Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen - Zweiter Band
Johann Kaspar Riesbeck

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XVII. Brief.

Antwort auf den vorhergehenden.

Nichts ist leichter, als Ihr Gebäude, auf das Sie sich so viel zu gute thun, mit Einemmal niederzureissen und dem Erdboden gleich zu machen. Das sage ich Ihnen unverholen im Anfang meiner Antwort, weil Sie Ihren Brief damit beschlossen. Sie würden sich dißmal nicht so bald abfertigen lassen. Bälder, als sonst, lieber Freund, so wenig ich Ihnen bisher schuldig geblieben bin: denn wenn ich nicht gewiß wäre, – ich sage es Ihnen redlich, – daß Sie keinen Spaß mit mir treiben wollten, so hielte ich Ihr leztes Schreiben gröstentheils für Satyre. Was hat Sie für ein Zauberlicht irre geführt, daß Sie mir mit dem Machiavel aufgezogen kommen? Der Kerl ist ein Spötter. Er würde vor Lachen bersten, wenn er wüßte, daß Sie seine Schwänke, womit er die Plusmacher an den Höfen, deren Hauptgeschäft ist, den Fürsten sammt den Unterthanen zu ruiniren, herumgeführt hat, für Ernst aufgenommen hätten. Die Mönche und die Geistlichkeit überhaupt wird es Ihnen gewiß nicht danken, daß Sie so rund heraus eingestehen, Armuth, oder wenigstens mittelmäßiges Auskommen der Unterthanen sey die Frucht der Mönche und Klöster, und diesen müßen also die Regenten katholischer Staaten verbunden seyn, weil durch jenes die bürgerliche Glückseeligkeit befördert werde, indem ein armes Volk bottmäßiger und demüthiger sey, als ein reiches. Ich denke, man könne den Schluß gerade umkehren. Je ärmer ein Volk ist, desto weniger hat es bey Aufruhren und Meutereyen zu verlieren. Davon könnte ich Ihnen Beweise genug aus der Geschichte geben. Wissen Sie nicht, daß sich die Anführer der Niederländer, die sich der Spanischen Oberherrschaft entzogen, Bettler nannten? Was war der berüchtigte Tomaso Aniello in Neapel, der im vorigen Jahrhundert eine so gefährliche Rebellion anstiftete, als ein armer Fischer? Und wer hängte sich an ihn, als die Grundsuppe dieser großen Stadt, nämlich eben so arme und noch ärmere Leute, als er selbst, die sich durch schwere Auflagen, denen der leichtfertige Finanzrath Machiavel ein so großes Gewicht zur Beförderung der Demuth, und folglich, seiner Meynung nach, auch zur Glückseeligkeit der Bürgereines Landes beylegt, zur Verzweiflung getrieben sahen? Sagen Sie mir nichts mehr von England, wo das Volk um seines Reichthums willen wild und trozig sey. Es ist doch die glückseeligste Provinz auf dem Erdboden, und das, seitdem es aufgehört hat, Römischkatholisch zu seyn, und Mönche zu haben. Die goldnen Zeiten dieses Reichs waren die Tage der Regierung der Elisabeth, die der Maria, dieser Verfolgerinn alles dessen, was sich nicht von Rom herschrieb, auf dem Thron folgte. Das Glück der Nation fieng wieder an zu wanken, da der Mönchische Jacob II. den man selbst in dem katholischen Frankreich darüber verspottete, daß er 3. schöne Königreiche einer Messe aufgeopfert hätte, zur Regierung kam. Aber das Blatt wendete sich zum Besten der Engländer durch die kühne Unternehmung Wilhelms III. und seit dieser Zeit ist es das um seines Reichthums und Wohlstands willen beneidenswürdigste Volk in Europa. Lassen Sie den König immer verdrießliche Dinge erfahren. Er ist doch Herr über freye und wohlhabende Unterthanen, und nicht über Sklaven und Bettler. Den Trotz ist man bald gewohnt. Man achtet ihn nicht mehr, und ist stolz darauf, Bürger zur egieren, die nicht so niederträchtig sind, ihren König für mehr, als einen Menschen zu halten. Ein Gewisser pflegte zu sagen, er habe, auf seinen Reisen, wenn er allemal wieder in ein anderes Land gekommen sey, ohne Mühe gleich sehen können, ob die Unterthanen einer glücklichen Regierung genießen; oder ob sie unter einem harten Joch schmachten. Wenn er einen Bauren auf der Strasse gefragt habe, wo der Weg hingehe, und dieser habe mit den demüthigsten Geberden, und mit entblößtem Haupt ihm den Weg stundenlang gewiesen, so habe er den richtigen Schluß gemacht, daß0 er in einem sehr verarmten Land reise. Habe aber der Bauer, ohne den Hut mit dem Finger zu berühren, ihm auf die Frage, welches der rechte Weg sey, kurzweg geantwortet, er solle der Nase nach reisen: so habe er das für den sichersten Beweis gehalten, daß er es mit dem Einwohner eines blühenden und beglückten Staats zu thun habe. So ist es! Hätten Sie mir doch nur auch die Stelle aus ihrem liegen Maria Machiavel angeführt, wo er sagt: In den Ländern der Geistlichen sey der Unterthan so demüthig, daß man so wohl in den Hauptstädten, als auf dem Lande, keinen Schritt thun könne, ohne von Bettlern angefochten zu werden! Traurige Demuth, die die bittere Armuth zur Grundlage hat! Das Wort ist zu gut, als daß es einen Gemüthszustand bezeichnen sollte, der im Grund nichts ist, als Niederträchtigkeit. Diesen Misbrauch mögen Sie bey den Philosophen verantworten, die Sie belehren werden, was für ein großer Unterschied zwischen der Demuth und Niederträchtigkeit sey. Wenn das eines von den vornehmsten Verdiensten der Mönche und Klöster ist – und darinnen bin ich mit Ihnen ganz einig – daß sie den Leuten zur Armuth helfen, so sind sie ja wahrlich nicht besser, als Julian der Abtrünnige, der mit der Schrift Spott trieb, den Christen alles nahm und sagte, es heiße ja in der Bibel: selig sind die Armen, denn das Himmelreich ist ihr. Selbst arm wollen die Mönche nicht seyn, wenn sie schon das Gelübde der Armuth gethan haben; sondern nur arm scheinen um desto bequemer von den Allmosen leben zu können. Vermuthlich glauben Sie also, ihrem Gelübde desto eher Genüge zu thun, wenn sie auch zu der Armuth anderer das ihrige beytragen. Genug von diesem Gegenstand! Die Sache ist zu klar, als das es der Mühe werth wäre, lange darüber zu disputiren. Wenn Sie behaupten, oder nur eingestehen, die Mönche und Klöster helfen ganze Länder arm machen; so gestehen Sie zugleich ein, daß man diese Nation unverzüglich von dem Erdboden vertilgen sollte. Für diese Folge müßen Sie haften, Sie mögen wollen, oder nicht;und dann sind wir bald einig. – –

