Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Dreißigstes Kapitel.

Das ist der Platz, die Mitte des Gehölzes.
Hier steht die Eiche, der Monarch der Wälder.

John Home.

Schon beschien die Sonne die breiten Zweige des Waldes, ohne jedoch die Kraft zu haben, in die Gänge einzudringen, die, mit schweren Thautropfen beladen, an manchen Bäumen hie und da schon die Spuren des Herbstes verkündigten. Es war die Jahreszeit, wo die Natur einem Ausschweifenden gleich, dessen Lebenslauf sich seinem Ende naht, den kurzen Zeitraum, der ihrem Glanze noch vergönnt ist, in Fröhlichkeit und mit den muntersten Farbenspielen zuzubringen wünscht. Stille waren die Vögel – und selbst das Rothkehlchen, dessen zwitschernder Gesang in den Gesträuchen am Jägerhause vernommen ward, wo es durch die Güte, mit welcher der alte Ritter seine Vertraulichkeit duldete, kühn gemacht worden war, selbst dieses wagte sich nicht in die Gänge des Waldes, denn es fürchtete die Nachbarschaft der Sperber und anderer Feinde, und zog die Nähe der Wohnungen der Menschen vor, von denen es fast allein unter den gefiederten Stämmen sich eines uneigennützigen Schutzes zu erfreuen scheint.

Freundlich und stille war also die Scene, als der gute Doctor Rochecliffe, gehüllt in seinen scharlachenen Roquelaure, der schon manche Dienste geleistet hatte, das Gesicht, mehr der Gewohnheit als der Nothwendigkeit wegen, verhüllt, Alexis am Arme (die ebenfalls ein Mantel gegen den kalten neblichten Herbstmorgen schützte) durch die verzweigten, grasigen Alleen, die fast einen Zoll hoch mit Thau bedeckt waren, dem Platze zuschlich, welcher zu dem Zweikampfe bestimmt war. Beide waren so sehr im Gespräche vertieft, daß sie die Unannehmlichkeiten des Weges kaum bemerkten, obgleich sie sich oft durch Sträucher und Gebüsche winden mußten, die von allen Seiten die flüssigen Perlen, mit denen sie beladen waren, herabgossen, bis die Mäntel, in denen sie gehüllt waren, straff an ihren Seiten herabhingen und, beladen mit Thau, schwer auf ihren Schultern lasteten. Sie blieben stehen, als sie ein Plätzchen unter dem Gesträuch erreicht hatten, das von diesem verdeckt war, von wo aus sie Alles sehen konnten, was in der kleinen Allee vor der Königseiche vorging, deren riesenhaft mächtige Form, verzerrte und weit ausgedehnte Gelenke, und deren furchtbarer Ernst sie einem alten im Krieg ergrauten Kämpfer ähnlich machte, der passend zum Kampfrichter eines Zweikampfes erwählt worden war.

Die erste Person, die zum Stelldichein erschien, war der fröhliche Royalist Roger Wildrake. Auch er war in seinen Mantel gehüllt, hatte aber seinen puritanischen Filz bei Seite gelegt, und trug statt dessen einen spanischen Hut mit einer Feder und einem goldenen Hutbande, die aber schon schlechtes Wetter erduldet und schwere Dienste geleistet zu haben schienen; dafür saß er aber auch, wie ihn die verzweifelnden Royalisten zu tragen pflegten, schief auf einer Seite. Er kam sehr eilig daher und rief laut aus: »Der Erste auf dem Schlachtfelde, beim Jupiter, und habe doch den Everard geweckt, um einen Frühtrunk zu bekommen. – Er hat mir wohlgethan,« fügte er hinzu, indem er die Lippen ableckte. »Gut, da kann ich so lange Grund und Boden untersuchen, ehe mein Herr kommt, dessen presbyterianische Uhr so langsam geht, wie sein presbyterianischer Fuß.«

Er zog sein Schwert unter seinem Mantel hervor und schien Lust zu haben, das Gebüsch zu untersuchen.

»Ich will ihn daran verhindern,« flüsterte der Doctor der Alexis zu. »Ich werde dir Wort halten. – Du wirst nicht aufzutreten brauchen – nisi dignus, vindice nodus – ich will dir es ein andermal erklären. Vindex ist sowohl weiblich als männlich, so läßt sich der Satz vertheidigen. Bleib nur stehen.« Indem er das sagte, trat er vor und verbeugte sich gegen Wildrake.

»Mr. Louis Kerneguy,« sagte Wildrake und zog seinen Hut ab; aber augenblicklich entdeckte er seinen Irrthum und fügte hinzu: »Aber nein – ich bitte um Verzeihung, Sir – dicker, kürzer, älter. – Sie sind wohl Mr. Kerneguy's Freund, wie ich vermuthe, mit dem ich hoffe nebenbei auch ein paar Gänge zu machen? – Und warum nicht gleich, Sir, ehe unsere Herren kommen? Nur so ein Frühstück, um dem Magen zu genügen, bis das Mittagessen aufgetragen wird. Was meinen Sie dazu?«

»Es könnte auch einige Oeffnungen in den Magen machen,« sagte der Doctor.

»Ganz wahr, Sir,« sagte Roger, der nun in seinem Element zu sein schien; »Sie sprechen ganz recht – das kann Alles noch geschehen. Aber kommen Sie, Sir, Sie tragen Ihr Gesicht verhüllt. Ich weiß wohl, in dieser unglücklichen Zeit müssen dies auch ehrliche Leute thun; um so viel schlimmer. Aber wir sind jetzt allein und haben keinen Verräther unter uns. Ich will jetzt meinen Mantel abwerfen, um Ihnen Muth einzuflößen und zu zeigen, daß Sie es mit einem Edelmanne zu thun haben, der den König verehrt, also ohne Zweifel ein ebenbürtiger Kämpfer eines Mannes ist, der ihm dient wie Sie, Sir, da Sie der Freund des Sir Kerneguy sind.«

Unterdessen war Wildrake damit beschäftigt, die Haken seines Mantels zu öffnen. »Weg, weg – du Hülle!

Hinweg mit dem Schleier, der dich o Borgia verhüllt!«

Indem er das sagte, warf er den Mantel weg und stand da in einem cavaliersmäßigen Spencer von scharlachrother Seide mit weißer Gaze gefüttert, mit Beinkleidern von demselben Zeuge und mit auf vielen Orten gestopften Strümpfen; ein Paar Tanzschuhe, die sich zu einem Spaziergange im Thau nicht sehr paßten, und eine breite verbleichte Stickerei an den Aufschlägen des Rockes machte seinen Anzug vollständig.

»Kommen Sie, Sir,« rief er aus; »eilen Sie sich, weg mit dem Mantel – da steh ich wacker und fest – ein so getreuer Mann, wie nur jemals einer einem Rundkopf ein Schwert in's Herz stieß. Kommen Sie, Sir, an Ihr Geschäft!« fuhr er fort; »wir können noch ein halb Dutzend Hiebe führen, ehe sie kommen, und sie ihrer Langsamkeit wegen beschämen. – Bst –« rief er in einem sehr enttäuschten Tone aus, als der Doctor den Mantel zurückschlug und die geistliche Tracht zeigte; »ach du Himmel! hintendrein ist's nur der Pfarrer!« Doch bewog ihn seine Ehrfurcht vor der Kirche und sein Wunsch, Jemanden zu entfernen, der möglicherweise das Gefecht verhindern könnte, worauf er sich so sehr freute, sogleich einen anderen Ton anzunehmen.

