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Die Braut.

Sie reiten hin am Neckarstrand;
So froh des Himmels Antlitz lacht,
Wie Waldesbronnen haucht die Luft;
Es blitzt im Morgendiamant
Der Wälder schwarze Wittwentracht;
Am Neckar webt ein weißer Duft,
Und drüber hin in stolzem Wiegen
Zwei königliche Weihen fliegen.

O Neckargrund, so liebetraut!
Wann hat solch' seltne stolze Schaar
Dein klarer Spiegel je geschaut?
Wann durfte je solch bräutlich Paar
Dein waldesgrüner Arm umranken?
Der Minne duftige Gedanken
Soviel in deinem Herzen weben,
O sieh'! Sie tauchen auf zum Leben!

Sie reiten hin am dunkeln Holz;
Es funkeln sonnig Helm und Stahl,
Der Rosse Häupter nicken stolz,
Und knirschen in's Gebiß zumal,
Von luft'gen Bannern hoch umgaukelt,
Dran sich der Kranz vom Schwarzwald schaukelt;
Und in die scharfe Herbstesluft
Weht aus den Nüstern blau der Duft.
Zur Rechten längs der Woge Saum
Herr Walther zieht im Hochzeitkleid.
Vom schwarzen Hengste trieft der Schaum;
Der Morgenduft hat sein Geschmeid'
Ihm leicht gestreut in Bart und Haar;
Und aus dem schwarzen Augenpaar
Blitzt seine Seele kühn und klar,
Vom Heimzug nach dem ersten Streit,
Verklärt von frommer Seligkeit.
Zur Linken an der Eichenhalde
Zieht her der Sänger aus dem Walde.
In seinen Rauchwerks reichem Glanze
Umwallt sein Kleid des Rosses Bug,
Wie er als Sängerwirth es trug,
Da er zu Wein und Sang und Tanze,
Bis von des fernsten Rheins Gestaden,
Die Gäste in sein Schloß geladen.
Und wie vor'm goldnen Sonnenlicht
Die düstre Wolke muß zerstieben:
So hat aus seinem Angesicht
Von seinem neuentglühten Lieben,
Deß Sonnenblick so lang verblichen,
Der alte Gram sich weggeschlichen.
Ihm glüht die Wange wieder jung
Im Spätroth der Erinnerung;
und nieder an des Rosses Weichen,
Als der Versöhnung sichtbar Zeichen,
Siehst funkelnd du zu neuen Klängen
Vom Sattelknauf die Harfe hängen.
Und Amaranth, sie kommt inmitten
Im Feierschritt einhergeritten.
Sie trägt ein Zelter, weiß wie Schnee,
Die Mähne fließet silberhell;
Voll Ungeduld greift scharf und schnell
Er aus wie ein geschmeidig Reh;
Sein Auge sprüht, die Nüster schnaubt.
Umwiegt von bunter Federn Flaum
Blickt sonnenwärts sein edles Haupt;
Die Decke prangt von schweren Franzen,
Und lustig von dem Muschelzaum
Im Wind die goldnen Eicheln tanzen.
Sie trägt das Kleid vom Sammte blau,
In Falten wallt es schwer hernieder;
Von Sternen ist durchstickt das Mieder,
Wie überhaucht von goldnem Vließe;
So zittert licht im Morgenthau
Die halmenjunge Waldeswiese.
Und, wie von Elfenhand gewirkt,
Wallt duftig weiß, wie Meeresschaum,
Vom Myrthenkranze grün umzirkt,
Der Schleier nieder bis zur Hüfte;
Das Haar quillt golden aus dem Saum,
Und kräuselt sich im Spiel der Lüfte. –
O Amaranth! Du sel'ge Braut!
Ich reit auf luft'gem Geisterroß
Zu deiner Seit zum Hochzeitschloß,
Und tief mein Aug' in deines schaut.
Was hältst so zagend du den Zügel?
Ruhst zitternd in dem Silberbügel?
Des Vogtes Sohn mit stolzem Blick
Geht führend ja dem Roß zur Seit';
Ich führ' zumal auch dein Geschick
Zu treuer Minne Seligkeit.
O du verklärtes Frau'ngesicht!
Ich möchte weinen süße Zähren,
Versenk' ich mich in deine Mienen!
So muß des Paradieses Licht
Der sel'gen Geister Aug' verklären,
Wenn sie dem Herrn der Liebe dienen.

Ach! Ist in diesen sammtnen Wangen
Ein blühend Freuen aufgegangen!
Es hat ihr Mund sein Lächeln wieder;
Das alte heitre Sternenlicht
Aus ihres Auges Himmel bricht;
Vom Scheitel bis zum Fuß hernieder
Hat sie die Minne frisch belebt,
Und zauberisch in alle Glieder
Sie ihre keuschen Reize webt.
O sieh' nur, wie sie selig ist!
Du mußt ja mit ihr freudig werden,
Und wenn du noch so traurig bist!
Wie bringt mit kindlichen Geberden
Sie rings dem Neckarthal den Gruß!
Den Wiesen frisch zu ihrem Fuß,
Des Neckars klaren, kecken Wogen,
Den grünen Hügeln weinumkränzt,
Den waldesschwarzen Bergesbogen,
Drob morgenfrisch die Wolke glänzt!
Doch von der Minne Himmelssang
In solche Wonnen eingewiegt,
Wird ihr die Seele wieder bang,
Und zag sie sich zu Walther biegt,
Und dankbar fragt ihn ihre Miene,
Ob sie denn auch solch Glück verdiene? –
Und wie er leis die Hand ihr drückt,
In's Aug' ihr schauet tiefbeglückt,
Sie flüsternd seinen Engel heißt,
Und stumm ihr nickt in treuer Minne:
Da meint sie, daß ihr Roß zerrinne,
Sie schweb' ein freier Himmelsgeist
Zum Liebesreich als ew'ger Gast;
Und zu des Vaters Roß sich neigend
Verklärt sie seine Hand erfaßt,
Und blickt gen Himmel selig schweigend,
In kindlichem Gebetessinnen;
Und ihre hellen Thränen rinnen. –

