Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen - Zweiter Band
Johann Kaspar Riesbeck

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XX. Brief.

Antwort auf den vorhergehenden.

Sie haben meine Redlichkeit, und mein gutes Zutrauen zu Ihnen,das ich durch die Communication des Mönchen zeigen wollte, so belohnt, daß ich wünschte, ich hätte sie zurück behalten, und das Vergnügen, das ich daraus geschöpft hab, in der Stille allein genossen. Ihre Kritik werde ich dem Mönchen nicht mittheilen; darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Der Mann würde sich in den Tod legen, wenn er wüßte, daß jemand so mit ihm verfahren wäre; und der Beyfall, den ihm andere ertheilt haben, würde nicht zureichend seyn, ihn dafür zu trösten. Meine vorläufige Anmerkungen haben also nicht viel bey Ihnen gefruchtet. Ich sah wohl etwas von dem Ungewitter voraus: aber einen so heftigen Ausbruch hätte ich doch nicht vermuthet.

Nun will ich mir noch Eins ausbitten; Sie lesen doch gewiß die gelehrten Journale, die in dem protestantischen Deutschland so häufig heraus kommen? – Sie drohen mir ja so gar, künftig keine andere, als protestantische Predigten mehr zu lesen, dazu wünsche ich Ihnen und Ihrer Religion Glück – treiben Sie Ihr Mißfallen an dem Vortrag der Mönchen nur nicht so weit, daß sie ihn einem WürgEngel von Recensenten zuschickten, oder ihm einen Wink gäben, solchen nach der unbarmherzigen Gewohnheit der allermeisten Schriftsteller von dieser Art, jämmerlich abzuschlachten. Ich verspreche Ihnen ja heilig, ich will alles thun und glauben, was Sie wollen, wenigstens Sie versichern, daß ichs glaube: ich will mir keine Predigt, die nicht den Ton des Fleschier hat, mehr wohl=gefallen lassen; ich will keinem Mönchen mehr in die die Kirche gehen; ja, ich will noch mehr thun; ich will mir von meinem Beichtvater, der ein Weltgeistlicher ist, bey der nächsten Beichte auf Ostern eine recht strenge Büßung dafür auflegen lassen; ich will ihm gar eine Todsünde beichten, die ich nicht begangen habe, und nie in meinem Leben zu begehen willens bin, nur um recht von ihm in Zucht genommen zu werden, daß ich mich an dieser Predigt des Mönchen so ergötzt habe. Nun sind Sie doch zufrieden, wenn ich Ihnen vollends auch das noch einräume –

So heftig aber ihre Ausfälle wider das arme communicatum waren, böser Freund, so und noch viel ärger ist das, womit Sie Ihren übrigen ganzen Brief, an dem Sie unfehlbar eine ganze Woche geschrieben haben, anfüllen, den ich, die Wahrheit zu sagen, nicht ohne die innigste Wehmuth habe lesen können. Wenn Ihr Schreiben nicht an sehr vielen Stellen so ernsthaft lautete, so glaube ich, Sie hätten die bitterste Satyre schreiben wollen. Es ist nicht anders, ich lasse mirs nicht ausreden, Sie sind einmal von einem Mönchen beleidiget worden. Das soll jetzt der ganze Mönchsstand büßen, dem sie, wenn es in Ihrer Macht stünde, den schimpflichsten Garaus machen würden. Ist es nicht wahr? Sie haben etwa einmal einen Proceß mit einem Kloster geführt, und solchen verlohren; oder es Ihnen in einer Gesellschaft, von einem Mönchen unvorsetzlicher Weise eine Unannehmlichkeit widerfahren, die Ihnen weh gethan hat; oder Sie sind ein Busenfreund von einem Weltgeistlichen, der Sie mit seinen natürlicher Weise dem Mönchswesen ganz widersprechenden Grundsätzen angesteckt hat, und von dem