»Ich bitte tausendmal um Verzeihung,« sagte Wildrake, »mein theurer Doctor – ich küsse den Saum Ihres Gewandes – wahrlich, bei dem donnernden Jovis, – ich bitte Sie wieder um Verzeihung – Doch bin ich sehr glücklich, Sie zu treffen – im Jägerhause sucht man Sie außerordentlich ängstlich – es muß da eine Heirath, oder eine Taufe, oder ein Begräbniß, oder eine Beichte, oder sonst etwas sehr Dringendes geben – Ums Himmelswillen eilen Sie sich!«

»Im Jägerhause,« sagte der Doctor; »ich verließ es ja erst im Augenblick – ich muß später dort gewesen sein als Sie, da Sie ja auf dem Wege von Woodstock herkamen.«

»Ganz richtig,« erwiederte Wildrake, »es ist zu Woodstock, wo man Sie nöthig hat. – Ich Thor! sagte ich im Jägerhause? – Nein, nein – Woodstock – mein Wirth kann nicht gehängt – seine Tochter nicht verheirathet, – sein Kind nicht getauft und seine Frau nicht begraben werden ohne den Beistand eines wahren Geistlichen. – Die Holdenough's können sie dazu nicht brauchen. – Es ist eine getreue Seele mein Herr Wirth; wenn Ihnen also Ihr Stand und Ihr Amt lieb sind, so eilen Sie sich soviel wie möglich.«

»Sie werden mir verzeihen, Mr. Wildrake,« sagte der Doctor, »ich erwarte den Mr. Louis Kerneguy.«

»Den Teufel auch!« rief Wildrake aus. »Ach ich wußte es wohl, daß die Schottländer nichts ohne ihre Pfarrer thun können; aber der Teufel hole mich, wenn ich daran dachte, daß sie sie auch dazu nöthig haben. Aber ich habe manchen zierlichen Geistlichen gekannt, der mit dem Schwerte ebenso gut, wie mit dem Gebetbuche umzugehen wußte. Sie kennen die Absicht unseres Zusammentreffens, Doctor. Kommen Sie bloß als ein geistlicher Tröster – oder vielleicht als ein Wundarzt – oder nehmen Sie wohl auch zuweilen das Schwert in die Hand? So, so!« Er machte einige Fechterbewegungen mit dem gezogenen Schwerte.

»Im Nothfall habe ich es auch wohl schon gethan,« sagte Doctor Rochecliffe.

»Guter Herr, lassen sie den jetzigen für einen Nothfall gelten,« sagte Wildrake. »Sie kennen meine Ergebenheit gegen die Kirche. Wenn ein Geistlicher von Ihrer Gelehrsamkeit mir die Ehre anthun wollte, auch nur drei Gänge mit mir zu machen, so würde ich mich zeitlebens glücklich schätzen.«

»Sir,« sagte Rochecliffe lächelnd, »wenn auch Ihrem Vorschlage gar kein anderes Hinderniß im Wege stände, so besitze ich die Mittel nicht – Ich habe kein Schwert.«

»Was? Ihnen fehlt eine Waffe, das ist freilich schlimm. Aber Sie haben ja einen mächtigen Stock in der Hand, was hindert uns, einstweilen ein paar Hiebe zu versuchen, bis unsere Herren kommen? Meine Tanzschuhe sind voll vom Morgenthau, und es wird mich ein Paar Sohlen kosten, wenn ich ruhig stehe, so lange sie kämpfen; denn Sie werden wohl auch meiner Meinung sein, Doctor, daß man sich um so etwas nicht wie die Sperber pickt.«

»Mein Geschäft bringt es mit sich, womöglich hier alles Gefecht zu verhindern,« sagte der Geistliche.

»Nein, alle Teufel, Herr Doctor, das geht nicht an, das ist zu arg,« sagte Wildrake; »wenn Achtung vor der Kirche mich nicht daran verhinderte, so würde ich aus Rache ein Presbyterianer werden.«

»Treten Sie ein wenig zurück, Sir, wenn es Ihnen gefällig ist,« sagte der Doctor, »und dringen Sie nicht so dorthin.« – Denn in der Bewegung seines Herzens hatte sich Wildrake dem Orte genähert, wo Alexis verborgen stand.

»Und warum nicht, wenn ich Sie bitten darf, Doctor?« sagte der Cavalier.

Aber als er einen Schritt vortrat, blieb er plötzlich stehen und brummte mit einem kräftigen Verwunderungseid: »Ein Unterrock im Gesträuch, wahrhaftig, das ist respectabel um diese Stunde, Hui, Hui!« Er drückte sein Erstaunen in einem langen Pfeifen aus; dann wandte er sich gegen den Doctor und legte den Finger an die Nase. »Sie sind fein, Doctor – verzweifelnd fein! Aber warum haben Sie mir nicht einen Wink gegeben, welche Bequemlichkeit Sie hier haben – ich meine Ihre Contrebandwaaren? Seien Sie ruhig, Herr, ich bin kein Mann dazu, die verborgenen Genüsse eines Geistlichen zu verrathen.«

»Sir,« sagte Doctor Rochecliffe, »Sie sind impertinent, und wäre es Zeit dazu und der Mühe werth, so würde ich Sie dafür strafen.«

Der Doctor hatte lange genug im Kriege gedient, um zu seinen Eigenschaften als Geistlicher noch die eines Kavallerie-Offiziers hinzuzufügen, er erhob also seinen Stock zu Wildrake's unendlichem Entzücken, dessen Ehrfurcht vor der Kirche keineswegs im Stande war, seine Liebe zum Streite zu zähmen.

»O Herr Doctor,« sagte er, »wenn Sie Ihre Waffe wie ein Schwert erheben, so bin ich auch dabei.« Sprachs und fiel mit seinem gezogenen Rappiere aus, doch nicht gerade gegen des Doctors Person, sondern nur nach dem Orte hin, wo jener stand. Aber Rochecliffe änderte die Richtung seines Stockes und schlug mit aller Geschicklichkeit eines Francalanza dem Cavalier das Schwert aus der Hand, so daß es zehn Ellen weit flog. In diesem Augenblick erschienen beide Parteien auf dem Kampfplatz.

Everard rief dem Wildrake heftig zu: »Ist das deine Freundschaft? Ums Himmelswillen, was machst du in der Narrenjacke, und was für Affenstreiche gibt es da?« Sein würdiger Sekundant beugte etwas beschämt den Kopf, wie ein Knabe, den man auf einem Bubenstreich ertappt, und ging hin, sein Schwert aufzusuchen, wobei er im Vorbeigehen den Kopf in das Gebüsch steckte, um wo möglich den verborgenen Gegenstand seiner Neugierde näher zu betrachten. Unterdessen war Carl über das, was er gesehen hatte, noch weit mehr erstaunt.

