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Welche Muse es auch sein mag, die die Oberaufsicht über unsere Komödie hat, so muß sie doch jetzt von den vornehmen Höhen, zu denen sie sich aufgeschwungen hatte, herabsteigen und sich gütigst auf dem bescheidenen Dach von John Sedley in Brompton niederlassen und beschreiben, was sich dort ereignet. Auch hier, in dieser niedrigen Wohnung, gibt es Sorgen, Mißtrauen und Kummer. Mrs. Clapp in der Küche brummt insgeheim ihrem Mann etwas vor wegen der Miete und drängt: den braven Burschen, sich gegen seinen alten Freund und Gönner und gegenwärtigen Mieter aufzulehnen. Mrs. Sedley hat jetzt aufgehört, ihre Hauswirtin in den unteren Regionen zu besuchen, und ist nun allerdings auch nicht mehr in der Lage, Mrs. Clapp mit Gönnermiene gegenüberzutreten. Wie kann man eine Dame herablassend behandeln, der man vierzig Pfund schuldet und die beständig auf das Geld anspielt? Das irische Dienstmädchen hat ihr freundliches, achtungsvolles Benehmen nicht im geringsten geändert, aber Mrs. Sedley bildet sich ein, sie sei unverschämt und undankbar geworden, und wie der schuldbewußte Dieb hinter jedem Gebüsch einen Schutzmann argwöhnt, so sieht sie in allen Reden und Antworten des jungen Mädchens drohende Andeutungen. Miss Clapp, die nun bereits eine junge Dame geworden ist, erklärt die versauerte alte Dame für eine unerträgliche, unverschämte kleine Dirne. Mrs. Sedley kann nicht begreifen, wieso Amelia sie gern hat, sie oft auf ihr Zimmer kommen läßt und häufig mit ihr ausgeht. Die bittere Armut hat das Leben der einst so fröhlichen, gütigen Frau vergiftet. Sie ist undankbar gegen Amelias stets gleichbleibende Güte ihr gegenüber, sie bemängelt ihre Bemühungen, freundlich und dienstbar zu sein, verhöhnt sie wegen ihres einfältigen Stolzes auf ihr Kind und jammert darüber, wie sie die Eltern vernachlässigt. In Georgys Heim geht es nicht sehr lebhaft zu, seit Onkel Joseph die Jahresrente zurückgezogen hat, und die kleine Familie lebt fast von Hungerrationen. |
The Muse, whoever she be, who presides over this Comic History must now descend from the genteel heights in which she has been soaring and have the goodness to drop down upon the lowly roof of John Sedley at Brompton, and describe what events are taking place there. Here, too, in this humble tenement, live care, and distrust, and dismay. Mrs. Clapp in the kitchen is grumbling in secret to her husband about the rent, and urging the good fellow to rebel against his old friend and patron and his present lodger. Mrs. Sedley has ceased to visit her landlady in the lower regions now, and indeed is in a position to patronize Mrs. Clapp no longer. How can one be condescending to a lady to whom one owes a matter of forty pounds, and who is perpetually throwing out hints for the money? The Irish maidservant has not altered in the least in her kind and respectful behaviour; but Mrs. Sedley fancies that she is growing insolent and ungrateful, and, as the guilty thief who fears each bush an officer, sees threatening innuendoes and hints of capture in all the girl’s speeches and answers. Miss Clapp, grown quite a young woman now, is declared by the soured old lady to be an unbearable and impudent little minx. Why Amelia can be so fond of her, or have her in her room so much, or walk out with her so constantly, Mrs. Sedley cannot conceive. The bitterness of poverty has poisoned the life of the once cheerful and kindly woman. She is thankless for Amelia’s constant and gentle bearing towards her; carps at her for her efforts at kindness or service; rails at her for her silly pride in her child and her neglect of her parents. Georgy’s house is not a very lively one since Uncle Jos’s annuity has been withdrawn and the little family are almost upon famine diet. |
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Amelia denkt und denkt und zerbricht sich den Kopf, um einen Weg zu finden, wie sie die geringen Mittel, bei denen die Familie langsam verhungert, aufbessern kann. Soll sie irgend etwas unterrichten, Briefständer bemalen, feine Handarbeiten machen? Sie merkt, daß Frauen schwer und besser als sie für zwei Pence pro Tag arbeiten müssen. Sie kauft zwei vergoldete Pappen beim Schreibwarenhändler und bemalt sie, so gut sie kann. Auf der einen entsteht inmitten einer Bleistiftlandschaft ein lächelnder Schäfer mit roter Weste und rosa Gesicht, auf der anderen eine Schäferin, die mit einem Hündchen neben sich eine kleine Brücke überschreitet. Der Mann vom Schreibwarenladen und Bromptoner Magazin der schönen Künste, von dem sie die Pappen gekauft hat, in der eitlen Hoffnung, er würde sie zurückkaufen, wenn sie von ihrer Hand verziert worden wären, kann kaum ein Hohnlächeln verbergen, als er diese schwachen Kunstwerke besichtigt. Er blickt die Dame, die im Laden wartet, von der Seite an, packt die Bilder wieder in den braunweißen Papierumschlag und gibt sie der armen Witwe und Miss Clapp zurück. Diese junge Dame hat in ihrem ganzen Leben noch nichts so Schönes gesehen und hatte gehofft, daß der Mann mindestens zwei Guineen dafür zahlen würde. Sie versuchten ihr Heil in anderen Läden in der Stadt, aber ihre Hoffnungen sanken immer mehr. »Ich brauche sie nicht«, sagte einer. »Hinaus!« sagte ein anderer böse. Drei Shilling und sechs Pence sind umsonst ausgegeben. Die Bilder kommen in Miss Clapps Schlafzimmer, und sie findet sie immer noch sehr schön. |
