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7. Kapitel

Sagloba lag wie ein Klotz, an den eigenen Säbel geknebelt, in derselben Stube, in welcher die Hochzeit stattgefunden hatte, und der fürchterliche Bandenführer saß neben ihm auf einem Schemel und weidete seine Augen an dem Entsetzen des Gefangenen.

»Guten Abend, Herr!« sagte er, als er die offenen Augen seines Opfers gewahrte.

Sagloba antwortete nichts, aber in einem Augenblick ernüchterte er sich so vollständig, als ob kein Tropfen über seine Lippen gekommen wäre, nur das Gekribbel wie von Ameisen ging ihm bis in die Fersen und kam von da zurück in den Kopf, und das Mark in den Knochen gerann ihm zu Eis. Man sagt, daß ein Ertrinkender im letzten Augenblick seine ganze Vergangenheit deutlich vor Augen hat, daß er sich an alles erinnert, und sich Rechenschaft gibt von dem, was mit ihm vorgeht. Einen solchen hellen Blick besaß in diesem Augenblick Sagloba, und das letzte Merkmal dieses Hellsehens war der stille, von den Lippen unausgesprochene Aufschrei:

»Der wird mir jetzt heimzahlen!«

Und der Führer wiederholte ruhigen Tones:

»Guten Abend, mein Herr!«

»Brr!« dachte Sagloba, »ich wollte, er geriete in Wut.«

»Erkennt Ihr mich nicht, Herr Edelmann?«

»Ich grüße Euch! Was macht Eure Gesundheit?«

»Sie ist nicht schlecht. Und mit Eurer, mit der will ich selbst mich befassen.«

»Ich habe Gott nicht um einen solchen Arzt gebeten und zweifle, daß ich Eure Arznei werde verdauen können, aber Gottes Wille geschehe.«

»Nun, Ihr habt mich kuriert, jetzt werde ich es Euch danken. Wir sind alte Freunde. Denkt Ihr daran, wie Ihr mir in Roslogi den Kopf verbunden habt? – Wie?«

Bohuns Augen leuchteten wie Karfunkelsteine, und die Linie seines Schnurrbartes verlängerte sich in einem gräßlichen Lachen.

»Ich erinnere mich,« sagte Sagloba, »daß ich Euch mit dem Messer erstechen konnte und es nicht tat.«

»Und ich, habe ich dich gestochen? Oder denke ich es zu tun? Nein? Du bist mir ein Freund, ein Geliebter; ich werde dich hüten wie das Auge im Kopfe.«

»Ich sagte es immer, daß Ihr ein edler Kavalier seid,« sagte Sagloba, indem er tat, als nehme er Bohuns Worte für bare Münze, gleichzeitig aber fuhr ihm der Gedanke durch den Sinn: ich sehe schon, daß er für mich etwas ganz Besonderes ausfindig machen wird, ich werde keines gewöhnlichen Todes sterben.

»Ihr habt gut gesprochen,« höhnte Bohun. »Ihr seid ebenfalls ein edler Kavalier, wir haben uns gesucht und gefunden.«

»Die Wahrheit zu gestehen, suchte ich Euch nicht, aber ich danke für das gute Wort.«

»Ihr werdet mir bald noch besser danken, und ich werde danken dafür, daß Ihr mir das Mädchen von Roslogi nach Bar gebracht habt. Dort habe ich sie gefunden, und jetzt, seht! möchte ich Euch zur Hochzeit bitten, aber die ist nicht heute und nicht morgen – jetzt ist Krieg, und Ihr seid ein alter Mensch, vielleicht erlebt Ihr es nicht einmal.«

Trotz der schrecklichen Lage, in der er sich befand, spitzte Sagloba die Ohren.

»Zur Hochzeit?« brummte er.

»Und was dachtet Ihr?« sagte Bohun. »Bin ich denn ein Bauer, daß ich sie ohne den Popen zwingen sollte, oder sollte es mir nicht zukommen, daß ich in Kijew getraut werde? Nicht für einen Bauern habt Ihr sie nach Bar gebracht, sondern für einen Attaman und Hetman ...«

»Gut!« dachte Sagloba.

Dann wandte er den Kopf zu Bohun hin.

»Laßt mir die Fesseln abnehmen,« sagte er.

»Liegt nur, liegt nur, Ihr werdet eine Reise antreten, und Ihr seid alt, Ihr müßt vorher ausruhen.«

»Wohin wollt Ihr mich führen?«

»Ihr seid mein Freund, so will ich Euch zu meinem anderen Freunde Krschywonos bringen. Wir beide werden schon dafür sorgen, daß es Euch dort wohl geht.«

»Das wird heiß werden!« brummte der Edelmann, und wieder lief es ihm kalt über den Rücken.