»Wie,« rief er aus, »ist Doctor Rochecliffe dem buchstäblichen Sinne nach ein Kämpfer der Kirche geworden, daß er sich mit unserem Freund Wildrake herumschlägt? Darf ich mir die Freiheit nehmen ihn zu bitten, sich zu entfernen, da Oberst Everard und ich einige Privatgeschäfte zu besorgen haben?«

Bei wichtigen Gelegenheiten war es sonst Rochecliffe's Art, sich mit der Autorität seines heiligen Amtes zu bewaffnen und auf eine Weise den Vermittler zu spielen, die selbst einen König überwältigen und ihn fühlen lassen könnte, daß ein Seelsorger im Auftrag eines Höheren, als er selbst sei, spräche. Aber die unvorsichtige Freiheit, die er seiner Leidenschaft gelassen hatte, und die Stellung, in der er entdeckt worden war, schienen nicht sehr geeignet, eine Oberherrschaft anzunehmen, der sich ein so eigenmächtiger Geist, wie der des Königs, unterwerfen würde. Doch versuchte es der Doctor, seine Würde zu sammeln, und erwiederte mit dem ernstesten aber zugleich ehrfurchtsvollsten Tone, den er annehmen konnte, daß auch er höchst wichtige Geschäfte habe, die ihn verhinderten, den Wünschen des Mr. Kerneguy zu willfahren und den Ort zu verlassen.

»Verzeihen Sie diese unzeitige Unterbrechung,« sagte Carl, indem er seinen Hut abzog und sich gegen den Oberst Everard verbeugte, »der ich augenblicklich ein Ende setzen werde.«

Everard erwiederte seinen Gruß ernst und schwieg.

»Sind Sie toll, Doctor Rochecliffe?« sagte Carl – »oder sind Sie taub? – oder haben Sie Ihre Muttersprache vergessen? Ich wünschte, daß sie diesen Ort verließen.«

»Ich bin nicht toll,« sagte der Geistliche, der mit seiner Fassung auch die natürliche Kraft seiner Stimme wieder erlangt hatte. – »Ich möchte Andere verhindern es zu sein; ich bin nicht taub, ich möchte Andere bitten, der Stimme der Vernunft und der Religion Gehör zu geben; ich habe meine Muttersprache nicht vergessen – sondern ich komme hieher, die Sprache des Herrn aller Könige und Fürsten zu sprechen.«

»Ich vermuthe eher, um sich mit Knitteln herumzuprügeln,« sagte der König. »Gehen Sie, Doctor Rochecliffe, diese eingebildete Wichtigkeit ziemt Ihnen ebensowenig, wie die Thorheit, bei welcher wir Sie antrafen. Sie sind doch, wie ich glaube, weder ein katholischer, noch ein schottischer Priester, daß sie unbedingten Gehorsam von Ihren Zuhörern verlangen; sondern ein Diener der Kirche von England, der den Vorschriften dieses Glaubens folgen muß – und seinem Oberhaupte

Bei den letzten Worten dämpfte der König seine Stimme bis zu einem leisen eindrucksvollen Lispeln. Als Everard es bemerkte, zog er sich zurück, da seine natürliche Großmuth ihn hieß, es zu vermeiden, Privatunterredungen zu behorchen, bei welchen es sich von der Sicherheit der Redenden handle. Sie fuhren jedoch fort, in ihren Ausdrücken die größte Vorsicht zu beobachten.

»Mr. Kerneguy,« sagte der Geistliche, »ich bin gewiß der Letzte, der Ihren Wünschen entgegen ist, oder Ihnen eine andere Autorität entgegenstellt – Gott behüte; – ich sage Ihnen bloß, was die Vernunft und die heilige Schrift, die Religion und die Moralität Ihnen vorschreiben.«

»Und ich, Doctor,« sagte der König lächelnd, wobei er auf den unseligen Stock zeigte, »will mehr Ihrem Beispiele als Ihrer Lehre folgen. Wenn selbst ein ehrwürdiger Geistlicher sich zuweilen herumprügelt, welches Recht hat er dann, sich in den Streit der Edelleute einzumischen? Gehen Sie, Herr, gehen Sie fort, und machen Sie, daß Ihre gegenwärtige Hartnäckigkeit die früheren Verbindlichkeiten nicht auflöst.«

»Bedenken Sie sich,« sagte der Geistliche, »ich kann ein Wort sprechen, das Alles verhindern wird.«

»Thun Sie es,« sprach der König, »und strafen Sie damit alle Gesinnungen und Handlungen eines ehrenwerthen Lebens Lüge – verlassen Sie die Grundsätze Ihrer Kirche und werden Sie ein meineidiger Verräther und Apostat, um einen Anderen zu verhindern, seine Pflicht als ein Edelmann zu erfüllen. Das hieße wahrlich Ihren Freund umbringen, damit er nur nicht in Gefahr komme. Lassen Sie den blinden Gehorsam, der immer in Ihrem Munde und ohne Zweifel auch in ihrem Kopfe liegt, einmal auch Ihre Füße in Bewegung setzen und treten Sie auf zehn Minuten bei Seite. Dann können wir vielleicht Ihren Beistand gebrauchen, entweder als Arzt des Körpers oder der Seele.«

»Nun denn,« sagte Doctor Rochecliffe, »bleibt mir nur noch ein Mittel übrig.«

Während diese Privatunterredung geführt ward, hatte Everard seiner Seits seinen Diener Wildrake fast mit Gewalt zurückhalten müssen; denn seine größere Neugierde und seine geringere Delikatesse hätten ihn sonst bewogen, vorzutreten, um wo möglich etwas von dem Geheimniß zu erhaschen. Aber als er den Doctor wieder in's Gebüsch zurückkehren sah, flüsterte er dem Everard schnell in's Ohr: »Eine goldene Carolin gegen einen republikanischen Pfennig, der Doctor ist nicht allein gekommen Frieden zu predigen, sondern er hat auch zugleich die Hauptbedingung mitgebracht.«

Everard antwortete nicht; er hatte schon sein Schwert gezogen, und kaum sah Carl, daß Rochecliffe den Rücken wandte, als er keine Zeit verlor, seinem Beispiele zu folgen. Aber ehe sie noch weiter gelangt waren, als sich gegenseitig mit dem gewöhnlichen Fechtergruße zu beehren, stand schon Doctor Rochecliffe wieder zwischen Ihnen, Alexis Lee an der Hand, deren Kleider ganz naß vom Thau waren und deren lange Haare, von Nässe schwer, in aufgelösten Locken herabhingen. Ihr Angesicht war außerordentlich bleich, aber es war die Blässe der verzweifelten Entschlossenheit und nicht die der Furcht. Es entstand eine lange Pause der Verwunderung, die Kämpfer stützten sich auf ihre Schwerter, und selbst der vorwitzige Wildrake wagte nur die halblauten Ausrufungen: »so recht Doctor – der macht den Bock zum Gärtner – keine geringere als die Tochter des Ritters – und Fräulein Alexis, die ich für ein Schneeglöckchen hielt, ist doch zuletzt nur eine Hundsviole. Beim Himmel, eine Straßenläuferin, und eine, die zu uns paßt!«

Dieses undeutliche Gemurmel ausgenommen, war Alexis die Erste, welche zu reden anfing.