Sie alles für baare Münze annehmen, was er Ihnen, verzeihen Sie mir diesen Ausdruck – aufzubinden Lust hat. Sie berufen sich zwar immer auf Ihr von Leidenschaften ganz freyes, so gar mit den Mönchen gut meinendes, und nur für das Beste der Kirche und des Staats eingenommenes Herz. Aber ein solches Herz kann wider Unschuldige nicht Gift und Galle kochen nicht einer ganzen, und noch dazu ehrwürdigen Gesellschaft, einem ganzen Stand, um der Gebrechen einzelner Mitglieder willen, das fürchterlichste Unglück, die gänzliche Zerstörung über den Hals wünschen. Es nimmt mich Wunder, daß Sie, an statt ihrer, wie ich zu Gott hoffe, unausführbarer Vorschläge, nicht Ihre Zuflucht zu Seufzern zu dem Himmel nehmen, daß er die Klöster und ihre Innwohner zusammen alle in Einer Stunde mit Feuer, wie Sodom und Gomorra, zu Grund richte, oder sie durch eine partikulare Sündfluth, wie die erste Welt durch eine allgemeine, verderbe[n]. Sie können Noah vorstellen, der den Mönchen ein paar Decennia vorher, um dem ihnen drohenden Gericht zu entfliehen, Buße predigte, da Sie ohnehin in Ihren Vorschlägen thun, als ob Sie nicht die gänzliche Aufhebung der Klöster, sondern nur ihre Verminderung, und die Verbesserung der Orden wünschten. Wenn sie sich hernach nicht besserten, so wäre ihr Wunsch erfüllt, und die Fluth käme, und nähme sie alle dahin. Ihre Contestationen glaube ich nun einmal nicht mehr. Verba tua sunt Dei, – sagte jener zu einem andern, der ihm die gute Worte ins Gesicht gab, aber ihm im Herzen fluchte, und alles that, um ihm zu schaden – facta Diaboli. Ich verfechte hier die Sache der Mönche. Sie müßen mir also meinen Eifer zu gute halten. Meine Einwürfe wider Ihre Vorschläge überhaupt, und wider Ihre Befugniß dazu, haben Sie weislich vorausgesehen, und wie Sie selbst zu sagen belieben, vollkommen errathen. Die Beantwortung aber, die Sie gleich dazu setzen, ist noch lange nicht zureichend. Der ganze Gegenstand ist durchaus nicht für Laien und Ungelehrte. Was würden Sie sagen? wie würden Sie so ein verzogenes Gesicht dazu machen, wenn ein Mönch Vorschläge zur Verbesserung des Cameral= und Rechnungswesens, der Landwirthschaft, des Acker= und Weinbaus, der Viehzucht u. s. w. geben, und darauf dringen wollte, sie in Ausübung zu bringen? Und darüber könnte doch wahrhaftig mancher Mönch noch eher etwas Vernünftiges sagen, da es Dinge sind, die nicht über seinen Horizont hinaus gehen, und von denen er, um seines Aufenthalts auf dem Lande willen wegen seiner Bekanntschaft und Umgangs mit Landleuten etwas wissen kann und muß. Hingegen diese Materie erfordert Kenntniße, zu denen der bloße gesunde Menschenverstand noch nicht zureicht; Kenntnisse aus der Kirchengeschichte, aus dem bürgerlichen und Canonischen Recht, die man nicht bekommt, wenn man auch sonst noch so viel gelesen hat, ohne sich ausdrücklich darauf gelegt zu haben. Und in diesem Fall sind Sie nicht, mein Freund, wenn ich schon aller Achtung für Ihren bon sens und für Ihre Belesenheit habe. Man will immer die Geistliche in ihr Fach zurück weisen, wenn sie nur ein wenig aus ihrem Kreis hinaus zu gehen scheinen; es heißt, sie sollen sich nicht in fremde Händel mischen, oder, wie das Sprüchwort sagt, bey ihrem Handwerk bleiben. Warum fordert man von ihren Gegnern und Feinden, deren Anzahl unter den Laien besonders groß ist, nicht ein Gleiches?

