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Feindschaft und Haß ist jüngst durch die Gewalt
Entstanden, die an braven Handelsleuten
Aus uns'rem Lande Euer Herzog ausgeübt,
Da ihnen Gold gebrach sich loszukaufen.
Sie haben ihre strenge Satzung
Mit ihrem Blut besiegelt, und das Mitleid
Ist ausgeschlossen aus den droh'nden Blicken.
Die Comödie der Irrthümer.
Die Dämmerung hatte kaum angefangen den fernen Horizont zu berühren, als Arthur sich mit den Vorbereitungen zu seiner und seines Vaters Abreise beschäftigte. Sie sollte, wie es verwichene Nacht bestimmt worden war, zwei Stunden vor der des Landammanns und seiner Begleiter stattfinden. Es machte ihm nicht viel Mühe, die zierlichen Päckchen, welche seines Vaters Habe enthielten, von den plumpen Bündeln zu trennen, in welchen sich das Geräthe der Schweizer befand. Die eine Schichte von Felleisen war mit der Nettigkeit von Leuten gemacht, die an lange und gefährliche Reisen gewöhnt sind; die andere mit der rohen Sorglosigkeit solcher, die ihre Heimath selten verließen und im Packen gar keine Erfahrung besitzen.
Ein Diener des Landammanns unterstützte Arthur in diesem Geschäft, und half ihm seines Vaters Gepäck auf das Maulthier des langbärtigen Abgeordneten von Schwyz bringen. Von diesem Manne erhielt er auch Anweisungen in Bezug auf die Straße von Grafslust nach La Ferrette. Sie war zu eben und gerade, um befürchten zu lassen, sie würden ihren Weg verlieren, wie es ihnen auf der Reise in den Schweizer Gebirgen begegnet war. Als Arthur nun Alles für die Abreise gerüstet hatte, weckte er seinen Vater und sagte ihm, daß er fertig sei; dann zog er sich zum Kamin zurück, während sein Vater, wie es sein täglicher Gebrauch mit sich brachte, ein Gebet an den heiligen Julian, den Schutzpatron der Reisenden, richtete, und seinen Anzug in Ordnung brachte.
Man wird sich nicht wundern, daß Arthur, so lange sein Vater seine Andacht verrichtete und sich zur Reise rüstete, das Herz noch voll hatte von dem, was er kurz zuvor von Anna von Geierstein gesehen, daß ihm das Hirn schwindelte in der Erinnerung an die Vorfälle der letzten Nacht, und daß seine Augen an der Thüre des Schlafzimmers hingen, durch welche er das Mädchen hatte verschwinden sehen, d. h. wenn die bleiche und scheinbar gespenstische Gestalt, die ihm zweimal so sonderbar den Weg durchkreuzt, sich nicht als wandernder Elementargeist, sondern lebendig und körperhaft als die Person erwies, deren Aeußeres sie trug. So stark war seine Neugierde in dieser Beziehung, daß er seine Augen auf's Aeußerste anstrengte, als ob es diesen möglich gewesen wäre, durch Holz und Wände in die Kammer des schlummernden Mädchens zu dringen. Wie begierig war er zu sehen, ob ihr Auge oder ihre Wange Zeichen davon trüge, daß sie verwichene Nacht gewacht habe oder herumgewandert sei!
»Das war der Beweis, auf den sich Rudolph berief,« sagte er bei sich, »und Rudolph allein wird Gelegenheit haben, sich darüber in's Klare zu setzen. Wer weiß, welchen Vortheil ihm meine Mittheilung in seiner Bewerbung um das liebliche Wesen geben wird? Und was wird sie von mir denken, als daß ich leichtsinnig und plauderhaft sei, und daß mir nichts Außergewöhnliches begegnen könne, ohne daß ich es eilig dem in die Ohren plappern müsse, der mir gerade am nächsten steht? Ich wollte, meine Zunge wäre lahm geworden, ehe ich jenem übermüthigen, aber schlauen Klopffechter eine Sylbe gesagt hätte! Ich werde sie nicht wiedersehen – das kann ich für gewiß annehmen. Nie werde ich eine genaue Erklärung der Geheimnisse bekommen, welche sie umgeben. Aber der Gedanke, daß ich etwas geschwatzt, was dazu dienen kann, sie in die Gewalt jenes ungeschliffenen Lümmels zu bringen, wird mir mein Lebenlang Reue verursachen.«
Hier wurde er aus seiner Träumerei durch die Stimme seines Vaters aufgeschreckt. »Was hast du, Knabe; wachst du, Arthur, oder schläfst du im Stehen in Folge der Anstrengungen der letzten Nacht?«
»Das nicht, mein Vater,« antwortete Arthur, der schnell wieder zu sich kam. »Etwas schläfrig bin ich vielleicht; aber die frische Morgenluft wird das bald vertreiben.«
Der ältere Philipson ging vorsichtig durch die Gruppe der umherliegenden Schläfer, und wandte sich, als sie die Thüre des Gemachs erreicht, rückwärts. Mit einem Blick auf das Strohlager, welches die große Gestalt des Landammanns und der Silberbart seines beständigen Gesellschafters, berührt von den ersten Strahlen des Morgens, als das Arnold Biedermanns bezeichnete, murmelte er zwischen den Lippen:
»Lebe wohl, Spiegel alter Treue und Ehrlichkeit, – lebe wohl, edler Arnold, – lebe wohl, du Gemüth voll Redlichkeit und Biederkeit, – dem Herzlosigkeit, Selbstsucht und Falschheit gleich unbekannt sind!«
»Und lebe wohl,« dachte sein Sohn, »lieblichstes, offenstes und doch geheimnißvollstes Mädchen!« – Aber der Abschied wurde, wie man wohl glauben wird, nicht wie der seines Vaters laut ausgesprochen.