»Mr. Everard,« sagte sie – »Mr. Kerneguy, sie sind erstaunt, mich hier zu sehen; – doch warum sollte ich Ihnen nicht auf einmal den Grund sagen, überzeugt, daß ich – obgleich schuldlos – die unglückliche Ursache Ihres Mißverständnisses bin, habe ich ein viel zu großes Interesse dabei, den schlimmen Folgen vorzubeugen, als daß ich schwanken sollte, einen Schritt zu thun, der es beendigt. – Mr. Kerneguy – haben meine Wünsche, meine Bitten, meine Gebete – haben Ihre edlen Gedanken – die Erinnerung an Ihre eigenen hohen Pflichten kein Gewicht bei dieser Sache? Erlauben Sie mir, Sie zu bitten, Ihre Vernunft, Ihren Geist und Ihre Religion zu Rathe zu ziehen, und vom Kampfe abzustehen.«

»Ich bin gehorsam wie ein morgenländischer Sclave, Madame,« antwortete Carl, indem er sein Schwert einsteckte; »aber ich versichere Sie, daß die Sache, welche Sie so sehr betrübt, eine bloße Kleinigkeit ist, die in fünf Minuten zwischen dem Oberst Everard und mir leichter ausgemacht werden wird, als mit Beihülfe einer ganzen Kirchensynode und eines weiblichen Parlamentes, um den ehrwürdigen Deliberationen beizuwohnen. – Mr. Everard, wollen Sie mir die Gefälligkeit thun, ein wenig weiter mit mir zu gehen? – Wie mir scheint, müssen wir den Ort verändern.«

»Ich bin bereit, Sie zu begleiten, Sir,« sagte Everard, der sein Schwert eingesteckt hatte, sobald sein Gegner es that.

»Also habe ich keinen Einfluß auf Sie, Sir,« sagte Alexis, die fortfuhr, sich an den König zu wenden. – »Fürchten Sie nicht, daß ich das Geheimniß, das in meiner Macht steht, gebrauche, um zu verhindern, daß diese Sache nicht auf's Aeußerste kömmt? Glauben Sie, dieser Edelmann, der jetzt seine Hand gegen Sie aufhebt, wenn er wüßte« –

»Wenn er wüßte, daß ich Lord Wilmot wäre, Madam, wollten Sie sagen? – Der Zufall hat ihm schon Beweise in Handen gegeben, die ihm genügen, und ich glaube, es würde Ihnen schwer fallen, ihm eine andere Meinung beizubringen.«

Alexis schwieg, und sah mit großer Verachtung auf den König, während die folgenden Worte in Zwischenräumen ihrem Munde entflossen, als strömten sie nur nach und nach trotz der Gefühle hervor, die sie zurückhalten wollten: »Kalt – egoistisch – undankbar – unfreundlich! – Wehe dem Lande, das« – Sie hielt merklich verlegen ein, dann fügte sie hinzu: »das dich oder deinesgleichen unter seinen Adeligen und Herrschern zählt!«

»Nein, schöne Alexis,« sagte Carl, dessen Gutmüthigkeit wohl die Härte des Vorwurfs fühlte, der aber doch nicht ganz den erwünschten Eindruck machte. »Sie sind zu ungerecht gegen mich – zu parteiisch für einen glücklicheren Mann. Nennen Sie mich nicht unfreundlich; ich stehe nur hier, um der Aufforderung des Mr. Everard zu genügen. Ich konnte es weder verweigern, noch mich jetzt, da ich hier bin, zurückziehen, ohne meine Ehre zu verlieren; und der Verlust meiner Ehre würde sich auf viele Leute ausdehnen – es wäre zu schimpflich. Wenn er auf seinem Antrag besteht, so muß es auf die gewöhnliche Weise entschieden werden. Zieht er ihn aber zurück, oder gibt er ihn auf, so will ich Ihretwegen nicht darauf bestehen. Ich will selbst keine Abbitte wegen der Mühe fordern, die er mir gemacht hat, sondern ich werde Alles hingehen lassen, als wäre es nur die Folge irgend eines unglücklichen Mißverständnisses, dessen Grund ich meinerseits nicht untersuchen will. – Das thue ich Ihretwegen, und es ist viel für einen Mann von Ehre, sich so weit herabzulassen. – Sie wissen, daß die Herablassung von meiner Seite besonders, wirklich sehr groß ist. Nennen Sie mich also nicht ungroßmüthig oder unfreundlich, da ich bereit bin, Alles zu thun, was ein Mann nur gewähren kann und vielleicht noch mehr, als ein Mann von Ehre gewähren sollte

»Hörst du das, Everard,« rief Alexis aus, »hörst du das? Die furchtbare Wahl liegt ganz bei dir. Du bist ja sonst gewöhnlich mäßig in deinen Leidenschaften, religiös, vergebend – willst du eines bloßen Ehrenpunktes wegen diesen unchristlichen Privatstreit bis zum Morde führen? Glaube mir, wenn du jetzt, den besseren Grundsätzen deines ganzen Lebens zuwider, deinen Leidenschaften die Zügel schießen lässest, so werden dich die Folgen während der ganzen Zeit deines Lebens reuen, und, wenn der Himmel nicht barmherzig ist, sogar wenn dein Leben sich endigt.«

Finster stille blieb für einen Augenblick der Markham Everard, die Augen zu Boden gerichtet. Endlich sah er auf und antwortete ihr: »Alexis, du bist die Tochter eines Soldaten – die Schwester eines Soldaten. Alle deine Verwandten, selbst einen eingeschlossen, auf den du einst einige Rücksicht nahmst, sind durch diese unglücklichen Zwiste gezwungen worden, diesen Stand zu ergreifen. Doch hast du sie in das Feld ziehen sehen – manchmal sogar auf entgegengesetzten Seiten, um da ihre Pflichten auszuüben, wo ihre Grundsätze sie hinriefen – und doch bemerkte ich nie diesen außerordentlichen Grad von Interesse. Antworte mir, und deine Antwort soll mein Betragen entscheiden. – Ist dieser Jüngling, der dir erst seit Kurzem bekannt ist, dir schon von größerem Werthe, als jene theuren Blutsfreunde, Vater, Bruder und Vetter, deren Abreise zur Schlacht du mit verhältnißmäßig größerer Gleichgültigkeit ansah'st? – Sage das, und es soll genug sein – dann verlasse ich den Kampfplatz, um nie, weder dich noch dieses Land wieder zu sehen.«

»Bleib, Markham, bleib; und glaube mir, wenn ich sage, daß wenn ich deine Frage nicht verneinen kann, es bloß deßwegen geschieht, weil die Sicherheit des Mr. Kerneguy von größerer – weit größerer Wichtigkeit ist, als die eines von denen, welche du erwähntest.«

»Wirklich, ich wußte nicht, daß die Krone eines Lords im Werthe dem Reife eines Freiherrn so hoch überlegen ist,« sagte Everard, »doch habe ich schon gehört, daß viele Frauen so denken.«

»Sie verstehen mich schon wieder nicht,« sagte Alexis, die sich nicht aus der Schwierigkeit heraushelfen konnte, sich auf der einen Seite so auszudrücken, daß kein Unglück daraus entstehe, und auf der anderen doch die Eifersucht zu bekämpfen und die Rache zu entwaffnen wünschte, die sie im Busen ihres Geliebten aufsteigen sah. Aber sie fand keine Worte, die passend waren, den Unterschied zu bezeichnen, ohne zu einer Entdeckung des wirklichen Standes des Königes zu führen, und vielleicht dadurch zu seinem Untergang. – »Markham,« sagte sie, »habe Mitleiden mit mir. Dringe für jetzt nicht in mich – glaube mir, die Ehre und das Glück meines Vaters, meines Bruders und meiner ganzen Familie hängen an Mr. Kerneguy's Sicherheit – sind unauflöslich damit verbunden.«

»Ach ja doch – ich zweifle gar nicht daran,« sagte Everard; »das Haus Lee sah immer auf den hohen Adel und zog in seinen Verbindungen den schwärmerischen Royalismus eines Höflings der graden, ehrlichen Vaterlandsliebe eines einfachen Landedelmanns vor. Bei ihnen ist die Sache gewöhnlich. Aber bei dir, du – Alexis – o bei dir, die ich so innig liebte – die mich den Gedanken hegen ließ, daß meine Neigung nicht unerwiedert wäre. – Kann denn die Anziehungskraft eines bloßen Titels, die nichtigen höfischen Complimente eines Mannes von Stande dich schon in einigen Stunden dazu bewegen, einen ausschweifenden Lord einem Herzen wie das meinige ist, vorzuziehen?«

»Nein, nein – ach glaube mir's doch – nein,« sagte Alexis im höchsten Kummer.

