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Die Säbel sausten durch die Luft, und Klinge schlug an Klinge. Bald mußte der Kampfplatz geändert werden, denn Bohun griff so wütend an, daß Herr Wolodyjowski einige Schritte rückwärts sprang und die Zeugen dasselbe tun mußten. Die blitzgleichen Hiebe Bohuns fielen so schnell, daß die erschreckten Anwesenden ihnen nicht mit den Augen zu folgen vermochten. Es schien ihnen, als sei Herr Michael gänzlich von denselben umgeben und bedeckt, und daß Gott nur allein vermöge, ihn diesem Sturmwinde zu entziehen. Man hörte nur ein unaufhörliches Sausen, und die von der Gewalt der Hiebe bewegte Luft schlug an ihre Gesichter. Die Wut des Kämpfers wuchs: eine wilde Kriegsraserei hatte ihn befallen, er trieb Herrn Wolodyjowski vor sich her wie ein Sturmwind, und der kleine Ritter wich immerfort zurück und wehrte sich nur. Die ausgestreckte Rechte bewegte sich fast gar nicht, die Faust allein beschrieb unaufhörlich kleine, aber gedankenschnelle Halbkreise und fing die rasenden Hiebe Bohuns auf; er hielt Schneide gegen Schneide, schlug sie zurück und deckte sich wieder und zog sich noch mehr zurück, heftete seine Augen auf die des Kosaken und blieb inmitten der schlangenähnlichen Blitze ruhig, nur auf den Wangen zeigten sich rote Flecke.
Herr Sagloba schloß die Augen und hörte nur Hieb auf Hieb, Klirren auf Klirren.
»Er wehrt sich noch!« dachte er.
»Er wehrt sich noch!« flüsterten die Herren Sieliz und Charlamp.
»Er ist schon an die Düne gedrängt,« setzte Kuschel leise hinzu.
Sagloba öffnete das Auge wieder und blickte auf.
Wolodyjowskis Rücken lehnte sich fest an die Düne, aber noch schien er nicht verwundet, nur das Gesicht rötete sich lebhafter, und einige Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn.
Saglobas Herz schlug wieder voller Hoffnung.
»Herr Michael ist doch ein Fechter aller Fechter,« dachte er, »und jener dort wird endlich ermüden.«
Das Gesicht Bohuns wurde ebenfalls bleich, Schweiß trat auch ihm auf die Stirn, aber der Widerstand entflammte nur mehr seine Wut, die weißen Zähne blitzten unter dem Schnurrbart, und der Brust entrang sich ein Wutgeröchel.
Wolodyjowski ließ ihn nicht aus den Augen und wehrte sich immer gleich ruhig.
Plötzlich, als er die Düne hinter sich spürte, raffte er sich zusammen, die Zeugen glaubten, er falle; er aber bückte, krümmte sich, kauerte nieder und schnellte mit seiner ganzen Person wie ein Stein an die Brust des Kosaken.
»Er attackiert!« rief Sagloba aus.
»Er attackiert!« wiederholten die anderen.
So war es wirklich. Der Krieger wich jetzt zurück, und der kleine Ritter, welcher nun die ganze Stärke seines Gegners kannte, drang so kräftig auf ihn ein, daß den Zeugen der Atem stockte. Er fing ersichtlich an, sich zu erhitzen – die kleinen Augen sprühten Feuer; immer wieder kauerte er sich nieder, sprang auf, veränderte jeden Augenblick die Position, beschrieb Kreise um den Kosaken und zwang ihn, sich auf der Stelle umzudrehen.
»O, der Meister! Der Meister!« rief Sagloba.
»Ihr seid verloren!« sagte Bohun plötzlich.
»Ihr seid verloren!« antwortete Wolodyjowski wie im Echo.
Jetzt gebrauchte der Kosak einen Kunstgriff, den nur die geübtesten Raufbolde kannten. Er warf plötzlich den Säbel aus der rechten Hand in die linke und holte mit dieser zu einem so gewaltigen Schlage aus, daß Herr Michael wie vom Blitz getroffen zur Erde stürzte.
»Jesus Maria!« schrie Sagloba.
