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Un as hei sinen Koffe drunken hett, geiht hei dörch dat Dörp, un all de lütten Gören lopen achter em her un seggen 'Papa' tau em. Dörchläuchten, wo rührend! – Un nu dat Best: bi all dese glückseligen Taustän'n nicks von Schriweri, nicks ward denn mit de Fedder, allens mit dat lütte Stöckschen besorgt. Dörchläuchten bruken gor nich tau fragen, wenn Sei en Beamten anstellen, wat hei ok schriwen kann, Sei kiken em blot nah de rechte Hand un Arm, laten en lütten Stratenjungen oder en Deinstmäten oder en ollen Daglöhner 'ruppe kamen, un de taukünftige Beamte kann glik sinen Examen doran afleggen. – Dat Kriminalgericht un de Oberkirchenrat känen ingahn, denn hett einer woll dorvon hürt, dat in dat Paradis en Kriminalgericht oder en Oberkirchenrat west is, hett Moses dorvon schrewen? Un en tweiten Paradisgoren ward Meckelnborg denn, 'das wiedererweckte Paradies' oder 'paradisum redivivum'. – De Kammer kann ingahn, denn Domänen warden denn nich mihr verpacht; de Beamten-Patriarchen bewirtschaften denn mit Lichtigkeit, jeder sin Amt, von ehre Stuw ut. – De Regierung kann ingahn, denn dor is jo denn nicks tau regieren, de Patriarchen besorgen dat jo. Ja, Dörchläuchten, sülwst wi Ministers känen ingahn. Sei känen uns pangsionieren laten, dat heit mit uns' vull Gehalt, denn dat wi in so'n Paradis Hunger liden sälen, warden Sei nich verlangen.« – »So?« unnerbrok hir Dörchläuchten ganz spitz den Vördrag von sinen Minister, »un denn künnen Wi sülben ok woll ingahn?« – Dat was 'ne entfahmte Frag' von Dörchläuchten; äwer de Minister was ehr wussen: »So is dat nich meint«, säd hei, »Hoch Sei känen wi gor nich missen, Hoch Sei sünd de Knop up den Büdel, de Hahn up den Kirchtorm; denn wenn in ganz Land Meckelnborg unner dese patriarchalische Wirtschaft alle Dag' Festdag is, möt wi doch ok en Objekt hewwen, wat fiert ward, un dat möten Hoch Sei sin, Dörchläuchten. Hoch Sei warden de Oberpatriarch un laten sick en langen witten Bort stahn, smiten sick alle Morgen in en langen witten Tolor un wandern af un an eins mit en Lurbeerkranz up den Kopp un en langes spansches Ruhr mit en gollen Knop in de Hand dörch Ehr Reich, üm de unschülligen Patriarchenkinner tau erquicken, un nemen den Titel 'pater patriae' an; Hoch Ehre Fru Gemahlin lett sick denn 'mater matriae' nennen – ick weit woll, dat dat slicht Latin is, äwer't rimt sick so schön. – Ne, Dörchläuchten, so was't nich meint, Hoch Sei känen wi nich missen. – Äwer de verfluchten Avkaten, de känen all ingahn. Worüm sälen de Kirls nich in en kindlich patriarchalisches Verhältnis tau de Burmeister-Patriarchen treden? – Ok de Dokters känen taum grötsten Deil ingahn, denn för dat kindliche Volk bruk wi denn kein mihr, dat ward mit sure Melk un Tüften un annern gesunnen Affall upfödd, dat sick dat den Magen nich äwerfüllt; blot för de Patriarchen bruken wi en por von de Ort; äwer dat möten so'n sin, de sick up Unverdaulichkeiten verstahn. – Also, Dörchläuchten...« – Hir unnerbrok em äwer Dörchläuchten wedder: »Minister des Inwärtsigen, halt! Ich werde Ihnen meinen Leibarzt schicken, denn Sie leiden an einer gefährlichen Krankheit, an einer Diarrhöe, an der Mauldiarrhöe, und wenn ich das Ende Ihrer Expektorationen und Explosionen abwarten wollte, so würde aus der ganzen vorhabenden Reise nichts werden. – Wir werden Uns Ihre lieblichen Bilder durch den Kopf und Ihre Vorschläge zu Herzen gehen lassen – mit dem spanischen Rohrstock und dem Titel 'pater patriae' und 'mater matriae' sind Wir noch nicht ganz einverstanden und werden Hochselbst vielleicht in nächster Zeit einige Modifikationen eintreten lassen. Daß patriarchalische Zustände in Unsern Landen eingeführt werden müssen, liegt auf der Hand, und werden Wir Uns fördersamst