»Gib deine Antwort, die so kummervoll zu sein scheint, in einem Worte, und sage, wessen Sicherheit wegen nimmst du so großen Antheil an der Sache?«

»Für beide – für beide,« sagte Alexis.

»Die Antwort kann mir nicht genügen, Alexis,« antwortete Everard, »hier handelt es sich nicht um Gleichheit. Ich muß und will wissen, auf was ich mich zu verlassen habe. Ich verstehe das Schwanken nicht, das ein Mädchen in Zweifel setzt, wie es bei zwei Bewerbern entscheiden solle; auch möchte ich dir nicht gerne die Eitelkeit zuschreiben, dich nicht mit einem Liebhaber begnügen zu wollen.«

Die Heftigkeit der Ausdrücke des Everard, als er seine lange, aufrichtige Ergebenheit bei den höfischen Reden eines lüderlichen Höflings schnell vergessen glaubte, erweckte den Muth der Alexis Lee, die, wie schon gesagt, auch in ihrem Charakter etwas von der Löwenlaune hatte, die ihrer Familie eigen war.

»Wenn man mir so falsche Gedanken unterschiebt,« sagte sie, »wenn man mich nicht des geringsten Vertrauens, nicht einer freundschaftlichen Auslegung würdigt, – dann höre meine Erklärung und meine Versicherung, daß, – wie sonderbar auch meine Worte scheinen mögen, – sie doch, recht ausgelegt, dich nicht beleidigen können. – Ich sage dir – ich sage es allen Anwesenden, und ich sage es diesem Edelmann selbst, der den Sinn dessen, was ich sage, wohl versteht, daß sein Leben und seine Sicherheit mir von größerem Werthe sind, oder sein müssen, als die eines jeden anderen Mannes im Königreiche – ja in der ganzen Welt, Jener sei nun auch wer er wolle.«

Diese Worte sprach sie in einem so festen und entschlossenen Tone, daß kein weiterer Streit mehr stattfinden konnte. Carl verbeugte sich tief und ernst, und schwieg. Everard aber, dessen Züge eine Bewegung verriethen, die sein Stolz zu unterdrücken nicht im Stande war – nahete sich seinem Gegner mit einer Stimme, bei welcher er umsonst nach Festigkeit strebte: »Sir, Sie hörten die Erklärung der Lady, und zwar ohne Zweifel mit den Gefühlen der Dankbarkeit, wie es dieser Fall im höchsten Grade verlangt. – Als ihr armer Verwandter und ihr unwürdiger Bewerber gedenke ich die Rücksichten, welche sie für mich hat, Ihnen zu übertragen; denn ich will nie die Ursache sein, die sie in Kummer versetzt. Ich hoffe daher, daß Sie es als keine unwürdige Handlung betrachten, wenn ich den Brief zurücknehme, welcher Ihnen die Mühe verursachte, sich um diese Stunde hier einzufinden. – Alexis,« sagte er, indem er sich gegen sie wandte, »leb wohl – Alexis – für jetzt und immer!«

Die arme junge Dame, die nun ihr kühner Geist gänzlich verlassen hatte, versuchte es, das Wort »lebe wohl!« zu wiederholen, aber es gelang ihr nicht; sie brachte nur einen unvollkommenen Laut hervor und würde zu Boden gesunken sein, wenn Doctor Rochecliffe sie im Falle nicht aufgehalten hätte. Auch Roger Wildrake, der zwei oder dreimal sein Auge mit den Ueberresten eines Taschentuches abgetrocknet hatte, nahm Theil an dem Kummer der Dame, obgleich er die mysteriöse Ursache nicht einsehen konnte, und eilte, dem Geistlichen beizustehen, eine so schöne Last zu tragen.

Unterdessen hatte der verkleidete Fürst alles stillschweigend und mit einer ungewohnten Bewegung beobachtet, die seine schwärzlichen Züge und mehr noch seine Bewegungen zu verrathen anfingen. Im Anfang blieb er fest auf seiner Stelle stehen, die Arme auf dem Busen gekreuzt, wie Jemand, der es abwartet, von dem Lauf der Umstände geleitet zu werden; dann aber veränderte er seine Stellung, rückte mit dem Fuß vor und zurück, öffnete und schloß die Hand, zeigte alle Spuren streitender und bewegender Gefühle, und schien auf dem Punkte zu stehen, einen Entschluß zu ergreifen, aber noch ungewiß zu sein, wie er es anfangen sollte.

Aber als er den Markham Everard sich mit einem Blick des unaussprechlichsten Schmerzes gegen Alexis wenden und dann ihr den Rücken zukehren sah, um fort zu gehen, brach er in seinen Lieblingsausdruck aus: »Alle Welt, das darf nicht geschehen!« In drei Schritten holte er den langsam wandelnden Everard ein, klopfte ihn freundlich auf die Schulter, und als Jener sich herumdrehte, sprach er mit einem befehlenden Tone, der ihm sehr zu Gebote stand: »Auf ein Wort, Sir!«

»Wie Sie befehlen, Sir,« erwiederte Everard, und da er natürlicher Weise die Absicht seines Gegners für eine feindliche hielt, so erhob er sein Schwert mit der linken Hand, legte die Rechte an den Griff und schien den Ruf nicht ungerne zu hören; denn Rache ist für die Täuschung wenigstens eben so angenehm, wie das Mitgefühl für die Liebe.

»Bst!« antwortete der König, »das kann für jetzt nicht stattfinden – Oberst Everard, ich bin Carl Stuart

Mit dem größten Erstaunen fuhr Everard zurück und rief dann aus: »Unmöglich – das kann nicht sein! – Der König der Schotten ist von Bristol aus entflohen. – Mylord Wilmot, man kennt Ihre Talente zur Intrigue – aber das wird mich nicht täuschen.«

»Der König der Schotten, Mr. Everard,« sagte Carl, – »da es Ihnen gefällt, seine Herrschaft also zu beschränken – wenigstens auf jeden Fall der älteste Sohn des letzten Herrschers von Britannien – steht jetzt vor Ihnen, also ist es unmöglich, daß er von Bristol aus entflohen sein kann. Doctor Rochecliffe wird mein Zeuge sein, und Ihnen überdies sagen, daß Wilmot ein schöner Mann mit blonden Haaren ist – das meinige, wie Sie sehen, ist rabenschwarz.«

Rochecliffe, welcher sah, was vorging, überließ Alexis der Vorsicht des Wildrake, dessen ausgezeichnete Zartheit in den Versuchen, die er machte, sie in's Leben zurückzurufen, einen liebenswürdigen Contrast mit seiner gewöhnlichen Wildheit bildete, und ihn so sehr beschäftigte, daß er für einen Augenblick die Sache nicht bemerkte, die ihn so sehr interessirt haben würde. Doctor Rochecliffe aber trat vor, die Hände mit allen Ausdrücken der Angst ringend, und mit allen Ausrufungen, die bei einem solchen Zustande gewöhnlich sind.

