Auguste Supper
Lehrzeit
Auguste Supper

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Bis zu dem Tag, da Martin Moserosch, mein Verlobter, zum Pfarrer von Andersberg ernannt wurde, wußte ich nicht, daß es im Schwarzwald ein Oertchen dieses Namens gebe.

Von Stund an aber zogen meine Gedanken oft den Weg über ferne, grüne Berge hin.

Ich sah dann im Geiste ein stattliches Pfarrhaus im Sonnenlicht liegen, sah helle Fenster, weitläufige Gänge und große, luftige Zimmer.

Denn Martin erzählte mir, das Pfarrhaus sei früher ein Freiherrlich von Wengernsches Schloß gewesen.

Vier Wochen vor unsrer Hochzeit, an einem Tag im Mai, sagte mein Verlobter zu mir: »Martha, es wird Zeit, daß wir unser zukünftiges Heim ansehen. Um fünf Uhr in der Frühe geht am Sonntag ein Zug, der uns nach Altheim bringt; von dort sind's drei Wegstunden durch den Wald nach Andersberg.«

Meine Tante, bei der ich lebte, rief vom Fensterplatz her: »Drei Stunden gehen, das kann ich nicht, Martin. Mit dem besten Willen nicht. Ein Fuhrwerk aber, das trägt's nicht bei armen Pfarrersleuten, wie ihr zwei vorläufig sein werdet. 6 Und daß ich auch noch diese Kosten trage –!« Ich sah Martin an, neugierig, was er darauf sagen würde. Aber er rückte nur unruhig an seiner Brille und war im Gesicht etwas röter als sonst.

Das verdroß mich, ich weiß nicht recht warum. »Tante Elisabeth,« sagte ich rasch und unmutig, »bleib du nur ruhig am Sonntag an deinem Fenster sitzen. Martin und ich finden den Weg allein. Wir brauchen auch keine Ueberwachung, wir sind nicht so –!«

Die Frau am Fenster und der Mann am Ofen sahen mit einemmal scharf zu mir her.

»Wie, nicht so?« fragten sie lebhaft, fast einstimmig.

Da fühlte ich, wie sich mir alles Blut zum Kopfe drängte, und doch hätte ich nicht zu sagen gewußt warum.

Ich nahm die Tassen vom Tisch und schritt aus der Türe. In der halbdunkeln Küche blieb ich stehen wie angewurzelt, sah nach dem regennassen Dach des Nebenhauses und nagte an meinen Lippen. ›Wie sind wir nicht? Warum sind wir nicht so?‹ ging mir's beharrlich durch den Kopf. Und das quälte mich, wie einen ein Traum quält, auf den man sich nicht mehr recht besinnen kann und von dem man doch weiß, daß er wichtig war.

In der Gottesfrühe ging's dem Schwarzwald zu. 7

Zarte Nebel füllten die Täler, durch die wir fuhren; an grünen, kleinen Flüssen glitten wir entlang. Eintönig schlugen die eisernen Räder unter uns. Bisweilen schloß ich die Augen, dann klang der klappernde Rhythmus: ›Der Heimat zu, der Heimat zu!‹ Lautlos sprachen meine Lippen von Zeit zu Zeit die Worte mit. Wie eine Beschwörung, wie eine brünstige Bitte sandte ich sie hinaus in den frischen Morgen.

Martin saß mir gegenüber, hatte die Oberamtsbeschreibung von Altheim und eine kleine Karte in Händen, gähnte bisweilen und legte den schwarzhaarigen Kopf an die harte Holzwand des Wagens.

Eine Anzahl junger, sehr eleganter Damen und Herren teilte mit uns den Abteil. Lachend und plaudernd drängten sie sich durcheinander, liefen bald rechts, bald links zu den Fenstern und schauten in den Morgen hinaus.

»Kinder,« rief einmal einer der Herren, »das soll ein schöner, ein feiner Tag werden.«

Martin drehte den Kopf nach ihnen. »Friseure, Schneider und Ladenjungfern,« sagte er leise zu mir.

Ich nickte. Eines der Mädchen hatte auch mich schon irgendwo bedient. Die Blonde in dem seidenen Reisemantel, um die jetzt einer der Herren den Arm legte. 8

In Altheim stiegen wir aus und mit uns die andern.

Die Paare taten sich jubelnd und kreischend zusammen, und sie schritten eilend und zielbewußt über den Steg, ihrem »feinen« Tag entgegen.

Martin sah sich um. Erst in dem grünen engen Tal, in dem der Bahnhof liegt, dann auf seiner Karte.

»Komm, Martha,« sagte er dann, und wir schritten einen Bergweg empor unter hochwipfeligen Tannen dahin.

Weit und breit war kein Mensch zu sehen, kein Menschenlaut zu hören.

Golden brachen die ersten Strahlen der Sonne über den Berg. Da ging ein Rauschen durch die Wipfel.

