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68. Rübezahl erweiset seine Liberalität im Kegelspiel.

Es soll einmal aus Böhmen ein Fleischer seinen Knecht übers Gebürge geschickt haben, damit er eine ausstehende Schuld einmahne und die Barschaft mit sich brächte, wie er denn auch das Geld, als vierzig Taler, soll empfangen und sich darmit dem Wege anvertrauet haben. Wie er aber im Wandern begriffen gewesen und seine Straße bei der Schneekippe vorbei genommen, siehe, da soll er ungefähr eine Kompagnie junger Bursche in der Nähe vermerket haben, welche ein großes Geld aufs Kegelspiel zwar gesetzet, doch gar lose und ohne Ernsthaftigkeit drumb gekugelt haben, welches den Wandersknecht Wunder genommen, und daher gewünscht hat, daß er möchte interessieret sein, so wollte er ohn allen Zweifel ein Großes erhalten und mit darvonbringen. Und indeme tritt einer aus der Gesellschaft zu ihm, präsentieret ihm die Gelegenheit und Freundschaft, daß, wenn er Lust hätte mitzuspielen, er gar willig in den Orden solle mitaufgenommen, auch zur beliebten Zeit wieder demittieret werden. Was geschicht? Der Kauz läßt sich gefallen mitanzutreten, und trifft ihn gleich das überlassene Glück, daß er anfänglich mit seinem eigenen Zehrgelde wacker was von Reichstalern und Dukaten erhält, also, daß der Mut ihm immer mehr und mehr wächset, ferner anzuhalten und sich zu bereichern. Aber es verändert sich das Blatt bald darauf, also, daß er das Gewonnene nacheinander wieder verspielet und er endlich seines Meisters eingefordertes und mit sich geführetes Schuldgeld beim Kopfe gekriegt und aufs Spiel gesetzt hat, doch immer darbei hoffende, er werde wieder gute Glücksblicks kriegen und mit solchem angegriffenen Gelde lustig fischen. Aber vergebens, die vierzig Taler waren miteinander draufgegangen, und der Schöps war endlich aller Mittel entblößet gestanden, hatte sich in dem Nacken gekrauet und nicht gewußt, wie er zu seinem Gelde wieder kommen möchte; doch hatte er flugs mit dem ungerechten Haushalter ihme diese faule Rechnung gemacht, daß er sich bei seinem Meister vor einen Samariter wolle ausgeben, prätendierende, daß er da oder da unter die Mörder geraten, welche ihn ausgezogen und umb die Pfennige gebracht hätten. Da tritt nach dem Verlust der unerkannte Rübezahl alsbald zu dem melancholischen Fleischersknechte, sprechende. Siehe, mein Kerl, das Geld haben wir dir mit Recht abgewonnen, aber damit du endlich deinem Schaden wieder beikommest, siehe, da hast du von diesem Spiel drei Kegel, welche die Art an sich haben, daß sie dich nicht werden verlieren lassen; verliere du sie nur nicht und sacke sie fein ein in deinen Ränzel, und wenn du zu Hause kommest, so laß du dir sechs andere darzu machen, welche ebenso aussehen als diese, hernach fange darmit an zu spielen, so wirst du gar leicht zu deinem Gelde wieder kommen, das glaube ungezweifelt! Was sollte der albere Tropf machen? Er lässet ihm den Vorschlag gefallen, nimmt die unansehnlichen Kegel vor die lange Weile mit und passieret eine Ecke darmit über das Gebürge. Aber, wie er so eine halbe Stunde gegangen, da wird ihme der Plunder so schwer, daß er nicht darmit weiter fortkommen kann und notwendig sich niedersetzen muß, sich zu erleichtern und das schwere Zeug von sich zu tun; da er denn die zwei schweresten Kegel aufs Feld hingeworfen und den leichtesten bei sich behalten hat und darmit nach Hause gegangen ist. Nach vollendeter Reise kommt der ehrliche Vocativus in seines Meisters Haus, fängt an, sich heftig zu beklagen, wie ihn die Räuber umb alles gebracht hätten und also die eingeforderte Schuld aufm Wege in die Pülze gegangen sei; darmit sich auch der Meister hat müssen zufrieden geben und den Notzwang für unvermeidlich halten. Endlich, wie sich der Knecht also losgeschwatzt, ist er auf seinen Boden gegangen, hat den Ränzel abgeleget, den Kegel herausgelanget und im lachenden Mute solchen unters Bett geworfen, ihn dennoch etwan hoffende darzu anzuwenden, daß er acht andere wolle darzu drehen lassen und solche zum Spielen gebrauchen, als darzu er nicht allein ohne das eine unersättliche Begierde getragen, sondern auch vom Rübezahl (welchen er zwar bis dato hieran noch nicht erkannt gehabt, sondern dennoch der fremden Person einen festen Glauben zugemessen hatte) darzu veranlasset worden durch die Verheißung des unausbleiblichen Wohlergehens. Was geschicht? Es kommt, wie dem Bauren das Aderlassen, diesem Abenteurer endlich das Kegelspiel wieder an, gehet derenthalben auf seinen Boden und scharret vor die lange Weil seinen unter das Bett geworfenen Kegel hervor, und wird gewahr, daß aus dem Holze ein klares Gold geworden. Hierüber verwunderte er sich über die Maßen, doch zweifelt er noch in etwas, obs richtig Gold sei und gehet derentwegen hin zu einem, der einen Probierstein gehabt und läßt ihn streichen. Nachdem er aber die Gewißheit erhalten, soll der Kerl über die Maßen aus dem Grunde lustig geworden sein, daß er nunmehr seinem betrogenen Herrn mit dem Kegel ein überflüssiges Genügen leisten könne für das verspielte Geld; gehet derowegen freiwillig zu seinem Herrn und entdecket ihme den ganzen alten Verlauf, wie er umbs Geld gekommen und wie er nunmehr stattlich wieder darzu gekommen sei, präsentieret darneben solchem seinem Herrn den ganzen Kegel, daß er sich daran erholen möchte. Aber der Herr hatte so aufrichtig gehandelt, daß er den Kegel bei dem Goldschmiede für 200 Taler verkauft, einhundert Taler darvon vor sich behalten, das andere hundert aber seinem Knechte zugewendet hat.

 


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