»Ruhig, Doctor Rochecliffe,« sagte der König mit der einem Fürsten ziemenden Selbstbeherrschung. »Wir sind, wie ich überzeugt bin, in den Händen eines Ehrenmannes. Mr. Everard muß gütigst nur einen flüchtigen Fürsten in der Person dessen finden, in dem er einen glücklichen Nebenbuhler zu entdecken glaubte. Er muß die Gefühle zu würdigen wissen, die mich daran verhinderten, von dem schützenden Geheimniß Gebrauch zu machen, das mir der ergebene Royalismus dieser jungen Dame auf die Gefahr ihres eigenen Glückes hin anbot. Er ist der, welchem meine Gnade nützt; und gewiß habe ich ein Recht zu erwarten, daß meine Lage – mit der es nicht zum besten steht – nicht noch dadurch verschlimmert wird, daß ich sie unter solchen Umständen im Vertrauen mittheilte. Auf jeden Fall ist das Geständniß geschehen, und jetzt ist es an dem Obersten Everard, sich zu betragen wie er will.«

»O Ihro Majestät! mein gnädigster Herr! mein König! mein königlicher Fürst!« rief Wildrake aus, der endlich entdeckte, was vorgegangen war, und nun auf seinen Knieen rutschte, des Königs Hand ergriff und sie küßte – mehr wie ein Kind das Zuckerbrod beleckt oder wie ein Liebhaber, der die ausgestreckte Hand seiner Geliebten verschlingt, als auf die Weise, wie man bei Hof es thut. – »Wenn mein theurer Freund Mark Everard sich bei dieser Gelegenheit als ein Hund beweisen sollte, so verlassen Sie sich nur auf mich, daß ich ihm auf der Stelle den Hals abschneiden werde, und sollte ich es einen Augenblick darauf mir selbst thun müssen.«

»Still, still, mein guter Freund und getreuer Unterthan,« sagte der König, »und beruhige dich; denn, obgleich Wir für einen Augenblick genöthigt waren, den Fürsten hervortreten zu lassen, so haben Wir doch weder Muße noch Sicherheit genug, Unsere Unterthanen im Königsornate zu empfangen.«

Everard, der eine Zeitlang ganz verwirrt dagestanden war, erwachte endlich wie aus einem Traume.

»Sire,« sagte er, indem er sich tief und mit der größten Ehrfurcht verbeugte, »wenn ich Ihnen die Huldigung eines Unterthans mit Knie und Schwert nicht anbiete, so ist es weil Gott, durch den die Könige regieren, Ihnen für jetzt die Macht versagte, Ihren Thron wieder zu besteigen, ohne den Bürgerkrieg von Neuem anzufachen. Daß Ihre Sicherheit von meiner Seite Gefahr liefe, das braucht auch keinen Augenblick Ihre Gedanken zu beunruhigen. Wenn ich auch Ihre Person nicht verehrte – wäre ich Ihnen auch nicht für die Güte verbunden, daß Ihr edles Eingeständniß das Unglück meines ganzen Lebens verhinderte, so würde doch, so weit ich Sie beschützen kann, Ihr Unglück mir Ihre Person so heilig gemacht haben, wie sie kein Royalist im Lande höher achten kann. Haben Sie Ihre Plane wohl überlegt und sichere Maßregeln getroffen, so betrachten Sie alles das, was vorging, nur als einen Traum. Sind Sie aber in einem Zustande, daß ich etwas dazu beitragen kann – meine Pflichten gegen die Republik ausgenommen, die mir nicht erlauben, an Plänen zu gewaltthätigen Handlungen Theil zu nehmen – so können Ihre Majestät über meine Dienste befehlen.«

»Es wäre möglich, daß ich Ihnen lästig fiele, Sir,« sagte der König; »denn ich bin jetzt nicht in den Umständen, auch nur das beschränkteste Anerbieten zum Beistand auszuschlagen. Aber wo möglich werde ich Sie damit verschonen. Ich möchte nicht gern meinetwegen das Mitleid eines Mannes seinem Pflichtgefühle entgegensetzen. Doctor, ich glaube, es wird wohl jetzt kein weiterer Kampf, weder mit dem Schwerte noch mit dem Stocke, stattfinden; also können wir wohl in's Jägerhaus zurückgehen, und diese,« – er sah auf Alexis und Everard – »zurücklassen, da sie sich vielleicht noch Manches zu erklären haben werden.«

»Nein – nein!« rief Alexis aus, die nun wieder vollkommen zu sich gekommen war und zum Theil durch ihre eigene Bemerkung, zum Theil durch den Bericht des Doctor Rochecliffe das was vorgefallen war, begriff. »Mein Vetter Everard und ich haben uns nichts zu erklären; er wird es mir verzeihen, wenn ich ihm wehe gethan habe, als ich nicht offen sprechen durfte; und ich vergebe es ihm, daß er mir Unrecht that. Aber ich habe es meinem Vater versprochen – wir dürfen uns für jetzt weder sprechen noch schreiben – ich kehre augenblicklich in's Jägerhaus zurück und er nach Woodstock, wenn nicht Sie, Sire,« indem sie sich gegen den König verbeugte, »auf eine andere Weise über seine Pflichten befehlen. – Augenblicklich in die Stadt, Vetter Markham; und sollte sich Gefahr nahen, so gib uns Nachricht.«

Everard hätte gerne ihre Trennung aufgeschoben, hätte sich gerne wegen seines ungerechten Verdachts entschuldigt, hätte tausenderlei Dinge zu sagen gehabt; aber sie wollte nicht hören, und sprach statt aller Antwort: »Leb wohl, Markham, bis Gott uns bessere Tage schickt!«

»Sie ist ein Engel der Tugend und der Schönheit,« sagte Roger Wildrake; »und ich, wie ein gotteslästerlicher Ketzer, ich nannte sie eine Straßenläuferin! Aber hat Eure Majestät – ich bitte Sie um Verzeihung – keine Befehle für den armen Hodge Wildrake, der sich und jedem Andern in England den Kopf spalten wird, wenn es Eurer Hoheit beliebt?«

»Wir bitten unsern guten Freund Wildrake, nichts Voreiliges zu thun,« sagte Carl lächelnd; »solche Köpfe wie der seinige sind selten, und sollten nicht so eilig weggeworfen werden, da man sie nicht schnell wieder sammeln kann. Wir empfehlen es ihm an, verschwiegen und vernünftig zu sein – nicht mehr mit getreuen Geistlichen der Kirche von England zu kämpfen, und sich mit möglichster Eile eine neue Jacke machen zu lassen, wozu Wir unsere königliche Hülfe anbieten. Seiner Zeit hoffen Wir, andere Dienste für ihn ausfindig machen zu können.«

Bei diesen Worten drückte er dem armen Wildrake zehn Goldstücke in die Hand, der des Uebermaßes seiner royalistischen Dankbarkeit nicht mächtig, wie ein Kind stotterte und dem König gefolgt haben würde, wenn nicht Doctor Rochecliffe mit kurzen aber entscheidenden Worten darauf bestanden hätte, daß er mit seinem Herrn zurückgehen müsse; wobei er ihm aber versprach, daß man gewiß seine Dienste zu der Flucht des Königs in Anspruch nehmen würde, wenn sich eine Gelegenheit fände, davon Gebrauch zu machen.

