Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Der lebenslustige, liebesbedürftige Dichter Abdallah Ibn Alabbâs hatte sich einmal in ein christliches Mädchen verliebt, das er in folgenden Versen besang:
»Ein Bild von einem Mädchen in einer Kirche hat es mir angetan.
Möge Allah es demjenigen antun, der sie so schön gebildet hat!
Der Künstler, der sie geschaffen hat, hat ihren Reizen noch das hinzugefügt,
Daß er sie als Christin in die Welt gesetzt hat.«
Zu diesen Versen hatte der Dichter zugleich eine schöne Melodie komponiert. Eine berühmte Sängerin jener Zeit, namens Masabîch, die Sklavin des Ahdab Almukajjin, pflegte dieses Liedchen oft vorzutragen, wie sie auch viele andere Lieder von Abdallah in ihren Vorträgen zu Gehör brachte. Sie kannte seine Gedichte und Kompositionen besser als alle anderen Sängerinnen Bagdads, war außerdem ein schönes Weib und eine ausgezeichnete Künstlerin. Begreiflich daher, daß Abdallah sehr in sie verliebt war. Eines seiner Lieder lautete:
»Kredenzt mir am Palmsonntag einen Wein, der lange gelagert hat in Kirkîn,
in Gesellschaft von Menschen, an denen mein Herz hängt,
wenn sie auch eine andere Religion haben als die meinige.«
Abdallah hatte auch die Musabîch in besonderen Gedichten besungen. Diese zitierte und sang er ihr vor, so daß sie den Vortrag direkt von ihm selbst erlernen konnte.
Nun entstand eines Tages ein Zerwürfnis zwischen Dichter und Sängerin. Sie zürnte ihm wegen irgend einer Äußerung, die er über sie getan haben sollte und die ihr hinterbracht war. Da er nun sehr wünschte sie zu versöhnen, sie aber nichts mehr von ihm wissen wollte, schrieb er ihr einen Brief, in dem er ihr schwor, daß er nichts von dem, was sie verletzt habe, getan oder gesagt habe, und denjenigen verfluchte, der den Unfug angestiftet hatte. Sie antwortete ihm darauf nur in der Weise, daß sie ihm seinen Brief zurückschickte, aber hinter den Fluch über denjenigen, der den Unfug angestiftet hatte, das Wort Amen hinzugefügt hatte, indem sie auf diese Weise ihre Übereinstimmung und Wiederversöhnung mit ihm zu erkennen geben wollte. Darauf antwortete er ihr mit folgendem Verse:
Ȇber die Antwort, die du mir gegeben, werde ich mich freuen, solange ich lebe.
Dasjenige Wort aber – in deiner Antwort, das mich am meisten erfreut hat, ist
Amen.«
Und die Freundschaft war wiederhergestellt.