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Das lange, niedrige Gebäude der Deichschenke lag ziemlich tief eingebettet in einer muldenförmigen Aushöhlung des Deiches nach dem festen Lande zu. Schadhafte Fachwerkmauern; ein verwittertes Strohdach darüber, mit Moos und Heideplaggen vielfältig ausgeflickt, die rotbraune Dielenbekleidung des stumpfen Giebels von Wind und Wetter angenagt. Vor der Eingangstür eine Reihe kurzgeschopfter Weidenstümpfe, deren verdorrte Äste wie wirres Haar nach allen Seiten abstanden. Jeder der Stämme schiefgeweht und sich gegen die große Mistpfütze hinneigend, um die ein holpriger Weg mit tiefen Radgeleisen zum Haustor lief. An der Längswand des Gebäudes Pflöcke, Ringe und Krippen für die Gäule zechender Gäste. Das ganze Nest versteckt, öde, melancholisch. Die Sterne am Himmel waren längst wieder verborgen hinter gigantischen Wolkenmassen, so schwer und groß, daß sie des Windes zu spotten schienen, der mit hohlem Geheul aus Nordwesten daherfuhr auf schneeschweren Schwingen.
Leberecht kam von hinten auf die Schenke zu. Stockfinster, mit Brettern versetzt, die drei kleinen Fenster in weiten Abständen. Das vierte jedoch zeigte sich lässig verwahrt. Durch den schmalen Glasstreifen, den das Holz frei ließ, und durch die beiden großen Astlöcher überschaute der Kommende den Dielenraum. Eine ganze Bauerngesellschaft saß dort um den Tisch beim Branntwein. Knorrige Figuren, aufgestützte Fäuste, blonde Köpfe unter Pelzmützen. Das Gespräch ging mit leisen Stimmen hinüber und herüber: kein Wort ward verständlich. Ein riesengroßer Mann hielt sich von den übrigen abgesondert, trank, rauchte und blickte starr und nachdenklich geradeaus, wie einer, der eine Rede vorbereitet. An den Wänden hin stand und lehnte der junge Nachwuchs dieser markigen Väter, prächtige Burschen mit hochfahrenden Mienen. Nun beugten sie sich allesamt über eine Landkarte inmitten des Tisches, und die Köpfe bildeten eine kompakte Masse.
Leberecht schaute mit so brennendem Interesse durch sein Spionenscheibchen, daß, ihm selbst unbewußt, seine Hand plötzlich ans Glas griff. Bei dem leisen Klirren fuhren die Köpfe auseinander und herum; der unberufene Späher strebte mit eiligem Tritt durch nasse Erdschollen der Fronte zu, und drinnen verwahrten die Bauern das gefährliche Guckloch mit einem Seitenblicke auf ihre stattliche Sammlung von Jagdflinten und alten Säbeln dort in der dunklen Ecke. Sogar ein ehrwürdiger Morgenstern und eine Hakenbüchse waren dazwischen.
Vor der Haustür stand eine kräftige Dirne Wacht. Sie trug das landesübliche Fleppken, die Stirnbinde, und ein Häubchen darüber; der Wind blies ihr die Röcke vom Leibe rückwärts und blähte ihr dunkles Busentuch.
»Waarhenn will ji, Här?« fragte sie den Herantretenden und verwehrte ihm den Eingang. Im selben Augenblick sah Leberecht zwei Männer den steilen Deichpfad herabkommen und erkannte Sibbern mit dem dicken Bauern, der ihn heute nachmittag in Dorum auf den Landwehrkapitän angeredet hatte.
»Hä, hä, Domine! Is Er bei Wege?« sagte Sibbern. »Hier kann Er me'schien kein Naß un' Trocken kriegen, van Avend. Hier sitzen wir zu Beschluß, un' darf kein Fremder dazwischen. Geh' Er nach Padingbüttel in't Loog, da is noch'n heel mooi Wäärdshuus. Hilke, weis' du Domine den Weg in't Loog.«
»Bauer,« entgegnete Leberecht, »nehmt mich mit Euch hinein. Um Essen und Trinken ist mir's nicht zu tun. Aber ich habe eben durch das Fenster dort gesehen, daß die deutsche Landkarte auf dem Tisch liegt. Wo die ist, da muß ich auch mit dabei sein! Tod und Verderben den Franzosen!«
»He is keen Preester. He is doch Kaptein van de Lann'währ,« warf der Dicke dazwischen. »He hett mi van Naam'dag beschummelt. För'n Preester is He to hartfuchtig. Segg' inns: is He Kaptein, orr is He't nich?«
»Ich will's werden!« antwortete Leberecht. »Wenn ihr hier im Wurster Lande den Anfang machen wollt, so ist ein tüchtiger Arm mehr nicht zu verachten. Das Kleid ist nicht der Mann,« fügte er hinzu, da er sah, wie die beiden Bauern seinen langen, schwarzen Rock betrachteten, von dem der ungestüme Wind die Mantelzipfel zurückflattern ließ. »Den Priesterrock zieh' ich aus, sobald ich da drinnen bin.«
Sibbern zuckte die Achseln und steckte beide Hände in die Taschen. »Hilke,« sagte er darauf zu der Dirne, »gah binnen, roop inns Tönjes Biehl.«
»He kümmt n'demm,« erwiderte Hilke, und mit ihren Worten zugleich trat des Gerufenen Riesengestalt schon unter die Tür.