»Seien Sie so großmüthig, verehrter Herr, und Sie werden mich auf ewig verbinden,« sagte der Cavalier; »auch beschwöre ich Sie, mir wegen des thörichten Kampfes nicht böse zu sein.«

»Ich habe keine Ursache dazu, Kapitän Wildrake,« sagte der Doctor; »denn ich glaube, ich war wohl ziemlich der Stärkere.«

»Also gut, Doctor, dann verzeihe ich Ihnen meinerseits, und bitte nur um der christlichen Liebe willen, meine Hand zu der guten Sache zu gebrauchen; denn so wie mich die Hoffnung darauf am Leben erhält, so würde mich gewiß die Täuschung tödten.«

Während der Doctor und der Soldat sich also zusammen besprachen, nahm Carl Abschied von Everard, welcher, während Jener mit seiner gewöhnlichen Anmuth mit ihm sprach, mit unbedecktem Haupte da stand. – »Ich brauche Sie nun wohl nicht mehr zu bitten, künftighin nicht eifersüchtig auf mich zu sein,« sagte der König; »denn Sie sehen selbst ein, daß zwischen Alexis und mir von keiner Verbindung die Rede sein kann, wobei Sie auch Ihrerseits gar zu viel verlieren würden. Denn andere Gedanken könnte ja selbst der ausgelassenste Wüstling gegen ein so unendlich tugendhaftes Wesen nicht hegen; und wahrlich, es bedurfte bei mir dieses letzten, ausgezeichneten Beweises ihrer Tugend und Treue nicht, um ihre Vorzüge einzusehen. Ich konnte schon aus den Antworten, die sie mir auf einige thörichte, hingeworfene Galanterien gab, den erhabenen Charakter genüglich erkennen, der ihre Zierde ist. Mr. Everard, wie ich sehe, hängt ihre Glückseligkeit von Ihnen ab, und ich hoffe, Sie werden sie sorgsam bewahren. Können Wir irgend ein Hinderniß, das eurem Glücke im Wege liegt, hinwegräumen, so können Sie darauf rechnen, daß Wir unseren Einfluß gebrauchen werden. Leben Sie wohl, Sir; wenn wir auch keine vertrauteren Freunde werden können, so wollen wir doch wenigstens nie härter und schlimmer von einander denken, als in diesem Augenblick.«

In der Rede des Königs lag etwas ungemein Rührendes; in seiner Lage als ein Flüchtling in dem Königreiche, das durch das Recht der Erbschaft ihm gehörte, Etwas, was das Herz des Everard mächtig ergriff, obschon es den Grundsätzen der Politik entgegen war, die er bei der zerrütteten Lage seines Vaterlandes für seine Pflicht hielt. Er stand da, wie schon gesagt, mit entblößtem Haupte, und sein Betragen drückte die höchste Achtung aus, so daß es fast als eine Huldigung erscheinen konnte. Er verbeugte sich so tief, daß seine Lippen fast die Hand des Königes berührten – aber er küßte sie nicht. – »Ich würde Ihr Leben retten, Sir,« sagte er, »und müßte ich es mit dem meinigen erkaufen. Mehr –« er hielt ein und der König ergänzte den angefangenen Satz:

»Mehr können Sie nicht thun,« sagte Carl, »um ein ehrenvolles Auskommen zu behalten – aber genug davon; Sie können meiner ausgestreckten Hand die Huldigung nicht leisten, die einem Könige ziemt, aber Sie werden mich nicht daran verhindern, die Ihrige als Freund zu ergreifen, wenn Sie mir erlauben wollen, mich so nennen zu dürfen – wenigstens gewiß als Jemand der Ihnen wohl will.«

Everards großmüthige Seele ward gerührt. Er ergriff die Hand des Königes und drückte sie an seine Lippen. »Ach!« sagte er, »wenn bessere Zeiten kämen –«

»Verbinden Sie sich zu nichts, theurer Everard,« sagte der gutmüthige Fürst, der seine Bewegung theilte. »Wir überlegen nicht wohl, wenn unsere Gefühle bewegt sind. Ich will Niemanden zu seinem Schaden verleiten, auch soll mein hingeschwundenes Glück keinen Anderen mit fortreißen, weil er so menschlich ist, meine gegenwärtige Lage zu bemitleiden. Kommen bessere Zeiten – nun so werden wir uns wieder treffen und hoffentlich zu unserer beiderseitigen Zufriedenheit – wo nicht, wie Ihr zukünftiger Schwiegervater zu sagen pflegt (ein wohlwollendes Lächeln umschwebte sein Gesicht und stimmte lieblich zu dem feuchten Auge) – »wo nicht, so war das ein schöner Abschied!«

Everard wandte sich mit einer tiefen Verbeugung um; denn widerstrebende Gefühle bewegten ihn noch immer; vorherrschend war zwar in seiner Seele das Bewußtsein der Großmuth, mit welcher Carl auf seine eigene unendliche Gefahr hin die Dunkelheit verscheucht hatte, die das Glück seines Lebens zu verfinstern drohte, aber er fühlte auch, mit welchen großen Gefahren er jetzt umgeben war. Er kehrte in das Städtlein zurück, begleitet von Wildrake, der sich so oft mit thränenden Augen, mit gen Himmel erhobenen Händen umwandte, daß Everard ihn daran erinnern mußte, wie leicht seine Bewegungen von Jemanden bemerkt werden und Verdacht erregen könnten.

Auch der Aufmerksamkeit der Alexis war das großmüthige Betragen des Königs beim Schlusse der merkwürdigen Scene nicht entgangen. Verschwunden war plötzlich aus ihrem Herzen jede Abneigung gegen Carl wegen seines früheren Betragens, jeder Verdacht, der mit Recht dadurch rege geworden war, – erwacht war in ihrem Busen das Bewußtsein, daß er von Natur gutmüthig sei, und nun konnte sie die Rücksichten gegen seine Person mit der Verehrung seiner hohen Würde vereinigen, die ihr als ein Glaubensartikel eingeprägt worden war. Nunmehr fühlte sie die entzückende Ueberzeugung, daß seine Tugend sein eigenes Werk, seine Ausschweifung aber ein Fehler oder vielmehr ein Mangel an Erziehung, und die Folge der verderblichen Rathschläge seiner Schmeichler sei. Aber sie wußte oder überlegte es in diesem Augenblick nicht, daß in einem Boden, bei dem man nicht sorgfältig das Unkraut ausjätete, es den besten Samen überwachsen und verdrängen wird, selbst wenn es dem Boden an und für sich durchaus nicht zusagt. Denn wie Doctor Rochecliffe ihr später zur Erbauung sagte – und wobei er ihr nach seiner Gewohnheit versprach, den genauen Sinn bei anderer Gelegenheit zu erklären, wenn sie ihn daran erinnern würde – virtus rectorem ducemque desiderat; vitia sine magistro discuntur. (Die Tugend gebraucht einen Führer, das Laster lernt sich ohne Lehrer.)

