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Hanns ging hinein, Hanna sprang auf und grüßte ihn. Er blieb bis spät Abends, sie plauderten, koseten, aßen; die Mutter war bei ihnen, sprach mit, aß, oder nikte schlummernd ein wenig mit dem Kopfe, wie es eben kam.
Erst im Sternenscheine ging Hanns fort, und begab sich zu den Leuten, wo seine Schwester war, und wo er eine Lagerstätte hatte; denn sein Vater und seine Mutter waren längstens gestorben.
Daß Hanns aber an Hanna etwas verwendete, schien ihm gar nicht leid zu thun. Wenn er mit ihr bei einem Tanze oder bei sonst einer Gelegenheit war, wo sie Viele sehen konnten, und wenn nun der eine oder andere junge Mann mit seinen Augen schier nicht von ihr lassen konnte, und stundenlang sie mit denselben gleichsam verschlang, so hatte Hanns seine außerordentliche Freude darüber und triumphirte. Wenn sie spät mit einander nach Hause gingen, wo die einsame Wachholderstaude stand, oder der graue verschwiegene Stein des Brunnberges lag, da schlang sie ihren Arm um seinen Naken, drükte ihn heiß an sich, sah ihn an und flüsterte gute Worte. Daß da eine außerordentliche unheimliche Seligkeit in ihm war, bewies der Umstand, daß er ihr von seinen Habseligkeiten Alles, Alles gab.
Am andern Tage, wenn er so einen Feiertag bei ihr zugebracht hatte, sah man ihn dann wieder in frischen Linnenkleidern, die Axt oder die Keile auf der Schulter tragend, durch die Felder schreiten und seinem Walde zueilen.
Einmal fragte ihn Hanna, um was er denn am ersten Beichttage die heilige Jungfrau Maria gebeten habe.
»Ich habe um nichts gebeten,« antwortete er, »du weißt ja, daß ich nicht oft zu ihr in ihr Kirchlein hinauf komme, weil ich nicht Zeit habe; aber von ferne und von dem Walde aus, wo er eine Lüke hat, sehe ich das weiße Kirchlein sehr gerne, weil von ihm nach abwärts die Wachholderstauden anfangen, dann die Föhren der Pichlerner Weide stehen, und noch weiter unten das Häuschen ist, in dem du bist.«
»Du solltest aber doch gebeten haben,« sagte Hanna; »denn sie ist sehr wunderthätig und stark, und was man am ersten Beichttage mit Inbrunst und Andacht verlangt, das muß in Erfüllung gehen, es geschehe auch, was da wolle.«
»Das habe ich ja gar nicht gewußt,« sagte Hanns, »es hat es mir damals Niemand gesagt, und wenn ich es auch gewußt hätte, so hätte ich sie doch gewiß um nichts gebeten, weil mir nichts gefehlt hat. – Meinst du denn im Ernste, daß sie etwas thun kann, um was man sie recht bittet?«
»Freilich kann sie es thun,« antwortete Hanna, »weil sie sehr mächtig ist, und sie thut es auch, weil sie sehr gut ist.«
»Aber am ersten Beichttage muß man sie darum bitten?« fragte Hanns.
»Um was man sie am ersten Beichttage bittet,« sagte Hanna, »das thut sie immer und jedes Mal; aber auch an jedem andern Tage kann man sie bitten, und sie kann die Bitte gewähren, weil ihre Macht außerordentlich ist.«
»Aber das ist ja kaum denklich,« erwiederte Hanns, »weil sonst alle Leute daher kämen, und um die verwirrtesten und verkehrtesten Dinge bäten.«
»Wenn sie um verwirrte und verkehrte Dinge bitten,« sagte Hanna, »so läßt sie diese nicht in Erfüllung gehen; aber bitten muß man sie immer, weil man nicht wissen kann, welches Ding verwirrt oder verkehrt ist, und weil sie allein die Entscheidung hat, was in Erfüllung gehen solle und was nicht.«
Hanns antwortete nun nichts mehr darauf.
Die Liebe, die Zuneigung und die Anhänglichkeit wuchs immer mehr und mehr. Hanns that Alles, was ihm sein Herz einflößte. Er ehrte die Zeiten, wie es in jener Gegend gebräuchlich ist. Er sezte Hanna den schönsten Maibaum vor die Thüre, er wand das schönste Tuch um ihr Haupt und band die schönste Schürze um ihren Leib, er trug den größten Palmbaum am Palmsonntage für sie in die Kirche, er stekte sogar eine goldene Nadel in ihr Haar, er brachte ihr den schönsten Strauß von Walddingen aus seinem Schlage nach Hause, er führte sie an Sonntagen in die Kirche, und ging mit ihr, wenn schönes Wetter war, in den Feldern und Wiesen spazieren. Sogar zu Zeiten, wo es nicht schiklich war, daß er sich bei Hanna im Häuschen befand, sahen ihn die Leute unter den Föhrenstämmen und Steinen in großen Kreisen um das Häuschen herum gehen.
Im Herbste, da die Blätter sich mit schönen Farben zu mischen begannen, und Hannsens Schlag noch brennender, feuriger und seltsamer war, erhob sich die Sage, daß in der Gegend von Oberplan ein großes Jagen sein werde, daß der Fürst und Grundherr kommen werde, und daß ihn eine Menge Herren und Frauen begleiten würden. Die Diener hatten das Gerücht ausgebreitet, aber man wußte nicht, ob ihm die Herren eine Folge geben würden, oder nicht. So erhielt sich die Sage lange. Endlich aber erschienen wirklich einige Abgeordnete in Oberplan, welche die Voranstalten zu dem Feste machen sollten.
Von nun an hatte das Gerücht freien Spielraum, und es ging durch die ganze Gegend.
Im Stegwalde, hieß es, werde ein Nezjagen sein, in welchem man Gespinnste aus Seilen aufspannen und das Wild darinnen einfangen werde. Im oberen Walde, im Langwalde und an der Flaniz sollen Treibjagen sein, wie man seit Menschengedenken nicht gehört hätte, und sie sollten sich über tagelange Wälder ausbreiten. Außer dem Jagen sollen auch andere Feste angeord net sein. Auf den Oberplaner Wiesen, den nämlichen, von denen wir am Eingange unserer Geschichte gesagt haben, daß die Moldau in großen Schlangenwindungen durch sie geht, soll ein Essen sein, an dem mehrere hundert Personen würden Theil nehmen können. Wer nur wolle, dürfe zuschauen, und auf Schrägen würden Weinfässer aufgestellt sein, von denen Jedem, der mit einem Geschirr hinzu ginge, herab gelassen würde. Die Diener würden bei der Tafel aufwarten, und die angesehensten Männer der Gegend würden eingeladen sein. Außer dem Essen aber soll noch ein Tanzboden errichtet sein, auf welchem man durch unzählige Blumengewinde Tänze aufführen würde. Dieses und noch viel Anderes, das man noch gar nicht wisse, solle geschehen. In der Gegend sollen schon tausend Taglöhner zu Handlangern, Arbeitern und Treibern gedungen worden sein. Alles werde durch eine feierliche Messe in dem Gnadenkirchlein zum guten Wasser eingeleitet werden.