Mit Ihrer Erklärung, wessen Sie sich zu unserm Allerdurchlauchtigsten Kaiser un diesen bedenklichen Zeitläuften versehen, bin ich vollkommen zufrieden. Sie sind dißfalls ganz auf dem rechten Wege. Beruhigen Sie sich nun auch über die Begebenheit mit dem Camaldulenser Kloster in Mauerbach – Sie haben mir ja selbst in Ihrem Brief einen Fingerzeig gegeben, wie man davon denken, und sich bescheiden solle; und nichts besseres thun könne, als bey manchen Handlungen der Fürsten die Hand auf den Mund zu legen und seine Unwissenheit bekennen. Ungerecht und irreligiös kann nicht seyn, was der Kaiser Joseph thut, noch so auffallend ist: denn er ist der Beschützer der Kirche; und Menschenliebe und Gerechtigkeit sind die Hauptzüge in seinem majestätischen Bilde. Die Patres in jenem Kloster wird er gewiß versorgen, daß sie nichts zu klagen haben. – Und daß die großen Einkünfte desselben zu einem Findelhause sollen bestimmt werden, – was kann menschenfreundlicher seyn? Dem Kindermord vorbeugen, so manche unschuldige Schlachtopfer beym Leben erhalten, und dem Staat so viele brauchbare Mitglieder erziehen, die sonst vielleicht in Lastern, zum Verderben des menschlichen Geschlechts, ihre Tage zugebracht hätten, – sollte das nicht verdienen, eine vortrefliche Anwendung großer Einkünfte genannt zu werden? Aber das Gebäude selbst, ein bisher so heiliges Haus, zu einer RitterCaserne? Das ist nicht halb so arg, als man beym ersten Anblick meint. Was die Mönche im Geistlichen sind, das sind die Soldaten und Officiere im Leiblichen. Man muß beyde haben. Jene zur Beschützung der Kirche und Religion; diese zum Schutz des Staats. Es gibt bey weitem nicht so viele Kasernen, als Klöster. Was schadets, wenn von tausenden Eines, besonders, wenn man so wichtige Gründe dazu hat, wie in diesem Fall Joseph, eine andere Bestimmung bekommt, als Einwohner zu ernähren, die nichts thun, als Breviere beten, und horas singen? Kriegsgeräthe, Fahnen und Standarten, Paucken und Trommeln, Pfeiffen und Trompeten, werden nun über dem Portal der RitterCaserne eine eben so gute Figur machen, als ein Kreuz, oder das Bild eines heiligen über der Thüre des Klosters. Geben Sie sich hierüber zur Ruhe. Die Zeit wird lehren, daß manche Verfügungen, über die man jetzt in die bittersten Klagen ausbricht, gerecht, heilsam, und wohlthätig gewesen sind. Ich wünschte, daß ich eben so über das, was von dem Schicksal der CistercienserMönche in Frankreich in den öffentlichen Nachrichten gesagt wird, urtheilen könnte. Dieser Handel ist bedenklicher. Man ist geständig, daß es darauf angesehen sey, die Königlichen Einkünfte zu vermehren. Bekanntlich sind diese Mönche nicht von den Aermsten, und der FinanzMinister in Paris, dessen Wahlspruch ist und seyn muß; Bring her, bring her, wird sich nicht säumen, dem Herrn von Tolosan das ihm einzureichende Verzeichniß der Einkünfte dieser OrdensGeistlichen in Bälde abzufordern, um bey seinem Geschäft davon Gebrauch zumachen. Ich zweifle, ob Vorstellungen von Seiten der Mönche, oder gar des Pabstes selbst, etwas helfen werden. Sie sollen sich ja vorsehen, nicht zu heftig zu seyn, und lieber in der Güte hergeben, was man verlangt, und was sie entbehren können; als es auf Gewalt ankommen zu lassen. In jenem Fall könnte es noch erträglich ablaufen; da in diesem es leicht mit ihnen dahin kommen könnte, wohin es mit dem JesuiterOrden gekommen ist. Sie wissen ohnehin aus der Geschichte von Frankreich, was sich ehemal mit dem Orden der Tempelherren zugetragen hat. Wie mächtig war dieser, und wie bald war es um ihn geschehen! Wahr ists, wenn ihr Satz seine vollkommene Richtigkeit hätte, daß die Klöster ihre Güter bona fide & iusto titulo besitzen, so wäre es nicht fein, die Hände daran zu legen. Aber an jenem zweifelt man eben heutiges Tages an den Höfen sehr stark; und es sollte vermuthlich den Mönchen eine Aufgabe seyn, darüber sie sich die Köpfe gewaltig zerbrechen würden, wenn man ihnen zumuthen wollte, rechtskräftige Deduktionen der Welt vorzulegen, auf was Weise sie zu diesen und jenen Besitzungen gekommen seyen. Und ich sehe nicht, wie man den Fürsten die Befugniß, dieses zu fordern, absprechen will. Mein Rath wäre demnach, die Cistercienser Mönche in Frankreich sollten gutwillig und ohne Rückhalt angeben und bekennen, was man von ihnen zu wissen begehrt; und da der Hof ganz gewiß nicht deßwegen nach den Einkünften dieser Herren fragt, um sie bloß zu wissen: so sollten sie sich voraus zu einem ansehnlichen Don gratuit, nach dem Muster der Französischen Geistlichkeit, die schon mehrmal darinn eine Probe ihrer tiefen Devotion gegen dem König abgelegt hat, verstehen, und ein kleineres Uebel einem größeren vorziehen. Sie zeihen mich unfehlbar einer heimlichen Schadenfreude über alle diese Unfälle, die so mit Macht über die guten Mönche hereinbrechen. Daß ich darüber betrübt wäre, könnte ich freylich nicht sagen; wüßte aber auch nicht, warum ich darüber betrübt seyn sollte. Daß es Ihnen Kummer macht, bedaure ich; am allermeisten aber, daß Sie sich mit so vergeblichen Hofnungen aufhalten mögen, daß die Umstände dieser Leute sich, ehe man sichs versehe, bessern können. Und warum? – Risum teneatis, amici – der König von Preußen werde sich ihrer annehmen, wie er sich bey Ganganelli der Jesuiten angenommen habe.Der Jesuiten angenommen – s. Fußnote im 16. Brief Er wird sie doch nicht gar in seine Staaten aufnehmen, wenn sie etwa aus den katholischen Provinzen sollten verbannt werden? – Nein, so weit treibt Friedrich die Toleranz nicht. Ich wollte Ihnen wohl sagen, was der Grund seiner Fürbitte für die Väter der Gesellschaft Jesu war. Nicht, als ob er sie so besonders liebgewonnen und hochgeachtet hätte; sie waren ja in den Augen ihrer Glaubensbrüder selbst keine liebens= und hochachtungswürdige Leute – Der König von Portugall und die Bourbonischen Höfe gaben ihnen ganz andere Namen – Sondern Friedrich wollte entweder etwas sonderbares thun – das war es auch würklich – oder es war ihm nicht gleichgültig, daß die katholischen Mächte die Schätze dieser Gesellschaft zur Hand bekamen, und