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Am Morgen des nächsten Tages hielt Hansjörg Portner zu Pferde mit seinem Zeugen auf der Platte des langgestreckten Ambergs hinter den Trümmern der uralten Feste.
»Der Ort ist gut gewählt,« sagte der Zeuge.
Portner nickte.
»Und die ersten sind wir auch. Aber habt Ihr mir nicht einen Auftrag, Herr Portner?«
Hansjörg griff in sein Wams und zog zwei Briefe heraus, betrachtete sie nachdenklich und steckte sie wieder ein: »Die beiden wollet mir freundlich besorgen, Herr Bruder, wenn mir was zustoßen sollte. Und wäre vielleicht inzwischen ein Loch hindurchgeschlagen, dann hätten sie ja gleich ein Andenken an den Emigranten.« Er lachte leise. »Ich danke Euch, Herr Bruder. Ihr thut mir einen großen Gefallen.«
»Nicht der Rede wert,« sagte der andre und schüttelte Portners Hand; »es ist mir eine Ehre, Herr Bruder. Doch meine ich, es wäre Zeit, daß die Herren sichtbar würden. Die Sonne wird gleich aufgehen, sie steckt nur noch hinter dem Nebel.«
Schweigend ritt Hansjörg am hohen Wachtturme vorüber, hielt sein Roß an und sah hinaus nach Osten ins weite, wellige Land.
Ja, die Sonne war aufgegangen, aber sie war 202 noch durch Nebel verdeckt. Wie Dampf drang der Atem aus den Nüstern des Rosses, ein wolkenloser Himmel spannte sich über dem Berge und über der Stadt, die gleich einem großmächtigen, eirunden Steinhaufen gegen Abend drunten in den weißen Fluren lag. Aber dort, wo die Sonne aufsteigen sollte, stand eine graublaue Schneewolkenwand.
Könnte die Sonne diese Wand durchbrechen? Vielleicht!
Ein silberheller Saum lief die Wand entlang, und nun brach es aus ihrer Mitte senkrecht gegen den Zenith hervor wie ein schmaler, metallischer Schimmer, wie eine schlanke, blaßglänzende Fackel. Breiter und breiter wurde der glitzernde Saum, Flammen schlugen aus der Fackel, in glühendes Rot verwandelte sich das weißglitzernde Gefunkel des breiten Saumes, und jetzt, jetzt rang sich die Sonne hervor hinter der Nebelwand, blitzend und blendend – noch einen Augenblick, und sie stand über der Wolke und grüßte die starre Welt. Leise fielen große, kalte Flocken auf die kalte, weiße Flur, siegreich begann das Gestirn des Tages den Lauf, grüßte die Stadt im Thale und die Trümmer auf dem Berge und den stillen Mann, der geblendet die Augen senkte und das Haupt entblößte, und stieg höher und höher. –
Zwei Reiter arbeiteten sich den Weg herauf. Hansjörg Portner lenkte ihnen sein Roß entgegen und griff an den Hut.
»Erkältet Euch nicht, Herr, es ist frisch da heroben!« rief der Rittmeister.
»Wieso?« fragte Portner.
»Weil es doch keinen Zweck hat!« sagte der Leutnant.
»Ich bitte um näheren Aufschluß, ihr Herren!«
203 »Was wissen wir?« lachte der Rittmeister. »Der Vogel ist ausgeflogen!«
»Kriemhofen?« fragte Portner und machte ein finsteres Gesicht.
»Ist fortgeflogen, und weiß keiner, wohin,« lachte der Rittmeister. »Das haben wir Euch vermelden wollen, und nun reiten wir wieder zu Thale.«
»Wie soll ich das Ganze verstehen?« fragte Portner.
»Verstehen?« lachte der Rittmeister. »Ja, Herr, da fragt Ihr mich zu viel. So was habe ich überhaupt noch niemals erlebt.«
»Ich auch nicht,« meinte der Dragonerleutnant und machte sich an seinem Barte zu schaffen.
»Ich weiß nur eines, Herr Portner, daß Ihr ein Kavalier seid vom Scheitel bis zur Sohle,« sagte der Rittmeister.