bei dem alten braven Abraham nach den praktischen Erfolgen dieser genialen Einrichtung erkundigen. – Da Sie aber, Herr Minister des Inwärtsigen, Unser Herz mit schönen landesväterlichen Bildern und kindlich-patriarchalischen Visionen erfüllt haben, so wollen Wir in Unserer Hohen Gnade Uns dankbar beweisen: Sie erhalten das Großkreuz des kleinen Rohrstock-Ordens, am braun un blau gewässerten Bande auf dem Puckel zu tragen, ferner ernenne ich Sie zum Minister des Geistlichen und der Medizinalangelegenheiten mit Trau- und Taufformeln, mit Maulfäule und Klauenseuche, mit Schafpocken und Hebammen. Sollten Sie in Ihrem neuen Dikasterium in irgendwelche tiefe Zweifel verfallen, so wird mein hoher Oberkirchenrat dieselben leicht lösen können. Derselbe ist expreß für geistliche Zweifel angestellt, mengt sich auch in andere Dinge, die ihn nichts angehn. – Und nun, meine Herrn, leben Sie wohl, leben Sie sehr wohl!« – Hei wull nu weg; äwer de Direkter von den Patriotschen Verein tred vör em tau – de Kirl hadd den Hoftakt nich –: »Üm Vergewung, Dörchläuchten, seihn S' en beten nah, wat Abraham de holsteinschen Knicken inführt hett. Ich weit woll, dat Dörchläuchten kein Tid tau so wat hewwen, äwer Sei hewwen jo de Herrn Kammerherrn, de künnen uns woll en beten Nahricht doräwer gewen.« – »Dat seggen Sei woll, Herr Direkter, äwer de Ort is ok grad' nich sihr up de Arbeit un för Schriwen äwerall nich, de is mihr för den Staat – hir verstah mi äwer einer recht, ick mein hir nich em, den Staat; was haben Wir mit dem Staat zu tun? L'Etat c'est moi! Ick mein den Staat. – Wir sind aber jedennoch von Unserm hochseligen Herrn Vater, Japhet XIV., so einfach erzogen worden, daß Wir bei Unserem Lever nur einen Kammerjunker und einen Stiefelknecht gebrauchen. Kammerjunker von Fliegensnäpper, machen Sie sich parat, in 'ner Stunde reisen Wir, und daß Sie mich nicht so dämlich in die Welt hineinkucken, Sie sollen was bemerken. Leben Sie wohl, meine Herrn, die Geschäften werden hoffentlich ohne mich ebensogut gehn.« Dormit gung hei ut de Dör un nah Egypten. »Dunnerwetter!« säd de Direkter von den Patriotschen Verein un lep achter ein her: »Dörchläuchten!« – Je ja, je ja, uns' Dörchläuchtens sünd nich so von ollen Ihrgistern, de gahn up allens glik mit en stiwen Gelenk los, un so was denn nu uns' Dörchläuchten all fläuten gahn, un de Herr Direkter von den Patriotschen Verein stunn baben up den Judenbarg bi Stirnbarg, kek unsern leiwen Landsherrn sine Achtersid an, slog sick vör den Kopp un rep: »Ick bün tworst Direkter, äwer in den Ogenblick stah ick hir as en Hans Narr. Wat! En meckelnbörgschen Kammerjunker sall ut Mesopotamien an uns berichten? – Herr, sei uns in Gnaden gewärtig!«
Nah annerthalben Johr kamm Dörchläuchten wedder nah Meckelnborg taurügg, un as hei sine leiwe Fru »gun Dag« seggt un sick de Pantüffel antreckt hadd, kamm hei in sinen Ministerrat. Ganz ahn allen Hoftakt fohrte nu de dämliche Direkter von den Patriotschen Verein up em in un frog: »Dörchläuchten, hewwen Sei den ollen Abraham seihn?« – »Leider!« säd Dörchläuchten von Meckelnborg, un 'ne rechte, fette, dicke Tran smerte sick so sachten äwer sine nüdliche Back. – »Leider!« säden ok de Herrn Ministers, äwer de Tran kregen sei nich fahrig. – »Worüm denn ümmer 'leider'?« frog de Herr Direkter von den Patriotschen Verein. – »Kammerjunker von Fliegensnäpper, berichten Sie mal, mich wird es zu swer«, säd Dörchläuchten, un von Fliegensnäpper tred vör. Hei sach ganz egyptisch ut, hadd en roden Fez mit blage Quasten up un hadd sick de olle ihrliche blage meckelnbörgsche Jack hin'n un vör mit egyptische Hieroglyphen verzieren laten; ok de Hosen hadden wat afkregen, un up sin kümmerliches Hinnerdeil stunn düdlich tau lesen: »Ich liebe Dich! Deine Semiramis.