»Ji sünd laat van Avend,« sagte er. »Wat vör'n Lävend maak ji hier buten? Kamt binnen. Goddori! wat Eenen hebb' ji daar?«
Die drei rückten nahe zusammen und beredeten sich leise. Die unumstößliche Gewißheit, daß der Fremde die Landkarte gesehen und den Zweck der Bauernversammlung erraten hatte, gab anscheinend den Ausschlag.
Biehl hieß die andern beiden in die Schenke eintreten und blieb allein mit Leberecht draußen stehen.
»Wer is Er?«
»Ein deutscher Patriot.«
»Was is Ihm von unserm Vorhaben bewußt?«
»Nichts ist mir bewußt, aber ich sehe, gottlob, daß ihr hier in der Marsch ungeduldiger auf einen Wandel seid, als die Leute in unserm Moor, und daß jeder von euch laut oder heimlich spricht: Nieder mit den Franzosen!«
»Un' is Er dasselbige gewillt un' auf die selbige Vergeltung gestellt, wie wir?«
»Würd' ich Euch sonst um Zulaß gebeten haben?«
»Blixem! Denn muß Er uns seinen Willen beschwören. Is Er 'n falscher Lork, wenn's zum Schlagen kommt, un' gibt an wider uns, so kann Er sich geruhig Seine Doodkist bestellen un't Tröstelbeer dazu. Lebendig kommt 'r nich wieder aus Land Wusten weg.«
Sie standen sich gegenüber wie Kampfhähne. Beide groß und stolz, und die zwei durchdringenden Augenpaare ruhten ineinander. Dann reichte Leberecht statt der Antwort seine Rechte dem Bauern, und der hielt sie in seinen Fingern, hart und heiß wie Eisen auf dem Amboß. So traten sie zusammen in die Diele des Deichkrugs.
Tönjes Biehl schloß hinter sich die schwere Tür mittels eines Querbalkens, der in gewaltigen Krampen hing.
»All in Örder, bliewt mi off,« sagte er und machte eine imperatorische Handbewegung, als die Bauern sich beim Anblicke des Fremden unwillig murmelnd erhoben. »All in Örder, segg ick. He will to Woorde: He will toswären.«
»Nein,« entgegnete Leberecht bestimmt, »eh' ich zuschwöre, muß ich genau wissen, was im Werke ist. Auf eins aber leg' ich jetzt meinen Eid ab: daß mich Gott strafen möge, wenn ich euch jemals täusche oder verrate.«
Die Bauernfüße schurrten unruhig unter dem Tische. Nach einem Weilchen war's totenstill im Kreise; Sibbern und Biehl nahmen Leberecht in ihre Mitte, und er wiederholte die uralte Eidesformel des friesischen Upstallbooms, die Biehl ihm langsam vorsprach: »zu hören, zu wägen, zu schweigen, bei Stock und Stein, in Wisch und Watt, so mich nicht treffen soll das Gericht am letzten Tage.«
Es war eine malerische und feierliche Szene. Der niedrige Raum, unter dessen tiefbrauner Balkendecke dichter Rauch in graublauen Wolken lagerte, ward vom trüben Tranlampenlicht und verglimmendem Feuerschein der Herdstelle mit rötlicher Dämmerung erfüllt; in seinen Ständen lag das wiederkäuende Vieh, lauter unsichere Schemen, von denen ein warmer Hauch ausströmte. Auf dem absplitternden Tische, als einziger, heller Gegenstand die Landkarte mit Rotstift und Kreide daneben und um den Tisch die stämmigen Männer und Jünglinge: knochig und breitschulterig, derbe Hände, lichtes Haar, klare Augen bei frischen Wangen und spärlichem Bartwuchs, die schmalen Lippen frei davon und eigensinnig gegen die Nase zu emporgekräuselt. Tönjes Biehls Freunde: lauter reiche Hausmänner, wie er, mit ihren Söhnen, alle von ungemischtem Friesenschlage.
Bedächtig und mißtrauisch ging einer nach dem andern zu dem Fremden hinüber und bot ihm die Hand. Ihm fiel die Kälte und Verschlagenheit all dieser Gesichter auf; aber in der Tiefe ihrer Augen flammte hitzige Drohung. Und sonderbar, gerade deshalb fühlte Leberecht sich wohl unter ihnen.
