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Der Schnee lag fußtief, und an den windstillen Tagen hielt sich eine gute Schlittenbahn. Der Schormayer fuhr selber mit zwei Gäulen Langholz nach Dachau hinein, und die Arbeit tat ihm wohl.
Der Hansgirgl war bei ihm mit einem zweiten Gespann, und der Lenz legte mit etlichen Holzknechten im Wald auf und bracht die Bäume ins Dorf.
So rührten sich alle Hände, und über dem Schaffen wurden die Verdrießlichkeiten vergessen, die beim Nichtstun in die Länge und Breite gingen. Wenn am frostklaren Morgen der Schlitten knirschte und pfiff, schritt der Schormayer wohlgemut daneben her und versuchte auch wohl mit der Peitsche ein altes Gesetzel zu knallen.
Oder er führte mit dem Hansgirgl, der dichtauf folgte, eine Unterhaltung.
In Dachau setzte er sich behaglich in eine warme Wirtsstube; und schon lange hatte ihm keine Maß Bier mehr so geschmeckt wie hier eine jede, die er sich verdient hatte.
Er traf auch alte Freunde und Bekannte und konnte von weit und nah manches erfragen.
Eines Tages, wie er beim Zieglerbräu saß und rechtschaffen müd seine Füße ausstreckte, klopfte ihm jemand auf die Schulter; und wie er sich umdrehte, mußte er sich fast besinnen, daß er den Limmer von Weichs erkannte.
»Ja, grüaß di Good, Schormoar!«
»Grüaß di Good aa!«
»Triff i di do amal! De ganz Zeit hamm mi g'wart, ob 's d' net wieda zuakehrst; und hör'n hoscht aa nix lass'n.«
»Na, hot si net auftroffa.«
»A Botschaft hättst d' ins scho schick'n kinna.«
»I sag' d' as, wia 's is, i ho koa Zeit it g'habt.«
»Ja, ja! Sie werd da halt it g'fall'n hamm.«
»Net recht g'machti.«
»Und sie is ganz stocknarrisch auf di.«
»Geah? No, hot s' jetzt den Hof kafft, wo s' selbigesmal in Handel g'wen is?«
»An Atzenhofer? Na. I glaab, sie wart' heut no, ob s' di net do am End no dag'langt.«
»Mi net. Dös ko'st ihr ausricht'n, und an schön Gruaß vo mir.«
»Moanst it, es werd no was?«
»Net leicht.«
»Siehgst as, wia 's oft geht! Und sie hot si 's scho ganz fest ei'bild't!«
»Ei'bild't hon i ma scho oft was.«
»Woaßt, da Tretter hat si überhaupts a so auslass'n, als wenn 's ganz g'wiß waar, und als wenn er d' Vollmacht hätt' für di.«
»So?«
»Ja, g'red't hot der grad schö! Mögst d' net moan, daß d' Leut' a so lüag'n kinnan.«
»De Leut muaßt d' nix glaab'n, Limmer. Da trink amal!«
»G'segn 's Good, Schormoar!«
»'s Wohlsei!«
»Du, hoscht da vielleicht an anderne aufganga?«
»Na.«
»Du Schlaucherl, du sagst ma 's grad it!«
»I that da 's aa it sag'n.«
»Na werd 's scho a so sei?«
»Es is it a so, aba du brauchst mir nix glaab'n.«
»Kreuzteufi! De werd d' Trentsch'n hänga lass'n, bal i 's ihr sag!«
»Dös thuat nix. Sie ziagt s' scho wieda'r aufi.«
»Ja, ja. No also, zu'n macha is nix?«
»Na, gar nix.«
»Nacha pfüat di Good!«
»'s Good, Limmer!«
»Du, Schormoar, daß i net vagiß: da Buachberger vo Glonn treibt 's nimma lang.«
»So?«
»Er rasselt a so bei'n Huast'n, woaßt, als wia wenn a'r a Kett'n aufaziahgat, und des sell is a schlecht's Zoacha.«
»Dös is zwider für eahm, aba i kenn eahm ja gar net.«
»Dös is do der selbige, vo dem die Kaltnerin ihre dreitausad Mark irbt!«
»Ah so! Na, sie werd 's braucha kinna, bal s' den Hof wirkli kafft.«
»I ho gmoant, du kunnt'st vielleicht mehra Gusto drauf hamm, bal sie dös Geld kriagt.«
»I hon koan Gusto durchaus gar it.«
»Nacha is g'feit; dös siech i scho.«
»Weit g'feit, Limmer. Pfüat di.«
»'s Good, Schormoar!«
Hansgirgl hatte aufmerksam zugehört und blinzelte lustig, wie er sah, daß der Bauer in sich hineinlachte.