Endlich fing er an zu sprechen:

»Ich weiß, daß Ihr mich hasset; aber mit Unrecht, mit Unrecht, – das weiß Gott. Wir haben zusammen getrunken, denn ich hatte Eures flotten Wesens wegen eine väterliche Zuneigung für Euch, wie Ihr sie besser in der ganzen Ukraine nicht finden konntet. Und wie? Bin ich Euch in den Weg gekommen? Wenn ich damals mit Euch nicht nach Roslogi geritten wäre, so lebten wir heute noch in der besten Freundschaft, – und aus welchem Grunde bin ich mitgegangen, wenn nicht, weil ich es gut mit Euch meinte? Und wäret Ihr nicht toll geworden, hättet Ihr nicht jene unglücklichen Menschen gemordet, – Gott weiß es – ich wäre Euch nicht entgegengetreten. Was kümmern mich fremde Angelegenheiten! Es wäre mir lieber, das Mädchen wäre Euer als eines anderen. Aber bei Eurer tatarischen Liebeswerbung schlug mir doch das Gewissen, daß Ihr einem adligen Hause das antut. Ihr selbst hättet nicht anders an meiner Stelle gehandelt. Ich konnte Euch ja aus der Welt schaffen zu meinem eigenen Vorteil, – und doch habe ich es nicht getan, weil ich ein Edelmann bin und mich einer solchen Tat schämte. So schämt auch Ihr Euch, denn ich weiß, daß Ihr Rache an mir nehmen und mich quälen wollt. Das Mädchen ist doch in Euren Händen – was wollt Ihr noch von mir? Habe ich sie nicht bewacht, wie das Auge im Kopfe, dieses Euer höchstes Gut? Ihr seid noch jung und wißt nicht, was Euch begegnen kann, und für meinen Tod wird Gott Euch strafen an dem, was Euch das Liebste ist.«

Bohun erhob sich von dem Schemel, blaß vor Wut, und, näher zu Sagloba hintretend, sprach er mit zornerstickter Stimme: »Du unreines Wildschwein, in Stücke werde ich dich reißen, am offenen Feuer dich braten, mit Zwecken dich spicken und Fetzen von dir reißen lassen!«

Und in einem Anfall von Tollwut griff er nach dem Messer, welches im Gurte herabhing, preßte es einen Augenblick konvulsivisch in der Faust – und schon blitzte es vor den Augen Saglobas, aber noch einmal bezähmte sich der Bandenführer, steckte das Messer zurück in die Scheide und schrie:

»Jungen!«

Sechs Saporoger stürzten in die Stube.

»Nehmt dieses Aas, werft es in den Schweinestall und bewacht es, wie das Auge im Kopfe.«

Die Soldaten packten Sagloba, zwei an den Händen und den Füßen, einer hinten am Schopfe, trugen ihn aus der Stube über den ganzen Platz vor dem Hause und warfen ihn endlich auf einen Düngerhaufen in einem in der Nähe stehenden Stall, dann schlossen sie die Tür. Den Gefangenen umgab völlige Finsternis, nur durch die Ritzen zwischen den Balken und den Löchern im Strohdach drang hier und da ein bleicher, nächtlicher Schimmer. Nach einer Weile hatte sich Saglobas Auge an die Dämmerung gewöhnt. Er sah um sich und bemerkte, daß in dem Schweinestalle sich weder Schweine noch Kriegsknechte befanden. Nur die Gespräche der letzteren hörte er deutlich durch alle vier Wände; jedenfalls war das ganze Gebäude dicht umstellt, aber trotz dieser Wachen atmete Sagloba tief auf.

Vor allen Dingen lebte er. Als Bohun das Messer über ihm schwang, war er gewiß, daß seine letzte Stunde gekommen sei, – er hatte seine Seele Gott befohlen. Aber Bohun hatte wohl beschlossen, ihn für eine ungleich raffiniertere Todesart aufzubewahren. Er hatte nicht nur das Verlangen, sich zu rächen, sondern wollte sich auch an den Qualen desjenigen werden, welcher ihm das Mädchen entrissen, das er liebte, seine Kriegsehre in Gefahr gebracht und ihn selbst lächerlich gemacht hatte dadurch, daß er ihn wie ein Kind gefesselt. Für Sagloba eröffnete sich eine traurige Aussicht, aber augenblicklich tröstete ihn der Gedanke, daß er noch lebe, daß man ihn zu Krschywonos führen und ihn aushorchen werde. Er hatte also einige, vielleicht auch mehrere Tage vor sich, unterdes lag er einsam hier im Stalle und hatte in der nächtlichen Stille Muße, über seine Lage nachzudenken. Das war die eine, die gute Seite der Sache, wenn er aber an die schlimme dachte, so überlief es ihn, als ob Tausende von Ameisen auf ihm umherliefen.

Ihm blieb nur die List! ...

Nach einer Weile aber dachte Sagloba, daß, wenn er freie Hände und Füße hätte, er leichter ein Rettungsmittel ausfindig machen könnte. Wie, wenn er es versuchte, sie von den Fesseln zu befreien? Wenn es ihm nur gelang, den Säbel unter den Knieen hinwegzuschieben, das andere ginge schon besser. Aber, wie ihn herunterbekommen? Er drehte sich auf die Seite – es ging nicht. Sagloba dachte nach.