Amelia thinks, and thinks, and racks her brain, to find some means of increasing the small pittance upon which the household is starving. Can she give lessons in anything? paint card-racks? do fine work? She finds that women are working hard, and better than she can, for twopence a day. She buys a couple of begilt Bristol boards at the Fancy Stationer’s and paints her very best upon them — a shepherd with a red waistcoat on one, and a pink face smiling in the midst of a pencil landscape — a shepherdess on the other, crossing a little bridge, with a little dog, nicely shaded. The man of the Fancy Repository and Brompton Emporium of Fine Arts (of whom she bought the screens, vainly hoping that he would repurchase them when ornamented by her hand) can hardly hide the sneer with which he examines these feeble works of art. He looks askance at the lady who waits in the shop, and ties up the cards again in their envelope of whitey-brown paper, and hands them to the poor widow and Miss Clapp, who had never seen such beautiful things in her life, and had been quite confident that the man must give at least two guineas for the screens. They try at other shops in the interior of London, with faint sickening hopes. “Don’t want ’em,” says one. “Be off,” says another fiercely. Three-and-sixpence has been spent in vain — the screens retire to Miss Clapp’s bedroom, who persists in thinking them lovely. |
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Amelia schreibt in ihrer schönsten Handschrift nach langem Nachdenken und vielen stilistischen Bemühungen eine kleine Karte, auf der dem Publikum kundgetan wird, daß »eine Dame, die über einige Freizeit verfügt, die Erziehung kleiner Mädchen zu übernehmen wünscht, wobei sie in der englischen und französischen Sprache, in Geographie, Geschichte und Musik unterrichten könnte. Zuschriften unter A. O. an Mr. Brown.« Die Karte vertraut sie dem Herrn in dem Magazin der schönen Künste an, der sich bereit erklärt, sie auf den Ladentisch zu legen. Dort vergilbt sie, und Fliegen beschmutzen sie. Amelia geht oft sehnsüchtig an der Tür vorüber, in der Hoffnung, daß Mr. Brown Nachrichten für sie hat, aber er winkt sie nie herein. Wenn sie hingeht, um kleine Einkäufe zu machen, so ist niemals eine Nachricht für sie da. Arme, einfache, kleine Frau – wie kannst du, so zart und schwach du bist, den Kampf mit der kämpfenden rohen Welt wagen? |
She writes out a little card in her neatest hand, and after long thought and labour of composition, in which the public is informed that “A Lady who has some time at her disposal, wishes to undertake the education of some little girls, whom she would instruct in English, in French, in Geography, in History, and in Music — address A. O., at Mr. Brown’s”; and she confides the card to the gentleman of the Fine Art Repository, who consents to allow it to lie upon the counter, where it grows dingy and fly-blown. Amelia passes the door wistfully many a time, in hopes that Mr. Brown will have some news to give her, but he never beckons her in. When she goes to make little purchases, there is no news for her. Poor simple lady, tender and weak — how are you to battle with the struggling violent world? |
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Sie wird täglich zermürbter und trauriger und richtet ängstliche Blicke auf ihr Kind, deren Bedeutung der kleine Knabe nicht zu enträtseln vermag. Nachts schreckt sie auf und blickt heimlich in sein Zimmer, um zu sehen, ob er schläft und nicht etwa geraubt ist. Sie schläft jetzt nur wenig. Ein schrecklicher Gedanke verfolgt sie ununterbrochen. Wie sie in den langen stillen Nächten weint und betet! Wie sie den ständig wiederkehrenden Gedanken vor sich selbst zu verbergen sucht, den Gedanken, daß es besser wäre, sich von dem Knaben zu trennen, da sie die einzige Schranke zwischen ihm und dem Glück ist! Sie kann nicht, wenigstens nicht jetzt. Ein anderes Mal. Oh, es ist zu schwer, diesen Gedanken zu ertragen. |
She grows daily more care-worn and sad, fixing upon her child alarmed eyes, whereof the little boy cannot interpret the expression. She starts up of a night and peeps into his room stealthily, to see that he is sleeping and not stolen away. She sleeps but little now. A constant thought and terror is haunting her. How she weeps and prays in the long silent nights — how she tries to hide from herself the thought which will return to her, that she ought to part with the boy, that she is the only barrier between him and prosperity. She can’t, she can’t. Not now, at least. Some other day. Oh! it is too hard to think of and to bear. |
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Eine Idee kommt ihr, die sie erröten macht und von der sie sich abwendet. Ihre Eltern könnten die Rente behalten, wenn der Vikar sie heiraten und ihr und dem Knaben ein Heim geben würde. Aber Georges Bild und das teure Andenken an ihn machen ihr Vorwürfe. Scham und Liebe sagen nein zu diesem Opfer. Sie weicht zurück wie vor etwas Unheiligem, und solche Gedanken finden in dem reinen, sanften Herzen keine Heimstatt. |
A thought comes over her which makes her blush and turn from herself — her parents might keep the annuity — the curate would marry her and give a home to her and the boy. But George’s picture and dearest memory are there to rebuke her. Shame and love say no to the sacrifice. She shrinks from it as from something unholy, and such thoughts never found a resting-place in that pure and gentle bosom. |
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Der Kampf in Amelias Innern, den wir hier mit so wenigen Worten geschildert haben, dauerte mehrere Wochen. Während dieser Zeit hatte sie keine Vertraute und konnte auch keine haben, da sie sich selbst die Möglichkeit des Nachgebens nicht eingestehen wollte, obgleich sie täglich weiter vor ihrem Feinde zurückwich. Eine Wahrheit nach der anderen zog schweigend gegen sie auf und hielt ihre Stellung. Armut und Elend aller, Bedürfnisse und Erniedrigung der Eltern, Ungerechtigkeit gegenüber dem Knaben, eins nach dem anderen fielen die Außenwerke der kleinen Zitadelle, in der die arme Seele leidenschaftlich ihre Liebe und ihren einzigen Schatz hütete. |