»Mach' Er sich's kammode, Baas, un' trink Er mit. Wäärdsmann! 'n anner' Buddel un't Glas!«
Der Wirt kam träge aus seiner Herdecke hervor und brachte das Verlangte. Es war eine schwebende Hitze in der Diele, Leberecht meinte ersticken zu müssen, und seine Umgebung, so unbändig in ihrer kalten, äußeren Haltung, regte ihm das Blut immer heftiger auf. Nicht nur den schweren Kragenmantel, nein, auch den Rock und die Weste warf er ab; hängte alles über die hölzerne Brüstung des nächsten besten Viehstandes und setzte sich, in Hemdsärmeln wie die Bauern, mitten unter sie. Das Gesicht glühte ihm purpurn, und die starken, dunklen Haare bäumten sich um seine große Stirn.
Das Branntweinglas ward, zum Überlaufen gefüllt, vor ihn hingeschoben; Tönjes Biehl stand abermals auf und trank die Landesgesundheit:
»Gott bewaare Damm un' Dyken,
Siehl un' Bollwark un' derglyken,
Darto unse Lann' un' Good
Un' en eerlig Wuster Bloot!«
Dann sprach er, stehen bleibend, mit einer Stimme, die trotz aller Dämpfung bis in die fernsten Winkel des weiten Raumes drang:
»Nabern un' Maatskupp!
Arvgesätene Buuern!
De Mann hett recht! Mit verbundenen Augen kann der Ochse nich pflügen un' der Hahn nich den Tag ankrähen. Dieserhalben will ich ihm zu Bedeut bringen, was wir uns vorgenommen haben. Is er 'n Tüssker, so soll es jedwereinem unter uns zustehn un' frei sein, ihm vom Leben zum Tod zu verhelfen, wo er Hand an ihn legen kann. Wir sind nie keine Fransken gewesen, un' wollen auch keine Fransken mehr heißen un' für Dreck ästemiert werden, den jeder Swinegel unter seine Füße tritt. Darum haben wir uns beschlossen, unser freies Land Wusten reinzufegen, un' haben uns eiserne Besen dazu angeschafft, jedwereiner nach seiner Macht un' Vermöglichkeit.
»Hier is die gedruckte Landkarte, un' die is die Wahrheit. Dieses stellt das deutsche Land vor, un' dieses is das Land Wusten. Das Land Wusten steht zu öberst in Deutschland, als wie der Kopf auf dem Leib. Der Kopf simeleert un' is das klügste Stück, das resolveert sich schon, wenn die Arme un' Beine noch schläfrig sind. Darum, daß wir hier oben an der salzen See die Klügsten sind, der Kopf, deshalb müssen wir auch die Ersten sein, die daran denken, wie der Schaden gebessert werden kann un' der Krebsgang gewendet. Alle Mann auf Deck! Wir Wuster erbgesessene Bauern haben jedwereiner Macht für sechs franske Spuchte, denn wir haben feste Knochen un' ein gesundes Geblüt von alters her un' haben unser Lebtage dicksatt zu essen un' zu trinken gehabt. Das is nich anders bei uns in der Marsch. Dieserwegen nehmen wir die Sache auf uns. Wir wollen die Fransken aus der Marsch jagen, un' der Himmel wird das jawoll deftig tauen un' regnen lassen uns zu Gefallen, daß die erbärmlichen Schrögels mit ihren schiefen Parlewuhbeinen in Schlick un' Klei hacken bleiben un' wir sie rungeneeren können, Mann bei Mann. Denn das sind wir den Schubbjacks schuldig un' dürfen keinem Perdumm geben. Dieses wißt ihr schon, Nabern n' Maatskupp, was ihr aber nich wißt, dazu habe ich euch van Avend hier zusammengeboten. Ich bin gestern draußen gewesen, auf dem engelschen Oorlogschiff, un' die engelschen Kärls hab' ich herum. Die sind gut für uns, wenn wir einen rechten Anfang machen. Das wollen wir denn auch, un' wollen einen von uns als den nennen, der den andern befiehlt un' sagt: Hierhin un' dahin, un' haut, daß ihr was trefft!«
»Tönjes Biehl schall de Haup'mann wäsen!«
»Biehl un' Jan Grön!«
»Eerst laat den Butenkärl toswären!«
»Hä! ick will den Butenkärl nich! Gotts Ssackerment; wat dheit de in unse Maatskupp? Wi' kenn em nich!«
»He is'n mooien Staafast, laat em driest toswären.«
»Jo well! jo well! Du hest ganz recht, Sibbern! Laat em toswären, Tönjes Biehl!«
Sie drängten Leberecht ans obere Ende des Tisches. Der jüngste unter den Hausleuten, der einen Ehering am Finger trug und aussah wie ein unbärtiger Knabe, faßte ihn um die Schultern, preßte sie ihm rauh zusammen und funkelte ihn aus wilden, lichtblauen Augen an: »Swärst du to, denn schast du mien Maat wäsen, dheist du't nich, denn tröst' di upp dien leste Stünn! Dat segg ick!«
Die Rede hätte sich der Bursche sparen können. Ohne Besinnen legte Leberecht, unwiderstehlich fortgerissen von seiner Umgebung, die Hand auf die Karte des geliebten und geknechteten Vaterlandes und schwur, Hieb und Stoß zu tun wie jedes wackere Wurster Blut und Sieg und Fall treulich mit denen zu teilen, die ihn zu ihrem Genossen machten.