Wie berauscht, wie toll geworden vor Lebenswonne sangen die Vögel. Die grünen Wände des engen Tales hallten wider vom Amselruf. Erdbeeren blühten am Weg, funkelnder Tau hing an den Gräsern, junge Farne mit gerollten Blättern strömten ihren Hauch unter den der Tannen, und im Moose krabbelten Käfer und Spinnen. »Herr, wie sind deine Werke so groß und viel!« stand über dem wonnigen Morgen geschrieben, und meine Seele las es stammelnd.

»Martin,« sagte ich ergriffen, »Martin, wie schön das ist!« Er hielt nicht inne im gleichmäßigen Aufwärtssteigen. 9

»Komm nur, Martha,« gab er zurück, »um zehn Uhr beginnt in Andersberg der Gottesdienst.«

Mir war mit einemmal, als müsse ich ihn aus irgendeinem Schlaf aufrütteln. Trotzig fast blieb ich stehen.

»Was kümmert das uns, Gott ist doch auch da unter den Tannen.«

Jetzt wandte sich Martin zurück und nahm den Hut von der heißen Stirne. »Allerdings,« sagte er ohne Erregung und zog aus der hinteren Rocktasche das Taschentuch. Sorgfältig trocknete er sich Stirne und Hut. Dann erst vollendete er: »Aber uns gebühret es, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Und überdies, Martha, so wie du eben sprachst, so sprechen alle die, die das Gotteshaus meiden. Wenn das die richtige Anschauung wäre, Liebe, dann hätte ja die Menschheit bis zurück in die grauesten Zeiten ihre Tempel und Gotteshäuser sparen können, dann –«

Ich mußte plötzlich lachen. Wie Martin so vor mir stand in seiner stattlichen Größe und Wuchtigkeit, den Hut in der Hand, die Stirne gefurcht, die kurzsichtigen Augen voll Eifer und Ernst auf mich gerichtet, den Predigerton auf den Lippen, da kam er mir auf einmal vor wie einer, der mit Kanonen auf Spatzen schießt.

Mir war, als sei das Ernste in seinen Worten jämmerlich im übergroßen Ernst erstickt. 10

»Martin,« sagte ich und zupfte ihn am schwarzen Bart, »Gotteshäuser muß man schon deshalb bauen, damit man besoldete Pfarrer anstellen kann, die dann wieder arme Waisenmädchen heiraten können, damit sie von ihren Tanten loskommen.«

Der große Mann vor mir schaute sich jäh um, als befürchte er, es könne jemand meine Worte gehört haben.

»Martha, schämst du dich nicht?« sagte er dann wie erschrocken.

Ich atmete tief auf, daß die köstliche, herbe Luft mir die Brust weitete und füllte.

»Nein,« rief ich laut unter die Tannen hinein, »nein.«

Da schüttelte Martin den Kopf in trüber Mißbilligung und schritt weiter.

Ich aber dachte jetzt an das Ladenmädchen im seidenen Reisemantel. Wo mochte die jetzt schreiten, von ihres Liebsten Arm umschlungen? Als ob die künftige Pfarrerin von Andersberg mit der Blonden tauschen möchte, so war mir's, da ich hinter dem Großen herschritt.

Ein schmaler, steiler Fußpfad mündete von der Seite her in unsern Weg ein.

Bauern in langschößigen Kirchenröcken und Dreispitzhüten kamen ihn emporgeschritten.

Filialisten von Andersberg. 11

Die plumpen Schaftstiefel, die bis unter die Rockschöße und nahe an die schwarzen, ledernen Hosen reichten, ließen den Wegsand erknirschen. Schwer ging der Atem der Steigenden. In den verkrümmten, braunen Fingern hielten sie die Gesangbücher, die freien Hände gingen wie die Pendel im Schreiten hin und her. Keiner sprach ein Wort, keiner schaute sich um. Wie die Mühseligen und Beladenen kamen sie emporgestiegen.

Ein tiefes Frohgefühl wallte in mir auf.

Alle diese Männer würden künftig zu meinem Martin kommen, und der würde ihnen helfen, die Freudigkeit zu finden, die den Alltag tragen hilft.

Freudig machen, das ist doch Priesteramt und Priestertugend.

Ich musterte die harten, faltigen Gesichter der Näherkommenden. Ganz voll ward mir das Herz.

»Lachet doch, ihr Leute! Sehet doch den Glanz dieses Gottesmorgens,« hätte ich rufen mögen.

Aber ich rief das natürlich nicht.

Mit raschen Schritten ging ich meinem Verlobten nach.

»Martin,« sagte ich, »ich glaube, das ist ein rauher Schlag da oben.«

Er blieb stehen und drehte sich um. Blinzelnd, prüfend gingen seine Augen über die Näherkommenden. 12

»Laß nur du dir's rechter Ernst sein, Martha,« murmelte er dann. »Ich weiß meinen Weg; aber du machst mir oft Sorge.«

Ich wollte lächeln und doch ging's nicht.