»Und bis heute abend sollt ihr Nachricht haben,« wandte sich der Leutnant zu Portners Zeugen.
Die Offiziere grüßten und ritten zurück in den verschneiten Wald.
*
Ein Stück Weges ritt Portner mit seinem Zeugen, dann hielt dieser sein Pferd an, lachte und rief: »Also ist's nichts gewesen, Herr Bruder! Gehabt Euch wohl, und wenn Ihr fürderhin meiner Dienste bedürft, so laßt mich's wissen.« Und damit bog auch er ab zur Stadt.
Langsam ritt Hansjörg weiter im verschneiten Walde.
Doch er war nur wenige Schritte gekommen, als ihm ein alter Mann, ein Jäger, in den Weg trat.
»Ihr, Herr Mendel?« rief Portner, zog den Hut und hielt sein Tier an.
204 »Wer anders als ich in diesen Jagdgründen, guter Freund?« sagte lächelnd der alte Herr. »Aber was habt Ihr denn am frühen Morgen für Verrichtungen auf dem Amberg?«
Portner sprang ab: »Ich wollte einen Buben züchtigen, Herr. Doch der Bube hat sich nicht gestellt.«
»Ach so, deshalb das Hin- und Herreiten und die grimmigen Gesichter!« sagte der alte Herr. »Ich hab's gar wohl bemerkt, guter Freund.«
»Es hat auch den Herrn Mendel von Steinfels angegangen!« murrte Hansjörg.
»Mich? Ei, was Ihr sagt!«
»Der Bube hat die oberpfälzische Ritterschaft beschimpft!« rief Portner.
»Ei, die Ritterschaft?« sagte der alte Landsasse und machte ein verwundertes Gesicht. »Aber, ei, wer kann denn die oberpfälzische Ritterschaft beschimpfen, guter Freund?«
»Nun eben ein Bube, Herr Mendel.«
»Laßt mich zu Ende reden, guter Freund! Ich sage: Wer kann sie beschimpfen, wenn sie nicht schimpflich gehandelt hat?«
»Aber Herr, es kann doch jeder Bube von heut auf morgen ohne Ursache meine Ehre in den Kot ziehen?«
»Scheinbar, guter Freund. Ist die Ehre aus dem Kote, dann wird sie untergehen im Kote. Ist die Ehre von Gott, dann wird der Kot abstäuben von ihr nach seiner Zeit – hier oder dort. Und sagt an, guter Freund, was hat nun jener Bube wider die Ritterschaft gewußt?«
»Er hat sie gewappelte Mistbauern und feiges Hasenvolk genannt!« rief Portner.
Der alte Edelmann lüftete die Jägerkappe, fuhr 205 über das weiße Haar, setzte die Kappe wieder auf, wiegte das Haupt nachdenklich hin und her und sagte lächelnd: »Ei, das ist freilich grob gewesen, Herr Bruder.«
»Nun also, Herr! Ich dächte, den Schimpf hättet Ihr auch nicht sitzen lassen auf Euch und uns allen!«
»Da ich jung war, guter Freund, sicher nicht,« sagte der Edelmann. »Aber heute?« Er lächelte und strich seinen weißen Schnurrbart. »Nein, Herr Portner, ich hätte ihn auch heute nicht sitzen lassen.«
»Und was hättet Ihr heute oder gestern an meiner Stelle gethan, als er den Schimpf vor vielen Zeugen vom Stande ausstieß?« rief Portner ungeduldig.
»Was ich gethan hätte, guter Freund?« fragte der alte Mann und blickte den Junker durchdringend an. »Ich wäre vor ihn getreten und hätte gesagt: Daß wir gewappelt sind, kann ich nicht leugnen, Herr, doch das war nie und nirgendwo ein Schimpf. Daß der eine und der andre von uns arm ist und selber Hand anlegen muß von früh bis nacht, damit der Mist rechtzeitig auf den Acker komme und der Acker bestellt werde und die Ernte nicht verfaule, das kann ich auch nicht leugnen, aber es ist uns keine Schande, Herr –«
Der Landsasse hielt inne, Portner aber rief: »Gewappelte Mistbauern und feiges Hasenvolk, Herr!«
Mendel strich den Bart und sah den Junker unverwandt an: »Ja, Herr Bruder, wenn er uns feige Leute geheißen hat, so ist das freilich ein schwerer Schimpf.«
»Nun also!« rief Hansjörg.