The combat, which we describe in a sentence or two, lasted for many weeks in poor Amelia’s heart, during which she had no confidante; indeed, she could never have one, as she would not allow to herself the possibility of yielding, though she was giving way daily before the enemy with whom she had to battle. One truth after another was marshalling itself silently against her and keeping its ground. Poverty and misery for all, want and degradation for her parents, injustice to the boy — one by one the outworks of the little citadel were taken, in which the poor soul passionately guarded her only love and treasure. |
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Zu Anfang des Kampfes hatte sie einen Brief voll zärtlicher Bitten an ihren Bruder nach Kalkutta geschrieben und ihn angefleht, den Eltern nicht die letzte Stütze zu entziehen. In schlichten Worten schilderte sie ihre einsame, unglückliche Lage. Sie wußte ja nicht, wie sich die Sache wirklich verhielt. Joseph zahlte die jährliche Unterstützung nach wie vor regelmäßig, aber ein Geldverleiher in der City erhielt sie. An ihn hatte der alte Sedley sie für eine Summe Geldes verkauft, damit er seine unsinnigen Pläne weiterverfolgen konnte. Emmy rechnete sich eifrig die Zeit aus, die vergehen würde, bis der Brief ankäme und Antwort erfolgen könnte. Sie hatte sich den Tag, an dem sie ihn abgeschickt hatte, in ihrem Notizbuch vermerkt. Dem Vormund ihres Sohnes, dem guten Major in Madras, hatte sie von ihren Kümmernissen und Verlegenheiten nichts mitgeteilt. Seitdem sie ihm zu seiner bevorstehenden Heirat gratuliert hatte, hatte sie ihm nicht wieder geschrieben, und niedergeschlagen dachte sie daran, daß auch dieser Freund, der einzige, der sie je geschätzt hatte, von ihr abgefallen war. |
At the beginning of the struggle, she had written off a letter of tender supplication to her brother at Calcutta, imploring him not to withdraw the support which he had granted to their parents and painting in terms of artless pathos their lonely and hapless condition. She did not know the truth of the matter. The payment of Jos’s annuity was still regular, but it was a money-lender in the City who was receiving it: old Sedley had sold it for a sum of money wherewith to prosecute his bootless schemes. Emmy was calculating eagerly the time that would elapse before the letter would arrive and be answered. She had written down the date in her pocket-book of the day when she dispatched it. To her son’s guardian, the good Major at Madras, she had not communicated any of her griefs and perplexities. She had not written to him since she wrote to congratulate him on his approaching marriage. She thought with sickening despondency, that that friend — the only one, the one who had felt such a regard for her — was fallen away. |
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Eines Tages, als die Sachen wieder einmal sehr schlecht standen – die Gläubiger drängten, die Mutter wurde hysterisch vor Kummer, der Vater war düsterer als gewöhnlich, die Familienmitglieder mieden einander, und jeder war insgeheim von seinem eigenen Unglück bedrückt und meinte, daß ihm Unrecht geschehen sei –, trafen sich Vater und Tochter zufällig einmal allein, und Amelia dachte, sie könne ihren Vater trösten, wenn sie ihm erzählte, was sie getan hatte. Sie habe an Joseph geschrieben – in drei bis vier Monaten müßte die Antwort dasein. Er sei doch stets großmütig gewesen, wenn auch ein wenig unbekümmert, er könne nicht abschlagen, wenn er wüßte, in welchen bedrängten Umständen seine Eltern lebten. |
One day, when things had come to a very bad pass — when the creditors were pressing, the mother in hysteric grief, the father in more than usual gloom, the inmates of the family avoiding each other, each secretly oppressed with his private unhappiness and notion of wrong — the father and daughter happened to be left alone together, and Amelia thought to comfort her father by telling him what she had done. She had written to Joseph — an answer must come in three or four months. He was always generous, though careless. He could not refuse, when he knew how straitened were the circumstances of his parents. |
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Da enthüllte ihr der arme alte Herr die volle Wahrheit: daß sein Sohn die Rente immer noch zahle, daß aber seine eigne Unklugheit sie verschleudert habe. Er habe nicht gewagt, es ihr früher zu sagen. Als er mit zitternder, leiser Stimme dieses Bekenntnis ablegte, glaubte er in Amelias verstörtem, entsetztem Blick Vorwürfe darüber zu lesen, daß er es so lange geheimgehalten hatte. »Ach«, sagte er und wandte sich mit zitternden Lippen ab, »jetzt verachtest du deinen alten Vater.« |
Then the poor old gentleman revealed the whole truth to her — that his son was still paying the annuity, which his own imprudence had flung away. He had not dared to tell it sooner. He thought Amelia’s ghastly and terrified look, when, with a trembling, miserable voice he made the confession, conveyed reproaches to him for his concealment. “Ah!” said he with quivering lips and turning away, “you despise your old father now!” |
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»O Papa, das ist es nicht«, rief Amelia, fiel ihm um den Hals und küßte ihn viele Male, »du bist stets gut und freundlich gewesen. Du wolltest ja nur das Beste. Es ist nicht wegen des Geldes – es ist... O mein Gott, mein Gott! Erbarme dich meiner und gib mir Kraft, diese Prüfung zu ertragen!« Sie küßte ihn nochmals heftig und eilte fort. |