Martin trat auf die Bauern zu. »Grüß Gott, ihr Leute, schon fromm in aller Frühe?« fragte er, und seine Stimme war klingender als sonst.

Die Männer schauten auf und faßten an die Dreispitze.

»Jo jo,« sagte einer in rauher Sprache, »zu dem ischt d'r Sonntich do.«

»Wie weit ist's noch nach Andersberg?«

Beratend, unsicher sahen die Bauern einander an. Kein Bauer von dort oben weiß eine Wegstrecke zuverlässig abzuschätzen. Das ist seltsam. Es ist wie ein Symptom.

»E klei' halb's Stündle,« antwortete einer endlich.

Martin sah auf seine Karte und dann auf die Uhr und lächelte.

»So kommen wir noch gut zum Gottesdienst?«

»Freile, freile, und an no zu me Schoppe em ›Hirsch‹.«

Martins Stirne furchte sich. »Ist das Sitte in Andersberg, daß der ›Hirsch‹ vor der Kirche kommt?«

»Vorher und nachher,« entgegnete mit ruhigem Nachdruck einer, und die andern nickten.

»Das ist kein schöner Brauch,« warf Martin hin. 13

Die Männer lachten ganz kurz auf. »Wie mer's nimmt. Mer hot sonst 's ganz Johr nix.«

»Was sagt denn da der Pfarrer?«

»Was wurd er sage,« murmelte ein Alter, Grauhaariger, »der weiß wohl, daß des bei uns d'r Brauch ist. D' Kirch ist e Sach für sich und der ›Hirsch‹ ist au e Sach für sich.«

Ich schaute mir den Sprecher an. Ein glattrasiertes, runzelvolles Gesicht mit kühner und wohlgeformter Nase, einem schmallippigen, strengen Mund und kleinen, lebhaften Augen unter grauen Wimpern und auffallend buschigen, noch ziemlich dunkeln Brauen.

Etwas Fertiges, Gefestetes hatte dies Gesicht und ebenso die Redeweise des mittelgroßen, stämmigen Mannes.

Ich sah, daß Martin etwas schluckte.

»Euer Pfarrer geht bald?« fragte er dann in verändertem Ton weiter.

»Jo jo,« bestätigte der Bauer, und es war offensichtlich, daß er sich mit einemmal Zurückhaltung auferlegte.

»Ist's euch leid, daß er geht?« mischte ich mich unwillkürlich ins Gespräch.

Keiner von den Männern, die neben uns bergan schritten, sagte ein Wort.

»War er denn nicht beliebt?« drängte ich jetzt. 14

Da kehrte mir der Alte sein Gesicht voll zu und blieb einen Augenblick stehen. »Wie mer's nimmt, Frau. Er hot's guet g'meint mit de Leut. Er hot au kein Stolz g'hät. Und g'loffe ist er in d' Häuser wie net leicht einer! Und e rechte Frau hot er au g'hät – aber –« Der Alte stockte einen Moment und schaute mir sonderbar hart in die Augen, »de rechte Glaube hot er halt net g'hät!«

Ich weiß nicht, warum mir das wie eine Drohung klang.

»Wie wißt Ihr das?« fragte ich unruhig.

Der Alte schritt wieder aus. »Mer hot's merke könne aus mancher Predigt und au sonst.«

Die gesenkten Köpfe unter den Dreispitzen nickten alle zustimmend, und in Martins Gesicht leuchtete etwas auf. Dieses Aufleuchten war mir einen Augenblick lang wie ein Trost. »Sei nur ruhig, Martha,« rief's in mir, »der Martin wird schon alles gut und recht machen, er ist der Mann dazu.«

Gespannt sah ich in sein blasses Gesicht und suchte seine Augen. Aber er sah nicht zu mir her.

Dem alten Bauern legte er die große Hand auf die Schulter und fragte fast freudig: »Nun, Alter, wie werden wohl wir miteinander zurechtkommen? Ich bin nämlich der neue Pfarrer.«

Die Männer hielten an. Nicht rasch und 15 erstaunt, sondern ruckweise, zögernd, wie ein bedächtig gebremster Zug.

Sie griffen an die Hüte und murmelten etwas.

»So, so,« sagte der mit dem fertigen Gesicht.

»Und des do ist wohl d' Frau?«

»In vier Wochen, so Gott will,« sagte Martin.

Gedankenschnell ging es mir durch den Kopf, daß dieses »so Gott will« eine große Lüge oder die Fortsetzung einer großen Lüge sei. »So ich will, ich, die Martha Heller,« schrie es in mir, und ich wehrte mich mit einem Mal innerlich dagegen, von Gott wie ein willenloses Ding dem Martin in die großen Hände geworfen zu sein.

