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Im duft'gen Grase liegt mein Haupt
Inmitten eingesunkner Hallen,
Vom Lindenbaume karg umlaubt,
Deß Krone längst der Zeit verfallen.
O Frühlingslust! Vom Bergesrand
Hinab zu schaun in's Schwabenland!
O Neckargrund! Seh' ich dich an,
Wird's meinem Herzen angethan:
Als seiest du ein Mägdlein minnig,
Das still im Sonntagskleid sich freut;
Es lacht sein Aeuglein traumessinnig
Aus herzensgutem Angesicht;
In's aufgelöste Haar gestreut
Viel Perlen funkeln Sonnenlicht;
Von der umschlossnen Lende nieder
Auf des Gewandes grünen Sammt
Des Gürtels blendend Silber flammt;
Es blitzt von Edelstein das Mieder.
Du buhlst nicht stolz mit eitelm Leib
Um fremden Wandrers lauten Preis,
Bist noch ein ächtes deutsches Weib,
Das, wie auch wunderhold erblüht,
Von eigner Schöne nimmer weiß;
Hast noch ein einfach, klar Gemüth
Von sittiger, bescheidner Art;
Und wer auf traulich stiller Fahrt
Je seinen Weg zu dir genommen,
Den heißest herzlich du willkommen!
Und was du zum Beschauen hast,
Das zeigst du gern dem lieben Gast!
Führst ihn zu deiner Hügel Kronen,
In deren Burgen grauem Schoos
Die Geister deiner Mährchen wohnen;
Du bindest ihm den Nachen los,
Und schaukelst ihn den Strom entlang!
Bald grüßt ihn duft'ger Rebenhang,
Bald lockt sein Haupt die Wiesenau,
Draus träumend er zum Himmel schau';
Bald lacht, von Gärten ganz umblüht,
Ein heitres Dörflein traut ihn an:
Da überkömmt es das Gemüth
Wie Klingen längst verklungner Harfen;
Aus all dem Dünkel, all dem Wahn,
Vermummt in lügnerischen Larven,
Sprichst du es an, o Neckargrund,
Ohn' Falsch und Fehl, wie Freundeswort!
Es wird das Herz so recht gesund,
Von deinem Odem angehaucht;
Du kündest ihm den ächten Hort!
Du zeigst ihm, wie es wenig braucht,
Daß stilles Glück die Welt versüßt –
O Neckarthal! Sei mir gegrüßt!
Wie feierlich ist's rings herum!
In Feld und Strom ist alles stumm;
Es rufen durch die Frühlingsflur
Die Lerchen und die Glocken nur.
Vom Morgensonnenstrahl umblinkt
Das goldne Kreuz der Thürme winkt;
Zum stillen Dörflein mir zu Füßen
Die Kirchengänger ziehn am Hag;
Des Herren Lieder hör ich grüßen,
Die Orgel tönt – 's ist Feiertag.
Sieh dort! Wie sich das Vöglein putzet,
Das Köpfchen tragend stolz und frei!
Jetzt lockt ein Ruf. – Wie's zierlich stutzet,
Ob das die Lenzesbraut wohl sei!
Und hin und her die Beiden locken,
Sie sind sich neckend fern und nah,
Im Klee und in des Schlehdorns Flocken,
Und rufen's laut: »Der Lenz ist da!«
Da ist's in Rösleins Herz gedrungen,
Das schüchtern aus der Knospe sah:
»Hat Vöglein nicht vom Lenz gesungen?
Wach' auf! Der Lenz ist wieder da!«
Und wie das Licht sein Aug' umfangen,
Weiß Röslein kaum, wie ihm geschah.
Die Lüfte streicheln ihm die Wangen:
»Weißt schon? Der Lenz ist wieder da!«
Doch horch! Ist das denn Orgelklang? –
Ist's nicht, als schweb' es jetzt hervor
Aus dem geborstnen Mauerhang
Bald hell und leis, bald tiefer Chor?
Und tragen's flüsternd jetzt die Winde
Nicht mir zu Häupten aus der Linde?
Und seh' ich nicht in Blättern grün
Den ganzen Schaft allmählig blühn?
Und schwindet nicht mit einem Mal
Im weiten Grund der Sonnenstrahl?