“Oh, papa! it is not that,” Amelia cried out, falling on his neck and kissing him many times. “You are always good and kind. You did it for the best. It is not for the money — it is — my God! my God! have mercy upon me, and give me strength to bear this trial”; and she kissed him again wildly and went away. |
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Der Vater wußte nicht, was diese Erklärung und der Schmerzensausbruch, mit dem die arme Frau ihn verlassen hatte, bedeuten sollte. Nun war sie besiegt. Das Urteil war gesprochen. Das Kind mußte von ihr fort – zu anderen – und sie vergessen. Ihr größter Schatz, ihre Freude, Hoffnung, Liebe, Anbetung, fast ihr Gott – sie mußte ihn aufgeben, und dann – dann würde sie zu George gehen, und sie beide würden über dem Kinde wachen und darauf warten, daß es zu ihnen in den Himmel käme. |
Still the father did not know what that explanation meant, and the burst of anguish with which the poor girl left him. It was that she was conquered. The sentence was passed. The child must go from her — to others — to forget her. Her heart and her treasure — her joy, hope, love, worship — her God, almost! She must give him up, and then — and then she would go to George, and they would watch over the child and wait for him until he came to them in Heaven. |
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Ohne zu wissen, was sie tat, setzte sie den Hut auf und schritt den Weg entlang, auf dem George gewöhnlich aus der Schule kam und wo sie dem Knaben meist entgegenging. Es war im Mai, an einem halben Feiertag. Die Bäume entfalteten ihre Blätter, das Wetter war herrlich. Rotbackig und gesund, lief ihr der Knabe singend, das Bücherbündel an einem Riemen über dem Rücken, entgegen. Da war er. Mit beiden Armen umschlang sie ihn. Nein, es war unmöglich. Sie konnte sich nicht von ihm trennen. »Was ist los, Mutter?« fragte er. »Du siehst so blaß aus.« |
She put on her bonnet, scarcely knowing what she did, and went out to walk in the lanes by which George used to come back from school, and where she was in the habit of going on his return to meet the boy. It was May, a half-holiday. The leaves were all coming out, the weather was brilliant; the boy came running to her flushed with health, singing, his bundle of school-books hanging by a thong. There he was. Both her arms were round him. No, it was impossible. They could not be going to part. “What is the matter, Mother?” said he; “you look very pale.” |
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»Nichts, mein Kind«, entgegnete sie. Sie beugte sich herab und küßte ihn. |
“Nothing, my child,” she said and stooped down and kissed him. |
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An diesem Abend ließ sich Amelia von dem Knaben die Geschichte Samuels vorlesen, wie ihn seine Mutter Hanna, nachdem sie ihn entwöhnt hatte, zu dem Hohenpriester Eli brachte, damit er dort dem Herrn diene. Und er las Hannas Lobgesang, worin es heißt: »Der Herr machet arm und machet reich; er erniedriget und erhöhet; er hebet auf den Dürftigen aus dem Staube.« Dann las er, wie Samuels Mutter ihm einen kleinen Rock machte und »ihn ihm hinaufbrachte, zu seiner Zeit, wenn sie hinaufging zu opfern die Opfer seiner Zeit«. Und dann erklärte Georges Mutter in ihrer lieblichen, einfachen Art dem Knaben diese rührende Geschichte. Wie Hanna, obgleich sie ihren Sohn sehr liebte, sich wegen ihres Gelübdes doch von ihm getrennt habe und wie sie stets an ihn gedacht haben müsse, wenn sie weit von ihm entfernt zu Hause saß und an dem kleinen Rock nähte, und wie Samuel seine Mutter sicherlich nie vergessen habe, und wie glücklich sie gewesen sein müsse, als die Zeit herankam (und die Jahre vergehen sehr geschwind), da sie ihn wiedergesehen habe und feststellen konnte, wie gut und weise er geworden war. Diese kleine Predigt hielt sie mit sanfter, feierlicher Stimme und trockenen Augen, bis sie zu der Stelle der Wiederbegegnung kam. Da brach sie plötzlich ab, ihr zärtliches Herz strömte über, sie drückte den Knaben an sich, wiegte ihn hin und her und weinte schweigend ihren heiligen Schmerz über ihm aus. |
That night Amelia made the boy read the story of Samuel to her, and how Hannah, his mother, having weaned him, brought him to Eli the High Priest to minister before the Lord. And he read the song of gratitude which Hannah sang, and which says, who it is who maketh poor and maketh rich, and bringeth low and exalteth — how the poor shall be raised up out of the dust, and how, in his own might, no man shall be strong. Then he read how Samuel’s mother made him a little coat and brought it to him from year to year when she came up to offer the yearly sacrifice. And then, in her sweet simple way, George’s mother made commentaries to the boy upon this affecting story. How Hannah, though she loved her son so much, yet gave him up because of her vow. And how she must always have thought of him as she sat at home, far away, making the little coat; and Samuel, she was sure, never forgot his mother; and how happy she must have been as the time came (and the years pass away very quick) when she should see her boy and how good and wise he had grown. This little sermon she spoke with a gentle solemn voice, and dry eyes, until she came to the account of their meeting — then the discourse broke off suddenly, the tender heart overflowed, and taking the boy to her breast, she rocked him in her arms and wept silently over him in a sainted agony of tears. |