»Ein schwerer Schimpf,« wiederholte der alte Mann nachdenklich. Dann aber fuhr er fort: »Und auf diesen Schimpf hätte ich ihm ins Gesicht 206 geantwortet: Ob wir feige sind, Herr, das entscheidet in einem Monat, wenn wir mit unmündigen Kindern und gebrechlichen Greisen uns aufmachen, der eine aus seinem Reichtum, der andre aus seiner Armutei, und mit dem Stab in der Hand aus dem Lande unsrer Väter um des Glaubens willen ins Elend ziehen, wir gewappelten Mistbauern des Fürstentums der Oberpfalz; und wenn wir bleiben, dann möget Ihr uns feige nennen, Herr. – Warum habt Ihr nicht also gesprochen, guter Freund?«
Portner senkte die Augen und schwieg.
Der alte Mann aber sagte: »Es ist bitter kalt, Herr Bruder. Beliebt's Euch, so begleite ich Euch ein Stück auf Eurer Straße.«
Und so zogen sie beide durch die glitzernde Pracht des verschneiten Tannenwaldes, und hinter ihnen schnob das Pferd.
»Uuglückliches Land!« seufzte Portner nach einer Weile.
»Was ist Unglück?« fragte der Alte und pfiff seinem Hunde.
»Ich dächte, man könnt' es mit Händen greifen,« murrte Portner.
»Ihr habt mich falsch verstanden, guter Freund! Der ungerechteste aller Richter aller Zeiten, Pilatus, hat dem Heiligen Gottes mit Achselzucken ins Angesicht gesagt: ›Was ist Wahrheit?‹ Und der Heilige Gottes ging seinen letzten Erdenweg und machte uns frei, dergestalt, daß wir heute getrost fragen dürfen: Was ist Unglück?«
Portner schwieg.
»Seht, guter Freund,« fuhr Herr Mendel nach einer Weile fort, »Ihr sträubt Euch dagegen und könnt's nicht fassen. Wenn Ihr erlaubt, will ich's 207 an einem Exempel zeigen. Ich gehe den Weg da zur Winters- und zur Sommerszeit, im Lenz, und wenn die Stare wandern; denn der Wald gehört zu meinem Jagdbogen. Und ich gehe den Weg gerne zu jeder Jahreszeit, nur ist es mir gar sehr zuwider, wenn im Sommer die großen Waldschnecken umherkriechen; man tritt so leicht von ungefähr darauf, und dann jammert einen die Kreatur. Da hab' ich mir's nun zur Pflicht gemacht – Ihr könnt mich getrost auslachen, Herr Bruder –«
»Wie könnt' ich lachen über Eure Barmherzigkeit, Herr Mendel?«
»Nun also, Herr Bruder, weil mich die unvernünftigen, schleimigen Gesellen jammern, schiebe ich die Spitze meines Stockes drunter, sobald einer im Wege kriecht, und werfe ihn im Bogen hinaus, denk' mir, trittst du selber daneben, so kann ihn doch gar leicht ein andrer zu Schanden treten. Und glaubt Ihr nun nicht, guter Freund, daß mir schon gar mancher Schneck zornig nachgesehen und –« der alte Herr mußte ein wenig lachen – »in seinem Herzen, wenn er eins besitzt, gemurrt hat: ›Was wirft mich der aus meiner Bahn?‹« – Herr Mendel von Steinfels hielt inne. Nach einer Weile aber sagte er mit Nachdruck: »Und ist doch nur zu seinem Heil und Besten gewesen, Herr Bruder!«
»Die Erde unter meinen Füßen schwankt, und was ich greifen will mit meinen Händen, das weicht zurück,« murmelte Portner.
Da blieb der alte Herr stehen und blickte ihm starr ins Angesicht: »Was dünket Euch um die Erlösung?«
Hansjörg Portner schwieg. Dann fragte er trotzig: »Was ist Erlösung?«
208 »Des großen Gottes Huld und des kleinen Menschen Ritterschaft, der Welt Spott und des Herzens Friede,« antwortete Herr Mendel.