Hierauf fing er an sich auf dem Rücken hin und her zu wälzen, immer schneller und schneller, und jede Bewegung brachte ihn einen halben Zoll vorwärts. Es wurde ihm heiß, er schwitzte mehr als beim Tanze; manchmal hörte er auf, um auszuruhen, manchmal auch unterbrach er die Arbeit, weil es ihm schien, daß einer oder der andere der Kriegsknechte sich der Tür nähere, und immer wieder fing er mit neuem Eifer an, bis er sich endlich an die Wand gewälzt hatte. Jetzt begann er sich anders zu kugeln, nicht vom Kopfe nach den Füßen zu, sondern von Seite zu Seite, so daß er bei jeder Bewegung leicht mit der Spitze des Säbels an die Wand stieß. Immer weiter schob sich dieser unter den Knieen hervor, der inneren Seite mit dem Griffe zu.

Das Herz schlug ihm wie ein Hammer, denn er sah, daß seine Mühe Erfolg haben könne. Und er arbeitete weiter, immer bemüht, so leise wie möglich anzuklopfen, und nur dann, wenn das dadurch verursachte Geräusch von den Gesprächen der Soldaten übertönt wurde. Endlich war der Augenblick gekommen, wo die Spitze des Säbels sich in gleicher Linie mit dem Ellbogen und dem Knie befand, so daß weitere Stöße an die Wand ihn nicht weiter schieben konnten. Aber dafür hing er von der anderen Seite ein großes Stück über, und dazu der schwerere Teil, wenn man den Griff in Betracht zog. An dem Griff des Säbels befand sich ein Kreuz, wie es gewöhnlich bei dieser Waffe, die keinen Bügel hat, der Fall war, und Herr Sagloba rechnete auf dieses Kreuz.

Zum dritten Male fing er an sich zu kugeln, aber jetzt war der Zweck seiner Bemühungen, mit den Füßen an die Wand zu kommen. Als er das erreicht hatte, schob er sich der Länge nach. Der Säbel steckte noch zwischen den Kniekehlen und den Händen, aber er blieb bei jedem Ruck an den Unebenheiten des Bodens hängen, – jetzt blieb das Kreuz festgehakt, Herr Sagloba rückte zum letzten Male kräftiger, und – für einen Augenblick heftete die Freude ihn an den Boden fest.

Der Säbel war vollständig herausgezogen.

Nun zog der Edelmann die Hände von den Knieen, und obgleich er sie noch zusammengebunden hatte, konnte er mit ihnen doch den Säbel umdrehen. Er hielt mit den Füßen die Scheide fest und zog die Klinge heraus. Die Fesseln an den Füßen zu zerschneiden, war das Werk eines Augenblickes.

Schwerer ging es mit den Händen.

Herr Sagloba mußte sich den Säbel auf dem Miste zurechtlegen, mit dem Rücken nach unten und der Schneide nach oben, und so lange mit den Fesseln darüber hinfahren, bis sie zerschnitten waren.

Nachdem er das vollbracht hatte, war er nicht nur frei, sondern auch bewaffnet. Er atmete tief auf, dann bekreuzte er sich und dankte Gott.

Aber von dem Zerschneiden der Fesseln bis zur Befreiung aus Bohuns Händen war es noch weit.

»Was nun?« fragte Sagloba sich selbst. Und er fand keine Antwort. Der Stall war mit Soldaten umstellt, es waren zusammen wohl an hundert Mann, eine Maus hätte nicht ungesehen hindurchschlüpfen können, geschweige denn ein so starker Mensch wie Sagloba.

»Ich sehe, daß ich anfange schwerfällig zu werden,« sprach er zu sich selbst, »mein Witz ist so viel wert wie Stiefelschmiere, obgleich man auch die noch besser bei den Ungarn auf dem Markte zu kaufen bekäme. Wenn mir Gott keinen guten Gedanken eingibt, so werde ich eine Speise der Krähen; kommt mir aber eine Idee, so gelobe ich, in der Keuschheit zu beharren, wie Herr Longinus.«

Die laute Unterhaltung der Männer draußen unterbrach seinen Gedankengang; er sprang hinzu und drückte das Ohr an eine Ritze zwischen den Balken. Die ausgedorrten, kiefernen Balken gaben die Worte zurück, wie der Resonanzboden die Töne der Laute, – er hörte sie ganz deutlich.

»Und wohin gehen wir von hier aus, Vater Owsivny?« fragte eine Stimme.

»Ich weiß nicht, wahrscheinlich nach Kamieniez,« antwortete eine andere.

»Bah! Die Pferde schaffen es nicht, sie schleppen kaum noch ihre Beine fort.«

»Darum stehen wir auch hier; sie sollen bis zum Morgen ruhen.«

Es folgte eine Pause, dann sagte die erste Stimme leiser als vorher:

»Und mir scheint es, Vater, daß der Attaman von Kamieniez aus nach Jampol gehen wird.«

Sagloba hielt den Atem an.