Bald nachher waren sie außerhalb des Thores. Der Schweizer Diener wurde reichlich belohnt und mit tausend freundlichen Worten des Abschieds und der Erinnerung an den Landammann, gemischt mit Hoffnungen und Wünschen, daß sie bald wieder auf burgundischem Gebiet zusammentreffen möchten, von seinen englischen Gästen entlassen. Dann faßte der junge Mann den Zügel des Maulthiers und führte das Thier in leichtem Schritt. Sein Vater ging neben ihm her.
Nachdem sie einige Minuten geschwiegen, redete der ältere Philipson Arthur an. »Ich fürchte,« sagte er, »wir sehen den würdigen Landammann nicht wieder. Die Jünglinge, die ihn begleiten, sind geneigt, Beleidigungen zu verüben – der Herzog von Burgund wird ihnen hinreichende Veranlassung dazu geben, fürchte ich, – und der Friede, welchen der treffliche Mann für das Land seiner Väter wünscht, wird scheitern, ehe sie vor den Herzog kommen. Doch wenn es auch anders wäre, so ist die Frage leicht zu beantworten, wie der stolzeste Fürst in Europa die finstern Blicke von Bürgern und Bauern ertragen wird (denn diese Namen wird Karl von Burgund den Freunden geben, die wir eben verlassen haben). Ein Krieg, verderblich für Alle, die dabei betheiligt sind, Ludwig von Frankreich ausgenommen, wird gewißlich ausbrechen; und furchtbar muß der Streit werden, wenn die Reihen der burgundischen Ritterschaft mit diesen eisernen Söhnen des Gebirgs zusammenstoßen, die so Viele vom östreichischen Adel wiederholt vor sich niedergeworfen haben.«
»Ich bin so überzeugt von der Wahrheit dessen, was Ihr sagt, mein Vater,« versetzte Arthur, »daß ich nicht einmal glaube, der heutige Tag werde ohne einen Bruch des Waffenstillstandes vorübergehen. Ich habe bereits mein Panzerhemd angezogen für den Fall, daß wir zwischen Grafslust und La Ferrette auf schlechte Gesellschaft stoßen; und ich wünschte zum Himmel, daß Ihr dieselbe Vorsicht gebrauchtet. Das hält unsere Fahrt nicht auf; und ich gestehe Euch, daß ich wenigstens mit einem größeren Gefühl von Sicherheit reisen werde, wenn Ihr das thut.«
»Ich verstehe dich, mein Sohn,« erwiderte der ältere Philipson. »Aber ich bin ein friedlicher Wanderer auf dem Gebiete des Herzogs von Burgund, und mag nicht gerne glauben, daß ich gegen Banditen auf der Hut sein muß, wie in den Einöden von Palästina, so lange ich unter seinem Banner bin. Was die Gewalt seiner Beamten und ihre Erpressungen betrifft, so brauche ich dir nicht zu sagen, daß dies in unsern Umständen Dinge sind, denen man sich ohne Kummer oder Murren unterwerfen muß.«
Ich muß jetzt die zwei Reisenden gemächlich gegen La Ferrette hinwandern lassen, und meine Leser an das östliche Thor dieser kleinen Stadt verpflanzen, welche auf einer Anhöhe gelegen war und nach jeder Richtung, besonders aber gegen Basel hin, die Aussicht beherrscht. Sie machte eigentlich keinen Theil der Besitzungen des Herzogs aus, sondern war ihm nur als Pfand für eine beträchtliche Geldsumme eingehändigt worden, welche der Kaiser Siegmund von Oesterreich, dem die Herrschaft über den Ort eigenthümlich zugehörte, dem Herzog Karl schuldig war. Aber die Stadt hatte eine sehr geschickte Lage, um den Handel der Schweiz zu verkümmern und diesem von Karl eben so verachteten als gehaßten Volk Zeichen seines bösen Willens zuzufügen. Dadurch ward der allgemeine Glaube verstärkt, daß der Herzog von Burgund, der unversöhnliche Feind dieser Bergbewohner, unter keinen Bedingungen sich zur Einlösung derselben verstehen würde, wenn dies auch unter billigen oder vortheilhaften Bedingungen geschehen könnte. Denn dadurch würde ja an den Kaiser ein Posten zurückfallen, der für ihn deswegen von großer Bedeutung war, weil er mittelst desselben am besten seiner Abneigung gegen die Schweizer Luft machen konnte.
