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Drahtlos funkte er von Bord allen bekannten Agenturen Europas. Das Phänomenale solle für ihn angerichtet werden! Er gab keine speziellen Tips, machte den Unternehmern nur klar, sie müßten Phantasie im voraus riesig tummeln. Europas Röntgenriß wollte er im Hinblick auf die Wunden des Kriegs mit einem Wort vorgestellt. Los desastros de la guerra im Quadrat. Dantes Hölle auf den Generalnenner gebracht. Keine Beschreibung und kein Geschwätz über unheilvolle Folgen des Großgemetzels doch die Sache selbst aus Beton. Wie wenig er Amerikanern historische Phantasie zutraute, so sehr war er geneigt, Europäern auf Grund jahrhundertelanger Übungen in Malerei und auf dem Theater die Möglichkeit, seiner Erwartung genugzutun, einzuräumen, und daß ein smarter Regisseur ihm, Fairfax, schmissiges Gesamtbild der fünfjährigen Katastrophe mit besonderer Berücksichtigung Fairfaxscher Granatenwirkung nachträglich so lieferte, daß die enorme Sensation nicht nur Vergangenes erschöpfte, sondern hinreichte, ihn den Bereitwilligen zu größerem Aufschwung in die Zukunft zu stoßen.
Die Kerls, die erst mit zahmen Phrasen geantwortet hatten, schienen bald zu begreifen, es solle das Non plus ultra steigen. Sie wurden hitziger und kühner. Berklay Limited in London trieben es so weit, vorzuschlagen, die Einäscherung von Löwen an Ort und Stelle noch einmal mit allen ruchlosen Einzelheiten für ihn vor sich gehen zu lassen. Es sei eine Geldfrage.
Oder auch die Schlacht von Château Thiéry hinsichtlich der schicksalswendenden Hilfe amerikanischer Truppen, Tanks und des Fairfaxschen Lydolitsprengstoffs wieder aufleben zu lassen. Mit entscheidenden Stellen hätten sie Fühlung genommen. Bereitwilligkeit sei vorhanden und mit der lettischen Regierung liege ein Vertrag zur Unterschrift bereit, wonach sich die verpflichtete, eine dort noch internierte deutsche Division mit allem Train, Geschützpark und reichlicher Munition an Ort und Stelle zu schaffen, wogegen der Auftraggeber sämtliche Einwohner der lettischen Republik für den Zeitraum von zwei Jahren zu ernähren übernähme.
Fairfax begriff den Witz und freute sich, weil er sah, die Firma wenigstens war im Bild und deutete so ihre Bereitwilligkeit, Außerordentliches zu leisten, an. Er selbst aber blieb überzeugt, derartiges oder sogar einiges darüber hinaus werde sich verwirklichen lassen.
Im engen Raum des Schiffs spannte Lust, prasselnd aus sich herauszufahren, sich aufs höchste, und es gab Augenblicke, in denen er sich an den Mast festbinden lassen wollte, seinem wie Mineralwasser prickelnden Tatendrang zu wehren.
Weniger erfreut war er, als er Daisy eines nachts in Umarmung mit dem Siouxhäuptling Mumfo fand. Auf seinen Wutausbruch aber hatte sie nur die Antwort, zu welchem Ende sie Jimmy Fairfax einziges Kind sei, solle Durchschnittsmaß an sie gelegt werden? Lange genug habe sie theoretisch Gelände sondiert, auf dem sie sich nun wie ein Mann zu bewegen wisse. Was den Sioux angehe, sei er wie ein Kind schuldlos. Sie selbst habe ihn, der Erwartungen entgegen, die man an seine Jugend und an seine Rasse haben konnte, temperamentlos sei, mit allen Künsten der Koketterie verführt. Zudem spiele Liebe im amerikanischen Leben eine untergeordnete Rolle, und sie hoffe, Fairfax erfülle ihr endlich in Europa andere Ansprüche, gespanntere Erwartungen, die sie infolge seines breitspurigen Auftretens und großzügiger Andeutungen an alte Welt habe. Sonst bedaure sie, den immerhin nicht üblen Komfort der fünften Avenue und manches andere verlassen zu haben.
Ob man keine peinlichen Folgen fürchten müsse?
Daisy lächelte überlegen und fügte hinzu, solche Frage schicke sich für einen Vater, Gentleman und Fairfax nicht.
Trotz innerer Verblüffung gefiel ihm des Mädchens Entschiedenheit, die in sein Programm paßte. Sie hatte recht! Man ist nicht Daisy Fairfax, Milliardenerbin, Bedenken und Hemmungen höherer Töchter zu haben. Das Urteil über ihren ersten Liebhaber bewies dazu, Daisy hatte Qualitätssinn und ließ sich über Wesentliches des Lebens nicht bluffen.
Sie imponierte ihm. Er erinnerte sich, sie war es auch gewesen, die ihm den Rat mit den Sioux gegeben hatte und fand es vernünftig, sie in Zukunft in Pläne einzuweihen und ihre beratende Stimme zu hören. Er legte ihr den Telegrammwechsel mit den Agenten vor.
Das Eingeleitete fand sie kindisch und kitschig. Wie er platten Kaufleuten, seinen letzten Sinn zu erraten, zutrauen könne; ob er glaube, Napoleon der Franzosenkaiser habe bei Berklay Limited und Perrier père et fils angefragt, was zu tun sei? Seinen brutalen Willen und ein Paket Checkbücher habe er Europas niederen Valuten gegenüber. Reiche das nicht, sei sie noch da. Und Siouxmilch habe er dazu.
Es könne nicht so groß angelegter Reise Ziel sein, Gewesenes und Gehabtes wiederzukäuen. Was Europa von Amerika scheide, sei nicht, daß dort solches wie der Weltkrieg habe geschehen können, sondern daß aus unvermeidlich anderem Charakter der Völker dort auch ferner noch solches und alles möglich sei, einfach, weil Amerika Erdteil nur wirtschaftlicher Sicherheiten des Tags, Europa Stätte philosophischer Spekulation, das heißt, jedweder Hoffnungen und daher für alles zu haben sei.
Es fiele ihm ja doch nicht ein, in Asien oder Afrika sich Lüste erfüllen zu wollen, weil er wisse, bei den dortigen Rasseeigenschaften laufe er übel an. Einfach und richtig vertraue er der Europäer Sucht zur Synthese; und für sie bedürfe es durchaus keiner Vorbereitungen.
Da er ihr recht gab, beherrschte er sich während des Rests der Überfahrt, was ihm verhältnismäßig leicht gelang, da plötzlich die Ammenmilch an Menge und Qualität verlor. Als er die Wahrnehmung gegen Daisy äußerte, schmunzelte sie und fragte, ob sie ferner rückhaltlos mit ihm sprechen dürfe, wie es unter ganzen Menschen sich zieme, und da er zustimmte, sagte sie, einmal darum habe sie ihrem roten Freund kräftigende Teilnahme an der Milchkur empfohlen, dann aber auch, weil auf des Fahrzeugs engem Raum dem Vater ein Abzug vom täglich zu reichlichem Quantum, wie Erfolg zeige, wirklich gedient habe.
Als Fairfax aufbrauste, zeigte sie nach Steuerbord, wo Englands kreidige Küste auftauchte und fügte hinzu, einmal wieder an Land unter Menschen sei die Sache und der Indianer überhaupt erledigt, und darum zieme sich auch nur ein weiteres Wort darüber nicht.