Aber das alles kam und ging so schnell, daß ich es gar nicht recht begriff und inne ward. Im alten Gleise fluteten die Gedanken; ich nickte dem Bauern, der mich prüfend betrachtete, zu und murmelte: »Ja, so Gott will.«

»No wünsch i halt älles Gute zum Ei'stand in der Ehe und im Pfarramt!« sagte feierlich der Bauer, und er mühte sich, die ungefüge Sprache zu verbessern, »'s sind zwei wichtige Sache, 's Heirate und 's Pfarrersei!«

Die andern murmelten irgend etwas Zustimmendes, und Martin nickte eifrig mit dem Kopf.

Schweigend schritten wir weiter. Die Bauern rückten unmerklich mehr und mehr von uns ab, dem Saum der Straße zu. 16

Nach der Bürger- und Einwohnerzahl von Andersberg und den Filialen fragte Martin; aber er fragte nur, um zu reden; er wußte das alles schon vorher genau. Von Neudorf und Scherbach im Tal herauf kamen die Männer. Sie waren eingepfarrt zu Andersberg, und alle vier Wochen einmal hatte der Pfarrer bei ihnen im Tal zu predigen.

Ihre Toten mußten sie herauftragen auf die Höhe, desgleichen ihre Kinder, die getauft werden sollten.

Wir hatten die Höhe erreicht.

Ueber grüne Saatfelder und Kartoffeläcker herüber, zwischen windschiefen Obstbäumen hindurch grüßte ein Kirchturm.

»Dort liegt Andersberg,« sagte der Bauer.

Ich atmete tief und sah mich um auf der weiten, freien, sonnigen Höhe.

Ein langer Wall von zusammengelesenen Feldsteinen grenzte den Weg. Da hinauf trat ich und ließ die Blicke schweifen, so weit sie trugen.

Hinter mir und mir zur Rechten stand der Wald in düsterem Schwarzgrün, vor mir zog sich die Ebene hin bis zu einer langen Reihe schlanker Pappeln, deren gerade Stämme in den klaren, blauweißen Himmel ragten, als müßten sie die Stützen abgeben für das aus Licht gewobene Zelt.

Zur Linken lag Andersberg mit seinem 17 Kirchturm und wenigen, im Grün fast verborgenen Dächern, und dahinter und daneben tauchten bis weit hinaus, wo sich das hügelige Land im Dunst verlor, zerstreute Orte und Dörfer auf.

Durstig trank ich das Bild in mich. Die Hand mußte ich auf das klopfende Herz drücken.

Da oben, in all dieser grünen Freiheit sollte ich wohnen von nun an.

Der laue Wind, der, gesättigt vom Hauch der Tannen, über die Höhe zog, sollte mir die Brust füllen und die Stirne kühlen, die oft so heiß war.

Mit einem stillen Grausen dachte ich mit einemmal an mein Stübchen bei der Tante, dessen einziges Fenster gegen einen Hof ging, in dem sich tagaus, tagein die Arbeiter der Fellhandlung vom Hinterhaus zankten.

›In vier Wochen, so Gott will,‹ dachte jetzt auch ich.

Sobald uns etwas lockt, dann soll Gott wollen.

Ich hob die Rechte. »Wie heißt das Oertchen dort hinter Andersberg?«

»Des wurd Ellinge sei.«

»Und das dort rechts?«

»Kann sei, des ist Vierbronn.«

»Und die beiden dort drüben?«

»Sell kann i net sage.« 18

Verwundert ließ ich die Hand sinken.

Sechs oder nur drei Stunden im Umkreis kannten sich diese Männer nicht aus. Blind, zum mindesten teilnahmslos, gingen sie Sonntag um Sonntag an diesem Panorama des lieben Gottes vorüber. Aber ob des Pfarrers Glaube der rechte sei, das wußten sie, darauf achteten sie, darüber maßten sie sich ein Urteil an!

War das nun rührend, war das empörend?

Dünner, heller Glockenklang kam jetzt über die Höhe her.

»'s läutet 's Erst!« sagte einer der Männer, und sie holten weiter aus mit ihren steifen Beinen, die in den schlechtgewichsten Stiefeln wie in Ofenröhren steckten. Die langen Schöße der blauen Tuchröcke, die Bänder an den Kniehosen flatterten im Wind.

Martin zog im Schreiten seine Karte hervor, und er nannte mir die Namen der Orte, die aus der Ferne grüßten.

Von allen Seiten her sah ich jetzt Leute gegen Andersberg schreiten. Schwer und weitgespannt, als stapften sie hinter dem Pflug, waren die Schritte der Männer, ohne rechte Tatkraft, ohne Frohmut die der Weiber.