Die kleine Stadt besaß eine an sich starke Lage, aber die Befestigungswerke, die sie umgaben, waren kaum zureichend, um einen plötzlichen Angriff zurückzuschlagen, und nicht im Stande, eine förmliche Belagerung von einiger Dauer auszuhalten. Die Strahlen der Morgensonne hatten schon länger als eine Stunde die Spitze des Kirchthurms beschienen, als sich ein großer, magerer und ältlicher Mann den Verschanzungen an dem östlichen Thore näherte. Er war in ein Morgengewand gehüllt, das ein breiter Gürtel zusammenhielt, in der linken Hand trug er ein Schwert, in der rechten einen Dolch und an seiner Mütze schwankte eine Feder. Diese, oder statt ihrer der Schwanz eines Fuchses war das Zeichen adeligen Bluts in ganz Deutschland und hoch geschätzt von Allen, die das Recht hatten, es zu tragen.
Die kleine Abtheilung von Soldaten, welche hier während der vergangenen Nacht Wache gehalten hatte, trat bei der Erscheinung dieses Mannes unter die Waffen und stellte sich auf wie eine Wache, die einen Offizier von Bedeutung mit militärischen Ehrenbezeugungen empfängt. Archibald von Hagenbachs Aussehen, denn es war der Statthalter selbst, sprach das Gedrückte, Grämliche und die üble Stimmung aus, welche den Morgenstunden eines siechen Wüstlings eigenthümlich sind. Seine Schläfe pochten, sein Puls fieberte, und seine Wange war blaß, – Zeichen, daß er die letzte Nacht, wie gewöhnlich, unter Weinflaschen zugebracht hatte. Nach der Hast, mit der seine Söldner sich in Reihe und Glied stellten, und nach der Ehrfurcht und dem Schweigen, welches unter ihnen herrschte, zu schließen, schien es, als wären sie an seine üble Laune bei solchen Gelegenheiten gewöhnt. Er warf ihnen einen forschenden und unzufriedenen Blick zu, als wenn er etwas suchte, an dem er seine Unlust auslassen könnte, und fragte dann nach dem »faulen Hund Kilian.«
Kilian erschien augenblicklich, ein derber Reisiger mit groben Gesichtszügen, ein Baier von Geburt und im Rang der Schildknappe des Vogts.
»Was Neues von den Schweizer Bauern, Kilian?« fragte Archibald von Hagenbach. »Sie sollten nach ihren Gewohnheiten schon zwei Stunden unterwegs sein. Haben die Lümmel sich unterstanden, die Sitten der Herren nachzuäffen und bis zum Hahnenschrei bei den Flaschen gesteckt?«
»Meiner Treu, das kann sein,« antwortete Kilian; »die Bürger von Basel haben ihnen Mittel genug zu einem Gelage gegeben.«
»Wie, Kilian? – Sie wagten doch nicht, den Schweizer Ochsenhirten Gastfreundschaft anzubieten, nachdem wir ihnen eine Aufforderung zum Gegentheil geschickt?«
»Nun, die Basler nahmen sie nicht in die Stadt auf,« erwiderte der Knappe; »aber ich habe durch sichere Kundschafter erfahren, daß sie es ihnen möglich gemacht haben, sich in Grafslust einzulagern. Mancher schöne Schinken und Fleischkuchen wurde geliefert, von den Rheinweinflaschen, Bierfässern und Krügen voll starker Wasser nichts zu sagen.«
»Die Basler werden dafür Rechenschaft geben, Kilian,« entgegnete der Vogt, »glauben sie, ich werde mich ihnen zu Liebe immer zwischen den Herzog und seinen Willen stellen? – Die fetten Schweine nehmen sich zu viel heraus, seitdem wir einige unbedeutende Geschenke, mehr um ihnen eine Ehre zu erweisen, aus ihren Händen angenommen haben, als weil wir ihre armseligen Gaben zu irgend etwas benutzen konnten. Mußten wir nicht den Wein von Basel aus Maßbechern trinken, damit er nicht bis zum andern Tag sauer würde?«
»Er wurde getrunken und das aus Maßbechern,« sagte Kilian, »so viel kann ich mich wohl erinnern.«
»Nun, geh' zu ihnen,« sagte der Gouverneur; »sie sollen wissen, dieses Basler Vieh, daß ich mich für nichts verpflichtet halte, und daß die Erinnerung an den Wein, den ich saufe, nicht länger dauert, als das Kopfweh, welches mir der Mischmasch, mit dem sie mich heimgesucht, in den letzten Jahren immer zum Zeitvertreib für den nächsten Morgen zurückgelassen hat.«
»Gnädiger Herr,« entgegnete der Knappe, »Ihr werdet also einen Streit zwischen dem Herzog von Burgund und der Stadt Basel zuwege bringen, weil diese der Schweizer Gesandtschaft auf unerlaubte Art Unterstützung und Beistand geleistet hat?«