Sie sagen: »die Sache betreffe die Religion, und in dieser Absicht gehöre sie für jedermann, dem die Religion nicht gleichgültig sey.« Gut! Nun so wird es auch Ihre Pflicht seyn, unsere Glaubensgegner, die Lutheraner und Reformirte, die Naturalisten und Atheisten zu widerlegen; und den Voltaire und andere seines gleichen zu recht zu weisen: denn alle diese haben unserm katholischen Glauben unendlich mehr Schaden gethan, als alle MönchsOrden. Man därfe nur, fahren Sie fort, die Schriften von dem Mönchswesen lesen, die in jedermanns Händen seyen, um Einsichten in diese Sachen zu bekommen, und darüber urtheilen zu können. Ich habe Ihnen schon mehrmal gesagt, daß ich diese gar nicht für die ächten Quellen halte, aus denen man schöpfen muß, wenn man gründlich in dieser Materie verfahren will. Sie sind großentheils, und ich wette, fast allem von Protestanten geschrieben, die entweder, welches am leichtesten ist, wenn man etwas schreiben will, erdichtet; oder, wenn sie auch etwas Wahres beygebracht haben, es von schlechten, unzuverläßigen Leuten, von übelgesinnten Weltgeistlichen, oder von ausgesprungenen OrdensLeuten , denen es in ihren Klöstern nicht nach Wunsch gegangen ist, und die sich hierdurch rächen wollten, aufgefangen haben. Hieher rechne ich besonders die Briefe aus dem Noviziat, worüber Sie mir auch neulich einen so erbaulichen Commentar zugeschickt haben. Es ist keine Kunst, Dinge aus ihrem Zusammenhang heraus zu reißen und lächerlich zu machen. Man kann die ernsthaftesten Dinge dem Spott der Lacher Preiß geben. Ich wollte Ihnen Cärimonien anführen, die bey der wichtigsten und feyerlichsten Gelegenheit, die nur zu erdenken ist, in Europa, von Zeit zu Zeit beobachtet werden, die man eben so spöttisch durchziehen könnte, und die doch mit der grösten Ernsthaftigkeit behandelt werden. Ich will sie mit Fleiß und Ehrfurcht nicht nennen. Aber Sie würden mir Recht geben, wenn ich sie anführen wollte. Jener Schriftsteller aus dem Noviziat spricht immer nur von der pedantischen Härte des Magisters; aber von der Ungezogenheit der Novitzen, die oft ärgerlich genug seyn muß, schweigt er ganz stille. Wie viel verwöhnte Muttersöhnchen kommen in die Klöster! Da sieht es freylich anders aus, als in dem elterlichen Hause, wo man mit den hübschen Knäbchen fein säuberlich verfährt, ihre Laster für Tugenden, ihre Ausgelassenheit für jugentliche Munterkeit, und ihre Unordnung für Dinge erklärt, die mit der Zeit selbst aufhören werden, über denen man also nicht nach der Schärfe mit ihnen verfahren müße. Wenn sie denn durch eine so Eli=mäßige [?] Zucht ganz verwildert sind, und man will doch wohlgesittete, gottseelige Mönche aus ihnen machen, wie viel gehört dazu! Wenn man oft lange genug Geduld, Nachsicht und Gelindigkeit gegen ihnen bewiesen hat, und sie schlägt nicht an, was ist übrig, als harte Worte zu gebrauchen? Das thut nun den jungen unartigen Herren weh, und sie können sich nicht genug darüber beschweren. Was ist es denn, wenn man endlich das Rauhe herauskehrt, und den Bürschgen Dinge sagt, die sie nicht gern hören? Sie thun auch vieles, das man nicht gern sieht; und die Vorgesetzte müßen am Ende noch eher Recht haben, als die Untergebene. Daß man über Kleinigkeiten hart mit ihnen umgeht, das kann nur derjenige tadeln, der die Sache nicht im Ganzen betrachtet. An und vor sich mögen es Kleinigkeiten seyn; zum Fenster hinaus sehen; mit den Füßen scharren; mit dem Leuchter oder der Lichtputze ein Geräusch machen, und dergleichen. Aber den Gehorsam muß man bey Kleinigkeiten, und in der