ihre Reichthümer damit vermehrten; oder – doch ich will mir nicht herausnehmen, die die Ursachen von allem, was dieser, nach dem Zeugniß aller Unpartheischen, scharfsinnige und staatskundige König thut, auszuforschen – Genug! dafür stehe ich Ihnen, daß er ruhig zusehen würde, wenn der Pabst in einer einzigen Bulle aller Mönchsorden in der katholischen Welt aufhübe, und wenn alle Klöster in Zucht=Arbeits und Findelhäuser, und in Casernen umgeschaffen würden. Er duldet sie zwar in seinen Staaten, weil er theils, vermög der Friedensschlüsse und Verträge, sie dulden muß; theils aber auch, weil sie ihm zu gewißen Zeiten treflich zu statten kommen: Z. E. wenn bey den im deutschen Reich noch immer fortwährenden Religionsbeschwerden etwa Repressalien zu gebrauchen sind. Ausserdem aber dürfen Sie ja nicht glauben, daß er die Mönche, über die er zu gebieten hat, zu weit um sich greifen lasse. Dulcis mediocritas ist die goldene Regel, nach der er will, daß sie sich halten sollen; und an dem Satz, den Sie in Ihrem letzten Brief aufgestellt haben, daß die Mönche, weil sie das Volk am Reichwerden hindern, zur Demuth der Unterthanen, und also zu ihrer Glückseligkeit viel beytragen, würde er ungemein viel auszusetzen haben. Halten Sie mich doch aber ja bey Leibe für keinen Protestanten, weil ich so viel zum Vortheil des Königs von Preußen sage – Wo ich Gutes finde, mißkenne ichs nicht, und sollte ichs bey dem abscheulichsten Ketzer, und bey dem abgesagtesten Feind unserer Mutter, der katholischen Kirche, antreffen. Wo mir hingegen etwas mißfällt, da scheue ich mich auch keinen Augenblick, zu sagen, was ich auf dem herzen habe, und sollte es Patriarchen und Kardinäle angehen. Es ist noch nicht 2. Stunden, daß ich die Briefe aus dem Noviziat wieder durchgelesen habe. Die ganze Schrift ist ärgerlich; nicht, als ob ich den Verfasser tadeln wollte, der meines Erachtens wohl gethan hat, den Mönchen die Larve abzuziehen, und sie der Welt in ihrer abscheulichen Blöße darzustellen; sondern um ihres Innhalts willen, der, leider! nur allzuwahr ist. Glauben Sie sicher, ich wollte auch Beyträge dazu liefern, worüber manche, die meinen, ihre Klöster, und was darinnen vorgeht, seyen für jedermann die grösten und undurchdringlichsten Geheimnisse, erschreckenwürden. Nichts aber ist mir in jenen Briefen auffallender gewesen, als was der Verfasser von der Art, die Kulpa zu sagen, anführt. Der gesunde Menschenverstand empört sich dawider, und wenn man nun eine Seite gelesen hat, so kann man sich des heftigsten Unwillens nicht erwehren. Das sind Anstalten, um Dummköpfe und Hornvieh aus vernünftigen Menschen zumachen, und keine Leute, die das Salz der Erde seyn sollen. Gestehen Sie mir aufrichtig, kann etwas tolleres seyn, als dergleichen Dinge zu Verbrechen machen, über denen man sich auf das jämmerlichstevon einem Sittenmeister, der keinen Funken Verstand und Menschenliebe hat, abkanzeln lassen muß? Z. E. um eine Sylbe im Chor zu frühe oder zu spät anfangen, oder aufhören; ein Bildgen aus dem Brevier auf den Boden fallen lassen; mit dem Schuh ein Geräusch machen, daß es die Nächststehenden hören können; beym öffentlichen Lesen ein Wort wider den rechten Gebrauch lang oder kurz aussprechen; einen Brocken Brod auf den Boden fallen lassen; Streusand umschütten; oder gar zum Fenster hinaussehen. Das sind die Verbrechen, über deren Folgen einem armen Novizen, wenn er nur Einmal die traurige Erfahrung davon gemacht hat, die Haare zu Berge stehen müßen. Alsbald, wenn er sich des geringsten Frevels von dieser Art bewußt ist, ist er verbunden, sich vor dem Magister zu stellen, nieder zu knien, und sich der Länge nach auf das Angesicht auf den Boden zu legen. Nun wird das Gericht gehalten,und die pöpelhaftesten Schimpfwörter werden, wenn er sich auf die Donnerstimme des Magisters wieder von dem Boden erhoben hat, schaalenweise über den armen Sünder ausgegossen. Besehen Sie ein solches Verfahren, wo Sie wollen, Sie werden die baare Unvernunft darinn finden. Keine Dorfschulmeister kann seine Bauernjungen wegen ihrer Vergehungen unedler und niederträchtiger behandeln, als ein solcher KlosterPedant, der werth wäre, zu der Bedienung eines Schweinhirten herabgewürdiget zu werden, (für diese Gattung von Geschöpfen taugt ein solcher Ton besser, als für unsterbliche Seelen) anstatt die Aufsicht über das Betragen künftiger Ordensgeistlichen haben, und sie zur Ordnung, Reinlichkeit, und Pünktlichkeit in allem ihrem Thun und Lassen angewöhnen zu können. Diese Art, mit jungen Leuten umzugehen, läßt sich schlechterdings nicht entschuldigen. Edle Gemüther müßen darüber aufgebracht werden, man müßte dann eben so schlechte Begriffe von ihnen haben, als von ihrem SittenRichter; oder, wenn sie dergleichen Püffe geduldig aushalten oder auszuhalten scheinen, so freuen sie sich im Geist auf den Zeitpunkt, da sie dereinst die Befugniß bekommen, die ihnen untergebenen Novizen ihre schwere Hand nach eben dieser Methode empfinden zu lassen. Saubere Bildung jugendlicher Herzen! Danken Sie Gott nochmal und alle Tage mehr, daß Ihr guter Xaver vor einem solchen Tollhause das Kreuz macht, und danken Sie mirs, daß ich durch die Uebersendung der Briefe aus dem Noviziat an Sie, dazu geholfen habe, Ihnen und Ihrer lieben Frau die Augen zu öffnen. Ein solches Traktament wäre für seinen lebhaften Geist nicht gewesen. Er wäre vielleicht gar dem Magister in die Haare gekommen. Was für grimmige Auftritte auf eine solche Kulpa erfolgt wären, können Sie selbst erachten, wenn eine fast unerhörbare Bewegung mit dem Fuß, die sich ein Novize zur unrechten Zeit zu Schulden kommen läßt, für einen großen Frevel gelten muß. Ich wünschte Joseph mit dem Ohr an der Thüre, um die zeit, da ein unsinniger Magister einen solchen armen Verbrecher in der Arbeit hat! Was meinen Sie, würde der erleuchtete Menschenfreund sagen? Wie wenig würde ihn das Exempel reuen, das er an den CamaldulenserMönchen in Mauerbach statuirt hat! Wahrhaftig, lieber alle Klöster niedergerissen, oder in Zuchthäuser verwandelt, als dergleichen Unsinn länger geduldet!