»So faßt Ihr das auf?« murmelte Portner und sah gerade vor sich hin.
»Jawohl, so fass' ich's auf, mein Freund. Hier ist Gut und dort ist Böse, und Gut und Böse kämpfen von Anbeginn bis ans Ende der Dinge um die Herrschaft – und mitten zwischen ihnen steht und atmet der Mensch.«
»Von Anbeginn?« unterbrach ihn Portner. »Ich dächte, es sei geschrieben, nun, es sei geschrieben von einem gefallenen Engel –?«
»Dann wäre das Böse aus Gott,« sagte Herr Mendel von Steinfels mit Nachdruck. »Hier ist Gut, dort ist Böse, und mitten zwischen Gut und Böse atmet der Mensch, hin und her gerissen – bis daß er sich entscheidet, sich beugt vor dem ewigen Gott und die Rüstung empfängt, der Welt Spott verachtet und Frieden empfindet im Herzen – oder aber –«
»Und wer wird endlich siegen?« fragte Portner.
»Und Ihr könnt fragen, guter Freund?«
»Mir graut vor der großen Ungerechtigkeit,« murrte Portner nach einer Weile. »Ich zweifle an der Macht des Guten. Gewalt ist alles, Recht ist nichts.«
»Wie sagt der Herr Bruder?« fragte Herr Mendel und blieb stehen. »Recht ist alles, Gewalt ist nichts!«
»Man erlebt's Tag für Tag,« antwortete Hansjörg bitter. »Qui vivra verra, sagt der Welsche,«
»Was heißt das?« fragte der alte Herr.
»Wer's erlebt, wird es sehen,« antwortete der Junker.
Herr Mendel rückte an seiner Kappe. Dann sagte 209 er freundlich: »Und Recht muß dennoch Recht bleiben. Ob's nun der einzelne erlebt oder nicht, das ist ohne Bedeutung. Der einzelne ist ja gar nichts, sein irdisches Dasein ist ja wie das Blättlein am Baume. Aber sein Geschlecht wird's erleben nach ihm. Und erlebt's das Geschlecht nicht, so erlebt's das Volk. Vor dem tausend Jahre ein Tag sind, vor dem sind tausend Menschen ein Mensch. Es ist alles ein einziges, großes Wachstum dem ewigen Tage entgegen. Laß dich's nicht betrüben, wenn dir dein Dasein erscheinen möchte wie eine Flocke, wie Gischt auf dem Kamm einer Welle. Zum Leiden gehört ein stärkeres Herz als zum Kämpfen. Wehe dem Verblendeten, der sich sträubte gegen das Leiden. Leiden ist ja das Wichtigste, Leiden baut hohe Stufen, daß die Menschheit dem Tag entgegensteige. Aus der Verwesung erblüht die Saat; alles wahrhaft Große wird aus Leiden geboren. Wehe dem Menschen, durch welchen Leiden kommt. Aber wohl der Welt des Leidens halber, es muß ja Leiden sein. Und wenn sich alles erfüllt am Ende der Dinge, wenn das Große klein, das Kleine groß und das Blinde sehend wird, dann werden auch wir kleinen Leidträger und Vergewaltigten mit Staunen erkennen: Der lebendige Gott ist dennoch durch alle Geschlechter und Völker und Zeitalter geschritten, er war auch bei uns, das Ganze ist dennoch Gerechtigkeit gewesen.«
Portner schwieg und starrte zu Boden.
Der alte Mann aber reichte ihm die Hand und sagte zutraulich: »Vergebt, guter Freund, wir sind von den Schnecken auf dem Wege in unermeßliche Fernen gekommen, vom Kleinen zum Großen. Das geht nun einmal so. Gehabt Euch wohl und grüßt Euern Bruder und sein Weib. Da biegt mein Weg ab.«
210 »Ich danke Euch, Herr!« sagte Portner und blickte dem alten Edelmann ernsthaft in die Augen.