»Schweige, wenn dir dein junger Kopf lieb ist,« lautete die Antwort.

Wieder folgte Schweigen, nur von den anderen Wänden her kamen Flüstertöne.

»Sie sind überall, überall wachen sie,« brummte Sagloba.

Und er ging zur gegenüberliegenden Wand.

Diesmal hörte er das Knirschen, wie es Pferde verursachen, wenn sie Hafer kauen, und das Schnaufen der Pferde, die hier jedenfalls standen. Zwischendurch mußten die Kriegsknechte sich liegend unterhalten, denn die menschlichen Laute kamen von unten heraus.

»Ha!« sagte der eine, »wir sind bis hierher geritten, ohne zu schlafen, ohne zu essen, ohne den Pferden Ruhe zu gönnen, und nur darum, damit wir im Lager Jaremas auf die Pfähle kommen.«

»Ist es sicher, daß er hier ist?«

»Die Leute, welche aus Jarmolin geflohen sind, sahen ihn, wie ich dich sehe. Es ist schrecklich, was sie erzählen: er ist hoch wie eine Tanne, hat im Kopfe zwei Feuerbrände, und sein Pferd ist ein Drache.«

»O, Jungfrau, erbarme dich!«

»Wir sollten diesen Lechen samt seinen Soldaten mitnehmen und entfliehen.«

»Wie willst du fliehen? Die Pferde krepieren so schon.«

»Es steht schlecht, Bruder. Wenn ich der Attaman wäre, so schnitte ich diesem Lechen den Hals durch und ginge, sei es zu Fuß, nach Kamieniez zurück.«

»Wir werden ihn mit nach Kamieniez nehmen, die Attamans wollen sich mit ihm ein Vergnügen machen.«

»Eher sollen die Teufel mit euch ihre Späße treiben,« brummte Sagloba.

Merkwürdig! Trotz der großen Furcht vor Bohun, und vielleicht gerade wegen derselben, schwur er, daß er sich lebend nicht ergeben wolle. Er war jetzt frei von Fesseln, mit dem Säbel in der Hand würde er sich verteidigen. Erschlugen sie ihn, nun, was weiter; aber lebendig sollten sie ihn nicht haben.

Das Schnaufen und Stöhnen der jedenfalls außergewöhnlich müden Pferde übertönte jetzt die weitere Rede; brachte aber dafür Sagloba auf einen anderen Gedanken.

»Wenn ich durch diese Wand brechen und unvermutet auf ein Pferd springen könnte!« dachte er. »Es ist Nacht – ehe sie dahinter kämen, was geschehen, wäre ich ihnen aus den Augen. In diesen Schluchten und Tälern ist die Verfolgung schon beim Sonnenlicht schwer, wieviel mehr im nächtlichen Dunkel. Gott helfe mir!«

Aber es wäre schwierig gewesen, eine Gelegenheit abzupassen; man hätte müssen die Wand durchbrechen, und dazu hätte man ein Longinus sein müssen, oder wie ein Fuchs sich unten durchgraben, und auch da noch hätten sie es hören und sehen müssen, und ehe noch der Fuß einen Steigbügel erreichte, würde der Flüchtling gefangen sein.

Tausend solcher Gedanken gingen Sagloba durch den Kopf, aber eben, weil es Tausende waren, gelangte ihm keiner zur Klarheit.

»Es kann nicht anders kommen, mein Fell wird herhalten müssen,« dachte er.

Und er ging zur dritten Wand.

Plötzlich stieß er mit dem Kopfe an etwas Hartes, er betastete es und fand eine kleine Leiter. Der Stall war also kein Schweinestall, sondern ein Ochsenstall und hatte bis zur Hälfte seiner Länge einen Bodenraum, welcher als Stroh- und Heulager diente. Ohne sich zu besinnen, stieg Sagloba hinauf.

Oben setzte er sich, verpustete sich und zog dann langsam die Leiter hinter sich hinauf.

Das ging ihm leicht von statten, da die Kriegsknechte, um die Langeweile des Wachens zu vertreiben, sich immerfort unterhielten. Dazu hatte sich ein starker Wind erhoben, so übertönte das Rauschen der Blätter in den nahe stehenden Bäumen das Geräusch, welches das Emporheben der Strohschauben verursachte.

Nach einer Weile war ein Loch fertig. Sagloba steckte den Kopf hindurch und sah sich um.

Die Nacht fing schon an zu weichen, und an der östlichen Seite des Himmels zeigte sich die erste Morgendämmerung, also sah Herr Sagloba bei dem blassen Lichte, daß der Platz vor dem Hause ganz mit Pferden besetzt war; dicht vor der Hütte lagen in langen Reihen die schlafenden Kriegsknechte wie unregelmäßige, lange, undeutliche Linien. Weiterhin war der Brunnenschwengel und der Trog, in welchem Wasser glänzte, und dicht daneben wieder eine Reihe Schlafender und mehrere Kriegsknechte, die mit blanken Säbeln in den Händen diese Reihe auf und ab schritten.