»Gewiß werde ich das,« sagte von Hagenbach, »wenn es nicht kluge Männer unter ihnen gibt, die mir gute Gründe dafür anführen, daß ich sie in Schutz nehme. O, die Basler kennen unseren edlen Herzog nicht, sie wissen nicht, was er für eine Gabe hat, die Bürger einer freien Stadt zu züchtigen. Du kannst ihnen sagen, Kilian, so gut als ein anderer Mann, wie er mit den Schurken zu Lüttich umging, die mit Gewalt pragmatisch werden wollten.«
»Ich will sie davon benachrichtigen,« sagte Kilian, »wenn's Gelegenheit gibt, und ich glaube, ich werde sie in einer Stimmung finden, die sie geneigt macht, Eure ehrenwerthe Freundschaft zu unterhalten.«
»Nun, wenn's ihnen eins ist, kann es mir ganz gleichgültig sein, Kilian,« fuhr der Statthalter fort; »aber ich meine, ganze und gesunde Hälse sind schon für etwas anzuschlagen, wäre es auch nur, um Blutwürste und Weißbier hinunterzuschlucken, von westphälischen Schinken und Niersteiner gar nichts zu sagen. Ich sage, eine aufgeschlitzte Gurgel ist ein nutzlos Ding, Kilian.«
»Ich werde den dummen Bürgern ihre Gefahr und die Nothwendigkeit eines Einverständnisses begreiflich machen,« antwortete Kilian. »Ich brauche doch gewiß nicht mehr zu lernen, wie ich es machen muß, um Euch den Hasen in die Küche zu jagen.«
»Du hast Recht,« sagte Herr Archibald; »aber wie kommt's, daß du so wenig von dem Lager der Schweizer zu sagen hast? Ich sollte meinen, so ein alter Reisiger wie du hätte ihnen während der Herrlichkeit, von der du mir da sagst, die Flügel lahm gemacht?«
»Eben so gut hätte ich einen zornigen Igel mit dem bloßen Finger anrühren können,« entgegnete Kilian. »Ich habe Grafslust selbst besichtigt; da waren Schildwachen an den Schloßmauern, eine Schildwache an der Brücke und noch dazu eine regelmäßige Runde von den Schweizerburschen, die scharf auslugten. So daß nichts zu machen war, sonst hätte ich ihnen, da ich meines gnädigen Herrn alten Unwillen gegen sie kenne, einen Schlag beigebracht, ohne daß sie jemals erfahren hätten, wer ihn geführt. Ich will Euch indessen aufrichtig sagen, daß die Bauern eine bessere Kenntniß der Kriegskunst erworben, als der beste Ritter.«
»Gut, desto eher ist es der Mühe werth, daß wir auf sie Acht haben, wenn sie kommen,« sagte von Hagenbach; »sie reisen wahrscheinlich in all' ihrem Putz, den silbernen Ketten ihrer Weiber mit ihren eigenen Schaumünzen und Ringen von Kupfer und Blei. – Ah, die schlechten Bauern sind nicht werth, daß ein Mann von edlem Blut ihnen ihren Plunder abnimmt.«
»Sie führen bessere Waare bei sich, wenn meine Nachricht mich nicht täuscht,« entgegnete Kilian; »es gibt Kaufleute darunter – –«
»Pah! die Saumthiere von Solothurn und Bern,« sagte der Gouverneur, »mit ihrem elenden Gerümpel, Tuch, zu grob, um Decken für Pferde von einiger Zucht daraus zu machen, und Leinwand, die mehr Haartuch ähnlich ist, als einem Machwerk aus Flachs. Aber ich will sie ausziehen, wäre es auch blos, um die Schelme zu ärgern. Was! nicht genug, daß sie verlangen, wie ein unabhängiges Volk behandelt zu werden, und Abgeordnete und Gesandtschaften absenden, sie erwarten gewiß, unter der Freiheit, die man Gesandten zugesteht, eine Ladung Waaren einschmuggeln zu dürfen, auf diese Art den edlen Herzog von Burgund zu beleidigen und ihn zugleich zu betrügen. Aber von Hagenbach wäre weder ein Ritter, noch ein Edelmann, wenn er sie ungerupft durchließe.«
»Und es ist eher der Mühe werth, sie anzuhalten,« sagte Kilian, »als Ihr vermuthet, gnädiger Herr; denn es ziehen englische Kaufleute unter ihrem Schutz.«
»Englische Kaufleute!« rief Hagenbach, und seine Augen funkelten vor Freude; »englische Kaufleute, Kilian! Die Leute reden von Indien und Cathay, wo es Gold-, Silber- und Diamant-Bergwerke gibt; aber beim Wort eines Edelmanns, ich glaube, diese wilden Inselbewohner haben die Schatzgruben alle in ihrem eigenen Nebelland. Und dann die Mannigfaltigkeit ihrer reichen Waaren, – ha, Kilian, ist es ein langer Zug von Maulthieren – ein lustig klingender Reihen? Beim Handschuh Unserer Frau! Der Schall davon klingt schon in meinen Ohren und besser, als die Harfen aller Minnesänger von Heilbronn.«