Nun erst gehörte er völlig zu ihnen, und sie zweifelten keinen Augenblick mehr daran, daß er seinen Schwur heilig halten würde, wie sie es taten als redliche, stolze und vornehme Bauern.
Der Tumult hatte sich gelegt. Sie saßen wieder enggereiht um den Tisch, rauchten ihren Kanaster, daß man keine Hand mehr vor Augen sah, und tranken stark dazu. Nüchtern jedoch blieben sie alle, wenn auch die Unterhaltung immer höhere Wogen schlug, wie das Seewasser draußen gegen den Deich. Trotzdem fielen weder laute noch unbesonnene Reden. Tönjes Biehl, der seinen Branntwein aus einem Bierkruge mit großen Schlucken durch die Kehle jagte, stand breitbeinig hinter dem Tische, hatte eine seiner haarigen Fäuste auf die Platte gestemmt und hielt in der andern den unförmigen Kreideklumpen. Mit dem zeichnete er ein Detail der großen Landkarte auf das Holz in gut erkennbaren Umrissen: die Wurster Marsch. An dieser rohen Zeichnung erklärte er den Bundesgenossen seinen Schlachtplan.
»Daar is de Diek, Kinners; daar is't Watt, un' hier unnen liggt Lehe, dit's de Karrelsborg. In'n Wusterdeep kamt de van't Oorlogskipp daal. Well van jo verstelld de Füerbaake achter de Weddewarder Slüüs? Mell'd jo!«
»Ick, Tönjes Biehl.«
»Un' ick –«
»Un' ick ook, wenn't nich to biester Wäär is, Tönjes.«
»Twee sünd'r genoog. Ehlert Wiarda, du büst seefast. Kann ick mi upp die verlaten? Du un' de fremde Maat, ji sünd kralloogd. Ji gaht tosam. Wo nennt He sick, Maat?«
»Claudius.«
»Na, dat's mi leef. Wiarda un« Claudius dreiht de Baake üm: Oost-Noordoost.«
Ehlert mit den wilden, lichtblauen Augen zwinkerte zu Leberecht hinüber, und die Flügel seiner feinen, kurzen Nase blähten sich zitternd vor Lust und Ungeduld. Plötzlich schwang er sich behend über den Sitz, ging zu seinem neuen Kameraden herum, drängte sich neben ihn auf die Bankecke und klammerte sich, da der Raum allzu knapp und schmal bemessen war, mit schmerzendem Griffe an Leberechts Schulter fest, um sich im Gleichgewicht zu halten. Heftig stieß er ihn von Zeit zu Zeit in die Rippen und flüsterte ihm, durch den reichlichen Branntweingenuß vertraulich gemacht, die Geschichte seiner tollen Schmuggelfahrten, ehe er vor acht Monaten ein Ehemann geworden war, ins Ohr, während Biehl sein Machwerk weiter erklärte:
»Nä, hier is Lehe, dahinzu müssen wir die schiefbeinigen Spuchte jagen un' denn nehmen wir uns die Karrelsborg. Das Schießen mit den K'nonen, das tun die Oorlogschen, un' wir – wir tun das Hauen un' Stechen. Wer kein' Moordpreem oder sonst'n Messer hat, der nimmt 'ne Mistförke. Un' wer nich will un' nich tut, was 'r soll un was 'r muß, der gehört den Deich hendaal ins Watt un' versäuft! Jedwereiner marschiert mit denen aus seinem Loog, un' geht weiter mit denen vom nächsten Loog, un' in Lehe da treffen wir alltosam. Un' wer von uns ein Wort laut gibt, ehr daß die Rebbeljohn losgeht, der soll'n Schubbjack un' 'n gemeiner Hund heißen, un' soll zu Schanden gemacht werden, just wie die Fransken selber, un' kriegt kein ehrlichs Graff bei unsern Kirchen.«
Erregter und erregter ward die Versammlung; die Köpfe, die Augen brannten, der Schnaps floß dazu in Strömen. Dennoch selbst jetzt kein wüstes Gelärm, kein Fausthieb auf den Tisch, keine Rauferei. Die waghalsigsten Anschläge, die stärksten und fürchterlichsten Verwünschungen gegen die welschen Quäler wurden mit bedeckten Stimmen hervorgestoßen als ein Zischen: – das Zischen der Flamme, die unter schweren, nassen Holzkloben ringt und schwehlt und Rauch auswirft, bis sie endlich die Macht gewonnen hat und sich hervorreckt, alles verzehrend. Dem dürren Aste gleich, der längst lodert, fühlte sich Leberecht zwischen diesen wuchtigen Klötzen. Er trank mit, ohne nachzudenken; Feuerräder begannen ihm im Hirne zu wirbeln, und der dichte Tabaksqualm, an dessen Entstehen er sich nicht beteiligte, drückte als ein betäubender Nebel auf seine Sinne. Nur mühsam vermochte er seine Stimme zu dämpfen, die des lauten Redens von der Kanzel herab gewohnt war, und dazu krallte sich Ehlert Wiardas brennende Hand noch immer über dem dünnen Leinen des Hemdes um seine Schulter zusammen, und die unbärtigen, branntweinheißen Lippen ließen nicht nach mit ihrem Prahlen und Werben und Hetzen im Flüstertöne: »Maat, du un' ick, wi will de Kärls all dwingen!«
Leberecht lieh sein Ohr, ohne es zu wollen; er war wie ein Magnetisierter.