Jugend lernen, daß man ihn im Alter und bey wichtigen Dingen üben kann. Die Kulpa, über die Sie sich so spöttisch herauslassen,hat, wie alles, eine gute und schlimme Seite. Daß Sie nur die schlimme sehen, wundert mich nicht. Bey den Mönchen und in Klöstern sieht in Ihren Augen alles schlimm aus. Begreifen Sie denn nicht, daß es bey diesem Kulpa sagen darauf anzugesehen ist, die Novitzen darzu anzugewöhnen, daß sie die geringsten Fehltritte an sich selbst bemerken, genau auf ihr Herz, auf ihr Thun und Lassen Achtung geben, gegen sich selbst nicht nachsichtig und gelind seyn, ihre Gebrechen aufrichtig bekennen, nichts verhehlen, sich gern bestrafen lassen, und auf diesem Weg alle Tage besser werden sollen? Finden Sie bey dieser Erklärung die Sache noch abgeschmackt? Ich wollte eher sagen, daß man in den Klöstern hierinn zu gelind ist, als zu scharf sey. Jener Verfasser, der die schäbichten Briefe aus dem Noviziat geschrieben hat, hätte andere Dinge anführen können, zum wahren Ruhm der Klöster bey verständigen Leuten, wenn ihm nicht der Spottgeist die Feder geführt, und ihn verleitet hätte, alles in einem falschen Lichte zu zeigen. Vielleicht aber hat er gar das Rühmliche nicht gewußt, sondern ist bloß ein gedungener Schriftsteller, dem ein treuloser Katholik, oder ein boshafter Protestant, der jene Nachrichten vom Hörensagen hatte, aufheftete, was er für gut fand. Sehen Sie, das sind die reine, die so gerühmte lautere Quellen, die in jedermanns Händen sind, aus denen man schöpft, wenn man den Mönchen auf denLeib will, und aus denen man Bogenlange Vorschläge zu Verminderung und Verbesserung der Mönche herausspinnt, und sich daran weidet, eben als ob sie schon vollzogen wären. Ich muß Ihnen noch ein Wort über jene NoviziatBriefe sagen. Sie haben mich mit einer sehr weitläufigen Abhandlung über die in Ihren Augen so absurde Regul beehrt, daß ein rechter Novitze seyn soll, wie ein Kind, wie ein Narr, und wie ein Stock im Winkel. Da waren Sie in Ihrem Element, wie Sie mir diese 3. Stücke kommentirten. Es läßt sich allerdings viel Schnackisches darüber sagen. Davon haben Sie mir einen unwidersprechlichen Beweis gegeben; und ich glaube nicht, daß man etwas anzügllischeres wider die Mönche sagen kann, als was Sie damal aus dem Schatz Ihres Herzens mir ans Herz gelegt haben. Aber, wahrhaftig religiöse Mönche, Novizen, die mit einem uneingenommenen Gemüth, und in wahrer christlicher Einfalt ins Kloster gehen und darinnen leben, werden sich das und noch weit mehreres nicht irren lassen. Jene rechnen es zu der Schmach, die die Welt je her auf ihren Stand gelegt hat; und diese halten es für eine Uebung der Verläugnung, die ihnen in ihrem ganzen Mönchsstand wohl kommen wird. Geben nicht diese 3. Regeln einen gesunden Verstand, wenn man sie nach dem Sinn und der Absicht dessen erklärt, der sie den Novitzen vorgeschrieben hat? Jeder ist doch der authentische Ausleger seiner Worte. Ich darf also auch diesem dieß Recht nicht absprechen. Ist denn die Situation eines Novitzen, der in das Kloster kommt, nicht eben die, wie eines Kindes, das die Welt kennen zu lernen anfangt? Ist das nicht eine Hauptregel, – unsere neue Erzieher, Basadowe, und wie sie alle heißen, mögen dazu sagen, was sie wollen, Lehrlinge und Schüler müßen ihren Lehrern glauben. Wo würde es hinkommen, wenn man das bezweifeln wollte? Und wer würde Lehrer seyn wollen oder können, wenn das nicht mehr gälte? Ein Novitze weiß von dem, was er nun im Kloster zu lernen hat, nichts. Wie soll er es aber lernen, wenn mans ihm nicht sagt; und