglück noch zu jung ist, als daß du es hättest überdenken können. Du leidest seit zwei Tagen, ich seit einem Jahr! Dir liegt noch ob, deine Lage zu ergründen, wollen wir's nicht gemeinsam tun? Das verpflichtet dich zu nichts, aber in Gefühlssachen ist es so gut wie in geschäftlichen Dingen, heilsam klar zu sehen, wohin man geht. Du sprichst mir von dem Bann, dem du unterworfen bist. Es sei. Aber bist du auch gewiß, daß man diesen Bann noch weiter über dich verhängen wird?«

Bei diesen unerwarteten Worten, deren Sinn ihr nicht vollständig aufging, zuckte Annina ungeduldig. Trélaurier aber gebot ihr durch seinen Blick Ruhe und fuhr fort: »Bist du gewiß, daß der, dem du auch dein Letztes zu opfern bereit bist, noch in der Laune ist, Opfer zu fordern?«

Anninas Herz klopfte wild und vor ihren Augen verschwamm alles, als ob sie einer Ohnmacht nahe wäre. Kein Wort, kein Hauch kam über die entfärbten Lippen. Die tiefe Stille wurde nur von dem scharfen Geräusch unterbrochen, womit Trélaurier einen Stuhl herrückte, auf den er Annina niedersitzen ließ. Das war der einzige Laut. Nun saßen sie einander gegenüber, beide fast zurückschreckend vor dem, was sie zu besprechen vorhatten.

»Ich muß also tun, was mir in der Seele zuwider ist,« begann Trélaurier, seine Scheu bezwingend, »ich muß von dem Elenden sprechen. Laß mir die Gerechtigkeit widerfahren, Annina, daß ich damit nur der äußersten Notwendigkeit gehorche. Es gibt kein Zaudern mehr, er selbst muß dich heilen von deinem Übel. So viel du davon kennen gelernt, seine ganze Erbärmlichkeit kennst du noch nicht, du weißt noch nicht, wie weit seine Ehrlosigkeit reicht. Dieser Mann hat sich nicht nur deiner Schönheit, nein auch deines Reichtums wegen an dich gehängt. Als ich dir das vor einem Jahr zu verstehen gab, hast du dich aufgebäumt, hast mich als Verleumder behandelt, aber ich war meiner Sache sicher. Dieser junge Mann, der aufs gemeinste mit den ihm verliehenen glücklichen Gaben rechnet, ist das Urbild des gewissenlosen ›Übermenschen‹. Was ihm dienlich ist, ist ihm kostbar, was ihm nicht mehr dient, wirft er verächtlich weg. Das ist sein Grundsatz, und du wirst erfahren, wie er danach handelt. Er ist anziehend, fesselnd, bezaubernd, das weiß ich, habe ich doch diese Einsicht teuer genug bezahlt. Man widersteht ihm nicht leicht, das dient dir zur Entschuldigung. Es sind ihm schon viele zum Opfer gefallen; so jung er ist, hinterläßt er auf seinem Pfad blutige Fußspuren zwischen Trümmerhaufen. Aber das Unheil, das er stiftet, läßt ihn kalt; er hat kein Mitleid mit seinen Opfern, er ist taub für ihre Klagen und ihren Jammer. Du darfst überzeugt sein, daß er in diesem Augenblick ausrechnet, wie er deiner wieder habhaft werden könne, und zugleich auf Mittel sinnt, sich für deine Abkehr zu rächen. Willst du erleben, daß er dich mit cynischer Roheit von sich stößt, wie einen Bedienten, mit dem man nicht mehr zufrieden ist, dich, die du ihn liebst, die du ihm so Großes geopfert hast? Gib ihm nur zu verstehen, daß du von nun an mittellos bist und nur auf ihn angewiesen . . . Ach, du erschrickst! Du hast ihn schon unabsichtlich auf diese Probe gestellt und weißt, was dabei herauskam! Du hast eines Tags den Entschluß gefaßt, seinen Lastern nicht länger durch deine Mittel Vorschub zu leisten, du hast ihm erklärt, daß Einschränkungen nötig seien. Das geschah am Tag nach Vernauts Besuch, und was tat dieser Spieler in seiner rasenden Goldgier? Zu welchen Hilfsmitteln hat er gegriffen? Sieh mich an, Annina! Die Genugtuung bist du mir schuldig, daß du mir sein Verbrechen eingestehst . . . Armes Kind! Du errötest für ihn . . . Ja, er hat dich bestohlen! Hat deine Unterschrift gefälscht, und diese Fälschungen trage ich bei mir, hier in meiner Tasche sind sie. Willst du deine nachgemachte Schrift sehen? Da, hier ist sie.«