»Das sind meine Leute, welche sie gefesselt haben,« murrte der Edelmann. »Bah!« setzte er hinzu, »wenn es die meinigen wären, aber sie sind des Fürsten. Ich war ihnen ein guter Führer, ohne Widerrede! Ich führte sie dem Wolf in den Rachen.«

Hier fielen Saglobas Blicke wieder auf die Hütte, in welcher Bohun schlief; sie blieben an der Tür derselben haften.

»O, schlafe, Spitzbube,« brummte er, »schlafe! Möge dir träumen, daß dich die Teufel abhäuten, denn dem entgehst du doch nicht. Du wolltest aus meiner Haut ein Bastsieb machen, aber wir wollen sehen, ob ich dir die deinige nicht so gut zurichte, daß sie nicht einmal zu Hundestiefeln taugt. Wag es nur hier herauf zu mir zu kommen. Wenn ich nur fort von hier könnte, ach, wenn ich könnte! Aber wie?«

Und wieder jagte eine Idee die andere, bis ihm der Kopf brummte, aber es waren ihrer zu viele, so daß er nicht zu wählen vermochte.

Inzwischen wurde es immer heller. Die Umgebung der Hütte trat aus dem Schatten hervor, das Dach derselben überzog sich wie silbern. Schon konnte Sagloba die verschiedenen Gruppen im Hofe unterscheiden, schon erkannte er die Farbe der Kleider seiner am Brunnen liegenden Leute und die Schafpelze, unter denen die Aufständischen an der Hütte schliefen.

Plötzlich erhob sich eine Gestalt aus den Reihen der Schlafenden und ging langsamen Schrittes über den Hof, hier und da bei den Menschen und Pferden stehen bleibend, ein paar Worte mit den Wachen sprechend, dann näherte sie sich dem Stalle. Im ersten Augenblick glaubte Sagloba, es sei Bohun, denn er hatte bemerkt, daß die Wachen mit jenem wie Untergebene zu ihrem Vorgesetzten gesprochen hatten.

»Ei!« brummte er, »wenn ich jetzt eine Büchse in der Hand hätte, möchte ich dir zeigen, wie man sich mit den Beinen zudeckt.«

In diesem Augenblicke erhob die Gestalt den Kopf, und auf ihr Gesicht fiel ein grauer Schein des Dämmerlichtes.

Das war nicht Bohun, es war der Rottenführer Holody, welchen Sagloba sofort erkannte, denn er erinnerte sich seiner sehr gut aus der Zeit her, wo er mit Bohun in Tschechen gute Kameradschaft gehalten hatte.

»Jungens!« sagte Holody, »schlaft ihr auch nicht?«

»Nein, Brüderchen, wenn wir auch schläfrig sind. Es wäre Zeit, uns abzulösen.«

»Man wird es gleich tun. Und der Gefangene ist nicht entflohen?«

»O, o! Nur seine Seele könnte entwichen sein, denn er hat nicht gemuckst!«

»Das ist ein durchtriebener Fuchs. Seht einmal nach, was mit ihm vorgeht, er ist imstande, in die Erde zu versinken.«

»Gleich!« antworteten einige von den Kriegsknechten und näherten sich der Stalltüre.

»Werft auch Heu vom Boden. Reibt die Pferde ab. Mit Sonnenaufgang rücken wir aus.«

»Gut, Brüderchen!«

Sagloba verließ eiligst seinen Stand bei dem Loche im Dache und kroch in die Bodenöffnung. Gleichzeitig hörte er das Knarren der Türangeln und das Rascheln des Strohes unter den Tritten der Knechte. Das Herz schlug ihm zum Zerspringen, die Faust umschloß den Griff des Säbels fester, während er im Geiste den Schwur erneute, daß er sich eher lebendig mit dem Stalle verbrennen oder in Fetzen hauen lassen wollte, als sich lebendig fangen zu lassen. Er dachte auch, daß jeden Augenblick die Kriegsknechte ein fürchterliches Geschrei erheben würden, aber er irrte sich. Er hörte nur, wie sie eine Zeitlang immer schneller im Stalle umherliefen, endlich sagte einer: »Was für ein Satan! Ich kann ihn nicht ertasten! Wir haben ihn doch hierher geworfen.«

»Hält er es mit dem Bösen, oder was? Mach Feuer an, Wasyl, es ist finster hier wie im Walde.«

Es wurde still. Wasyl suchte wahrscheinlich Feuerstein und Schwamm, der andere fing an leise zu rufen.

»Antwortet, Herr Edelmann!«

»Kraue du dem Hund das Ohr!« brummte Sagloba.

Jetzt klirrte der Stahl des Feuerzeuges, ein Funkenregen sprühte und beleuchtete das dunkle Innere des Stalles und die Köpfe der Kriegsknechte, die mit Kapuzen bedeckt waren, dann wurde es finsterer als zuvor.

»Er ist fort! Er ist fort!« riefen heftige Stimmen.

Dann sprang einer der Türe zu.

»Brüderchen Holody! Brüderchen Holody!«

»Was gibt es?« fragte der Rottenführer, in die Türe tretend.