Mitten in diesen Wirrwarr hinein, den sie Versammlung tauften, pochte es an die Tür: drei rasche, kurze Schläge.
»Dat's Rickleffs!«
»Jan Grön! Jan Grön, Lüe!«
Einer sprang auf, riß mit Hallo den Querbalken zurück, daß die Krampen kreischten, und da war er. Ein Fuchskopf mit frechblickenden Augen und lederbrauner Haut von zahllosen, blauroten Äderchen durchsetzt; Narben über der Stirn und um den verschmitzten, beweglichen Mund. Das dünne Haar klebte ihm hart am Kopfe, und frische Seeluft strömte mit ihm in diese Höhle voll Dunst und Hitze herein. Er kam eben vom Wasser, hatte auch mit der Besatzung des englischen Kriegsschiffes verhandelt und dann die Douaniers ins Nasse gelockt und genarrt und ihnen Gott weiß was alles unter den Krummnasen durchgeschmuggelt. Und einer hatte dran glauben müssen! Weg war er, untergeduckt! Mit dem Riemen ein paar »Feste« über den Schädel: »– versapen as de Rötte in't Siel: Jürke Meins! de is d'r wäsen, de falsche Hund!«
Jetzt schrien alle Stimmen durcheinander, der Ankömmling ward umringt, schallend klatschten ihm die derben Breithände auf Rücken und Schultern, seine Bluttat war diesen aus ihrer Ruhe Aufgereizten eine Heldentat. Jan Grön! der Glückliche, der den ersten Feind des Vaterlandes, aus dem Herzen dieses Vaterlandes heraus geboren, erschlagen hatte!
Vergebens forderte Leberecht Auskunft über das Ereignis. Das friesische Platt tobte um ihn herum; er fühlte nur, daß der lechzende Haß hier seinen ersten großen Löschungstrunk tat. Er sagte sich, daß Krieg nichts andres ist, als Wehr und Abwehr, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Es riß ihn hinein in den Mälstrom: kein Entrinnen mehr! Und als es ihm endlich klar ward, welcher Verräter sein Leben gelassen hatte, da ging auch er und schüttelte die Rächerhand.
Aus dem Lieblinge seiner Mutter hatte er sich in seines Vaters rechten Sohn verwandelt. »Unselig ist, wer seinen Beruf verkennt.«
Unterdes hatte Jan Grön den tropfenden Südwester und die triefende Teerjacke in eine Ecke geschleudert und stand da in »des Teufels Livree«, dem verschabten grünen Wams. Er rief nach seinem Abendbrote, und der Wirt, ein schläfriger Trottel in blaubunter Kattunjacke und Holzschuhen, brachte die schwere Kost: den Mehlkloß von Kinderkopfgröße und die Blutwurst, dampfend aus dem Kessel. Just auf Tönjes Biehls Kreidezeichnung stellte er die irdene Schüssel. Jan Grön bewältigte den Kloß mit wenigen Gabelhieben, rückte den Teller beiseite, wischte dann, noch während des Essens, Biehls Plan mit dem Ärmel von der Tischplatte fort, und zeichnete flugs einen neuen, zweimal so großen. Als er damit fertig war, legte er seine letzte Scheibe Blutwurst in die Mitte dieses Netzes von Kreidestrichen, schlug trommelnd mit den Fäusten auf die Platte und verschaffte sich Gehör.