Aber er hatte sich absichtlich niedergeworfen, und gerade deshalb durchschnitt der Säbel Bohuns nur die Luft. Der kleine Ritter sprang auf wie eine wilde Katze und führte fast mit der ganzen Länge der Klinge einen furchtbaren Hieb auf die entblößte Brust des Kosaken.
Bohun schwankte, tat einen Schritt vorwärts und gab mit letzter Kraftanstrengung den letzten Stoß, welchen Herr Wolodyjowski mit Leichtigkeit parierte. Noch zweimal schlug er auf den gesenkten Kopf des Gegners, – dann entsank der Säbel den kraftlosen Händen Bohuns, und der Krieger fiel mit dem Gesicht auf den Sand, welcher sich bald unter ihm in einer Blutlache rötete.
Eliaschenski, welcher dem Kampfe beigewohnt hatte, warf sich auf den Körper des Attaman.
Die Zeugen waren eine Zeitlang außer stande, ein Wort zu reden, auch Herr Michael schwieg; er stützte beide Hände auf den Säbel und seufzte schwer.
Sagloba unterbrach zuerst das Schweigen.
»Herr Michael, kommt in meine Arme,« sagte er gerührt.
Sie umringten ihn alle.
»Ihr seid ja ein Fechter ersten Ranges! Da schlage eine Kugel drein!« sagten die Herren Sieliz.
»Ihr seid, wie ich sehe, ein stilles Wasser!« sprach Charlamp. »Ich stelle mich Euch, damit man nicht sagt, ich sei erschrocken und fürchte Euch, aber solltet Ihr mich auch so züchtigen, dann müßte ich Euch dennoch sagen: ich gratuliere, ich gratuliere!«
»Ei, das laßt doch sein, ihr Herren, denn im Grunde genommen habt ihr keine Ursache, euch zu schlagen!« sagte Sagloba.
»Das geht nicht, denn es handelt sich um meine Reputation,« entgegnete Charlamp, »für welche ich gern meinen Kopf opfere.«
»An Eurem Kopf ist mir nichts gelegen, lassen wir es lieber,« sagte Wolodyjowski, »da ich Euch in Wahrheit nicht im Wege bin, wo Ihr denkt; dort kommt Euch ein anderer mit mehr Glück in die Schoten als ich.«
»Wie das?«
»Auf Kavaliersparole.«
»So laßt es doch sein,« riefen die Sieliz und Kuschel.
»Sei es denn!« sagte Charlamp, die Arme ausbreitend.
Wolodyjowski warf sich hinein, und sie küßten sich, daß das Echo der Küsse von den Dünen widerhallte – Charlamp aber sagte:
»Daß ich Euch nicht kannte! – Diesen Riesenmenschen so durchzuprügeln! Und auch er verstand doch den Säbel zu schwingen.«
»Ich hätte nicht geglaubt, daß er ein solcher Fechtmeister sei; wo kann er das gelernt haben?«
Hier wendete sich die allgemeine Aufmerksamkeit wieder dem hingestreckten Kosaken zu. Eliaschenski hatte ihn unterdessen mit dem Gesicht nach oben gewendet und forschte weinend nach einem Lebenszeichen bei ihm. Bohuns Gesicht war nicht zu erkennen, denn es war mit Blutstropfen bedeckt, die aus den Kopfwunden flossen und an der kühlen Luft bald gerannen. Das Hemd auf der Brust war gleichfalls blutgetränkt, aber noch gab er Lebenszeichen. Man sah, er lag im Todeskampfe, die Füße zuckten, und die zusammengekrallten Hände kratzten den Sand. Sagloba sah hin und winkte mit der Hand.
»Er hat genug!« sagte er. »Er nimmt Abschied von der Welt.«
Unterdes wollte Eliaschenski den unglücklichen Attaman aufheben und forttragen, da er aber nicht mehr jung und kräftig war, und Bohun fast zu den Riesen gehörte, so vermochte er es nicht. Bis in das Wirtshaus war es ein paar Gewände weit, und Bohun konnte jeden Augenblick enden. Als der Esaul das sah, wandte er sich an die Herren.