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Sobald die Witwe ihren Beschluß gefaßt hatte, begann sie Maßnahmen zu ergreifen, die ihr für den beabsichtigten Zweck am erfolgversprechendsten schienen. Eines Tages erhielt Miss Osborne am Russell Square (Amelia hatte zehn Jahre lang weder den Namen noch die Nummer des Hauses niedergeschrieben, und als sie jetzt die Adresse malte, stieg ihre Jugend, ihre eigene Geschichte wieder in ihr auf) – eines Tages also erhielt Miss Osborne einen Brief von Amelia, der sie heftig erröten ließ. Sie blickte ihren Vater an, der düster auf seinem Platz am anderen Ende des Tisches saß. |
Her mind being made up, the widow began to take such measures as seemed right to her for advancing the end which she proposed. One day, Miss Osborne, in Russell Square (Amelia had not written the name or number of the house for ten years — her youth, her early story came back to her as she wrote the superscription) one day Miss Osborne got a letter from Amelia which made her blush very much and look towards her father, sitting glooming in his place at the other end of the table. |
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Amelia schilderte in einfachen Worten die Gründe, die sie bewogen hatten, bezüglich ihres Sohnes ihren Sinn zu ändern. Ihr Vater habe erneut Unglück gehabt und sei nun völlig ruiniert. Ihr eigenes kleines Einkommen sei so gering, daß es ihr kaum ermögliche, ihre Eltern zu unterhalten, und es würde nicht ausreichen, George die Vorteile zu bieten, die ihm gebührten. So groß auch ihr Schmerz bei der Trennung sein würde, so wolle sie ihn doch mit Gottes Hilfe um des Knaben willen ertragen. Sie wüßte, daß die, zu denen er ging, alles in ihren Kräften Stehende tun würden, um ihn glücklich zu machen. Sie beschrieb seinen Charakter, wie sie ihn sah: ungeduldig und ungehorsam gegen Zwang und Härte, aber leicht zu lenken mit Liebe und Freundlichkeit. In einer Nachschrift erbat sie sich eine schriftliche Zusage, das Kind, sooft sie es wünsche, sehen zu dürfen – sie könne sich unter keiner anderen Bedingung von ihm trennen. |
In simple terms, Amelia told her the reasons which had induced her to change her mind respecting her boy. Her father had met with fresh misfortunes which had entirely ruined him. Her own pittance was so small that it would barely enable her to support her parents and would not suffice to give George the advantages which were his due. Great as her sufferings would be at parting with him she would, by God’s help, endure them for the boy’s sake. She knew that those to whom he was going would do all in their power to make him happy. She described his disposition, such as she fancied it — quick and impatient of control or harshness, easily to be moved by love and kindness. In a postscript, she stipulated that she should have a written agreement, that she should see the child as often as she wished — she could not part with him under any other terms. |
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»Wie? Ist Mrs. Hochnäsig endlich zur Vernunft gekommen?« meinte der alte Osborne, als ihm seine Tochter mit zitternder Stimme hastig den Brief vorlas. – »Regelrecht ausgehungert, haha! Ich wußte, daß sie es tun würde.« Er versuchte, Haltung zu bewahren und seine Zeitungen wie gewöhnlich zu lesen, aber er war nicht bei der Sache. Hinter dem Blatt lachte und fluchte er in sich hinein. |
“What? Mrs. Pride has come down, has she?” old Osborne said, when with a tremulous eager voice Miss Osborne read him the letter. “Reg’lar starved out, hey? Ha, ha! I knew she would.” He tried to keep his dignity and to read his paper as usual — but he could not follow it. He chuckled and swore to himself behind the sheet. |
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Endlich warf er die Zeitung hin, blickte seine Tochter wie gewöhnlich finster an und ging in sein anstoßendes Studierzimmer. Bald kehrte er mit einem Schlüssel zurück und warf ihn Miss Osborne zu. |
At last he flung it down and, scowling at his daughter, as his wont was, went out of the room into his study adjoining, from whence he presently returned with a key. He flung it to Miss Osborne. |
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»Richte das Zimmer über meinem – sein ehemaliges – her«, befahl er. »Ja«, erwiderte die Tochter zitternd. Es war Georges Zimmer. Seit mehr als zehn Jahren war es nicht geöffnet worden: Ein Teil seiner Kleider, Papiere, Taschentücher, Peitschen und Mützen, Angelruten und Sportgeräte befanden sich noch darin. Eine Armeeliste von 1814 mit seinem Namen auf dem Umschlag, ein kleines Wörterbuch, das er beim Schreiben benutzt hatte, und die Bibel, die ihm seine Mutter geschenkt hatte, standen auf dem Kaminsims neben einem Paar Sporen und einem ausgetrockneten Tintenfaß, bedeckt mit dem Staub von zehn Jahren. Oh, wie viele Tage und Leute sind dahingegangen, seit der Zeit, da diese Tinte noch naß war! Der Schreibblock auf dem Tisch trug noch seine Handschrift. |
“Get the room over mine — his room that was — ready,” he said. “Yes, sir,” his daughter replied in a tremble. It was George’s room. It had not been opened for more than ten years. Some of his clothes, papers, handkerchiefs, whips and caps, fishing-rods and sporting gear, were still there. An Army list of 1814, with his name written on the cover; a little dictionary he was wont to use in writing; and the Bible his mother had given him, were on the mantelpiece, with a pair of spurs and a dried inkstand covered with the dust of ten years. Ah! since that ink was wet, what days and people had passed away! The writing-book, still on the table, was blotted with his hand. |
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Miss Osborne war sehr bewegt, als sie zum ersten Male mit den Dienstboten dieses Zimmer betrat. Blaß sank sie auf das kleine Bett nieder. »Dies ist eine gute Nachricht, Fräulein – wirklich, Fräulein«, sagte die Haushälterin, »und die gute alte Zeit kehrt zurück, Fräulein. Der liebe kleine Bursche – ach, Fräulein, wie glücklich er sein wird. Gewisse Leute in Mayfair, Fräulein, werden aber einen Groll gegen ihn haben, Fräulein.« Und hiermit stieß sie den Riegel zurück, der das Schiebefenster hielt, und ließ frische Luft in das Zimmer. |