»Ei, mein edler Herr, es ist kein großer Zug,« entgegnete der Waffenträger; – »blos zwei Männer, wie man mir angedeutet, und kaum so viel Gepäck, als ein Maulthier tragen kann; aber es heißt, es sei von unschätzbarem Werth, Seide und Sammet, Spitzen und Felle, Perlen und Juwelen, Rauchwerk aus dem Morgenland und Goldarbeiten von Venedig.«
»Entzückungen und Paradies! sagt kein Wort mehr!« rief der räuberische Ritter von Hagenbach; »das gehört Alles unser, Kilian! Das sind die Männer, von denen ich vergangenen Monat zweimal in einer Woche geträumt, – zwei Männer von mittlerer Größe oder etwas drunter, – mit glatten, hübschen Gesichtern, rund wie Rebhühner, und mit Beuteln, so rund wie sie selbst. Ha, was sagst du zu meinem Traum, Kilian?«
»Blos daß in demselben, damit er ganz wahr wäre, noch ungefähr zwanzig handfeste junge Riesen vorkommen sollten, die immer Felsen erklettert und mit Bolzen den Gemsen gepfiffen haben – dann ein starker Haufen Knüttel, Streitäxte und Partisanen, unter welchen die Schilde krachen wie Haberkuchen, und die Helmringe wie Kirchenglocken ertönen.«
»Desto besser, Bursche, desto besser!« rief der Vogt und rieb die Hände. »Englische Hausirer zu plündern! Schweizerische Eisenfresser zur Unterwürfigkeit zu bringen! Ich weiß wohl, wir können nichts von den Schweizer Säuen bekommen, als ihre Borsten – es ist ein Glück, daß sie die zwei Schafe von der Insel mitbringen. Aber wir müssen gleich unsere Fangeisen legen, unsere Scheeren herrichten, um uns in unserem Gewerbe zu üben. Lieutenant Schönfeld!«
Ein Offizier trat vor.
»Wie viel Mann sind hier im Dienst?«
»Ungefähr sechzig,« erwiderte der Offizier. »Zwanzig draußen auf verschiedenen Zügen und vierzig oder fünfzig mögen in ihren Quartieren liegen.«
»Laßt sie Alle gleich unter die Waffen treten; – horcht, nicht mit Trompete oder Horn, sondern ruft sie einzeln in ihren Quartieren auf, so still als möglich sich zu bewaffnen; der Sammelplatz ist hier am östlichen Thor. Sagt den Schuften, daß Beute zu gewinnen ist und sie ihren Antheil haben sollen.«
»Auf diese Bedingung hin,« sagte Schönfeld, »gehen sie über ein Spinnengewebe, ohne das Insekt zu stören, das es gemacht. Ich will sie sammeln, ohne einen Augenblick zu verlieren.«
»Ich sage dir, Kilian,« fuhr der Statthalter frohlockend fort, und sprach wieder beiseite mit seinem Vertrauten, »kein glücklicherer Zufall hätte sich ereignen können, als die Möglichkeit eines solchen Angriffs. Herzog Karl wünscht die Schweizer zu beleidigen, siehst du – nicht, daß er ihnen durch eigene bestimmte Befehle und auf eine Art entgegentreten will, die man einen öffentlichen Treubruch gegen eine friedliche Gesandtschaft nennen könnte; aber wer unter seinen Leuten dem Fürsten die üble Nachrede bei einer derartigen Geschichte erspart, dessen Verfahren wird man einen Mißverstand oder ein Versehen nennen, und er wird, ich versichere dich, so angesehen werden, als hätte er einen Ritterdienst verrichtet. Oeffentlich vielleicht wird ein finsterer Blick auf ihn geworfen, aber insgeheim wird ihn der Herzog zu belohnen wissen. Was stehst du so still da, Mann, und was machst du für ein häßliches Gesicht? Du fürchtest dich doch nicht vor zwanzig Schweizerbuben, da wir an der Spitze eines solchen Haufens von Speeren stehen?«
»Die Schweizer,« antwortete Kilian, »werden tüchtige Hiebe austheilen und einnehmen, und ich habe keine Angst vor ihnen. Aber ich meine, wir sollten dem Herzog Karl nicht zu viel trauen. Daß er im ersten Augenblick über eine den Schweizern angethane Schmach erfreut sein wird, ist wahrscheinlich genug; wenn er es aber, wie Ihr andeutet, gnädiger Herr, hintennach passend findet, die That zu mißbilligen, so ist er, damit solches einen lebhaften Anstrich bekommt, Fürst genug, um die, welche sie verrichtet, hängen zu lassen.«