»Der Leche ist fort!«

»Wie, fort?«

»Er muß in die Erde versunken sein! Er ist nirgends zu sehen. O Gott, erbarme dich! Wir haben Feuer geschlagen – er ist fort!«

»Das ist unmöglich! O, der Attaman würde euch das anstreichen! Ist er entflohen, oder was? Seid ihr eingeschlafen?«

»Nein, Brüderchen, wir haben nicht geschlafen. Auf unserer Seite ist er nicht aus dem Stalle gekommen.«

»Stille, weckt den Attaman nicht. Wenn er nicht herausgekommen ist, so muß er irgendwo sein. Habt ihr überall gesucht?«

»Überall.«

»Auch auf dem Heuboden?«

»Wie konnte er denn auf den Heuboden, wenn er gefesselt war?«

»Du Narr. Wenn er sich nicht aufgebunden hätte, so wäre er hier. Sucht auf dem Heuboden. Schlagt Feuer!«

Wieder sprühten Funken. Die Nachricht durchlief schnell den ganzen Wachtkreis. Man eilte mit der in plötzlichen Fällen gewöhnlichen Eile zum Stalle; schnelle Tritte wurden hörbar, eilige Fragen, noch eiligere Antworten. Ratschläge flogen hin und her, wie Schwerter im Gefecht.

»Auf den Boden! Auf den Boden!«

»Und Wachen außen!«

»Weckt den Attaman nicht; denn es geht euch schlecht!«

»Es ist keine Leiter da!«

»Bringt eine andere!«

»Springt in die Hütte und seht, ob dort eine ist.«

»O, der verdammte Leche!«

»Steigt an den Ecken auf das Dach, durch das Dach dringt auf den Boden.«

»Das geht nicht, denn es steht vor und ist mit Brettern unternagelt.«

»Bringt Spieße. Wir wollen an den Spießen hinaufklettern. Dieser Hund, er hat die Leiter hinaufgezogen.«

»Bringt Spieße!« ertönte die Stimme Holodys.

Die Knechte eilten nach Spießen, andere hoben die Augen nach dem Heustall. Das Morgengrauen drang durch die offene Tür auch in den Stall, und bei seinem ungewissen Scheine sah man die viereckige Öffnung des Heubodens schwarz und still.

Von unten riefen vermittelnde Stimmen:

»Nun, Herr Edelmann! Laßt die Leiter herunter und steigt herab. Ihr entkommt so nicht, wozu die Mühe? Kommt! Kommt!« – Stillschweigen.

»Kommt herab, wenn nicht, so reißen wir Euch das Fell vom Kopfe und werfen Euch kopfüber in den Misthaufen herunter.«

Sagloba blieb gleich stumm auf die Drohungen, wie auf die Schmeicheleien. Er saß im Dunkel, wie ein Dachs im Bau, bereit zur hartnäckigsten Verteidigung. Nur den Säbel umklammerte er immer fester, schnaufte ein wenig und betete im stillen.

Unterdessen hatte man Spieße gebracht, drei davon zusammengebunden und mit den Spitzen nach der Öffnung zu aufgestellt. Herr Sagloba dachte schon daran, ob er sie nicht fortnehmen und heraufziehen solle, – aber er dachte auch daran, daß das doch wohl zu niedrig und er daher nicht imstande sein möchte, sie ganz hinaufzubekommen. Übrigens hätte man sofort andere gebracht.

Inzwischen füllte sich der ganze Stall mit Kriegsknechten an. Die einen leuchteten mit Kien, andere schleppten die verschiedensten Stangen und Wagenleitern herbei, welche sich jedoch als zu kurz erwiesen. Man band sie also schleunigst mit Riemen zusammen und stellte sie an. Holody selbst stieg hinauf und sagte im Hinaufklimmen:

»Ihr seht, Herr Edelmann, wir spaßen nicht. Ihr habt Euch vorgenommen, auf dem Boden zu sitzen, so sitzt, aber verteidigt Euch nicht; wir bekommen Euch doch, und sollte der ganze Stall niedergerissen werden. Nehmt Verstand an!«

Bald erreichte sein Kopf die Öffnung und verschwand allmählich darin.

Plötzlich hörte man ein Sausen, der Kosak schrie entsetzlich, wankte und stürzte mit gespaltenem Kopfe zwischen die Untenstehenden.

»Er schlägt! Er schlägt!« schrien die Knechte.

Eine schreckliche Verwirrung entstand, Geschrei und Rufen erhob sich, welches von Saglobas Donnerstimme überschrien wurde.

»He! Ihr Spitzbuben, Menschenfresser, ihr Peitschenschwengel! Bis auf den letzten schlage ich euch zusammen, ihr räudigen Schelme. Ihr sollt eine Ritterhand kennen lernen. Ehrliche Menschen in der Nacht zu überfallen, einen Edelmann in den Schweinestall zu sperren – Ha! Ihr Gesindel!«

»Er schlägt! Er schlägt!« schrien die Knechte.