wie wird ers lernen, wenn er das nicht glaubt, was man ihm sagt? Daß er über das, was man ihm vorsagt, nicht nachdenken soll, das bedarf nur einer vernünftigen Erklärung, so fällt alles weg, was man darüber haben könnte. Nachdenken darf er wohl, um es recht zu verstehen und zu wissen, was man ihm sagt, und es üben zu können; aber grübeln soll er nicht, er könnte zu zweifeln verleitet werden, die ihm Schaden brächten. Ist etwas Unvernünftiges hierinn? Und sind wir Alte nicht oft in dem nehmlichen Fall, daß ein unbefugtes Nachdenken uns nur irre führt, und die Wahrheit aus den Augen rückt? Daß ein Novitze seyn soll, wie ein Narr, fällt sehr auf, ich läugne es nicht. Sie, lieber Freund, hielten sich freylich fest hieran, und wurden nicht müde, sich im hohen Grade lustig darüber zu machen. Aber Lachen ist nicht Beweisen, und Spotten nicht Ueberzeugen. In gewißem Verstand sind wir alle Narren, und müßen es seyn, wenn wir recht weise werden wollen. Die ächte Erklärung jener Regel heißt: Ein guter Novize muß glauben, er wisse nichts. Ist das so gar närrisch? Ich dächte, es müßte Ihnen, als einem in philosophischen und andern Schriften unserer neuen großen und scharfsinnigen Köpfe so sehr bewanderten Mann, besser bekannt seyn, als mir, der ich dießfalls in der Niedrigkeit wandle, daß der wahre Weg zur Gelehrsamkeit und zur Weisheit die gründliche Erkenntniß seiner Unwissenheit und Thorheit, und kein sicherers Mittel, ein Unwissender und Thor zu bleiben, sey, als die Einbildung, daß man weise und gelehrt sey, wenn man es nicht ist. Ein alter Spruch, der aber nicht sehr beherziget wird! Beurtheilen Sie nun hiernach die Klosterregul, von der die Rede ist, und bitten Sie um Vergebung, daß Sie so voreilig geurtheilt haben. Die Obern des Klosters wissen doch mehr, als die Novizen. Sollen sollen sich jene von diesen oder diese von jenen sagen und belehren lassen? Wie viel naseweise Pürschgen werden zum Klosterleben gewidmet, denen der Kopf durch einbildische und sich allein klug dünkende öffentliche, und Hauslehrer verrückt worden ist! Für solche ist diese Regel eine heilsame Arzney, die sie wieder nüchtern und gesund machen kann. Daß ihnen diese moralische Kost im Kloster nicht schmeckt, ist kein Wunder. Der Hochmuth ist das Loos der Menschen von Mutterleibe an; und da die Demuth eine der ersten und wichtigsten Aufgaben ist, die man im Kloster zu lernen hat, so wüßte ich nicht, ob eine vortreflichere Regel zu dieser Absicht gegeben werden könnte, als eben diese. Daß ein Novize, der gute Hofnung, ein rechtschaffener Mönch zu werden, von sich geben soll, auch wie ein Stock im Winkel seyn müßte, dabey haben Sie sich nicht lange aufgehalten. Vermuthlich haben Sie Ihrer Satyre schon zu viel zugemuthet. Ich hingegen gedenke, mich desto länger dabey zu verweilen, und Ihnen zu erweisen, daß dabey tiefe Weisheit zum Grund liegt. Sie bedienen sich dieses Ausdrucks, wo ich nicht irre, selbst. Aber ich verstehe Sie. Ich für meine Person meine es ganz im Ernst. Gehorsam ist, wie bey jungen Leuten überhaupt, also besonders bey Novizen die Hauptsache. Sie ist der Grund, auf dem das ganze Gebäude der Erziehung ruHumorhen muß; das erste und letzte, wenn brauchbare Leute in allen Ständen gebildet werden sollen. Einen andern Verstand hat die Regel nicht, und kann keinen andern haben. Sie verdient also den Spott nicht, den Sie darauf legen. Wenn man junge Leute nicht bey Zeit zum Gehorsam anhält, so kann, wenn sie einmal erwachsen sind, kein Mensch mit ihnen fertig werden. Sie sind wie die muthigen und wilden