Setzen Sie noch zu diesem das Cilicium, das ein vortrefliches Mittel zur Abtödtung des Fleisches zu seyn scheinet, so, daß alle, die es je nur eine Stunde lang auf dem Leib getragen haben, vor allen Anfechtungen der bösen Lüste auf ewig sicher seyn sollten. Sie wissen aus den Briefen aus dem Noviziat, was es ist. Spitzige Eisen rings um den Leib herum, die, so bald man sich nur ein wenig rührt, einen Kützel verursachen, bey dem auch dem gröbsten TirolerBauren das Lachen vergehen würde. Ob es zur würklichen moralischen Besserung etwas, oder nichts beytrage, darüber wollen wir nun nicht mit einander streiten. Sie würden mich in die Ketzerrolle setzen, wenn ich die Frage verneinte. Aber daß es das Fleisch nicht abtödtet, sondern vielmehr gar den Versuchungen zur Unkeuschheit aufhilft, darüber lassen sie sich von dem ehrlichen Pfarrer in den Mönchsbriefen belehren, der es offenherzig eingesteht, daß er in den bösen Stündlein, da er sich jener Anfechtungen kaum mehr zu erwehren gewußt, zu dem Cilicium, als zu dem ohne Zweifel bewährtesten Mittel, seine Zuflucht genommen; aber denken Sie – aus [das] Uebel ärger gemacht habe. Wer will es Ketzern und Laien übel nehmen, wenn sie auf die Gedanken gerathen, eben um das Letztere seye es den Mönchen zu thun. Ihr Fleisch möchten sie ganz und gar nicht abtödten lassen; hingegen Reizungen zur Unkeuschheit seyen ihnen willkommen; und diese finden sie gerade in einer Sache, die die Welt bisher auf der einen Seite für das zuverläßigste Mittel, die Keuschheit zu erhalten, und auf der andern für den klarsten Beweis, daß diese Tugend in den Klöstern zu Hause sey, gehalten habe. Auf den Einwurf: daß gleichwohl das Cilicium etwas Peinigendes seye, und man daraus sehen könne, daß es in den Klöstern nicht so paradiesisch zugehe, sondern vielmehr eine äußerst strenge, und nur Leuten, die es in der Verläugnung der Sinnlichkeit recht weit gebracht haben, leidliche Zucht in denselben vorwalte, mag ich mich gar nicht einlassen. Die Mönche wissen sich durch andere Dinge, die der Sinnlichkeit schmeicheln, reichlich schadlos zu halten. Und auf das Schmerzhafte des Cilicium lassen Sie sich den rechtschaffenen Mann in den Mönchsbriefen antworten, der mit seinem eigenen Exempel beweißt,Exempel – Zwölfter Brief der Mönchsbriefe daß die schmerzhaftesten und beschwerlichsten Dinge endlich zur Gewohnheit werden, und würklich aufhören, das zu seyn, was sie im Anfang gewesen sind. Durfte jener Sagen: die Jesuiten seyen in der That und Wahrheit von der Gesellschaft Jesu; denn der Mittler seye in seinem Leben mit Zöllnern und Sündern, das ist, mit den grösten Verbrechern, umgegangen; in seinem Tode aber, da er zwischen zween Schächern gekreuziget worden, auch in der Gesellschaft schlimmer Leute gewesen; so werden mir die Mönche nicht übel nehmen, wenn ich den Satz, daß auch das Beschwerlichste und Schmerzhafteste endlich zur Gewohnheit werden könne, aus dem Beyspiel der Jauner und Spitzbuben erläutere. Man weiß, daß man bey diesen Leuten mehrmal mit der Folter nichts ausrichten kann. Von ihrer zarten Kindheit an werden sie von ihren theuren Eltern durch allerhand Operationen an Füßen und Händen, so an Schmerzen und Biegsamkeit gewöhnt, daß, wenn sie zu Jahren gekommen sind, und das löbliche Handwerk der ihrigen treiben, bey sich ereignenden Gelegenheiten aber der Justiz heimfallen, der Scharfrichter mit aller seiner Kunst zu foltern, an ihnen zu schanden wird. Das Cilicium ist noch lange keine Folter. Kann mans bei dieser zu einer Fühllosigkeit bringen, über die Obrigkeiten und Nachrichter erstaunen müßen; warum nicht auch bey jenem? So ists auch mit der Geißlung. Die guten Leute werden nicht so mörderisch zuhauen, besonders da keine Commißairs dabey sind, die die Anzahl und die Heftigkeit der Streiche urkundlich beobachten müßen. Und wenn es noch so ernstlich bey dieser execution zugienge, so wäre es erst nichts als Verdienst und Bezahlung für manches, wofür die Mönche hoffentlich, wenn sie ehrlich seyn wollen – das zu seyn wäre aber von den allermeisten zu viel gefordert – keine Belohnung erwarten werden. Mit nichts bin ich so sehr zufrieden, als mit den 3. Stücken, die zu einem braven Novitzen erfordert werden. Traun Sie mir aber nicht zu wohl. Sie werden mich doch verstehen? Es heißt: ein guter Novize müße seyn, wie ein Kind; wie ein Narr; und wie ein Stock im Winkel. Gut gesagt! Die Ehre aber, das alles zu seyn, überlasse ich den Mönchen von Herzen gerne. Es ist ihrem ganzen Charakter von innen und aussen vollkommen gemäß. Sie sind würklich wie die Kinder; nur nicht in dem Verstand, in dem es Christus, unser Herr, im Evangelo von allen Menschen fordert, das ist, gerade, aufrichtig, ohne Verstellung und Intriguen, demüthig, unschuldig. Eigenschaften, die man bey jedermann eher, als bey den Mönchen, antrift. Ihre Verstellung übrertrift alles, was man bey dem abgefeimtesten Hofmann suchen kann. In jenen Zeiten, da sie noch mehr Zutritt an den Höfen hatten, wußte man sich ihrer bey Gelegenheiten, wo es auf recht ausgesuchte Streiche ankam, meisterlich zu bedienen. An den verzweifeltsten Cabalen sind sie unerschöpflich. Im täglichen Umgang, die