O Amaranth! Darfst jetzt nicht weinen!
Sonst muß mir selbst die Thräne thauen;
Der Himmel ließ mich euch vereinen,
Möcht' nun auch lächelnd dich nur schauen.
Doch nein! o weine du nur, weine!
Dein selig Herz laß übergehn!
Mir geht ja über auch das meine,
Und Thränen mir im Auge stehn.
Du hast mich ja so lang beglückt,
Mir jede Stunde ausgeschmückt,
Hast wie ein Kind an mir gehangen!
Ich hab' mit dir gejauchzt, geklagt,
Hab' von der Liebe dir gesagt,
Bin in's Gebet dir nachgegangen;
Hab' dich belehrt, hab' dich gepflegt;
Ich hab' mein ganzes innres Leben
Dir in dein Kindesherz gelegt,
Hab' all mein Lied dir hingegeben.
Du warst dafür mein stiller Trost,
Hast mir die Thränen weggekost!
Du hast in deinen Kindesfrieden
Die ganze Seele mir verwoben!
Du hast vom ärmlichen Hienieden
Zum reichen Jenseits mich gehoben!
Und nun! Ich fühl's, es ist uns Beiden
Zum Bleiben nimmer Frist gegeben;
Du mußt von deinem Sänger scheiden,
Und mit dir zieht sein halbes Leben! – –

O wäre mir's von Gott beschieden,
Ich dürft' durch alle Länder gehen,
Zu singen von des Glaubens Frieden,
Vom Gottessegen frommer Liebe,
Umhaucht von deiner Seele Wehen,
Von deiner Engelshand geführt –
Gewiß kein Auge trocken bliebe,
Wohin ich trüg' den Sängergang;
Sein Herz von Gott blieb' unberührt,
Und Alle glaubten meinem Sang!

O Amaranth! Nun laß das Sinnen!
Wisch' ab die Zähre! Greif' zum Zügel!
Siehst du dort über'm Waldeshügel
Zum Willkomm hoch das Banner fliegen?
Das wallt von deines Schlosses Zinnen;
Nur um den Berg noch mußt du biegen,
Und traulich aus dem Waldeskranz,
Umspült vom frischen Wogentanz,
Von mächtigen Linden treu bewacht,
Von duft'gen Gründen angelacht,
Stolz ragend in das Thal hinaus,
Wird grüßen dich dein Liebeshaus!

Mein Roß, mein Roß! Was schäumst du so?
Was flammt dein Auge lichterloh?
Was schüttelst wild die Mähne du,
Und wieherst hell der Sonne zu,
Und bäumst dich hoch bei meinem Sporn? –
Ha steh'! Da liegt im Sonnenschein,
O Amaranth! Da liegt dein Schloß! –
Der Wächter stößt vom Thurm in's Horn,
Trompeten schmettern lustig drein;
Mit einem Griff im ganzen Troß
Die Schwerter aus der Scheide springen;
Wie feierlich Schalmeienspiel
In's Thal herab die Glocken klingen.
O Amaranth! Du bräutlich Kind!
Nun jauchze hoch! Du bist am Ziel!
Es füllen sich vom Ingesind
Im Nu ringsum die hohen Warten;
Und siehst du dort die Frau'ngestalt? –
Am Epheuhang neigt aus dem Garten
Sie weit sich vor, ihr Schleier wallt,
Sie winkt dir zu! – Dich zu empfangen
Sind dir mit liebendem Verlangen
Die Arme zitternd zugewandt;
Du sollst ihr treue Tochter sein,
Sieh' deine Mutter, Amaranth!

Mein Kind, mein Kind! Was wird mit dir?
Es webt um dich ein Zauberschein!
Es weicht der Bügel unter mir,
Der Zügel mir in Duft verfliegt!
An deines Walthers Herz geschmiegt
In sel'gem Lächeln du vergehst!
Was ist's, was ist's, mein Geisterroß,
Daß du gebannt und witternd stehst?
Das Thal deckt rings ein blauer Schimmer,
Es weicht der Wald, es stürzt das Schloß,
Die Reiter all' vergehn in Duft,
Mein Geisterroß wird dünn wie Luft,
Und nur die Glocken läuten immer.
Wie Blitz durchzuckt es mir die Glieder,
Und ich schlag' auf die schweren Lider – –

Im duft'gen Grase liegt mein Haupt,
Inmitten eingesunkner Hallen,
Vom Lindenbaume karg umlaubt,
Deß Krone längst der Zeit verfallen.
Wie feierlich ist rings herum!
In Feld und Strom ist alles stumm.
Es rufen durch die Frühlingsflur
Die Lerchen und die Glocken nur.
Vom Morgensonnenstrahl umblinkt
Das goldne Kreuz der Thürme winkt;
Und aus dem Dörflein mir zu Füßen
Die Kirchengänger ziehn am Hag.
Noch leis hör' ich die Orgel grüßen,
Und sie verstummt. 'S ist Feiertag!



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