Nur die Mädchen trippelten in weit ausgeschnittenen Schuhen, an denen die plumpen Bindebänder wippten, rasch dahin, so daß die kurzen 19 schwarzen oder blauzwillichenen Röcke mit den schmalen roten Säumen um die drallen Beine wogten und die seidenen Schürzen flatterten. Kleine, spitze Hauben mit langen Bändern deckten die glatten, naßgekämmten Scheitel, und die Zöpfe, die über die Rücken fielen, waren steif geflochten.

Wie sie aus den Wegen am Waldsaum auftauchten und zwischen den wohlbestellten Aeckern dahinschritten dem Kirchlein zu, alle diese Filialisten von Andersberg, ward mir das Herz weit.

›Und wird eine Herde und ein Hirte werden,« ging es mir durch den Sinn.

»Eine häßliche Tracht haben sie da oben,« sagte Martin leise zu mir.

Ich war überrascht. Sah und empfand denn Martin nicht, wie bodenwüchsig diese Tracht war? Wie diese derben, schmucklosen Gewänder ohne Farbenfreudigkeit und ohne Grazie einfach das Ergebnis, die Frucht dieser waldigen Täler und rauhen Höhen, dieser windbestrichenen Aecker und armseligen Dörfer, der Arbeit und Art der Leute da oben war?

Fühlte Martin nicht, wie ich es jetzt eben fühlte, daß diese Gesichter, diese Schritte, diese vorgebeugten Männer- und Weiberrücken, diese Röcke, Mieder, Hüte und Hauben so sein mußten und nicht anders? 20

Verwunderte, neugierige Gruße wurden uns geboten.

›Wer seid denn ihr, wo kommt ihr her und was wollt ihr da oben bei uns?‹ schien jeder Blick und jeder Gruß zu fragen.

Hart vor dem Dorf stand eine ganze Schar der Kirchgänger. Unsre Weggenossen mochten ihnen verraten haben, wer wir seien.

Alle Gesichter wandten sich uns zu, alle Augen saugten sich an uns fest.

Mir ward plötzlich beklommen und schwer. Diese Menschen wollten etwas von uns, konnten etwas von uns verlangen, und sie prüften jetzt wohl unbewußt, was zu hoffen sei.

Ich sah Martin an.

Sein Gesicht war ruhig, seine Augen schauten unbewegt. Keine Furcht, keine Rührung, kein Verantwortlichkeitsgefühl konnte ich daraus lesen.

›So ruhig ist einer, der ››de rechte Glaube hot‹‹,‹ dachte ich plötzlich. Aber seltsam – der Gedanke machte mich nicht froh.

»Grüß Gott, Leute,« sagte ich laut. Und ich hätte rufen mögen: »Ich bin die Martha Heller, und ich will mir Mühe geben, daß ich euch etwas sein kann; aber glauben müßt ihr mich lassen, wie und was ich will. Ich lasse mich von euch nicht knechten.«

Ein vielstimmiges, mehr gemurmeltes als gerufenes »Grüß Gott« dankte mir. 21

Langsam schritten wir am »Hirsch« vorbei der Kirche zu.

Vom Kirchhof umgeben, zu dem steinerne Staffeln emporführten, lag sie da.

Ein grenzenlos öder Bau von außen. Ich mußte an die rauschenden Tannen denken, unter denen ich Gott gespürt in der stillen Frühe. Konnte derselbe Gott wohl auch in solch einem Ungetüm von Ungeschmack und Unzulänglichkeit wohnen?

Die eingesunkenen Gräber, auf denen Schwertlilien und Tulpen blühten, Tulpen, die alle einerlei Farbe hatten, lagen zwischen hohem Gras.

Nur hart an der weißen Kirchenmauer, von der Morgensonne beschienen, waren etliche Grabstätten wohlgepflegt, als sei die Hand der Liebe über ihnen.

Dorthin trat ich.

»Hier ruht in Gott Anna Maria Hindermann, geborene Taube. Geh aus, mein Herz, und suche Freud'!« stand auf dem ersten Stein, hart an der Kirchentüre.

Martin las mit mir zugleich.

»Eine verrückte Grabschrift,« sagte er.

Ich starrte das ungewöhnliche Wort an mit gefalteten Händen.

»Es wird das Lieblingslied der Frau gewesen sein,« entgegnete ich leise. 22

Und in meinem Geiste sah ich eines der Weiber mit den steifen Zöpfen und spitzen Hauben, den arbeitsharten Händen und müden Rücken auf dem letzten Lager liegen. Die Sonne schien ihr ins Gesicht, die Sonne, die sie jetzt nicht mehr sehen würde.

Da fiel es ihr ein, daß sie nie nach der Sonne geschaut hatte, daß ihr Leben ein großer Werktag gewesen sei, ein hartes Wühlen am Boden. Und jetzt war das Ende da – nichts mehr nachzuholen.