sie untereinander selbst, und mit andern Leuten haben, darf man nur, um hinter die wahre Gesinnung ihres Herzens zu kommen, allemal das Gegentheil von dem glauben, was sie sagen. Das ist ja Aufrichtigkeit. Daß sie demüthig wären, sollte man für bekannt annehmen dürfen. Ihre Kleidung, ihre Mienen, ihr ganzes Exterieur scheint Bürge dafür zu seyn. Leute, die das Gelübde der Armuth und des Gehorsams abgelegt, und auf alle weltliche Hoheit und Würde Verzicht gethan haben, die allem Gepränge von ganzem Herzen feind sind, die sich mit lauter Werken der Liebe und der Barmherzigkeit an den ärmsten, kränksten und von jedermann verlassenen Menschen beschäftigen, müßen ja demüthig seyn? Sie sollten, – Aber Sie wissen ja das Sprüchwort: Ein zerrissener Mantel deckt oft den grösten Stolz. Das ist der Fall bey den Mönchen. Sie sind stolz auf ihre Armuth, die noch dazu, wie ich Ihnen schon bewiesen habe, nur vorgeblich ist: stolz darauf, daß sie viel verläugnen, wie sie sagen, und ein kümmerliches Leben führen, da sie es doch weit besser haben, als andere Leute, die sich mit Sorgen der Nahrung und Berathung ihrer Familie schleppen müßen: stolz auf ihre Keuschheit, die doch oft, wie Sie aus den MönchsBriefen wissen, gar nicht weit her ist: stolz auf ihren ununterbrochenen Gottesdienst im Beten, Singen, und dergleichen; gerade, als ob niemand Gott diente, der seinen Hals in der Kirche nicht heischer schreyt, und ein Gebet aus seinem Brevier nach dem andern, ohne Andacht, ja ohne Sinnen und Gedanken, hermurmelt. Ist das Demuth, wenn diese Leute sich groß dabey dünken, daß sie eine Kutte tragen, da sie eine große Figur, ihrer Aussage nach in der Welt hätten machen können, wenn sie nicht ins Kloster gegangen wären? Ich kann Ihnen das mit einem Beyspiel erhärten.

In einem Kapuzinerkloster in F. Hatte ich einsmals Verrichtungen. Ich ließ mir solches zeigen, und wurde von einem Pater herumgeführt, der einem gemästeten Ochsen ähnlicher sah, als einem Mönchen, der zu schmaler Kost verdammt ist. Er merkte mir seinen Verwunderung über sein unmönchisches Aussehen an, und, nachdem er mich mit heillosem Geschwätz von den Vorzügen des Kapuzinerordens lang genug hingehalten hatte, sagte er endlich: Ich würde wohl nicht errathen, was ich an ihm für einen Mann vor mir hätte. Einen Kapuziner, antwortete ich, wie ich aus seinem Habit und aus dem Ort seines Aufenthalts schließen müßte. Dadurch hielt er sich für beleidigt, welches mich seine Miene deutlich errathen ließ, so wenig ich mich offenbarlich durch diese meine Antwort versündigt hatte. Einen ehemaligen ObristLeutnant sehen Sie hier, daß Sie es wissen, versetzte er, den gewiße wichtige Ursachen, die sich jetzt nicht sagen lassen, zu dem Entschluß, den Degen mit der Kutte zu verwechseln, gebracht haben. Wundern Sie sich nicht, fuhr er fort, über diesen Schritt. Ich habe das Glück gehabt, einmal in der Person eines alten, unansehnlichen, zusammengerunzelten Kapuziners einen Erzbischoff von Toledo, KapuzinerOrdensGeneral, Kardinal und Grand von Spanien von der ersten Klasse zu sehen, dem der König selbst Ehrfurcht bezeugte. Ich darf mich also meines Entschlusses nicht schämen, und Sie, setzte er hinzu, werden sich nun hoffentlich in Zukunft ganz andere Begriffe von diesen Ordensgeistlichen machen, als Sie sich vielleicht bisher von ihnen gemacht haben. Das alles sagte er mir mit einem Ton, der mir zu verstehen gab, daß er keines Widerspruchs gewärtig wäre. Ich hieng auch würklich voller Devotion an seinen Lippen, und wenn ich hätte gewiß seyn können, daß er es nicht für Spott aufnähme, so würde ich ihm bezeugt haben, wie mir nichts so angenehm seyn sollte, als zu seiner Zeit in ihm, zur wohlverdienten Belohnung seiner Verläugnung wenigstens einen Churfürsten des deutschen Reichs und Erzkanzler durch Italien, verehren zu dürfen. Ich hätte mit diesem Wunsch freylich sehr wider das Costume bey den hohen DomCapiteln angestoßen, bey denen für die Kaputzen kein Heil ist; doch bey Komplimenten nimmt man die Sache nicht so genau, und es ist möglich, daß ich dem ungeachtet bey dem metamorphosirten hohen StaabsOfficier Ehre damit eingelegt hätte. So demüthig sind die Mönche! Machen Sie mir den Einwurf nicht, daß man von Einem nicht auf alle schließen müße. Der Hochmuth sitzt allen im Herzen, und sollte es auch nur aus dieser Ursache seyn, weil, nach der Lehre unserer Dogmatiker, ein jeder Priester, der Messe ließt, so hoch über einen König erhaben ist,als ein ErzEngel über die verächtlichste Mücke. Die Mönche nun dürfen ja auch Messen lesen. Sie sind also überzeugt, daß ich diesen Leuten nicht zu viel thue, wenn ich ihnen gerade soviel Hochmuth beymesse, als sie nach den Regeln ihres Ordens Demuth besitzen sollten. So ist es auch mit der Unschuld, die die Mönche mit Kindern gemein haben, oder von ihnen lernen sollen. Ich sage: die Mönche. Denn wenn ein Novize unschuldig seyn muß, so wird es ein Mönch eben so wohl seyn müßen. Daran fehlt es nun, wenn man sie, die lieben Mönche, fragt, um kein Haar. Unschuldigere Geschöpfe gibt es nicht auf Gottes Erdboden, als sie. Sie wissen weder von Schwachheits= noch von Bosheitssünden, und es wird viel