Miss Osborne was much affected when she first entered this room with the servants under her. She sank quite pale on the little bed. “This is blessed news, m’am — indeed, m’am,” the housekeeper said; “and the good old times is returning, m’am. The dear little feller, to be sure, m’am; how happy he will be! But some folks in May Fair, m’am, will owe him a grudge, m’am”; and she clicked back the bolt which held the window-sash and let the air into the chamber. |
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»Du solltest am besten der Frau etwas Geld schicken«, sagte Mr. Osborne, ehe er ausging. »Sie soll keinen Mangel leiden. Schicke ihr hundert Pfund.« |
“You had better send that woman some money,” Mr. Osborne said, before he went out. “She shan’t want for nothing. Send her a hundred pound.” |
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»Und morgen besuche ich sie, ja?« fragte Miss Osborne. |
“And I’ll go and see her to-morrow?” Miss Osborne asked. |
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»Das ist deine Sache. Aber denk daran, hierher kommt sie mir nicht. Nein, Zum Teufel, nicht um alles Geld in London. Aber Mangel soll sie nicht leiden. Mach also, und bring die Sache in Ordnung.« Mit diesen kurzen Worten nahm Mr. Osborne von seiner Tochter Abschied und trat den gewohnten Weg in die City an. |
“That’s your look out. She don’t come in here, mind. No, by — , not for all the money in London. But she mustn’t want now. So look out, and get things right.” With which brief speeches Mr. Osborne took leave of his daughter and went on his accustomed way into the City. |
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»Hier, Papa, ist etwas Geld«, sagte Amelia an jenem Abend zu ihrem Vater, küßte den alten Mann und drückte ihm einen Wechsel über hundert Pfund in seine Hand. »Und – und Mama, sei nicht hart gegen Georgy. Er – er wird nicht mehr lange bei uns bleiben.« Sie konnte nichts weiter sagen und ging schweigend in ihr Zimmer. Schließen wir die Tür hinter ihren Gebeten und ihrem Kummer. Ich glaube, wir tun gut daran, von soviel Liebe und Schmerz wenig zu sagen. |
“Here, Papa, is some money,” Amelia said that night, kissing the old man, her father, and putting a bill for a hundred pounds into his hands. “And — and, Mamma, don’t be harsh with Georgy. He — he is not going to stop with us long.” She could say nothing more, and walked away silently to her room. Let us close it upon her prayers and her sorrow. I think we had best speak little about so much love and grief. |
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Am nächsten Tag besuchte Miss Osborne Amelia, wie sie es in ihrem Brief versprochen hatte. Die Begegnung verlief freundlich. Ein Blick und ein paar Worte von Miss Osborne zeigten der armen Witwe, daß sie zumindest wegen dieser Frau nicht um den ersten Platz im Herzen ihres Sohnes zu fürchten brauchte. Sie war kühl, vernünftig und nicht unfreundlich. Vielleicht wäre der Mutter weniger lieb gewesen, hätte sie ihre Rivalin hübscher, jünger, liebevoller und warmherziger gefunden. Miss Osborne dagegen dachte an alte Zeiten und war gerührt über die traurige Lage der armen Mutter. Sie war besiegt, streckte gewissermaßen die Waffen und ergab sich. An diesem Tag legten sie gemeinsam die Präliminarien des Kapitulationsvertrages fest. |
Miss Osborne came the next day, according to the promise contained in her note, and saw Amelia. The meeting between them was friendly. A look and a few words from Miss Osborne showed the poor widow that, with regard to this woman at least, there need be no fear lest she should take the first place in her son’s affection. She was cold, sensible, not unkind. The mother had not been so well pleased, perhaps, had the rival been better looking, younger, more affectionate, warmer-hearted. Miss Osborne, on the other hand, thought of old times and memories and could not but be touched with the poor mother’s pitiful situation. She was conquered, and laying down her arms, as it were, she humbly submitted. That day they arranged together the preliminaries of the treaty of capitulation. |
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George durfte am nächsten Tag nicht zur Schule gehen und sah seine Tante. Amelia ließ die beiden allein und begab sich auf ihr Zimmer. Sie erprobte die Trennung – wie die arme sanfte Lady Jane Grey, die die Schneide des Beiles befühlte, das herabfallen und ihr zartes Leben beenden sollte. Mehrere Tage vergingen unter Besprechungen, Besuchen und Vorbereitungen. Die Witwe brachte Georgy die Sache äußerst vorsichtig bei; sie hatte erwartet, daß ihn die Nachricht sehr betrüben würde, er war jedoch eher erfreut darüber, und die arme Frau wandte sich traurig ab. Er prahlte an jenem Tage gegenüber den Schulkameraden mit der Nachricht, erzählte ihnen, daß er jetzt bei .seinem Großvater leben sollte. Nicht bei dem, der zuweilen herkam, sondern beim Vater seines Vaters, und daß er sehr reich sein und einen Ponywagen halten und in eine viel feinere Schule kommen werde, und wenn er erst reich wäre, dann könne er Leaders Federkästchen kaufen und bei der Kuchenfrau bezahlen. Der Knabe war das Ebenbild des Vaters, wie seine zärtliche Mutter dachte. |