Ihr Herz fiel ihr ein, ihr vergessenes Herz, das neben den ruhelosen Händen nie ein Recht, nie eine Freiheit gehabt hatte, ihr Herz, das sie nie, nie der Sonne entgegengeschickt hatte, solange es Zeit war.

»Geh aus, mein Herz, und suche Freud'!« stammelte sie mit erstarrender Lippe.

Nahm sie das Wort als eine Hoffnung mit hinüber? Ließ sie es als eine Mahnung, eine Warnung zurück für die, die noch im Lichte wandelten?

»Martin,« sagte ich erschüttert, »ach, Martin, tu auch du dein Teil hier, zur Freude zu rufen!«

Er sah mich in seiner alten Ruhe an. »Alles zur rechten Zeit und am rechten Ort, Martha,« gab er zurück.

Wir traten ein ins Gotteshaus. 23

Ich nahm mein Herz in beide Hände, als ich die öde Armut auch hier innen sah.

Eine flache Balkendecke, getünchte Wände, gelbgestrichene, hölzerne Emporen, an denen papierene Kränze hingen.

Altar, Taufstein und Kanzel deckten schwarze Tücher. Grüne, verschossene Vorhänge verhüllten auf der Sonnenseite die schmalen, hohen Fenster.

Das Kruzifix auf dem Altar war klein und plump, das Gestühl wurmstichig, steil und eng, es mochte eine Qual sein, lang darin zu sitzen.

Wo das Schiff an den Chor anstößt, waren links zwei vergitterte Stühle.

Der eine für die einstige »Herrschaft«, den Baron Wengern, wenn er nach Andersberg kommen sollte, der andre für die Pfarrersfamilie. In diesem letzteren war ein Glockenzug, der führte hinauf in den Turm, wo die Stränge hingen. Da hatte die Pfarrerin oder wer sonst in dem Stuhl saß, dem Küster das Zeichen zu geben, wenn es Zeit war, beim Vaterunser zu läuten.

Wir sprachen kein Wort, wie wir da in der noch leeren Kirche leise umherschritten.

Die grenzenlose Nüchternheit benahm mir fast den Atem.

»Bin begierig, wie sich da sprechen läßt,« sagte endlich Martin, als wir uns in eine der letzten Bänke setzten. 24

›Bin begierig, was sich da sprechen läßt,‹ mußte ich denken.

Die Abendandachten bei der Tante fielen mir ein. Dieses gräßliche Vorlesen, Seite um Seite: »Asa zeugete Josaphat, Josaphat zeugete Joram. Joram zeugete Usia.« Oder: »Und machte Bretter zur Wohnung von Föhrenholz, die stehen sollen; ein jegliches zehn Ellen lang und anderthalb Ellen breit,« und wie es da weiter heißt in endloser Aufzeichnung. Das mochten Texte sein für eine solche Kirche. Konnte hier innen, in diesem freudlosen Gefängnis auch eine Menschenseele aufjubeln: Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses!?

Hinter uns und über uns wurden jetzt Tritte laut. Auf der Orgelempore ward es lebendig.

Auch vor uns füllten sich nun die Bänke, man hörte die Glocken im Turm rumoren.

Martin und ich rückten ganz nah zusammen und sahen uns die Leute an, die vorüberschritten.

Weißköpfige Männer nahmen die Sitze ein, den Herrschafts- und Pfarrersstühlen gegenüber. Es mochten die Schultheißen der Gemeinden sein.

Der mit dem fertigen Gesicht war auch darunter. Und jetzt sah ich, daß sie alle dieselben Gesichter hatten. Ein Typus, keine Individualität war der Mann, der die Kirche und das 25 Wirtshaus so streng rubriziert hatte. Wie ihre Trachten, so schienen auch die Gesichter dieser Waldleute das Ergebnis der Heimat und aus ihr organisch hervorgewachsen zu sein.

Und wie die Trachten und Gesichter, vielleicht auch die Ansichten über »de rechte Glaube«?

Auch die Weiber sahen sich so ähnlich in Zügen, Mienen und Gebärden.

Kam denn das nur mir so vor? Ging es mir mit diesen Bauern, wie es so leicht, ja fast immer dem Menschen einer Rasse mit den Vertretern einer andern Rasse geht? – Er sieht wohl den großen Unterschied zwischen seiner Rasse und der andern; aber keinen Unterschied zwischen den Individuen der fremden Art.

Das Scharren der Füße und das Rumoren der Glocken ward jetzt still.

Der scharfe Geruch der nassen Haarzöpfe und ungelüfteten Kleider um mich her tat mir förmlich weh.

Ich sah wieder auf Martin, wie es ihm wohl sein möchte. In stiller, fast starrer Feierlichkeit blickte sein bärtiges Gesicht der Kanzel zu.

Ich schalt meine eigne Seele, daß sie alle Aeußerlichkeiten so auf sich wirken ließ, daß sie so wehrlos war gegen den Druck, den die Aermlichkeiten ringsum auf sie ausübten.