seyn, wenn ihnen die Erbsünde noch anklebt. Die Sünden, die sie vor ihrem Eintritt ins Kloster begangen haben, sind alle weg, und abgebüßt, durch die unzählichen gute Werke, auf die ihnen der liebe Gott noch viel heraus schuldig ist. Wie wäre es auch möglich, daß sie Böses thun könnten, da eine jede Viertelstunde nicht anders, als göttlich von ihnen zugebracht, und durch eine frische Tugend bezeichnet wird? Ihr ganzes Leben ist englisch und seraphisch; der Teufel muß mit Schimpf und Spott abziehen, wenn er sich nur gelüsten läßt, eine Lanze mit ihnen zu brechen. Auch böse Lüste, die sonst auch von den frömmsten Menschenkindern unter der Sonne nicht ferne sind, dürfen sich nicht mehr bey ihnen anmelden. Ihr Leib wird durch Kasteyung, Wachen, Fasten, Geißeln, durch das Cilicium, zu einem Tempel der Gottseligkeit. Kein Glied ist an demselben, das sie anders brauchen, als wozu es von dem Schöpfer bestimmt und gegeben ist. Und ihre Seele ist nicht s geringeres, als ein Schauplatz der herrlichsten Tugenden: der Keuschheit, der Liebe, der Freundlichkeit, der Verträglichkeit, der Mäßigkeit, der Geduld, der Verläugnung alles Irdischen, eines ganz himmlischen Sinns. Nicht wahr, ein schönes Bild? Nur Schade, daß es auf jeden andern Erdebewohner besser paßt, als auf die Mönche. Ich habe Ihnen in einem meiner vorigen Briefe schon den Vorgeschmack von dem Beweis gegeben, daß es mit der kindlichen Unschuld der Mönche überaus bedenklich aussehe, und ich will hier, mit Ihrer gütigen Erlaubniß, darinn fortfahren. Sie wissen ja den alten lateinischen Vers, daß nichts so schlimm sey, das sich nicht von einem Mönchen und bösen Weibe erwarten lasse. Dieser Spruch ist zu einem Axiom worden, das man gar nicht mehr beweisen darf. Kein Mensch zweifelt daran, als die Mönche selbst, und ihre Freunde. Das sind aber nur solche, die sich [durch] den äuserlichen Schein blenden lassen, und entweder niemal Gelegenheit gehabt haben, der Sache auf den Grund zusehen; oder ihre Augen vor dem Licht, das gegenwärtig in so manchen ächten und zuverläßigen Urkunden, die der Welt dißfalls vorgelegt werden, so helle scheint, muthwillig verschließen. Es wäre zu weitläufig, nach der Reihe zu erzählen, wie himmelweit Mönche und Unschuld von einander unterschieden seyen. Niemand fordert eine engelreine Unsträflichkeit von ihnen. Diese ist nicht das Loos der Menschen, so lang sie noch auf der Erde wallen. Aber eben so wenig ist es der Beruf der Mönche, schlimmer, als andere Menschen zu seyn. Es ist ein Glück für manche Klöster, daß man keine Tagebücher darinnen hält; oder daß sie wenigstens, wenn sie auch gehalten werden, das Licht nicht sehen. Da würde man Anekdoten zu lesen bekommen, die der Menschheit nicht sonderlich zur Ehre gereichten. Was meynen Sie, daß das Gelübde der Keuschheit für tödtliche Streiche leiden müße, unter Leuten, deren Geschäft Müßiggang ist, und deren Nüchternheit bey Weltleuten Schwelgerey heißen würde. Unter sich selbst leben sie in einem unaufhörlichem Hader und Neid. Nirgends gibt's mehrere Rotten und Faktionen, als in den Klöstern. Wie das achte Gebot dabey zurecht komme, darüber sind sie unbekümmert; denn es liegt ihnen mehr an den Gesetzen der Kirche, als an den Geboten Gottes. Außer den Klöstern stellen Sie, besonders, wenn sie etwa zu einer fetten Mittagssuppe geladen werden, Lustigmacher und Possenreisser vor; und wenn die Gläser genug gerumort haben, so sind die Mönche die letzten, die an ihrer Vernunft und Sinnen Schaden leiden, weil sie vor andern im Ausleeren der Pokale geübt sind. Von ihren abergläubischen Alfanzereyen, von ihren geflissenen Bemühungen, jedermann, auf den sie Einfluß haben und behaupten können, in der Dummheit zu erhalten; von ihren Verläumdungen und Lästerungen aller derer, die sich ihnen entgegen setzen, und die Welt, die schon lang genug unter diesem schändlichen Joch Joch geseufzet hat, von einem solchen Unrath säubern wollen; von ihren Bemühungen, auch so gar Fürsten in den zu ihrem Untergang, oder wenigstens Verbesserung abzielenden Unternehmungen Einhalt zu thun, woran es in diesen Tagen keineswegs fehlt, will ich nichts sagen. Alles das ist zu klar, als daß man viele Worte davon zu machen nöthig hätte; so klar, daß die Mönche selbst in die Faust lachen würden, wenn es jemand einfiele, ihre Unschuld im Ernst zu behaupten; so sehr sie darauf dringen, vor der Welt für so unschuldig, als Kinder, gehalten zu werden. Ihre verborgene Greul will ich nicht aufdecken, und an dem bisher gesagten genug haben. Nur muß ich noch das anführen, wie leichtfertig manche mit der Beichte umgehen. Lesen Sie hievon die erst kürzlich herausgekommene kleine Schrift: die österliche Beichte. Eine solche Behandlung eines heiligen Sakraments ist der gerade Weg, die ganze Religion beym Pöbel zu zerstören, und bey denkenden Leuten lächerlich und verächtlich zu machen. Dumme werden je länger, je tiefer in die Unwissenheit und Fühllosigkeit hineingeführt; und Einsichtsvolle müßen wahrnehmen. Daß man sie bey Religionsübungen nur zum Besten haben will. Geben Sie achtung, ob es nicht noch hauptsächlich um der Mönche willen dahin kommt, daß sich die Katholiken zu den