George was kept from school the next day, and saw his aunt. Amelia left them alone together and went to her room. She was trying the separation — as that poor gentle Lady Jane Grey felt the edge of the axe that was to come down and sever her slender life. Days were passed in parleys, visits, preparations. The widow broke the matter to Georgy with great caution; she looked to see him very much affected by the intelligence. He was rather elated than otherwise, and the poor woman turned sadly away. He bragged about the news that day to the boys at school; told them how he was going to live with his grandpapa his father’s father, not the one who comes here sometimes; and that he would be very rich, and have a carriage, and a pony, and go to a much finer school, and when he was rich he would buy Leader’s pencil-case and pay the tart-woman. The boy was the image of his father, as his fond mother thought. |
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Um unserer lieben Amelia willen habe ich wirklich nicht das Herz, Georges letzte Tage zu Hause zu beschreiben. |
Indeed I have no heart, on account of our dear Amelia’s sake, to go through the story of George’s last days at home. |
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Endlich kam der Tag, der Wagen fuhr vor, die kleinen bescheidenen Päckchen mit Zeichen der Liebe und Andenken lagen schon im Hausflur bereit. George trug seinen neuen Anzug, zu dem ihm der Schneider vorher noch Maß genommen hatte. Bei Sonnenaufgang war er aus dem Bett gesprungen und hatte die neuen Kleider angezogen. Das alles hörte seine Mutter im Nebenzimmer, wo sie in stummem Schmerz die Nacht durchwacht hatte. Tage zuvor schon hatte sie Vorbereitungen getroffen, nützliche Kleinigkeiten für den Knaben gekauft, seine Bücher und Wäsche mit seinem Namen versehen, mit ihm gesprochen und ihn auf die Veränderung vorbereitet – in dem zärtlichen Wahn, daß er der Vorbereitung bedürfe. |
At last the day came, the carriage drove up, the little humble packets containing tokens of love and remembrance were ready and disposed in the hall long since — George was in his new suit, for which the tailor had come previously to measure him. He had sprung up with the sun and put on the new clothes, his mother hearing him from the room close by, in which she had been lying, in speechless grief and watching. Days before she had been making preparations for the end, purchasing little stores for the boy’s use, marking his books and linen, talking with him and preparing him for the change — fondly fancying that he needed preparation. |
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Was machte er sich schon daraus, wenn es nur eine Veränderung gab! Er konnte es kaum erwarten. Mit tausend eifrigen Plänen, was er alles tun würde, wenn er erst bei seinem Großvater wohnte, hatte er der armen Witwe gezeigt, wie wenig ihn die Trennung bedrückte. Er wolle oft mit dem Pony kommen, um seine Mama zu besuchen, sagte er; er würde sie mit dem Wagen abholen, und dann könnten sie im Park spazierenfahren, und sie solle alles haben, was sie brauche. Die arme Mutter mußte sich mit diesen selbstsüchtigen Zeichen der Zuneigung zufriedengeben und versuchte sich einzureden, daß ihr Sohn sie aufrichtig liebe. Er mußte sie doch lieben. Alle Kinder waren so: ein wenig begierig auf Neues und – nein, nicht selbstsüchtig, nur eigenwillig. Ihr Kind sollte seinen Spaß und seinen Ehrgeiz in der Welt haben. Sie selbst mit ihrer selbstsüchtigen, törichten Liebe hatte ihm bisher sein Recht auf Freude verwehrt. |
So that he had change, what cared he? He was longing for it. By a thousand eager declarations as to what he would do, when he went to live with his grandfather, he had shown the poor widow how little the idea of parting had cast him down. “He would come and see his mamma often on the pony,” he said. “He would come and fetch her in the carriage; they would drive in the park, and she should have everything she wanted.” The poor mother was fain to content herself with these selfish demonstrations of attachment, and tried to convince herself how sincerely her son loved her. He must love her. All children were so: a little anxious for novelty, and — no, not selfish, but self-willed. Her child must have his enjoyments and ambition in the world. She herself, by her own selfishness and imprudent love for him had denied him his just rights and pleasures hitherto. |
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Ich kenne kaum etwas Rührenderes als die ängstliche Erniedrigung und Demütigung einer Frau, wenn sie gesteht, daß sie und nicht der Mann die Schuld trägt, wenn sie alle Fehler auf sich nimmt, wenn sie gewissermaßen Bestrafung fordert für ein Unrecht, das sie nicht begangen hat, und wenn sie darauf besteht, den wahren Schuldigen zu schützen! Frauen lieben die, die ihnen Unrecht zufügen, am meisten. Sie sind von Natur aus furchtsam, aber tyrannisch und mißhandeln die, die sich vor ihnen demütigen. |
I know few things more affecting than that timorous debasement and self-humiliation of a woman. How she owns that it is she and not the man who is guilty; how she takes all the faults on her side; how she courts in a manner punishment for the wrongs which she has not committed and persists in shielding the real culprit! It is those who injure women who get the most kindness from them — they are born timid and tyrants and maltreat those who are humblest before them. |
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Die arme Amelia hatte sich also in stillem Kummer für das Scheiden ihres Sohnes gewappnet und manche lange einsame Stunde damit zugebracht. George stand neben seiner Mutter und beobachtete ihre Vorbereitungen ohne die mindeste Anteilnahme. Tränen waren in seine Schachteln gefallen. In seinen Lieblingsbüchern hatte sie Stellen angestrichen. Alte Spielsachen, Andenken und Schätze hatte sie für ihn zusammengelegt und außerordentlich nett und sorgfältig zusammengepackt, aber von alledem nahm der Knabe keine Notiz. Das Kind geht lächelnd fort, während das Herz der Mutter bricht. Beim Himmel, wie bemitleidenswert ist auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit die sinnlose Liebe der Frauen zu den Kindern. |