»Wir wollen den Stall verbrennen!«

»Ich werde ihn selbst verbrennen, ihr Büffelschwänze, aber mit euch!«

»Steigt mehrere zugleich hinauf,« rief ein alter Kosak. »Haltet die Leiter, stützt sie mit Spießen, bringt Strohbündel auf die Köpfe und vorwärts, – wir müssen ihn haben!«

Indem er das sagte, stieg er hinauf, mit ihm zugleich zwei Gefährten; die Sprossen brachen, die Leiter bog sich noch mehr, aber über zwanzig starke Arme faßten sie unten, weiter oben wurden sie mit Spießen gestützt. Andere steckten die Spitzen der Spieße in die Öffnung, um die Säbelhiebe abzuhalten.

Einige Minuten später fielen drei neue Körper auf die Köpfe der Untenstehenden.

Herr Sagloba, erhitzt von dem Erfolge, brüllte wie ein Büffel, seinem Munde entströmten solche Flüche, wie sie die Welt noch nicht gehört hatte, und die geeignet waren, die Herzen der Kriegsknechte ganz mutlos zu machen, wenn diese nicht eben jetzt von einer wahren Tollwut befallen worden wären.

Einige stachen mit Spießen aufs Geratewohl in die Bodenöffnung, andere drängten zur Leiter hinauf, obgleich der sichere Tod ihrer dort wartete.

Plötzlich erhob sich wieder ein Geschrei an der Tür, und Bohun selbst sprang in den Stall. Er war ohne Mütze, nur in Hose und Hemdsärmeln; in der Hand hielt er den gezogenen Säbel, die Augen sprühten Flammen.

»Durch das Dach, Hundeseelen!« schrie er. »Reißt die Schrauben auseinander und fangt ihn lebendig.«

Und Sagloba, als er ihn sah, brüllte:

»Du Bauer, komm einmal her! Die Ohren und die Nase schlage ich dir ab, den Hals will ich nicht, der ist des Henkers Eigentum. Wie! Hat dich denn Furcht befallen? Hast du Angst, du Leuteknecht? Bindet mir diesen Schelm, und ihr sollt Gnade vor mir finden. Hierher, du Galgenstrick, du Storchschnabel! Stecke nur den Kopf herauf. Komm nur, komm nur, ich werde mich freuen – ich werde dich empfangen, so, daß dein Vater, der Teufel, und deine Mutter, die Dirne, dir vor Augen stehen sollen.«

Inzwischen fingen die Dachsparren an zu knacken. Wahrscheinlich waren die Kriegsknechte schon oben und fingen an, das Dach abzudecken.

Sagloba hörte es, aber die Angst benahm ihr die Kräfte nicht mehr. Er war wie trunken von Kampflust und Blut.

»Ich will in einen Winkel springen und dort mein Leben enden!« dachte er.

Aber in diesem Augenblick knallten auf dem ganzen Hofe Schüsse, und zugleich stürmten mehrere Kriegsknechte in den Stall.

»Brüderchen! Brüderchen!« schrien sie laut, »komm schnell!«

Sagloba verstand im ersten Augenblick nichts von dem, was geschah – er stand verwundert da. Er blickte durch die Bodenöffnung hinab, niemand mehr da. Die Sparren hören auf zu krachen.

»Was soll das heißen? Was ist geschehen?« rief er laut. »Ha, ich verstehe. Sie wollen den Stall in Brand stecken und schießen mit Pistolen ins Dach.

Jetzt hörte man außen einen immer größer werdenden Lärm von Stimmen und Pferdegetrappel, Schüssen, vermischt mit Geheul und Klirren von Eisen.

»Gott! Das klingt wie ein Gefecht!« dachte Sagloba und lief zu seinem Guckloch im Dache. Er sah hinaus und – die Füße schwankten ihm vor Freude.

Im Hofe toste das Gefecht; was Herr Sagloba sah, war die schreckliche Niederlage der Kriegsknechte Bohuns. Plötzlich überfallen, erschreckt durch die an die Köpfe und auf die Brust gesetzten Pistolen, an die Zäune, die Hütte und die Scheune gedrückt, mit Säbeln niedergehauen, gedrängt und getreten von der auf sie eindringenden Pferdemenge, erlagen sie fast widerstandslos.

Und endlich auch sah Herr Sagloba den kleinen Herrn Wolodyjowski, wie er an der Spitze mehrerer Soldaten neben dem Tore stand, mit der Stimme und dem Feldherrnstab Befehle erteilend, zuweilen auch seinen Braunen in das Gedränge werfend. Dann, sobald er eine Wendung machte, fiel regelmäßig ein Mensch, ohne nur einen Laut von sich zu geben.

Als Herr Sagloba das sah, stampfte er mit den Füßen, daß Staubwolken aufstiegen, klatschte in die Hände und brüllte.