Rosse, die oft nicht anders, als mit Lebensgefahr zu bändigen sind. Es wäre gut, wenn man nicht eben nur in Klöstern, sondern bey allen möglichen Anstalten, die die Erziehung der Jugend betreffen, hierauf mehr Rücksicht nähme; das würden Obrigkeiten, Lehrer in Kirchen und Schulen, und fürwahr die ganze menschliche Gesellschaft zu genießen haben. Ich bin also ganz gelassen dabey, daß Sie so hämisch mit dieser Regel umgehen, und gerade das gute aus den Augen setzen, das man der Verachtung derselben offenbar zu danken hat. Sie reden von Klötzen, und verdrehen also augenscheinlich den Sinn des Satzes. Daraus kann nun freylich nichts Vernünftiges; und lauter solches Zeug folgen, als Sie mir mit nachdrücklicher Kürze geschrieben haben. Zur Strafe für Ihren Muthwillen wünsche ich Ihnen Amtsuntergebene, die alles besser verstehen wollen, als Sie selbst; die alle Ihre Befehle gloßiren; nur das beobachten, was ihnen beliebt, und für die Befolgung des übrigen Sie selbst sorgen lassen. Sehen Sie, wie Sie dabey zu recht kommen. Nun Ihre Vorschläge selbst, zur Verminderung und Verbesserung der Mönche und Klöster – Sie haben Ihren Erfindungsgeist dabey recht angestrengt, und ich bewundere Ihre Beredsamkeit bey diesen Entwürfen – mehr, als Ihre Gründlichkeit; und bedaure nur, daß Sie sich Mühe gegeben haben, sich anzustellen, als ob nicht die gänzliche Zerstöhrung dessen, was Sie vermindert und gebeßert wissen wollen, Ihre einzige Absicht wäre. Denn diese scheint überall durch, und die Vorschläge sind mit Fleiß so eingerichtet, daß ihre Ausführung klare Unmöglichkeit ist. Ihrer zu schonen, will ich solches nicht ausführlich beweisen. Sie möchten sonst in einer gar bedenklichen Blöße erscheinen. Aber das werden Sie mir nicht ungütig nehmen, wenn ich Ihnen mein äußerstes Befremden darüber bezeuge, daß Sie so kühn sind, Mönche und Nonnen zu Verrichtungen zu bestimmen, aus denen man sehen kann, daß diese Leute in Ihren Augen nicht besser sind, als der niedrigste Pöbel. Ich schließe daraus auf Ihre Gesinnung gegen die Religion selbst. Diese wollen Sie immer in Sicherheit haben, wenn Ihre Worte nicht Complimente sind. Aber wer die Diener der Religion so emploiren will, dem, sorge ich, seyn sie nicht weniger verächtlich, als das, wozu er jene gern bestimmen möchte. Das kränkt mich nun zwar nicht, daß Sie von Schulmeistern und Hauslehrern reden. Ihre Absicht dabey war allerdings, sie zu beschimpfen, wenn Sie schon nicht dafür angesehen seyn wollen; die Schulmeister durch die Mönche, und die Mönche durch die Schulmeister. Ich aber halte dieses Geschäft für zu edel, als daß man Spaß damit treiben, und denjenigen für so gar erniedrigt halten könnte, der sich damit abgiebt. Wenigstens bin ich überzeugt, daß junge Leute mehr dabey gewinnen würden, wenn sie von geschickten und gottseeligen Mönchen Unterricht erhielten, als wenn sie neumodischen, überklugen, naturalistischen und schöngeisterischen Meistern, deren die Welt in unsern Tagen eine Brut nach der andern hervorkommen sieht, in die Hände gerathen. Die Mönche würden darauf arbeiten, jungen Leuten Andacht, Verläugnung, Gehorsam, und andere wesentliche Tugenden einzuprägen, an statt durch seine naseweise Lehrer Weltförmigkeit, Räsonnirsucht, Unbottmäßigkeit in sie gepflanzt, und, wenn diese Laster schon vorhanden sind, wie das bey den allermeisten der Fall ist, noch mehr unterhalten wird. Ueberall lassen Sie Besorgniß wegen der Keuschheit der Mönche und Nonnen hervorblicken. Dieß ist eine Saite, die Sie gar gern rühren. Es ist mir, als ob man daraus