Doch jetzt blieb zu solchen Betrachtungen keine Zeit übrig. Der gegenseitigen Offenherzigkeit durch eine Art geistiger Mittheilung gewiß, wodurch man sich in schwierigen Umständen vielleicht besser versteht, als durch Worte, schien nun aus dem Umgang zwischen dem Könige und Alexis alle Zurückhaltung und Planmäßigkeit verschwunden. Mit männlicher Offenheit und zugleich mit fürstlicher Herablassung bot er der erschöpften Alexis auf dem Wege nach Hause seinen Arm statt den des Doctor Rochecliffe an, und Alexis machte davon mit der bescheidensten Demuth, aber ohne einen Schatten von Mißtrauen oder Furcht, Gebrauch. Es schien, als habe die letzte halbe Stunde sie vollkommen mit ihrem gegenseitigen Charakter ausgesöhnt, und als sei nun Jeder vollkommen von der Reinheit und Offenheit des Andern überzeugt.

Unterdessen war Doctor Rochecliffe vier oder fünf Schritte zurückgeblieben; denn weniger gewandt und leicht als Alexis (die sich überdies noch auf den König stützte) war er außer Stande, ohne Anstrengung und Schwierigkeit mit Carl Schritt zu halten, der damals, wie schon gesagt, einer der besten Fußgänger in England war, und manchmal vergaß (wie die Großen es oft thun), daß ihm Andere nachstehen.

»Theure Alexis,« sagte der König, als wäre das Beiwort nur ein brüderliches, »Ihr Everard gefällt mir sehr – ich wünschte zu Gott, er wäre von unserer Partei – aber da das nicht sein kann, so bin ich überzeugt, daß er sich als ein großmüthiger Feind zeigen wird.«

»Mit Ihrer gnädigsten Erlaubniß, Sire,« sagte Alexis bescheiden aber mit einiger Festigkeit, »mein Vetter wird nie Ew. Majestät persönlicher Feind sein – er ist einer von Denjenigen, auf deren leichtestes Wort man sich mehr verlassen kann, als auf den Eid Derjenigen, die Alles hoch und heilig betheuern. Er ist vollkommen unfähig dazu, Ew. Majestät höchst großmüthiges und freiwilliges Zutrauen zu mißbrauchen.«

»Auf meine Ehre, ich glaube es auch, Alexis,« erwiederte der König. »Aber alle Welt, mein Mädchen, laß doch für jetzt die Majestät ruhen – es betrifft meine Sicherheit, wie ich es deinem Bruder neulich sagte. – Nenne mich also Sir, das ist ein Titel, der dem Könige, dem Pair, dem Ritter und dem Gentleman gebührt, oder lassen Sie mich lieber wieder der Louis Kerneguy sein.«

Alexis sah zu Boden und schüttelte das Haupt. »Ich bitte um Verzeihung, Ihre Majestät, das kann nicht sein.«

»Ja so, Louis war ein Wildfang – ein nichtiger, anmaßender Bube, und Sie möchten ihn vergessen? – Schön, dann können Sie auch Recht haben. – Aber wir wollen auf Doctor Rochecliffe warten,« sagte er mit gutmüthigem Zartgefühl, um Alexis fühlen zu lassen, daß er die Absicht nicht habe, sie in ein Gespräch zu verwickeln, das ihr unangenehme Ideen in's Gedächtniß zurückrufen könnte. Sie schwiegen also, und abermals fand sie sich getröstet und von Dank durchdrungen.

»Ich kann unsere schöne Freundin, Fräulein Alexis, nicht dazu überreden, Herr Doctor,« sagte der König, »daß sie mich vernünftiger Weise mit Ehrentiteln verschonen soll, während ich so geringe Mittel besitze, den Glanz derselben aufrecht zu erhalten.«

»Es ist ein Vorwurf gegen die Erde und das Glück,« sagte der Geistliche, soweit ihm seine Athemlosigkeit zu sprechen erlaubte, »daß die gegenwärtige Lage Ihrer geheiligten Majestät sich nicht mit der Darbringung jener Ehrenbezeugungen vereinigt, die Ihnen durch das Recht der Geburt zukommen, und die mit Gottes Beistand und den Anstrengungen Ihrer royalistischen Unterthanen ich Ihnen als ein erbliches Recht durch die allgemeine Stimme der drei Königreiche noch erwiesen zu sehen hoffe.«

»Wahr, Doctor,« erwiederte der König, »aber können Sie unterdessen der Fräulein Alexis nicht zwei Linien des Horaz erklären, die ich schon seit vielen Jahren in meinem Dickkopf nachtrage, bis ich endlich Gelegenheit gefunden habe, sie an den Mann zu bringen. Denn, wie meine getreuen Unterthanen von Schottland sagen: Wenn du eine Sache sieben Jahre lang aufhebst, so bist du am Ende doch sicher, sie zu etwas gebrauchen zu können – Telephus – ja so fängt's an.

Telephus et Peleus, cum pauper et exul uterque
Projicit ampullas et sesquipedalia verba.
«

»Ich will die Stelle dem Fräulein Alexis Lee erklären, wenn sie mich daran erinnert – oder vielmehr (fügte er hinzu, denn es fiel ihm ein, daß seine gewöhnliche ausweichende Antwort bei einem Befehle seines Herrschers nicht sehr anwendbar wäre), ich will einen Vers von meiner eigenen Uebersetzung des Gedichtes wiederholen:

Herren und Helden gestoßen hinaus,
Lassen Bombast und sieben Knixe zu Haus.«

»Eine höchst wunderbare Uebersetzung, Doctor,« sagte Carl, »ich fühle ihre ganze Kraft und vorzüglich die köstliche Uebertragung von sesquipedalia verba in sieben Complimenten, – Knixe wollt' ich sagen. Doch meine ich schon so Etwas halb und halb in den Contes de Commère L'oye (Erzählungen der Mutter Gans) gefunden zu haben.«

So schwatzend erreichten sie das Jägerhaus, und der König ging in seine Stube, um sich auf das Frühstück vorzubereiten. Allein – durchkreuzte folgende Idee sein Gemüth: »Wilmot und Villiers und Killigrew werden mich auslachen, wenn sie von einem Feldzug hören, wo es weder einen Sieg über einen Mann noch über eine Frau zu feiern gab. – Aber alle Welt – laß sie lachen, wie sie nur wollen, mir sagt Etwas in meinem Herzen, daß ich für einmal in meinem Leben recht gehandelt habe.«

Dieser Tag und der nächste verflossen in Ruhe, nur daß der König ungeduldig die Nachricht erwartete, die ihm anzeigen sollte, daß irgendwo an der Küste ein Schiff bereit läge. Doch war noch für keins gesorgt, aber er erfuhr, daß der unermüdliche Albert Lee mit großer persönlicher Gefahr die Seeküste von Stadt zu Dorf durchreise, und es versuche, Mittel zur Einschiffung unter den Freunden der königlichen Sache und den Correspondenten des Doctor Rochecliffe zu finden.



 << zurück weiter >>