»Herren!« rief er, die Hände faltend. »Um Gott und der heiligen Jungfrau willen, helft! Laßt ihn nicht hier verenden wie einen Hund. Ich Alter zwinge es nicht, und Menschen sind weit.«
Die Herren sahen sich an. Der Haß gegen Bohun war schon aus aller Herzen entschwunden.
»Wohl, es geht nicht an, ihn wie einen Hund hier zu lassen,« murmelte Sagloba zuerst. »Da wir ihn zum Zweikampf annahmen, so ist er für uns kein Bauer mehr, sondern ein Soldat, dem Hilfe zukommt. Wer hilft mir ihn tragen, meine Herren?«
»Ich!« sagte Wolodyjowski.
»Tragt ihn auf meiner Burka!« setzte Charlamp hinzu.
Nach einer Weile schon lag Bohun auf dem Mantel, dessen Zipfel Sagloba, Wolodyjowski, Kuschel und Eliaschenski hielten, und der Zug begab sich langsamen Schrittes in Begleitung Charlamps und der Herren Sieliz nach dem Wirtshause.
Als man den Kosaken endlich in die Stube brachte, machte sich Sagloba sogleich mit großer Sachkenntnis und Geschicklichkeit an das Werk des Verbindens. Er stillte das Blut, verklebte die Wunden, worauf er sich an Eliaschenski wandte:
»Und du, Alter, bist hier nicht nötig. Reite schnell nach Saborowo, bitte, daß man dich vor das Antlitz des Herrn lasse, gib diesen Brief ab und erzähle alles, was du gesehen hast, alles so, wie es war. Lügst du, so erfahre ich es und lasse dir dann den Kopf abschlagen. Wir wollen dem Attaman ein ehrliches Begräbnis bereiten, tue du das deinige, treibe dich nicht in den Winkeln herum, sonst erschlägt man dich irgendwo, ehe du erfährst, wer es war. Bleib gesund, gehe, gehe!«
»Erlaubt mir, Herr, so lange wenigstens zu bleiben, bis er erkaltet ist.«
»Gehe, sage ich dir!« befahl Sagloba drohend, »wenn nicht, so lasse ich dich den Bauern in Saborowo ausliefern. Und grüße den Chmielnizki.«
Eliaschenski verbeugte sich tief und ging. Sagloba aber sagte noch zu Charlamp und den Sieliz:
»Ich habe diesen Kosaken fortgeschickt, denn er hat hier nichts zu tun, und sollte man ihn wirklich irgendwo erschlagen, was leicht geschehen kann, so würde man uns die Schuld zuschreiben. Die Saslawskis und die Bastarde des Kanzlers würden zuerst aus vollem Halse schreien, daß die Leute des Fürsten, entgegen den Geboten Gottes, die ganze Kosaken-Gesandtschaft ermordet haben. Aber ein kluger Kopf hilft überall. Wir lassen uns nicht von diesen Narren, diesen Brotfressern, diesen Weibersöhnen in der Grütze verspeisen, und ihr, meine Herren, gebt in der Not auch Zeugnis, wie alles geschehen ist, und daß er selbst uns gefordert hat. Ich muß auch dem Schulzen anbefehlen, daß er ihn irgendwo begraben läßt. Es weiß hier niemand, wer er ist; sie werden denken, es ist ein Edelmann, und ihn ehrlich begraben. Es ist auch Zeit aufzubrechen, Herr Michael, denn wir müssen noch dem Fürst-Wojewoden Bericht erstatten.
Ein Röcheln Bohuns unterbrach Saglobas Rede. »Oho, – die Seele sucht schon ihren Weg ins Jenseits,« sagte der Edelmann. »Es dunkelt auch schon, er wird sich hinüber tasten müssen. Aber – da er unsere unglückselige Ärmste nicht entehrt hat, so gebe ihm Gott die ewige Ruhe, Amen! Reiten wir, Herr Michael. Von ganzem Herzen verzeihe ich ihm alle Schuld, obgleich ich in Wahrheit ihm mehr in den Weg kam, als er mir. Aber jetzt zum Ende. Bleibt gesund, meine Herren, es war mir lieb, so edle Kavaliere kennen zu lernen. Vergeßt nur nicht, in der Not Zeugnis zu geben.«