Und jetzt – was war das –? Jetzt setzte in dünnen, hohen Tönen die Orgel ein. 26

Wie weggeblasen war die Nüchternheit.

Nicht volle, brausende, mächtige Fluten und Wellen füllten das Kirchlein: wie feine, flimmernde Strahlen, die sich haschten und kreuzten, so kamen die Töne aus der Höhe. Ein Gewebe ward es aus Licht und Glanz und Wohllaut, ein Spiel voll herzinniger Fröhlichkeit.

Ich wendete mich um, aller Sitte zum Trotz. Aber ich konnte den Mann auf der Orgelbank nicht sehen.

›Das muß einer sein, dem die Augen glänzen, dem das Herz voll ist von der Liebe Gottes, die die Welt helle macht,« dachte ich.

Und allgemach leitete das Spiel über in die alte, traute Weise: »Wie schön leucht' uns der Morgenstern.«

Ich sang mit aus voller Kehle, aus tiefstem Herzen heraus.

Befreiend war mir der Gedanke, daß draußen vor diesem schrecklichen Gemäuer in der stillen Frühe der Morgenstern leuchte, uns herrlich aufgegangen.

Schleppend, unendlich langsam sang die Gemeinde. Nur eine junge, schrille Mädchenstimme hörte ich immer voraus. Scharf sah ich nach den Bänken, wo die Ledigen saßen. Einen einzigen Kopf sah ich da hoch erhoben.

Das war die Sängerin. 27

Aufrecht saß sie, hatte das braune Haar straff zurückgekämmt und zeigte mir ein reines, fast zu scharfes Profil.

Ein vielreihiges Granathalsband mit breitem goldenem Schloß trug sie, und ihr Zopf war dicker und länger als die Zöpfe der andern.

Die Türe zur Sakristei tat sich jetzt auf, und der Pfarrer schritt langsam die steile, gewundene Kanzeltreppe empor.

Ich sah ihm entgegen mit gespanntem Blick. Er war schlank, mittelgroß, aufrecht.

Als er oben an die Brüstung trat und sein Gesicht voll der Gemeinde zukehrte, kam er mir bekannt vor. Aber ich hatte ihn nie gesehen. Die Brille spiegelte vor seinen Augen. Ich weiß nicht, wo er hinsah. Die Stimme des Mannes war, wie sie zu ihm paßte: nicht groß, nicht tönend und voll. Eher etwas belegt, etwas unfrei. Man dachte nicht an kräftige Lungen in breiter Brust bei dieser Stimme. Eher an ein volles Herz, das sich Luft macht.

Einer der grünen Vorhänge war schlecht zugezogen.

Ein schmaler, zitternder Sonnenstreifen fand den Weg herein und lief über des Pfarrers Kopf.

Da leuchteten die schlichten Haare in warmem Braun auf. Und in der Lichtbahn, die sich von der Kanzel bis dicht vor den Pfarrstuhl hinzog, 28 tanzten seine Stäubchen, und auf dem steinernen Boden spielten kleine, schwachbunte Kringel.

Alles das sah ich. Alles trank ich in mich hinein, daß es haften möge, weil's doch mein erster Sonntag war in Andersberg, wo mir das große Glück kommen sollte.

Die Kanzel kam mir klein vor, die Brüstung niedrig. Für Martin würde es nicht bequem sein.

Hellmut Stengel paßte hinauf; er war viel schmächtiger als Martin.

Ein Ausruhen kam über mich, als dieser Mann die Worte des mir langvertrauten Kirchengebetes verlas.

Meine Seele tat wie ein kleiner, wegmüder Wandervogel: sie setzte sich dem größeren auf den Rücken und ließ sich dem fernen gemeinsamen Ziel zutragen.

Lukas 9 war der Predigttext: Da antwortete Johannes und sprach: Meister, wir sahen einen, der trieb die Teufel aus in deinem Namen und wir wehreten ihm, denn er folget dir nicht mit uns.

Und Jesus sprach zu ihm: Wehret ihm nicht, denn wer nicht wider uns ist, der ist für uns.

Ich weiß nicht, warum mir das Herz bis zum Halse schlug. Als ob ich die Worte heute zum erstenmal hörte, so war mir. Des Pfarrers leicht bedeckte Stimme ward im Sprechen freier. Seine Augen glänzten hinter den Brillengläsern. 29

Wie im Triumph sah ich von der Seite zu Martin auf.

»Hör nur, wie sonnig der Mann spricht,« wollte ich flüstern. Aber ich sagte es nicht. Die Stirne leicht gefurcht, in den Augen etwas, das mir fast lauernd vorkam, lauschte Martin. Das war keine Ergriffenheit, das war Kritik.

Aufgerüttelt schaute ich nach den weißen Bauernköpfen. Um die festgeschlossenen bartlosen Lippen lag es wie Eigensinn, wie harte Voreingenommenheit.