« – »Meine Herrn«, fung hei an, »wir reisten über Grabow und Parchen, kamen dann in die neueroberten Lande Putlitz und Pritzwalk und dann in bisher unbekannte Gegenden, die augenblicklich noch nicht zu Mecklenburg gehören, bis wir so pöh ah pöh gegen Perleberg herankamen, wo, wie ich bemerkte, unsere Durchlaucht die hohe Gnade hatte, eigenhändig siebzehn Krammetsvögel zu verzehren, benebst einer Assiette mit Apfelmus.« – »Herr von Fliegensnäpper«, fohrte nu unsere fründliche Landsherr tau Höchten, »Sie sünd in meinen durchlauchügsten Augen ein Drähnbartel, haben Sie die Güte und halten Sie Ihr Maul! Wir wollen nicht zum zweiten Mal alle Speisezettel durchessen, denn zu den wiederkäuenden Tieren gehören Wir – gottlob! – noch nicht. Wir werden selbst berichten. – Meine Herrn Ministers, Wir sind glücklich in Mesopotamien angekommen. Mein Freund Abraham nahm Uns in seiner Art recht freundlich auf, und um Uns ein Zeichen seiner großen Hochachtung zu erweisen, jagte er an selbigem Abend sein liebenswürdiges Kebsweib Hagar mit dem kleinen Ismael in die Wüste. Dadurch gewann er sich Unser meckelnburgisches Herz, denn Wir sind durchaus nicht für Kebsweiber. Was? Ein richtiger Meckelnburger und denn Kebsweiber?! – Na, Sara, was seine angetraute Ehefrau war, ging Uns denn nun mit schöne dicke Milch unter die Augen – grob Brot mit Zucker übergestreut, denn sie wußt' es, wo Wir's gewohnt sind. – Als Wir nun gegessen hatten, sagte Abraham zu mir: 'Komm mal en bischen raus!'- Na, ich geh auch: 'Was willst du?' – 'Meinen Sohn Isaak slachten.' – Na, ich denke, das wird bloß so eine wohlriechende Redensart sein, wie meine Herrn Kammerjunkers for gewöhnlich gebrauchen, und geh mit ihm. – Da führt mich dieser alte Judenpapa auf einen hohen Berg hinauf, und da steht ein von gewöhnliche Dannenknüppel aufgebauter Altar. Mein Freund Abraham pust'te unten, daß er ihn in den Brand kriegte, und da nimmt er seinen einzigsten Sohn – en nüdlichen Jungen, hat den Abend vorher auf meinen durchlauchtigsten Knien gesessen – und will ihm den Hals abschneiden. – 'Büst du denn rein verrückt?' segg ick, 'Abraham!' – 'Ad majorem dei gloriam!' röppt hei. – 'Na, dit's en schönen Besäuk!' raup ick un krieg em denn ok glik in de Bost tau faten, 'Isaak', segg ick, 'retürier!', un de oll lütt Jung' was denn ok so klauk un lep den Barg hendal tau Mutter Sara. – Nu weit ick recht gaud, sei hewwen nahsten seggt, dor wir en Buck kamen; dat's äwer nich wohr, de Buck was ick. – Ick säd tau Abrahammen die bemerkenswerten Worte: 'Büst du denn rein verrückt?!' – Hei schämte sick denn ok un slog in sick; un de Tran, de mi vörhen so sachten de Back dal lep, rohrte ick wegen de ogenblickliche Geistesverwirrung, de äwer em kamen was, denn nahsten was hei ganz verstännig un wis'te mi sin Veih un sine Weidwirtschaft; äwer sine ganze Inrichtung paßt nich för Unsere Lande. – Koppelwirtschaft un Knicken hett hei nich – denn bi em geiht Gottswurd äwerall. Dat sall äwer nich in minen Staaten äwerall gahn, un wat uns' Herrgott Slichtes inricht't hett, sall nich äwer Unsere Grenzen laten warden, un deßwegen grad' hewwen Wi Unsern hohen Oberkirchenrat inset't, dat hei'ne passende Utwahl von de göttlichen Gesetzen un Gotteswurd utfünnig makt, so as sei för Unser Land passen deiht.« – »Äwer, Dörchläuchten«, rep hir de dämliche Direkter von den Patriotschen Verein, »Gottswurd möt doch äwerall gellen.« – »Herr Direktor«, säd Dörchläuchten Japhet XV. un red'te en Wurd Hochdütsch mit den Mann, »daraus ersehe ich Ihren Unverstand. Sie sind doch auch mecklenburgischer Gutsbesitzer, wie würde es Ihnen gefallen, wenn Gottswort überall ginge, wenn Ihr Nachbar seine Schafe in Ihren Weizen jagte oder wenn Sie alle Armenverordnungen aus dem Alten und Neuen Testament auf Ihrem Gute einführen wollten? Kriegten Sie dann wohl die Hand aus dem Geldbeutel heraus?' – »Ne«, repen de Herrn Ministers hir alltausamen, »dat Slichte von Gottswurd känen wi bi uns unmöglich inführen.