»Pah!« sagte der Commandant, »ich weiß, wo ich halte. Einen solchen Streich könnte wohl Ludwig von Frankreich spielen, aber dem derben Wesen unseres Kühnen von Burgund ist er fremd. – Was Teufels stehst du noch da, Mann, und lächelst wie ein Affe über eine geröstete Kastanie, die er für seine Finger zu warm glaubt?«
»Ihr seid, gnädiger Herr, so klug als kriegerisch,« sagte der Knappe, »und es ist nicht meine Sache, mich Eurem Willen entgegenzustellen. Aber diese friedliche Gesandtschaft, – diese englischen Kaufleute – wenn Karl sich mit Ludwig in einen Krieg einläßt, wie das Gerücht geht, so ist es für ihn am meisten wünschenswerth, daß die Schweizer neutral bleiben und die Engländer sich mit ihm verbünden, deren König eben mit einem großen Heere über das Meer zieht. Nun könntet Ihr, Herr Archibald von Hagenbach, im Laufe dieses Morgens wohl etwas thun, was die verbündeten Kantone gegen Karl in Waffen bringt und die Engländer aus Verbündeten in Feinde verwandelt.«
»Ich besorge das nicht,« erwiderte der Commandant; »ich kenne des Herzogs Gemüthsart wohl, und wenn er, der Herr so vieler Provinzen, sie in einer eigensinnigen Laune auf's Spiel setzen will, was ist das für Archibald von Hagenbach, der bei der Sache keinen Fuß Land zu verlieren hat?«
»Aber Ihr habt ein Leben, edler Herr,« sagte der Knappe.
»Ein Leben!« versetzte der Ritter; »ein elendes Recht auf ein Dasein, welches ich jeden Tag in meinem Leben für Thaler, – ja, für Kreuzer, – auf's Spiel zu setzen bereit gewesen bin. Denkst du, ich werde mich jetzt besinnen, es für größeres Geld, für Juwelen aus dem Morgenland und Goldwaaren aus Venedig zu wagen? Nein, Kilian; diesen Engländern müssen ihre Ballen leichter gemacht werden; dann kann Archibald von Hagenbach einen unvermischteren Wein trinken, als ihren Mosler, und ein brokatenes Wamms statt schmierigem Sammet tragen. Nicht weniger nothwendig ist, daß Kilian eine anständige neue Jacke bekommt und einen Beutel voll Dukaten, um sie am Gurt klappern zu lassen.«
»Meiner Treu,« sagte Kilian, »der letzte Beweisgrund hat meine Bedenklichkeiten entwaffnet, und ich gebe den Gegenstand auf, da es mir schlecht ansteht, mit Euch zu streiten, gnädiger Herr.«
»An die Arbeit also,« sagte sein Anführer. »Aber halt – wir müssen zuerst die Kirche mitnehmen. Der Priester von der St. Paulskirche ist in der letzten Zeit mürrisch gewesen und predigt sonderbare Dinge von der Kanzel herunter, als wären wir wenig besser denn gemeine Plünderer und Räuber. Ja, er hat die Unverschämtheit gehabt, mich, wie er es nannte, zweimal auf seltsame Weise zu warnen. Es wäre gut, dem brummenden Hund den kahlen Schädel einzuschlagen; aber da es von dem Herzog übel genommen werden könnte, so ist die nächste Aufgabe der Weisheit, ihm einen Knochen hinzuwerfen.«
»Es dürfte ein gefährlicher Feind werden,« sagte der Knappe in zweifelhaftem Tone; »seine Gewalt über das Volk ist groß.«
»Still!« entgegnete Hagenbach. »Ich weiß, wie ich den Glatzkopf entwaffnen muß. Schick' nach ihm und laß ihm sagen, er solle hieher kommen, ich habe mit ihm zu reden. Unterdessen halte alle unsere Leute unter den Waffen, laß die Schanze und den Schlagbaum von Bogenschützen wohl besetzt halten, stelle Lanzenträger in die Häuser auf beiden Seiten des Thorweges, und laß die Straßen mit wohl zusammengebundenen Karren verrammeln, dieselben aber so stellen, als wären sie zufällig daher gekommen – stell' eine Anzahl entschlossener Kerle auf und hinter diese Karren. Sobald die Kaufleute und ihre Maulthiere hereinkommen (denn das ist die Hauptsache) zieht Ihr die Zugbrücke auf, laßt die Fallgatter nieder, und schicket eine Ladung Pfeile unter die außen Stehenden, wenn sie sich rühren, Ihr entwaffnet und sperret die ein, welche herein und zwischen der Verrammelung vorne und dem Hinterhalt hinten und ringsum eingeschlossen sind. Und dann, Kilian – –«
»Und dann,« sagte sein Knappe, »sollen wir uns, wie lustige Freischärler, tief in die englischen Taschen hineinbücken – –«