So poor Amelia had been getting ready in silent misery for her son’s departure, and had passed many and many a long solitary hour in making preparations for the end. George stood by his mother, watching her arrangements without the least concern. Tears had fallen into his boxes; passages had been scored in his favourite books; old toys, relics, treasures had been hoarded away for him, and packed with strange neatness and care — and of all these things the boy took no note. The child goes away smiling as the mother breaks her heart. By heavens it is pitiful, the bootless love of women for children in Vanity Fair. |
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Einige Tage sind vergangen, und das große Ereignis in Amelias Leben ist vorüber. Kein Engel hat eingegriffen. Das Kind ist dem Schicksal geopfert worden, und die Witwe ist ganz allein. |
A few days are past, and the great event of Amelia’s life is consummated. No angel has intervened. The child is sacrificed and offered up to fate, and the widow is quite alone. |
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Gewiß, der Knabe besucht sie oft. In Begleitung des Kutschers reitet er auf einem Pony, zum Entzücken seines alten Großvaters Sedley, der stolz an seiner Seite die Gasse hinabgeht. Sie sieht ihn, aber er ist nicht mehr ihr kleiner Junge. Ja, er reitet auch in die kleine Schule, um die Knaben dort zu besuchen und vor ihnen mit seinem neuen Reichtum und Glanz zu prahlen. Innerhalb von zwei Tagen hat er eine Herrschermiene und ein gönnerhaftes Wesen angenommen. Er ist zum Befehlen geboren, denkt seine Mutter, wie sein Vater. |
The boy comes to see her often, to be sure. He rides on a pony with a coachman behind him, to the delight of his old grandfather, Sedley, who walks proudly down the lane by his side. She sees him, but he is not her boy any more. Why, he rides to see the boys at the little school, too, and to show off before them his new wealth and splendour. In two days he has adopted a slightly imperious air and patronizing manner. He was born to command, his mother thinks, as his father was before him. |
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Das Wetter ist jetzt sehr schön. An den Abenden, wenn er nicht kommt, unternimmt sie lange Spaziergänge nach London – ja, bis zum Russell Square sogar. Dort ruht sie sich auf der Steineinfassung am Gartenzaun gegenüber von Mr. Osbornes Haus aus. Es ist angenehm und kühl hier. Sie kann die erleuchteten Salonfenster sehen und gegen neun Uhr das Zimmer im oberen Stock, wo Georgy schläft. Das weiß sie – er hat es ihr erzählt. Sie betet, wenn das Licht verlöscht, betet mit demütigem, ergebenem Herzen und geht gebeugt und stumm wieder nach Hause. Sie ist sehr müde, wenn sie heimkommt. Vielleicht schläft sie nach diesem langen, anstrengenden Gang um so besser, und vielleicht träumt sie von Georgy. |
It is fine weather now. Of evenings on the days when he does not come, she takes a long walk into London — yes, as far as Russell Square, and rests on the stone by the railing of the garden opposite Mr. Osborne’s house. It is so pleasant and cool. She can look up and see the drawing-room windows illuminated, and, at about nine o’clock, the chamber in the upper story where Georgy sleeps. She knows — he has told her. She prays there as the light goes out, prays with an humble heart, and walks home shrinking and silent. She is very tired when she comes home. Perhaps she will sleep the better for that long weary walk, and she may dream about Georgy. |
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Eines Sonntags spazierte sie am Russell Square in einiger Entfernung von Mr. Osbornes Hause (sie konnte es ja auch aus der Ferne beobachten). Gerade begannen die Sonntagsglocken zu läuten, und George und seine Tante kamen heraus, um in die Kirche zu gehen. Da bat ein kleiner Straßenkehrerjunge um ein Almosen, und der Bediente, der die Gebetbücher trug, versuchte ihn wegzutreiben, aber Georgy blieb stehen und gab ihm Geld. Gottes Segen über den Knaben! Emmy lief rund um den Platz, und als sie den Straßenfeger erreicht hatte, gab sie ihm auch ihr Scherflein. Alle Sonntagsglocken läuteten, und sie folgte ihnen, bis sie zur Findelhauskirche kam. Sie ging hinein und setzte sich so, daß sie den Kopf des Knaben unter der Gedenktafel seines Vaters erblicken konnte. Viele hundert frische Kinderstimmen erhoben sich und sangen dem allgütigen Vater Dankeshymnen, und die Seele des kleinen George zitterte vor Entzücken über den herrlichen Psalm. Seine Mutter konnte ihn eine Weile durch den Schleier, der ihren Blick trübte, nicht sehen. |
One Sunday she happened to be walking in Russell Square, at some distance from Mr. Osborne’s house (she could see it from a distance though) when all the bells of Sabbath were ringing, and George and his aunt came out to go to church; a little sweep asked for charity, and the footman, who carried the books, tried to drive him away; but Georgy stopped and gave him money. May God’s blessing be on the boy! Emmy ran round the square and, coming up to the sweep, gave him her mite too. All the bells of Sabbath were ringing, and she followed them until she came to the Foundling Church, into which she went. There she sat in a place whence she could see the head of the boy under his father’s tombstone. Many hundred fresh children’s voices rose up there and sang hymns to the Father Beneficent, and little George’s soul thrilled with delight at the burst of glorious psalmody. His mother could not see him for awhile, through the mist that dimmed her eyes. |