Protestanten schlagen, weil sie mit Händen greifen können, daß bey diesen weniger Aberglaube, und mehr Nachdenken; weniger Mißbrauch der Cärimonien und mehr Ernst in würklicher Ausübung der Religion; weniger Possen, und mehr moralisches Betragen als in der katholischen Kirche herrscht. Wäre das Unschuld, wenn sie zu einer solchen Veränderung Anlaß gäben? Man kann es den Fürsten nicht übel nehmen, wenn sie bey solchen Umständen zu MaßRegeln greifen, die dem Pabst mißfallen müßen. Und wenn sie es thun, so mögen die Mönche die Verantwortung auf sich nehmen, die ihnen aber schwer genug werden wird. Ich mag mich nicht auf Begebenheiten berufen, die ihre völlige Gewißheit noch nicht haben. Aber es sind noch nicht 3. Tage, daß mir eine Nachricht zu Ohren gekommen ist, was für einen Befehl Joseph allernächstens in alle seine Staaten ergehen lassen werde – Eine Verordnung, die weder Justiz, noch Policey, noch Staatssachen, noch Handlung, noch Kriegswesen; sondern die Religion unmittelbar angeht, und über die man am Römischen Hof weit mehr zittern wird, als in den Zeiten der Barbarey die Kaiser oder Könige vor dem Päbstlichen Bannstrahl. Ich meine nicht das, daß, wer in Zukunft Dispensation in Ehesachen haben wolle, solche nicht mehr in Rom, sondern bey den Bischöfen der Kaiserlichen Lande suchen solle. – Nun, Sie werdens bald hören; denn ich zweifle nicht an der Richtigkeit der Sache. Und die Quelle dieses Befehls kann unmöglich eine andere seyn, als der Wille des Kaisers, sein Volk nicht mehr der blinden Führung der Mönche zu überlassen, sondern seine wahre Erleuchtung durch die rechten Mittel zu bewerkstelligen.

Das zweyte Stück, das nach der angeführten Stelle aus den NoviziatBriefen zu einem braven Novizen erfordert wird, ist das: Er soll seyn, wie ein Narr. Ich muß die Erläuterung davon ganz hersetzen. Sie lautet also: »Er muß glauben, er habe gar keinen Verstand; er könne nichts und wisse nichts; er soll nur alles das für wahr oder falsch, für gut oder bös halten, was ihm seine Oberer vorpredigt.« Wenn der Unterricht der Obern bey einem Novizen gut anschlägt, so müßen tüchtige Leute gebildet werden. Leute, die den Mönchen so ähnlich sehen, als ein Ey dem andern. Mit Einem Wort: Mönche. Sonst wollen Leute, die das Handwerk verstehen, behaupten: Bey der Erziehung der Jugend müßte man darauf arbeiten, daß die Zöglinge ihren Verstand brauche lernen; das sie nichts um des bloßen Worts ihrer Lehrer willen für wahr, oder falsch halten, – nullius jurare in verba Magistri – (das hat aber nur ein Heyde gesagt, der den Mönchen ein Greul ist) daß sie mit eigenen Augen sehen, selbst urtheilen und nachdenken, sich nicht auf das Ansehen anderer verlassen, u. s. w. Aber die Mönche sind freylich eine ganz andere Klasse von Menschen, mit denen man bey ihrer Erziehung nicht nach dem gemeinen Schlag umgehen darf. Jenes ist nur für Weltleute, die mit ihrem Verstand und Wiz dereinst in die Hölle fahren, und von diesem Ort der Quaal aus die Mönche, die ohne Verstand in den Himmel gekommen sind, mit Jammern in dem Schooß Abrahams erblicken werden. –

Ich muß gestehen, daß ich bey reiferer Ueberlegung in dem Satz: daß jeder Novize seyn soll, wie ein Narr, eine feine und tiefe Staatskunst erblike und bewundere. Ein so armseliges Geschöpf, als ein Novize ist, wenn man ihm schon, ehe er in das Kloster geht, weiß macht, daß himmlische Glückseeligkeit in jenen heiligen Mauren auf ihn warte, kann doch unmöglich einen so starken Magen mitbringen, daß er alle die Gerichte, die ihm von seinen Obern vorgesetzt werden, verdauen könnte. Er wird manchmal das Maul krümmen, und die Nase rümpfen, wenn ers unbeobachtet thun kann; Dinge für abgeschmackt und unvernünftig halten, die man ihm zu thun und zu glauben befielt; manches mit dem gesunden Menschenverstand nicht reimen können, was man ihm als große Weisheit vorpredigt. Was Raths, wenn der Novize nicht anbrüchig werden, und seinem Beruf getreu bleiben soll? Dafür ist durch die goldene Regel: Du must seyn, wie ein Narr, unvergleichlich gesorgt. Die authentische Erklärung hievon ist diese: So lang du noch in der Welt, das ist, noch nicht im Kloster warest, so warest du ein Narr, und hieltest dich für weise. Jetzt ist der glückliche Zeitpunkt da, da du aufhören sollest, ein Narr zu seyn, und anfangen, weise und verständig zu werwen [werden]. Der Weg zu dieser großen und wahren Glückseeligkeit ist kein anderer, als: deine bisherige Narrheit, in der du dich weise dünktest, zu erkennen, und überzeugt zu seyn, daß, so lang du nicht alles blindlings glaubst, was man die vorsagt; so lang du dir noch einen Funken gesunden Verstand zutrauest, deine Narrheit noch nicht geheilt sey; so bald du aber so erleuchtet wirst, daß du allem,was dir der Abbt, die OrdensRegel, und der Magister sagt, vollkommen Glauben beymissest, dich allem unterwirfst, wenn dir deine Vernunft auch noch so viele zweifel dawider beybringt; alsdann ist alle Narrheit weg, und aller Welt Weisheit ist nichts, als Thorheit gegen deiner Weisheit, die du nun allem, was nicht Mönch ist und heißt, getrost entgegensetzen und ruhig dabey seyn kannst, wenn dich die ganze Welt für einen Narren hält.