»Kinners un' Lüe! Dat sünd de Franske, de gottverdammde Röverkärls!« Wütend durchstach er die Wurstscheibe mit seinem Klappmesser und spießte sie auf. »So will wi hör tosamensmieten, Kinners un' Lüe; Bloot un' Bloot, un' nicks nich as Bloot, sowaar as de gleunige Düvel unse Kaptein is!«
»Jetzt hältst du ein, jetzt will ich reden!« Leberecht sprang in die Höhe, daß die Bank polterte, schüttelte Ehlert Wiarda ab und packte mit seiner kräftigen, weißen Hand die braungelbe, schmutzige des Fluchenden: »Aus dem Spiel hinweg den Satan! Fort mit ihm und seinem Anhang! Es geht ums deutsche Vaterland; unsre Sache ist Gottes und ist heilig!«
Seine starke Stimme übertönte das laute Durcheinander um ihn herum; die zwingende Macht seines Organs und seines Auges bewährte sich an diesen aufständischen Marschsassen genau so, wie an den phlegmatischen Moorbauern im Gestühl der Sankt Jürgener Inselkirche. »Ich hab' mich euch zugeschworen mit Leib und Leben, aber nur für reinen Kampf! Herr, unser Gott, erleuchte uns, nimm von uns die Macht des Bösen; Herr Gott, führe du uns und sei mit uns bis zum Ende!«
Tiefe Stille.
Auch das letzte Murmeln war verstummt. Die Waghälse zogen ihre Kappen und stierten, wie aus wüsten Träumen emporgerüttelt, scheu die gefalteten Hände an, die sich durch trüben Dunst und Qualm in Ekstase gen Himmel streckten.
»He hett recht, Naber!« sagte Tönjes Biehl laut, ging auf Leberecht zu und schüttelte ihm die Hand; »wie sünd keen' Rövers un' Düvelsdeensten, wi sünd Wuster Buuern!«
Jan Grön schob sich seitwärts, warf den Kopf hintenüber, schlenkerte die aufgespießte Blutwurstscheibe unter den Tisch und lachte in sich hinein. »Wat deent de Hillige hier?« fragte er den dicken Bauern spöttisch, »will de mit sien' Prädiken de Fransken dwing'n?«
»Hä wat! He will jo Kaptein wären,« antwortete der Dicke. »Toswaren hett he, un' de Füerbaak in't Wusterdeep will he dreihen, he un' Ehlert Wiarda –«
»Ole Schaapsharm du!«
»Nicks van Schaapsharm! Rickleffs, woar di! Tönjes hett dat bestimmd, wegen de Füerbaak!«
»Ick will di wat seggen, du ole Puusiert; dat dröge Lann' hört Tönjes to, – 't Watt un't Deep, de hören mi to, un' de Baak verstell ick sülvst. Wiarda is nich unmiß, aberst den Preester kenn' ick nich un' will ick nich!«
»Ich kenn' em un' ick will em! Mit mi geiht 'e!« schrie Wiarda über den Tisch.
»Gaah' ji na'n Deiker un' sien Beßmoder, Order möt ji doch perreern! Wäärdsmann: noch 'n Klütk' un'n Buddel klaar Gottswoort!«
Damit drehte er der Gesellschaft den Rücken und vertiefte sich in eine frische Flasche süßen Genevers, der den Spottnamen des »klaren Gottesworts« trug. Er wußte allzugut, daß ohne ihn kein Fertigwerden gegen den Franzmann war. Den kleinen Mann im Lande Wursten hatte er willig und sicher, der »dikke Buur« würde ihm schon von selber wiederkommen!
In ruhiger Gelassenheit, wie sie begonnen hatte, löste sich die Versammlung allmählich auf. Über acht Tage sollte an gleicher Stelle nochmals Beratung und Rollenverteilung für das wilde Drama sein, zu dem man sich rüstete. Die Waffen wurden sorgsam unter dem Vorrate des gebündelten Heus versteckt, und einer nach dem andern fuhr wieder in Rock und Mantel zum Fortgehen.
Als Leberecht den Genossen klar machte, daß er vorerst in die Heimat zurück müsse, entstand ein neuer Tumult. Aus dem Lande hinaus, die Verschwörung verraten? Nichts da! Nichts da! Hierbleiben hieß es, helfen, werben, den guten Geist zur guten Sache »hochkriegen«, wo er im Argen lag! Den meisten, besonders Biehl, hatte des Geistlichen ernste und feste Art gefallen. Er aber beharrte ruhig bei seinem Entschlusse: »Seid gerecht, Leute. Heim muß ich. Ihr habt Weib und Kind im Lande bei euch, mit mir ist es anders, und wie ein Dieb in der Nacht schleiche ich mich nicht davon. Ich will mich in Ordnung vom Lande lösen und den Meinen Lebewohl sagen.«
Er stockte und bog sich plötzlich zurück mit geöffnetem Munde und starren Augen, als sähe er ein Gespenst in der Ferne aufsteigen. Dann raffte er den Mantelkragen eng über der Brust zusammen und beendete seinen Satz: »Fehlen tu' ich euch nicht, so wahr ich hier lebendig vor euch stehe. Gebt mir meine Botschaft, und ich komme auf den ersten Ruf.«
»Ick haal di sülvst van Sßann Jördens, Maat, un' wi will doch tosam de Füerbaak verstell'n, Blixems-Spill van to!« beteuerte Ehlert Wiarda, dessen Füße ein wenig unsicher waren, hakte seinen Arm fest in den des neuen Kameraden, schwang sich schwerfällig auf die große, fromme Stute, die der Wirt ihm eben aus dem Schuppen herbeiführte, und hieß Leberecht hinter ihm Platz nehmen samt Wanderstock und Felleisen. Er wollte ihn beherbergen; sein stattlicher Vollhof lag eine starke Viertelmeile unterhalb Padingbüttel, nahe am Außendeich nach dem Watt zu.