Sieh'! Zauberhafter Nebelschein
Webt Strom und Thal allmählig ein!
Und regen sich im Schuttgestein –
O nie geschautes Traumgesicht! –
Dicht neben mir die Felsen nicht?
Wie sie sich heben und erfassen!
Mit Macht sich in die Fugen passen
Ohn' Richtscheit und ohn' Hammerlaut,
Jed' Mauerstück ein Baugeselle!
Sieh' nur! Schon ist mit Blitzesschnelle
Ringsum das Fundament gebaut!
Der Graben höhlt sich ringsumher;
Jetzt wölbt im Bogen sich das Thor,
Die Brücke fällt, von Ketten schwer,
Die Erkertreppe springt hervor,
Und höher, höher steigt's hinan!
Sieh' jetzt die Warte, den Altan,
Der Bogenfenster runde Scheiben!
Die Zinne jetzt heraus sich bricht,
Zum Kranz empor die Thürme treiben,
Das Banner fliegt – und es wird licht.
Und ich spring' auf, vom Bann befreit –
Doch, wie mein Auge niedersieht,
Wie sprech' ich's aus, wie mir geschieht!
Der ganze Thalgrund ist gefeyt!
Wo nah und fern ich Berge schau',
Seh' ich denselben Zauberbau.
Dahin die Gärten und die Felder,
Die Dörfer, wie in's Grab versenkt!
Darüber rauschen dunkle Wälder,
Draus kreischend sich der Habicht schwenkt.
Und von den duft'gen Waldesauen
Seh' staunend ich zum Schlosse wieder –
Kaum weiß ich, was zuerst beschauen!
O sieh' doch! Von dem Thurme nieder
Noch immer die zwei Vöglein sehen!
O wunderbar! Sie singen ja,
So sorglos, als ob Nichts geschehen:
»Der Lenz, der Lenz ist wieder da!«
Ich steh' am Thor – soll ich es wagen?
Durch der geborstnen Bohlen Ritzen
Seh' ich's wie blanke Waffen blitzen,
Ich hör' es wild vorüberjagen,
Wie, schulend sich im Ring, ein Roß. –
Zieht's doch gar lockend mich hinein!
Ein kräft'ger Druck am mächtigen Schloß,
Und von Erwarten tret' ich ein.
Und ich erschaue, welch ein Bild!
Den Hof voll bärtiger Gesellen;
Sie fegen an des Bronnens Wellen
Des Rosses Zeug, die Axt, den Schild,
Und nebendran, vom Ingesind
Sieht schäckernd zu manch schmuckes Kind.
Auf mich heran sprengt jetzt ein Knab',
Sein Roß hat knirschend sich gebäumt.
»Halt an, steh' Red'! Auch ich, ich hab'
Zur Fahrt gesattelt und gezäumt
Ein Rößlein mit Gedankenhufen,
Es drängt mich fort zum Geisterritt;
Sag' mir, wohin? Ich reite mit!« –
Doch sieh'! Er achtet nicht mein Rufen, –
Ich schau' den Mägden in's Gesicht; –
O wunderbar! Sie sehn mich nicht!
Doch lauscht' ich dem Gerede gern!
Still! An die Mauer lehn' ich dort – –
»Ja, ja, mein Schatz, bald ziehn wir fort
Mit Walther, unserm jungen Herrn,«
Spricht, schwingend seinen Morgenstern,
In kecker Lust ein junger Fant,
Zu einer blonden Magd gewandt,
Die hinsteht mit verweinten Mienen –
»Der Junker zieht zum ersten Straus
Nach Welschland mit dem Rothbart aus,
Will sich doch auch den Kranz verdienen!«
»Mit Rothbart!« hallt in mir es wider,
Und freudig fühl das Herz ich beben;
Doch horch! Hör' ich es nicht wie Lieder
Dort aus dem Zwingerpförtchen schweben?
Von Geisblatt ist es ganz umwoben,
Draus weht hervor ein duft'ger Hauch;
Rasch ist der Riegel weggeschoben,
Ich seh' durch den Hollunderstrauch
Zum grünen Zwinger spähend ein. –
Sieh' dort! Welch blühend schlanker Knab'
Biegt von der Warte sich hinab!
Wer ist es wohl? – Mag's Walther sein? –