Adalbert Stifter
Der beschriebene Tännling
Adalbert Stifter

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Endlich bemächtigte sich der Ruf dieser Sache, und trug seine Gerüchte in der Gegend herum. Guido, wie die mitgekommenen Freunde den jungen Mann immer nannten, werde Hanna heirathen, sie werde zu einem erstaunlich hohen Stande erhoben werden, die Gegend, in welche man nur zu jagen gekommen sei, werde ein ganz anderes Fest, ein unglaubliches Fest und ein unvergeßlicheres Fest zu sehen bekommen, als die anfänglich bestellten Jagdfeste. Es sei schon Alles gewiß, und dem weißen Häuschen stehe eine Freude bevor, die man sich gar nicht vorstellen könne. Es seien jezt nur erst die Edelsteine, die goldgewirkten Kleider und die spinnengewebefeine Wäsche unter Weges, und wenn diese angekommen wären, dann werde Alles öffentlich bekannt gemacht werden, und kein Zweifel mehr sein.

Weil jezt Alles nach ganz anderem Maßstabe in Oberplan geschah, als zu sonstigen Zeiten, so waren auch alle Köpfe verrükt, und hatten nur schöne Kleider und Hoffahrt und gnädige Frauen und gnädige Herren vor Augen. Die Bewohner von Pichlern, die weniger in Berührung mit den Gästen kamen, schauten nur mit Scheu und Verwunderung auf das weiße Häuschen.

4. Der dunkle Baum

Hanns wußte von dem Allem nichts. Der Grundherr wollte nämlich auch alle seine Holzschläge besuchen, und hatte deshalb den Befehl ergehen lassen, daß kein Arbeiter seinen Plaz verlassen dürfe, bis er nicht dort gewesen und den Fortgang des Geschäftes gesehen hätte. Dies war die Ursache, daß Hanns nicht nur das Jagdfest nicht hatte besehen können, sondern daß er auch troz des Sonntages, der in diese Zeit fiel, nicht in die Gegend hinaus gekommen war.

Endlich aber war der Grundherr mit den Herren, die ihn begleitet hatten, überall, wo er zu thun hatte, und also auch in Hannsens Holzschlage gewesen. Die Folge hievon war, daß er nicht nur selber nach Oberplan zurükkehrte, sondern auch seinen Arbeitern in Betracht seiner Zufriedenheit mit ihnen und in Betracht der außerordentlichen Zeit erlaubte, mehrere Tage zu feiern und hinaus zu gehen, und die Feste anzuschauen.

Hanns ging von seinem Walde nach Pichlern.

Als er dort angekommen war, ging er zu dem weißen Häuschen; aber er fand es verschlossen. Auf sein Befragen erfuhr er nun Alles.

Er ging zu seiner Schwester und zog die Sonntagskleider an.

Dann ging er wieder zu dem Häuschen, das noch verschlossen war. Die Mutter, hieß es, sei mit ihrer Ziege auf den Brunnberg gegangen oder sonst irgend wohin; und Hanna befinde sich in Oberplan oder in einem andern Orte, wo man die Vorbereitungen zu dem großen morgigen Jagen im Langwalde treffe.

Hanns ging nun in die grauen Steine. Er sezte sich dort auf einen derselben nieder, und hielt den Kopf fest in beiden Händen, gleichsam als warte er.

Da aber eine Zeit vergangen war, stand er wieder auf und schlug den Weg nach Oberplan ein. Als er gegen die Wiesen kam, in denen die Moldau in einer Schlange geht, erstaunte er über das, was er sah. Eine große Menge von Menschen war versammelt. Das Bretterhaus, das zu dem großen Tanzfeste dienen sollte, war schon aufgebaut und ragte aus dem Menschengewühle hervor. Hanns wußte nicht, was das zu bedeuten habe. Als er aber sah, daß sich um dieses hölzerne Gebäude die meisten Leute drängten, ging er auch auf dasselbe zu. Er erreichte den Plaz und sah, daß um das Gebäude eine Treppenrundung lief, über die man hinaufgehen konnte, wo dann Säulen standen, die den Bau zierten, und zwischen denen man in das Innere sehen und auch an vielen Stellen hinein gehen konnte. Er stieg die Stufen zwischen den Menschen empor und stellte sich neben eine Säule. Da sah er im Innern einen großen Raum, auf dem gepuzte Herren herum gingen oder standen, er sah einen erhöhteren Raum, der um den ersten herumlief, auf dem sich Tische und Stühle befanden, und er sah noch ganz Oben rings herum einen Bau, wie eine zierliche Bühne, auf der man sizen und nach abwärts schauen konnte. Ueberall gab es Menschen. An den Säulen und Brettern waren schon die Nägel und Latten, an denen man die Lampen, die Tuchverzierungen und Blumen befestigen würde.

Hanns fragte einen Mann, an dem er dicht gedrängt stand, was es gäbe.

»Es werden die Treiber, die Heger, die Jäger und alles Andere verlesen, was morgen bei der Treibjagd im Langwalde statt haben solle,« antwortete der Mann.

Wirklich sah Hanns mehrere Herren an einem Tische mit Papieren beschäftigt, er sah, wie sie sprachen, und an manche Bewohner der Gegend Zettel vertheilten.

Oben auf der zierlichen Bühne sah er nebst vielen andern Menschen auch Hanna sizen. Sie saß neben dem wunderschönen Guido, hatte ihre weiche Hand in seine beiden gelegt, und so sahen sie in den Saal hinab.

Jezt trat ein Herr von dem Tische weg und rief: »Nun wollen wir die Schüzen verlesen, auf welchen Ständen sie sich morgen vor Tagesanbruch einfinden sollen, und auf welchen Jeder, ehe die Sonne aufgeht, gerüstet dastehen muß.«

Es ward in dem Saale etwas stiller, und der Herr las mit lauter Stimme aus einem Papiere vor: »Herr Andreas bei der rothen Lake.«

»Weiß sie nicht.«

»Gidi wird dich führen.«

»Herr Gunibald in der Kreixe.«

»Weiß sie.«

»Herr Friedrich von Eschberg am gebrannten Steine.«

»Weiß ihn nicht.«

»Der Schmied Feirer wird euch begleiten.«

»Herr Guido beim beschriebenen Tännling.«


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