«Männigein, namentlich de framen Gemäuter, ward hir seggen, so'n nämlichen Snack hadd Dörchläuchten un sine Ministers nich seggen künnt. – Ick acht un ihr so'ne frame Meinung, un doch möt ick seggen, dat ick an de richtige Vertellung von den seligen Eddelmann glöw. Denn worüm? – De Sak is nahsten noch einmal passiert, un dat was nich so von ungefihr mit so'n profanen dörchläuchtigsten Herrn; de Sak was mit einen aberheiligsten Kunsterjalrat, nämlich so: Tau den ollen Friedrich Franz I. sine gesegneten Tiden lewte in Meckelnborg en gottseligen Preister mit Namen von Amsberg, de hadd mit sine Vokation as Preister noch allerlei ridderliche Tugenden in sin Amt 'räwer nahmen, vör allen de Häunerjagd. Un as hei nu eines Dags dit ridderliche Geschäft besorgen will, kamen em des Sünnabendsnahmiddag den Kirchstieg entlang sine Bichtkinner ut sinen Filial entgegen un seggen tau em: »Herr Pastur, wo ward 't äwer nu? Wi sälen jo tau Bicht kamen.« – »Kinder«, seggt hei, .die Erde ist allenthalben, kamt, set't jug hir in den Graben!« Un sei set'ten sick dal, un hei verhürt ehr dor de Bicht. – Na, so wat kunn jo nu denn doch nich gahn; en frame Amtsbrauder makte denn ok furtsen de heimliche Anzeig' bi dat Kunsistorium, un de Herr Pastur würd wegen sin grugliches Verbreken vörkregen. Na, hei verdeffendiert sick so gaud, as hei kunn, un säd, uns' Herr Christus hadd dat ebenso makt, de hadd ok up frien Fell'n un up de Barg un in de Grün'n predigt. Dunn tred äwer, wat de Öbberste was, de Herr Oberkunsterjalrat Peiter von Kastner vör un säd: »Herr Pastor, was unser Herr Christus Gutes getan hat, sollen wir nachahmen; aber was unser Herr Christus Übels getan hat, sollen wir nicht nachahmen.« – Un de Paster von Amsberg sprung ut de Dör un rep: »Bin ich hier unter Heiden, oder stehe ich vor einem christlichen Konsistorium?« Un dormit was de Unnersäukung tau En'n; äwer de oll Großherzog Friedrich Franz hadd dat tau weiten kregen, un as hei eins Dags vör sinen Speigel stunn, dat hei sick balbieren wull, un Peiter von Kastner, de Oberkunsterjalrat, sick bi em anmellen let un intred, dreihte hei sick üm un wis'te em sin schönes, mit Sepschum insmertes Gesicht, böhrte den Finger vör ein tau Höcht un säd: »Petrus! Petrus! Du hast deinen Herrn verleugnet!« – »Also«, säd Dörchläuchten wider, »mit den Einrichtungen und mit den patriarchalischen Zuständen, wie sie unser Herrgott für Abrahammen eingerichtet hat, ist es nichts; dabei is weder Unsere spezielle mecklenburgische Verfassung noch Unser Oberkirchenrat zu Rate gezogen. Wir lassen also dieses ideale und hochpoetische Patriarchentum in Mesopotamien gänzlich fallen und wenden Uns nach Ägypten. Das ist ein anderer Schnack, da steht man auf realem Boden. – Wir verordnen also: 1. Der Dynastienkram von Ägypten wird in Unser durchlaucht Haus eingeführt – nähere Bestimmungen darüber werden demnächst folgen. 2. Die Bevölkerung des Landes wird in Kasten eingeteilt, die Priesterkaste ist die erste, die Ritterkaste die zweite, und bei der ferneren Einteilung kann man die mecklenburgische Rangordnung zu Rate ziehen. 3. Es wird eine Pyramide gebaut, in welcher der Oberkirchenrat seine geheimen Sitzungen hält; bei Todesstrafe ist es verboten, ihn darin zu stören oder seinen Geheimnissen auf den Grund zu kommen. – Herr Hofmarschall, lassen Sie die sämtlichen Kammerherrn und Kammerjunker und alle Lakaien zusammenkommen, sie sollen das kleine Tannenwäldchen drüben über den Bach eng umstellen, damit Wir nicht gestört werden, denn Wir denken Uns dahin zurückzuziehen, um über die Dynastien nachzudenken.«