Gemächlich trotteten sie durch die stürmische, sternlose Nacht ihrem Ziele entgegen. Der junge Bauer warf ein paar abgerissene Fragen hin, seines Gastes heimische Verhältnisse berührend: »Du büst ok keen free Mann mehr? – Hebb ji all wat Lüttkes överwunnen? – Nä? Denn so tröst' di, Maat, unse Lüttke schall to Pingster jung wären. – Un' ick will doch mit gegen de verdammde Fransken!«
Er war der jüngste unter den verheirateten Hausmännern und hatte, ein Patriot von echtem Schrot und Korn, ein freies, gewinnendes Wesen. Kein Wort verlor er über Leberechts geistlichen Beruf. Wer sich dem Vaterlande einmal zum Dienst stellte, hatte alles andre hinter sich, sollte frisch und beherzt sein und sich nicht unnütz mit dem Gedanken quälen, ob er Witwe und Waisen zurückließ, falls der Tod über ihn verhängt ward. Die Treue, die Liebe, wenn die nur blieben bis zum letzten Atemzuge, dann sorgte Gott weiter. Das war Ehlert Wiardas schlichte Philosophie, der es bei aller Schlichtheit an Größe nicht gebrach.
Als sie in den Hof einritten, sahen sie schon von weitem, daß die Hausfrau, noch wach und emsig nähend, am hellen Fenster saß. Erst als die beiden Männer hereintraten, legte sie das bunte Kinderröckchen beiseite. Blond und üppig, in robuster, rotwangiger Gesundheit strahlend, Sprache und Bewegungen schwerfällig und lässig, erschien sie Leberecht wie Christinens gerades Gegenbild. Und doch, als der junge Bauer, der die Mitte der Zwanzig noch nicht erreicht haben konnte, seine lächelnde Frau, im Schmucke ihrer kleidsamen Stirnbinde unter dem fein gefältelten Brabanter Kantenhäubchen, mit heftiger und derber Zärtlichkeit an sich zog, da fühlte Leberecht sein Herz zusammengepreßt, wie von eiserner Hand.
Kein Auge schloß er zu, während dieser langen Winternacht, in ungebrochener Stille, auf dem einsamen, beengenden Lager der Bettkoje, die ihn, einem Sarge gleich, mit schwarzen Wänden umgab. Die Hände unter dem Haupte vetschränkt, wie es seine Gewohnheit war, sann er dem ›edlen, schreckenden Gedanken nach‹, des Vaterlandes wert zu sein.
Nichts mehr von Zerknirschung und Selbstvorwurf. Nur das eine ließ nicht nach, ihn zu reizen und zu stacheln: die Tatsache, daß die mutige Knabenschar längst dem herrlichen Ziele entgegenstrebte, während er, der Mann, sich kaum erst die Linie zum Anlauf vorgesteckt sah. Allein jene Knaben hatten ein Großes voraus: sie waren frei!
Was? – frei? – pflichtlos? Ließen sie nicht Vater und Mutter zurück? Ist die Pflicht gegen den Vater, der seine Kraft zum Wohle des Kindes einsetzt, gegen die Mutter, die dieses Kind mit Schmerzen zur Welt geboren hat, etwa geringer, als die Pflicht zwischen Gatten und Gattin? So rechtete und rechnete er mit sich selbst. Das Aufgeben seines Amtes verursachte ihm die kleinste Beschwer. Im Herzen hatte er es seit Wochen schon von sich getan. Er war ein Soldatenkind und hatte einen Körper von Eisen. Es harrten genug und übergenug pflichteifrige und gottesfürchtige Priesterseelen in schwächlicher Hülle auf jede Stelle, die im Lande frei ward. Er bat Gott allein noch, ihm das rechte Abschiedswort an seine Gemeinde einzugeben.
Nur Christine – Christine!
Er warf sich auf sein Angesicht in die schweren, dumpfigen Kissen seines Sarglagers, aber Christinens bange, flehende Augen ließen nicht von ihm ab.