auf das schließen könnte, was in Ihrem Herzen ist. Sie hätten freylich keinen Mönchen abgegeben. Die Empörung Ihres Fleisches und Blutes wider dieses Gelübde wäre zu stark, und ohne Zweifel unüberwindlich gewesen. Messen Sie doch aber ja andere Menschen nicht nach sich selbst ab. Sie wissen ja, daß Keuschheit eine Gnade ist. Wenn Sie solche nicht gehabt haben, so glauben sie deßwegen nicht, daß sie kein Mensch haben könne. Und wen Gott zum Klosterleben berufen hat, dem hat er gewiß diese Gabe auch mitgetheilt. Daß Sie die Mönche zu Kaminfegern und Schuhputzern, wenn sie nicht zu Schulmeistern und Hauslehrern tüchtig seyn sollten, gemacht wissen wollen, darüber habe ich in der Stille, als über eine schwere Versündigung, geseufzet, die Ihnen noch hart aufliegen wird. Doch dies setze ich auf die Seite, und bitte Sie nur, mir aufrichtig zu gestehen, ob es Ihnen Ernst seyn könne, diesen Schluß als richtig und unumstößlich zu behaupten: Wer nicht mit dem Unterricht der Jugend umgehen kann, für den ist nichts übrig, als einen Schuhputzer oder Kaminfeger abzugeben; oder, wem Gott die Gabe zu lehren versagt hat, dem hat er schlechterdings keine Gabe zu einem andern anständigen und edlen Geschäft gegeben. Ihrer Meinung nach gränzen also Schulmeister und Schuhputzer nahe zu sammen; und wenn ich Sie recht verstehe, so giebt es kein drittes zwischen diesen zwey Aemtern. Das Abgeschmackte und Beleidigende, das hierauf folgt, sehen Sie, ohne mein Zuthun, selbst ein. Uebrigens wundert mich nicht, daß es bey Ihren Vorschlägen zur Verminderung und Verbesserung der Mönche und Klöster so gar leicht zugeht. Sie stellen sich die Sache so ohne alle Schwierigkeiten vor, als wenn ein Bauer aus einem Krautacker einen Kornacker machen wollte. Was man gern hat, das glaubt man gern. Die wahren Hindernisse, die sich dieser Sache in den Weg legen, sind Ihnen nicht beygegangen; oder Sie haben sich gestellt, als ob sie Ihnen nicht beygegangen wären. z. E. daß es eine Gewissenssache ist, sein Gelübde zu brechen, daß der Pabst unmöglich seine Einwilligung dazu geben kann, weil der Gedanke gewiß von niemand anders, als von solchen, die Privathaß wider die Mönche nähren, herrühret, wovon man am Päbstlichen Hofe bey einer so wichtigen Angelegenheit keine Notiz nehmen wird; und daß endlich die Versorgung der Mönche und Nonnen, wenn auch die Sache zu Stand kommen sollte, noch lange nicht so im Reinen ist, wie Sie sich vorstellen. Zum Beschluß muß ich nur noch das Ihrem Gewissen, wenn es nicht bereits alles Gefühl verlohren hat, vorlegen. Sie sagen, alle Mönche seyen ausgeartet; sie bedürfen alle einer ernstlichen und nachdrücklichen Verbesserung. Vor einiger Zeit verlangten die Benediktiner Mönche von der Congregation des H. Maurus zu St. Germain in Paris eine Erleichterung in den klösterlichen Beobachtungen. Allein, alle übrigen von erwähnter Congregation, die vom wahren Geist Gottes noch belebt wurden, widersetzten sich diesen Laugesinnten, und ließen im Kloster Blancs Manteaux zu Paris diese Schrift aufsetzen: importance & l' édendue des obligations de la Vie monastique, auch solche an den König gelangen, um die Erleichterung ihrer strengen Ordensregel zu verbitten, und deren unveränderte Beybehaltung zu erflehen. Ein einziges Kloster zeigt Schwäche. Aber alle andern sind ihrer Pflicht eingedenk. So wird es noch bey mehreren Orden gehen; so ist also die Verbesserung noch nicht so nöthig, als Sie meinen.

Ihr Anschläg Herr, zu nichte mach. Leben Sie wohl.


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