»Und wie fröhliche Jäger,« versetzte der Ritter, »ellbogentief in Schweizer Blut.«
»Das Wild wird sich aber zur Wehre setzen,« antwortete Kilian. »Sie werden von dem Donnerhügel angeführt, von dem wir gehört haben, und den sie den jungen Bären von Bern nennen. Sie werden sich vertheidigen.«
»Desto besser, Mann; wolltest du lieber Schafe tödten, als gejagte Wölfe? Ueberdies, unsere Netze sind gelegt und die ganze Besatzung wird helfen. Schäme dich, Kilian, sonst hast du nicht so viele Bedenklichkeiten gehabt!«
»Ich habe auch jetzt keine,« sagte Kilian. »Aber diese Schweizer Streitäxte und zweihändigen Schwerter, in der Breite von vier Zollen, sind kein Kinderspiel. – Und dann, wenn der gnädige Herr unsere ganze Besatzung zu dem Angriffe beruft, wem wollet Ihr die Vertheidigung der andern Thore und der Ringmauern anvertrauen?«
»Schließ, verriegle die Thore und sperr' sie mit Ketten,« erwiderte der Statthalter, »und bring' die Schlüssel hieher. Niemand darf den Platz verlassen, bis die Geschichte vorüber ist. Laß etliche vierzig Bürger zu den Waffen greifen und die Mauern vertheidigen, und sieh nach, daß sie ihre Pflicht ordentlich thun, oder ich werde ihnen eine Buße nach Gebühr auferlegen.«
»Sie werden brummen,« sagte Kilian. »Sie sagen, sie seien nicht des Herzogs Unterthanen, obgleich der Ort Seiner Gnaden verpfändet ist, sie seien zu keinen Kriegsdiensten verpflichtet.«
»Sie lügen, die feigen Sklaven,« antwortete von Hagenbach. »Wenn ich sie bis daher wenig in Anspruch genommen habe, so ist es geschehen, weil ich ihren Beistand verschmähe; und auch jetzt würde ich mich ihrer Hülfe nicht bedienen, wäre es für etwas Anderes, als eine Wache zu halten, bei der sie nur gerade vor sich hinsehen dürfen. Mach', daß sie gehorchen, wenn ihnen ihr Eigenthum, ihre Personen und Familien lieb sind.«
Eine tiefe Stimme hinter ihnen sprach die nachdrücklichen Worte der Schrift: – »Ich habe gesehen einen Gottlosen, der war trotzig und breitete sich aus, und grünete wie ein Lorbeerbaum. Da man vorüberging, siehe, da war er dahin; ich fragte nach ihm, da ward er nirgends gefunden.«
Herr Archibald von Hagenbach drehte sich mit finsterem Gesicht um und begegnete den düsteren und Unheil weissagenden Blicken des Pfarrherrn von der St. Paulskirche, in dem Gewande seines Ordens.
»Wir haben Geschäfte, Vater,« sagte der Statthalter, »und wollen Eure Predigt ein ander Mal anhören.«
»Ich komme auf Euer Begehren, Herr Statthalter,« entgegnete der Priester, »sonst würde ich mich nicht da aufgedrängt haben, wo meine Predigt, wenn Ihr es so heißen wollt, wie ich zum Voraus weiß, nichts Gutes stiften wird.«
»O, ich bitte Euch um Verzeihung, ehrwürdiger Vater,« sagte Hagenbach. »Ja, es ist wahr, daß ich nach Euch geschickt habe, Euch um Eure Fürbitte und gütige Fürsprache bei der heiligen Jungfrau und dem heiligen Paul in einigen Angelegenheiten zu bitten, welche diesen Morgen wahrscheinlich abgemacht werden müssen, und bei welchen ich, wie der Lombarde sagt, roba di guadagno Einen schönen Gewinnst. voraussehe.«
»Herr Archibald,« antwortete der Priester mit Ruhe, »ich will hoffen und glauben, Ihr werdet das Wesen der angeblichen Heiligen nicht so weit verkennen, daß Ihr sie um ihren Segen bei Handlungen bittet, wie die, mit welchen Ihr seit Eurer Ankunft unter uns nur zu oft beschäftigt gewesen seid. Dieses Ereigniß ist schon an sich ein Zeichen des göttlichen Zorns. Ja, laßt mich, so niedrig ich auch bin, sagen, daß der Anstand gegen einen Diener des Altars Euch zurückhalten sollte, mir vorzuschlagen, ich sollte Gebete für das Gelingen von Plünderung und Räuberei emporsenden.«