»Schlagt die Hundesöhne, schlagt, mordet, zieht ihnen die Haut ab! Hackt sie! Schlagt, werft, schneidet und mordet! Drauf los! Drauf los! Mit den Säbeln.«

Unterdes war Bohun über den Zaun gesetzt, Herr Wolodyjowski hinterdrein, die einen blieben zurück, anderen stolperten die Pferde beim Sprunge. Sagloba sieht Bohun in der Ebene, Wolodyjowski ebenfalls. Bald teilen sich die Kriegsknechte auf der Flucht, die Soldaten bei der Verfolgung, – es begann eine Einzeljagd. Sagloba hält den Atem an, die Augen springen ihm fast aus den Höhlen, denn was sieht er? Eben hat Herr Wolodyjowski den Bohun erreicht, er stürzt sich auf ihn, wie der Jagdhund auf den Eber; der Attaman wendet den Kopf, er hebt den Säbel – »sie fechten!« schreit Sagloba, – einen Augenblick noch, und Bohun stürzt mit dem Pferde, Herr Wolodyjowski tritt ihn nieder und jagt den anderen nach.

Aber Bohun lebt, er steht auf und eilt den mit Büschen bewachsenen Felsen zu.

»Haltet! Haltet ihn!« brüllte Sagloba, »das ist Bohun!«

Nun jagt eine neue Bande Kriegsknechte dahin, welche bisher an der anderen Seite der Felsen sich fortschlich, jetzt aber, entdeckt, einen neuen Ausweg sucht. Hinterher in der Entfernung eines halben Gewändes kommen die Soldaten. Jene Bande erreicht Bohun; sie umringen ihn, nehmen ihn und führen ihn mit sich. Jetzt verschwinden sie hinter der Biegung des Engpasses, nach ihnen verschwinden auch die Soldaten.

Auf dem Hofe herrscht Stille und Öde, denn auch die von Wolodyjowski befreiten Soldaten Saglobas sind auf den Pferden der Kriegsknechte mit den anderen hinter dem Feinde her.

Herr Sagloba ließ jetzt die Leiter herunter, stieg vom Boden, und indem er aus dem Stalle auf den Hof trat, sagte er:

»Ich bin frei ...«

Er sah rings um sich. Auf dem Hofe lag eine Menge Saporoger-Leichen und einige tote Soldaten. Der Edelmann ging langsam zwischen ihnen umher, betrachtete jede genau, zuletzt kniete er bei einer nieder. Bald erhob er sich wieder mit einer Blechflasche in der Hand.

»Sie ist voll,« murmelte er.

Und die Flasche an die Lippen setzend, bog er den Kopf hintenüber.

»Nicht übel!«

Wieder blickte er sich um und wiederholte, aber schon mit viel deutlicherer Stimme: »Ich bin frei!«

Darauf ging er in die Hütte; auf der Schwelle stieß er auf die Leiche des alten Bondaren, welchen Bohuns Leute ermordet hatten, und verschwand im Innern derselben. Als er wieder herauskam, glänzte um seine Hüften auf dem mit Dung beschmutzten Rock der reich mit Gold gestickte Gurt Bohuns, zwischen dem Gurt aber steckte ein Messer mit einem großen Rubin in der Klinge.

Unterdes erschienen auf der Ebene von ferne die von der Verfolgung zurückkehrenden Soldaten, mit Herrn Wolodyjowski an der Spitze. Als er Herrn Sagloba erblickte, beschleunigte er den Lauf des Pferdes, und, von demselben absitzend, kam er ihm entgegen.

»Was, und ich sehe Euch noch lebend?« fragte er schon von weitem.

»Mich in eigener Person,« sagte Herr Sagloba. »Gott bezahlt es Euch, daß Ihr mir zu Hilfe kamt.«

»Loben wir Gott, daß es zu rechter Zeit geschah,« entgegnete der kleine Ritter, Sagloba die Hand drückend.

»Aber woher wußtet Ihr von der Gefahr, in der ich hier war?«

»Die Bauern vom Hofe ließen es mir sagen.«

»O! und ich dachte, sie hätten mich verraten.«

»Woher? Das sind gute Menschen. Der Jüngling und das Mädchen sind kaum mit dem Leben entkommen, was mit den anderen Hochzeitlern geschah, weiß man nicht.«

»Wenn sie keine Verräter waren, so haben die Kosaken sie erschlagen. Der Hofbesitzer liegt dort neben der Hütte. Aber, lassen wir das. Sagt mir, Herr, lebt Bohun? Ist er entkommen?«

»War denn das Bohun?«

»Der ohne Mütze, in Hemdärmeln und Hose, welchen Ihr mit dem Pferde hinwarft.«

»Ich schlug ihm die Hand durch; es ist jammerschade, daß ich ihn nicht erkannt habe!«

Eine Stunde später zogen beide Freunde an der Spitze ihrer beiden vereinigten Abteilungen auf Jarmoliniez zu.

Von Saglobas Leuten fehlte fast kein einziger, da sie, im Schlafe überfallen, keinen Widerstand geleistet hatten. Bohun aber, der beauftragt war, hauptsächlich Kundschafter zu suchen, ließ alle lebend gefangen nehmen, keinen morden.


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