»Ich sterbe dir ja nicht; ich kehre ja wieder zu dir zurück!« So oft seine Seele sich diesen gestaltlosen Trost vorhielt, so oft antwortete die Stimme eines Unsichtbaren hart und fest: » Nein!«
In kalten Schweiß gebadet, dem Verzweifeln nahe, ob dieses entsetzlichen Nachtmahrs bei völlig wachen Sinnen, erhob er sich endlich, tastete vorsichtig nach seinen Kleidern und hüllte sich hinein. Da, wo die Pferde in ihren warmen Ständen leise schnoben und scharrten und der Knecht im Traum schnaufte und pustete wie ein Blasebalg, trat er an eines der Fenster des Dielenraumes. Behutsam öffnete er das oberste Scheibchen eine Handbreit. Salzig, ganz erfüllt von großen, taumelnden Schneeflocken, strich die Luft zu ihm herein; er hörte die nahe See eintönig gegen den Deich prallen und mit flappendem Geräusche zurückschlagen, und über diese dunklen, verborgenen Wasser gellte der traurig-schrille Schrei der Möwen dahin.
» Ave Caesar! Morituri te salutant!« Immer dies eine tönte und brauste die Schöpfung dem regungslosen Manne am Dielenfenster ins Ohr.
Nein: nicht mehr » Ave Caesar« hieß es! » Ave Patria«: »die Todbereiten grüßen dich, Vaterland« – » ave Patria, ave Patria!«
Am andern Morgen fand der junge Bauer seinen Gast schlafend an der Auslucht neben dem Pferdestalle sitzen, das Gesicht gegen die Scheibe gelehnt. Mit Lachen weckte er ihn: »He hett de Koje nich in de Gewohnte!« und trug seiner Frau auf, für die nächste Nacht lieber die »Leetkant«, das freistehende Bett in der Stube, bereit machen zu lassen.
An Abreisen war gar nicht zu denken. Ein Schneesturm, wie man sich dessen seit mehr als dreißig Jahren nicht zu entsinnen gewußt, verwehte, zur Zeit des Mondwechsels, Weg und Steg im ganzen Lande. Man mußte sich förmlich durchgraben zu den Dörfern und Gehöften.
Während dieser unfreiwilligen Gefangenschaft von neun Tagen hatte Leberecht in aller Ruhe, zusammen mit Biehl und Sibbern, den Plan zur Insurrektion ausgearbeitet. Auch Jan Grön, der mehrere anfechtbar aussehende Individuen mitbrachte, beteiligte sich einmal daran. Von unzerreißbaren Stahlfäden eingesponnen fand sich Leberecht im Kernpunkte der aufständischen Bewegung, als es endlich, am sechsten März, dem Wiardaschen Gespann möglich ward, mit dem hohen Wagen nach Lehe und Wulsdorf vorzudringen. Ehlert selbst fuhr und gab seinem Gaste das Geleit.
»Denn so up körten Verlöff, Maat!« schrie er Leberecht noch vom hohen Bocksitz zu, als er ihn in Wulsdorf an der Postchaise absetzte und seinen Wagen zur Rückfahrt wendete.
»Heimkehr auf kurzen Urlaub.« Er biß die Zähne zusammen und wehrte alle weichen Gedanken von sich ab. Während der langen Poststrecke unterhielt er sich fast ohne Pause mit seinem Reisegefährten, einem polnischen, deutschredenden Handelsjuden in Kaftan und fettigen Peieslocken. Der Mann kam geradeswegs aus Wilna und wußte nicht genug von den Schrecken und Greueln des Beresina-Überganges zu erzählen. Wie die elende Menschheit zermalmt, zertreten über Brückentrümmer und aufgequollene Pferdeleichen zu Hunderten in den eistreibenden Fluß gedrängt worden und umgekommen war; wie die Brücken vor den Augen der zurückgebliebenen Kranken und Schwachen in Brand gesteckt worden waren, und wie man das grausige Geschrei dieser Unseligen eine halbe Meile weit hatte vernehmen können, wie die Kosaken sie alle, fünftausend und noch mehr, niedergemetzelt oder bis aufs nackte Leben ausgeplündert hatten. Haarsträubende Einzelheiten.
»Es ist gut so; ich bereue nichts,« sagte sich Leberecht, als der Polack bei Ritterhude links abbog nach Lesum hinüber.
Im Abenddunkel des Achten wanderte er zu Fuß, von Vierhaus ab, durch blendenden Schnee seiner » Insula Perdita« zu. Und wieder war's eine Strophe aus des Aulus Serenus' herrlichem » Visum Praenestinae«, die ihn heimgeleitete:
»Ich wallte in der Pinien schwarzem Schatten,
Philippi Thermen mir im Rücken lassend,
Vor mir der Praenestina weites Blachfeld. –
Gleich Lanzen blitzten goldne Sonnenstrahlen,
Der Abendschein ließ rote Ströme rinnen,
Und es durchbebte mich der Wahrheit Schauer:
Krieg ist das Leben, Heldentod die Krone;
Der Schwächling nur bangt solchem Lohn entgegen.
Und seht, dort stand Gott Mars auf Wetterwolken
Im blut'gen Westen, mir beharrlich winkend. – – –
Da warf ich von mir ab, was fleischlich zagte.«