»Ich verstehe Euch, Vater,« erwiderte der räuberische Statthalter, »und Ihr werdet das sehen. Da Ihr des Herzogs Unterthan seid, so müßt Ihr vermöge Eures Amtes Eure Gebete für sein Glück in Sachen sprechen, die nach Gerechtigkeit unternommen werden. Ihr erkennet dies mit einer Verneigung Eures ehrwürdigen Kopfes an? Gut denn, ich will so billig sein, wie Ihr. Wir wünschen die Fürsprache der guten Heiligen und die Eure, ihres frommen Sprechers, in einer Angelegenheit, die ein wenig vom gewöhnlichen Pfade abweicht, und, wenn Ihr wollt, einigermaßen bedenklich aussieht; – sind wir berechtigt, Euch oder sie ohne eine billige Erkenntlichkeit für Mühe und Beschwerde darum zu bitten? Gewiß nicht. Deßhalb gelobe ich und verspreche feierlich, daß der heilige Paul, wenn mir das Glück in dem Wagestück dieses Morgens hold ist, ein Altartuch und ein silbernes Becken haben soll, so groß oder klein, als es meine Beute erlaubt, die heilige Jungfrau Atlas zu einem vollständigen Anzug und ein Perlenhalsband für die Festtage – und du, Priester, etwa zwanzig große englische Goldstücke für deine Bemühung als Unterhändler zwischen uns und den heiligen Aposteln. Wir erkennen uns für unwürdig, mit ihnen in eigener ungeweihter Person zu unterhandeln. Und nun, Herr Priester, verstehen wir einander? denn ich habe wenig Zeit zu verlieren. Ich weiß, Ihr denkt ungünstig von mir, aber Ihr seht, der Teufel ist nicht ganz so schrecklich, wie man ihn malt.«
»Verstehen wir einander?« gab der Priester zur Antwort. »Ach, nein! und ich fürchte, das wird nie der Fall sein. Hast du nie die Worte gehört, die der heilige Einsiedler, Berchtold von Offringen, zu der unversöhnlichen Königin Agnes gesprochen, als sie mit so furchtbarer Strenge die Ermordung ihres Vaters, des Kaisers Albrecht, gerächt hatte?«
»Nein,« entgegnete der Ritter; »ich habe weder die Chroniken der Kaiser studirt, noch die Legenden der Einsiedler; und darum, Herr Priester, wenn Euch mein Vorschlag nicht gefällt, so wollen wir keine weiteren Worte von der Sache machen. Ich bin nicht gewohnt, meine Gunstbezeugungen Jemand aufzudrängen, oder mit Priestern zu handeln, die Bitten verlangen, wenn man ihnen Geschenke anbietet.«
»Höret doch die Worte des heiligen Mannes,« fuhr der Priester fort. »Die Zeit könnte kommen, und das in einer Kürze, da Ihr gern zu hören wünschen dürftet, was Ihr jetzt mit Hohn zurückweiset.«
»Sprich, aber sei kurz,« sagte Archibald von Hagenbach, »und wisse, daß du zwar die Menge schrecken oder überreden kannst, daß du aber jetzt mit einem Manne sprichst, dessen Entschluß so fest steht, daß ihn deine Beredtsamkeit nicht erschüttern kann.«
»Wisse denn,« sagte der Priester an der St. Paulskirche, »daß Agnes, die Tochter des ermordeten Albrecht, nachdem sie Ströme von Blut vergossen, um seinen blutigen Tod zu rächen, zuletzt die reiche Abtei Königsfeld gründete. Und damit diese einen größeren Anspruch auf Heiligkeit bekomme, machte sie persönlich eine Wallfahrt zu der Zelle des heiligen Einsiedlers und bat ihn dringend, ihre Abtei dadurch zu ehren, daß er seinen Wohnsitz daselbst nehme. Was war aber seine Antwort? Merke sie dir und zittere! ›Fort, unbarmherziges Weib,‹ sagte der heilige Mann, ›Gott will nicht, daß man ihm mit Blutschuld dient, und verwirft die Geschenke, die mit Gewalt und Raub erworben sind. Der Allmächtige liebt das Mitleid, die Gerechtigkeit und Menschlichkeit, und will nur von denen verehrt sein, welche diese lieb haben.‹ Und nun, Herr Archibald von Hagenbach, bist du zum ersten, zweiten und dritten Male gewarnt worden. Lebe, wie es einem Manne zusteht, über welchen das Urtheil gesprochen ist, und der den Vollzug desselben zu erwarten hat.«
Als er diese Worte mit drohendem Tone und erzürnter Miene gesprochen, wandte sich der Priester von dem Statthalter ab. Dieser war zuerst geneigt, ihn verhaften zu lassen; da er aber an die ernsthaften Folgen dachte, die es nach sich ziehen mußte, wenn er gewaltthätig Hand an einen Priester legte, ließ er ihn in Frieden ziehen, denn er wußte wohl, daß seine eigene Unbeliebtheit einen Versuch hervorrufen könnte, an ihm selbst eine so große Uebereilung zu rächen. Er rief daher nach einem Becher Burgunder, und ertränkte darin seinen Verdruß. Eben hatte er das Gefäß bis zum Grunde geleert und an Kilian zurückgegeben, als der Wächter von seinem Thurm ein Blasen hören ließ, das die Ankunft von Fremden am Thore der Stadt verkündete.