Und er sah dem andern noch lange nach, bis er im Walde verschwunden war. Dann stieg er auf und ritt seine Straße. –
Nach etlichen Stunden aber trabte ein reitender Bote von Theuern nach dem Zant, der trug im Wamse diesen Brief:
»Wohledle, Ehr- und Tugendhafte! Derselben sind meine in Ehrengebühr jederzeit willige Dienste und Gruß zuvor. Vielgeliebte Jungfrau. Ich hab' aus Euerm Schreiben erfahren, daß Ihr ins Schwanken gekommen seid, nicht wisset, was Ihr thun werdet. Dagegen muß ich der Wohledeln zu erkennen geben, daß mit mir eine Veränderung vorgegangen ist: Noch etliche wenige Wochen, und ich werde ein armer Emigrierter vom oberpfälzischen Adel sein. Welches ich der vielgeliebten Jungfrau nicht habe verbergen wollen. Allzeit, derweil ich leb', der edeln, tugendreichen Jungfrau Diener Hansjörg Portner von und zu Theuern.«
Und als Ruth von Zant in ihrer Turmstube den Brief gelesen hatte, versank der Sonnenball hinter den fernen Hügeln; und es war ihr zu Mute, als schaute sie zwischen den glühenden Rändern weißglänzender Wolken hinein in den Himmel.
*
Am Abende, nach der Gasterei im kurfürstlichen Schlosse, zog der Vizedom den Rittmeister in eine freundschaftliche Unterhaltung, fragte, wie die Stadt Amberg ihm und seinen Herren Brüdern gefalle, gab der Hoffnung Raum, daß sich im Jänner der Adel gutwillig entscheiden würde, und sagte dann ohne besonderen Umschweif und Uebergang: »Ihr seid, wenn ich recht gehört habe, gestern zwischen Lichten mit 211 meinem Sekretarius Kriemhofen im ›Goldenen Schlüssel‹ gesessen?«
»Jawohl, Euer Gnaden.«
»Ein tüchtiger Beamter, Herr Rittmeister.«
»Habe keine Ursache, daran zu zweifeln, Euer Gnaden.«
»Ihr seid noch zugegen gewesen, als mein Bote zu ihm kam?«
»Ich saß neben ihm, als der Einspännig Eurer Gnaden Schreiben abgab.«
»Und Ihr könnt bezeugen, Herr Rittmeister, daß Kriemhofen seinen Stuhl seit einer Stunde nicht verlassen hatte?«
»Das kann ich,« antwortete der Offizier. »Aber um Vergebung, Euer Gnaden, hat er in einer Kriminalsache den Alibibeweis zu erbringen, weil mich der Herr Vizedom also examiniert?«
»Es ist zuzeiten gut, wenn man eine Sache festnagelt, Herr Rittmeister,« sagte der Hochgebietende mit verbindlichem Lächeln. »Eure Herren Brüder werden sich ja sicher auch des Vorganges erinnern, wenn sie von Euch hören, daß der Sekretarius von Kriemhofen nach Empfang des Briefes auf meinen Befehl sofort zu Pferde gestiegen und für etliche Monate in wichtiger Kommission an den bischöflichen Hof nach Regensburg geritten ist!«
Der Soldat lächelte spöttisch: »Ohne von Euer Gnaden Frist und Aufschub zu erbitten?«
»Wozu denn Frist und Aufschub?« fragte der Hochgebietende kalt.
»Ich meinte nur so, Euer Gnaden, man hat vor einer weitern Reise und längern Abwesenheit zuweilen noch Angelegenheiten besonderer Art zu ordnen.«
»Kriemhofen ist ein Beamter, Herr Rittmeister, 212 der alles andre dem Dienste hintanstellt,« sagte der Vizedom. »Alles andre,« wiederholte er mit Nachdruck.
»O, es ist mir außer Zweifel, daß der Herr Sekretarius geritten ist, was das Rößlein laufen konnte,« sprach der Offizier und strich den Bart. »Nach Neujahr also müssen die halsstarrigen Landsassen das Fürstentum räumen, Euer Gnaden?« fragte er plötzlich und sah dem Vizedom mit seinen stechenden Augen steif ins Gesicht.
»Nach Neujahr,« sagte der Hochgebietende, bekam einen Hustenanfall und wandte sich ab. 213