Sie werden mich nun nimmer fragen, wie hierinn eine feine und tiefe Staatskunst stecke. Ein Mensch, der so zugestutzt ist, ist zu allem zu gebrauchen. Er ist taub gegen alles, was ihm andere Leute sagen, wenn es dem widerspricht, was er im Kloster gelernt hat. Den Abbt, oder den Provinzial, oder den General kostet es nur ein Wort, ihn zur Beobachtung eines Befehls zu bringen, wovon ein anderes Menschenkind, das die Stimme der Vernunft, und des Gewissens anzuhören gewöhnt ist, sich entsetzen würde. Lassen Sie sichs nun auch nimmer Wunder nehmen, wenn die Mönche jedermann, ausser sich selbst, für Narren halten. Sie haben Recht, daß sie so denken: denn sie müßen ja sonst nur ihre eigene Waare verrufen. Aber dagegen wollen wir Weltleute uns des nehmlichen Recht gegen die Mönche bedienen, und uns in diesem unserm Urtheil durch nichts irre machen lassen. In den Nachrichten von Klostersachen finde ich die Erzählung eines Fastnachtspiels, das während der Fastenzeit in dem C = = Kloster zu L. aufgeführt worden. Ich weiß nicht, ob es den Klugen, oder den Narren zum dienst geschah. Närrisch genug giengs dabey her; und je weniger Wiz oder Verstand ein Zuschauer besaß, desto mehr mußte er dabey befriediget werden. Die Patres werden sagen: Sie richten sich nach dem Geschmack der Leute; ihre Sache, da sie sich der Welt entzogen, seye es nicht, an solchen Possen eine Freude zu haben. Da sie aber auch mit Weltleuten ganz nothwendiger und gezwungener Weise Bekanntschaft und Umgang hätten, so müßten sie sich in die zeit schicken. Genug, ihre Weisheit ist gerettet, sie mögen thun und vornehmen, was sie wollen; und der Vorwurf der Narrheit fällt auf die zurück, die keine Kutten tragen; weil sich die Mönche durch die freywillige Narrheit als Novizen von aller Narrheit freygerichtet haben.

Lassen Sie sich die Geduld nicht ausgehen, lieber Freund, ich bin mit den Erfordernißen zu einem braven Novizen noch nicht ganz fertig. Doch sind wir nun bald am Ende. Ein braver Novize muß seyn, wie ein Stock im Winkel. Zu deutsch: »Er muß geduldig überall verbleiben, wo man ihn immer hinstellt, und nicht im mindesten dawider murren, wie sein hölzernes Original. Er soll sich auch gar nicht bewegen, außer nach dem Willen und der Verordnung seines Obern.« Abermal höchst vernünftig! Gewiß, der Kopf, der diese 3. Regeln ausgeheckt hat, ist weit klüger, als die, die nach denselben gebildet werden sollen. Was kann passender seyn, als der Uebergang vom Narren zum Kloz? Es ist eine feine Steigerung bey diesen3. Stücken: Kind, Narr, Stock. Das Kind übertrift doch immer den Narren, und der Narr den Stock. Der Novize also, der diese 3. Klassen genau und pünktlich durchpaßirt, hat die sicherste Anwartschaft zu einem vollkommenen Mönchen. Verstehen Sie aber wohl – nur in gewißem Verstand. An Kindereyen, Narrheiten und klotzmäßigem Betragen ist unter den Mönchen kein Mangel. Aber daß sie durchaus Kinder, Narren und Klöze wären, das ist weit gefehlt. Sie sind keine Kinder. Wer mit ihnen fertig werden will, muß MannsVerstand haben, und auch dieser reicht nicht immer zu; sonst wären schon lang keine Mönche mehr auf der Welt. Sie sind auch keine Narren, und wissen ihren Mäusen, wie man in Schwaben sagt, wohl zu richten. Die Bequemlichkeit, die sie sich in ihren Klöstern verschaffen, beweißt wenigstens, daß, wenn sie in der Klugheit in vielen Dingen noch so weit zurücke sind, sie es doch in diesem Punkt mit den Gescheidesten und Verschlagensten aufnehmen können. Hölzern sieht es bey ihnen übrigens, was Geist und Herz betrift, genug, und darinn bleiben sie der Regel, die sie als Novizen gelernt haben, höchst getreu. Die Kultur ihres Verstandes mußte freylich, da sie ihr Magister zu Kindern und Narren gemacht hatte, ziemlich Noth leiden; dafür aber sind sie desto tüchtiger zu Stöcken im Winkel, die mit sich anfangen lassen, was man will; wohl gemerkt aber nur von ihren Obern. Von diesen müßen sie sich wohl, wenn sie auch nicht wollen, alles gefallen lassen. Aber andern möchte ich nicht rathen, sie für Stöcke und Klötze anzunehmen, wenn man nicht seine Glieder lahm bekommen, oder die Zähne, dafern es einen gelüsten sollte, in den Bengel zu beissen, einbüßen will. Nur noch Eins! Man sagt im Sprüchwort: Kinder und Narren sagen die Wahrheit. In diesem Stück sind die Mönche sehr, trotz der Klosterregul, von Kindern und Narren unterschieden, so sehr, daß neulich ein loser Vogel seine ganze Demonstration, daß der Teufel der Stifter der Mönchsorden sey, auf diesen einzigen Satz gründete: daß jenes Sprüchwort nicht auf alle Kinder und Narren applicabel sey. Nun bin ich mit meinem Commentar über die 3. Stücke, die zu einem braven Novizen, und folglich auch, Mönchen, erfordert werden, fertig. Er hätte weitläufiger seyn können, wenn ich nicht hätte fürchten müßen, Ihre Geduld zu mißbrauchen. Ich sehe nun freylich scharfen Widersprüchen aus Ihrer Feder entgegen – Wenn Sie nur nicht gar das Anathema über mich aussprechen! Doch ein jeder behält seine Vorstellungsart frey, hauptsächlich, wenn man seine Gedanken andern nicht als GlaubensArtikel aufdringt. Und davon sind wir Glieder der Katholischen Kirche, noch mehr, wie Laien, weit entfernt. Das überlassen wir dem Vater der Glaubigen zu Rom: der mag verkezern und verdammen; unsere Sache ist es nicht. Haben Sie nicht Lust, diesen meinen Brief Ihrem Xaver vorzulesen? Er bestärkt ihn etwa noch mehr in dem Vorsatz, der Kutte auf ewig abzusagen. In den Briefen aus dem Noviziat wird ihm gewiß nichts besser gefallen haben, als der Zuspruch eines Vaters an seinen Sohn, er sollte doch ins Kloster gehen: »die Patres seyen zwar stolze, unbeugsame Leute; aber ihre Kirche seye doch schön ausgemalt, und ihr Kirchenschatz sehr ansehnlich; und an des Prälaten Namenstag speise man vortreflich.« Das waren doch Gründe! Vergeben Sie mir meine Schwatzhaftigkeit.

Ich bin etc.


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