Ich weiß nicht, warum ich plötzlich die Empfindung hatte, als seien allerorts versteckte Fußangeln gelegt für den freudigen Mann auf der Kanzel.

Aengstlich, unruhig lauschte nun auch ich seinen Worten. Würde er sich fangen? Er kam mir so arglos vor, so ungewarnt.

»Ja, meine Lieben,« sagte er eben, »die paar Worte unsers Textes sind ein ganzes Erlösungswerk.

»All der Zwang, all die Qual, all die herbe Not, die durch menschliche Engherzigkeit, menschliche Unduldsamkeit auf Menschenherzen gelegt ist – das kurze Wort: wehret ihm nicht! bricht sie entzwei.

»Wäre das ›Wehret ihm nicht!‹ nie vergessen, nie mißachtet worden, Ströme von Blut und 30 Tränen wären nicht vergossen worden auf unsrer Erde.

»Ich könnte euch viele aufzählen von den fernsten Zeiten bis auf unsre Tage, die auf ihre Weise gegen die Teufel kämpften, wie es in der alten Sprache des Evangeliums heißt. Die jeden Schlag ihres Herzens und jeden Gedanken ihres Hirns daransetzten, daß für das wahrhaftige Reich Gottes die Bahn frei werde auf Erden, und die dann blutig niedergestreckt wurden von der schreienden Ueberzahl, die gellend rief: er folget dir nicht mit uns. Dieses ›Mit uns‹ ist ein Fluch- und Jammerwort.

»Machen wir doch unsre Herzen so weit, daß auch die Platz darin haben, die nicht unsre Straße ziehen, unsre Gedanken denken, unsre Sprache reden.

»Alle Wässerlein kommen schließlich zum Meer, auch ohne unser Dazutun.

»Wir wollen und sollen keine Herde sein, die der Hund beisammenhält. Als freie Menschen dürfen wir über alle Auen ziehen. Nur das Hungern und Dürsten nach der Gerechtigkeit, das Sehnen nach der Heimat, die hinter allen Pfaden liegt, das darf uns nicht abhanden kommen.«

Nicht allein, was der Pfarrer sprach, mehr noch, wie er es sprach, griff mir ans Herz und grub sich ein. 31

Sein Auge flog über die Köpfe hin. Es zuckte etwas in mir. Aufstehen hätte ich mögen, diese Leute rütteln und rufen: »Glaubt ihm doch, hört doch auf ihn, stimmt ihm doch zu! Sitzt nicht so stumpf da, so hart, so unzugänglich! Euch alle geht das an!«

Unter den Weiberköpfen sah ich manch einen nicken wie im Schlaf. Heiß quoll der Unmut in mir auf. Sie sind ja müd, diese abgearbeiteten Gestalten; aber Worte, wie dieser Pfarrer sie spricht, erquicken doch auch müde Menschen sogut als das bißchen Schlaf.

Eine Ahnung dämmerte mir auf, wie schwer es ist, über harten Boden zu pflügen, wie mühselig wir alle miteinander sind! Der Pfarrer dort und die Bauern und ihre Weiber da.

Und doch fand der Mann frohe und lichte Töne auf seiner Kanzel; doch stand er freudig droben und unverzagt, wie einer, der hofft.

Benommen sang ich den Schlußvers mit und stand dann wieder draußen im sonnigen, grasigen Friedhof.

Grüßend, mit neugierigen Gesichtern zogen die Leute an uns vorüber, viele wendeten die Köpfe zurück und konnten sich nicht genugtun, uns zu mustern. Aufrecht, fast vornehm, mit artigem Gruß schritt das Mädchen vorbei, dessen Singen mir aufgefallen war. Wir schauten ihr nach. Sie wendete den Kopf nicht. 32

»Eine schöne Gestalt; anders als die andern,« sagte ich zu Martin.

Er nickte und nahm meinen Arm: »Sag mir lieber, wie hat dir das Kirchlein gefallen?«

»Nüchtern ist's und kahl wie eine Tenne,« entgegnete ich, »aber das Orgelspiel und die Predigt, die machten das vergessen.«

»Gewiß,« gab Martin zu, aber es war ein sonderbarer Beiklang in seiner Stimme, »der Mann spricht gut.«

Langsam schritten wir zwischen den Gräberreihen hin. Da und dort stand ein Angehöriges der Toten vor den schlichten Kreuzen.

An der Kirchenmauer der Eingangsseite, wo die Sonne auf den Grabstein mit der seltsamen Inschrift schien, beugte sich das Mädchen aus der Kirche über ein Grab. Wir bogen etwas aus. Aber ich sah doch, wie sie ein Zweigchen blühenden Immergrüns pflückte und vor die volle Brust steckte.

Dann schaute sie auf und ward rot, als sie mir ins Gesicht sah.


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