Und er hielt ihr die Papiere unter die Augen. Schmerzlich zusammenschaudernd, schob Annina sie mit zitternder Hand von sich. Die schönen Augen in dem qualverzehrten Gesicht hatten einen erlöschenden Ausdruck, Trélaurier aber fuhr mit unerschütterter Selbstbeherrschung fort: »Da hast du den Mann, Annina, und vor diesem erbärmlichen Kerl willst du in den Tod fliehen? Kannst du den Gedanken wirklich durchdenken? Ach! Wie beurteilst du mich denn, wenn du glauben konntest, ich würde dich gewähren lassen? Nein, ich war fest entschlossen, dich ihm zu entreißen; seit dem Tag deiner Abreise ist es mein Ziel, nur die günstige Stunde wollte ich abwarten. Dazu war leider Gottes nötig, dich leiden zu lassen, damit dich Übersättigung und Ekel zur Empörung trieben. Jetzt ist es so weit, denn du erklärst ja, zu allem, sogar zum Selbstmord bereit zu sein, nur um nicht wieder in die Gewalt deines Henkers zu geraten. Aber verstehe mich recht, Annina, mißdeute meine Worte nicht. Ich arbeite nicht selbstsüchtig, nicht mit der niedrigen Absicht, mich dir, auf den erwiesenen Dienst pochend, aufzudrängen. Keineswegs! Ich wiederhole aufs bestimmteste, daß du frei bist, frei bleiben wirst. Ich will dich nur dir selbst zurückgeben; sobald ich dich dem Unglück abgerungen habe, werde ich dein Schicksal wieder in deine eigene Hand legen.«

Annina strich mit der weißen Hand leicht über ihre feuchte, kalte Stirne und sagte mit unstetem, irrem Blick: »Aber wenn du dich täuschtest? Wenn er doch aufrichtig wäre, zu mir zurückkehrte, weil er mich liebt? Trotz all seiner Vergehen kann er mich ja lieben . . .«

»Ach! Wie zäh die Hoffnung im Herzen haftet! Du weißt ja jetzt, daß er ein ehrloser Wicht ist, und rechnest noch auf eine Art von Wunder, auf die unglaubliche Möglichkeit, daß in dieser Schmutzseele ein Fleckchen rein geblieben wäre, wo ein edles Gefühl hätte Wurzel schlagen können? Annina, muß es denn sein, daß ich deine letzten Illusionen zerstöre, auf die Gefahr hin, das Leben selbst zu treffen, das ich um den Preis meines eigenen retten möchte?«

»O quäle mich nicht!« sagte sie, die Hände ineinanderlegend, »Habe Mitleid mit mir.«

»Wenn Mitleid die Schonung dieses Schurken bedingt, darf ich keins haben, Annina.«

»Aber welche Prüfung willst du ihm denn auferlegen, um mich zu überzeugen?«

»Hättest du den Mut, diese Prüfung gleichzeitig mit ihm zu bestehen?« fragte Trélaurier mit dem Ausdruck unbeugsamer Entschlossenheit.

»Du ängstigst mich namenlos!«

Er faßte sie am Arm und zwang sie, ihm ins Gesicht zu sehen.

»Annina, nur ein wenig Festigkeit . . . Die Wunde blutet, sie muß gereinigt werden, damit kein giftiges Geschwür entstehe . . . Um ein Uhr soll Herr von Preigne hierher kommen . . . Valançon hat mich darauf vorbereitet.«

»Er ist nicht der Mann, vor irgend etwas zurückzuschrecken, er wird sich einstellen . . .«

Im selben Augenblick ertönte die Glocke des Gartentors. Unwillkürlich trat Annina ans Fenster, von dem aus sie mit furchtbarer Herzbeklemmung André eintreten und ruhig durch den Garten schreiten sah.

»Da ist er ja!« rief Trélaurier mit einem bittern Lachen. »Nun muß sich in der nächsten Viertelstunde alles entscheiden! Du siehst diesen jungen Mann, Annina . . . wenn ich will, wird er dich an mich verkaufen! Vernaut hat genaue Anweisung von mir . . . er wird ihn empfangen. Höre mich an: Das Atelier hat eine Galerie, dort kannst du alles hören, ohne gesehen zu werden . . . Folge mir . . .«

Er nahm die Widerstandslose an der Hand und zog sie aus dem Zimmer. Eine kleine Treppe führte zu einer mit farbigen Scheiben und weichen Wandbehängen ausgestatteten Loggia, von der man das Atelier überblickte. Halb ohnmächtig sank Annina auf die Kissen des im tiefsten Schatten stehenden Ruhebetts, während Trélaurier in gespannter Erwartung neben ihr stehenblieb.



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