»Hoscht 'n geh' hör'n«`fragte ihn der Schormayer.
»Er is scho so laut auftret'n, daß ma 's hör'n hat müass'n. Was is denn dös für oana?«
»Vo Weichs is er! Hat a ganz a nett's Sach.«
»Hätt' er schmus'n mög'n bei dir?«
»Ja, a wengl. Da kunnt i no mal glückli wer'n, Hansgirgl.«
»Muaß dir aba net recht drum sei, was i g'spannt hab.«
»Bei dera net.«
Der Schormayer trank und wischte sich lachend das Maul ab.
»Hansgirgl, um de thatst di du aa'r it reiß'n.«
»Is s' so schiach?«
»Schiach wia'r a Nachteul'n und hantig wie'r a sauer's Bier.«
»Na pfüad di Good!«
»Dös sell hon i mir aa denkt.«
»Daß sie aba so viel Glaab'n auf di hot?«
»Vielleicht kimm i ihr so dumm für; ha – ha! Da kunntst d' hi' wern! Ganz bocknarrisch is sie auf mi, sagt da Limmer. Dös möcht i g'hört hamm, was eahr da Tretter all's aufbund'n hat!«
»Is der beteiligt bei dera Sach?«
»Er möcht si halt an Kupp'lpelz vodean'.«
»Hoscht du an Sinn, daß d' no'mal heirethst, Bauer?«
»It gern.«
»Dös hätt i mir a so denkt; was thatst denn du mit an Wei, wo's d' de zwoa Kinda hoscht?«
»Von dem will i net sag'n; bal ma 's guat derrathet, waar 's dös schlechtest no it.«
»Ja, ja, dös sell gib i zua.«
»Aba um's derrath'n is; und daneb'n tapp'n waar halt scho ganz z'wider. Es müaßt allssammete stimma.«
»Nacha hat dem sei Red do a bissel a Hoamath g'habt?«
»An Limmer moanst? Ah, da is koa dro'denka; dös is a Viecherei g'wen, sinscht gar nix. Na, i moan grad a so: bal ma si 's oft übaleget, waar 's dös Dümmst' net.«
»Ja, ja.«
»Brauchst aba nix red'n üba dös, Hansgirgl. Net, daß mir da no a Schmarrn o'grührt werat dahoam. I hon a so d' Ohr'n voll gnua.«
»Vo mir aus werd nix g'redt; i vabrenn mir 's Mäu net.«
»Dös denk i mir aa. Bischt ja lang gnua bei mir, daß d' auf meina Seit'n steh' kuntst.«
»Da feit si nix, Bauer.«
»I hon di aa allawei für dös o'gschaugt, Hansgirgl, und sinscht hätt' i wohl it a so g'red't mit dir.«
Der Schormayer war mitteilsam geworden.
In der langen Zeit hatte er sich nie was vom Herzen heruntergeredet, sondern alles in sich hineingefressen. Und da saß ein vertrauter Mensch, der die Vergangenheit kannte und manches Jahr auf seinem Hofe neben ihm geschafft hatte, und der wohl auch die Änderungen sah, die jetzt bei ihm eingerissen waren.
»Siehgst, Hansgirgl,« sagte er, »i brauch dir ja nix vazähl'n, aba daß dahoam nimma all's am alt'n Fleck steht, dös sell kennst ja du selm.«
»Wia 's halt is, Bauer, wenn die Junga herwachs'n und de Alt'n an 's Geh' denk'n.«
»I denk aba it gar so fest dro!«
»No, was willst d' macha?«
»Dös woaß i selm it, siehgst! Und i schaug 's schier jed'n Tag anderst o. Aba d' Freud zum Geh' is gar it groß bei mir.«
»'s Übagab'n is nia luschti.«
»Dös woaß mi, und mi thuat 's do, wann 's rechtsinni is; aba ma muaß si dabei naussehg'n. G'rad in d' Schlamassi einihocka, dös sell is dumm.«
»I hätt aba an Lenz it für uneb'n.«
»I woaß it, Hansgirgl. Da Reschpekt is it groß bei eahm, und na kunnt i abscheulige Rasttäg kriag'n, wann i amal der nix mehr bin.«
»I ho von eahm no nix Unrecht's g'hört; net üba di und net über ander Leut.«
»Hoscht d' aa nix g'sehg'n, daß er ungeduldi werd?«
»Was hoaßt ungeduldi? Schau, Bauer, du werst deinerzeit aa'r a bissel hart g'wart' hamm; und bal oana jung is, nacha is ja scho d' Freud' zu'n Regier'n und zu'n Arbet'n oamal z' groß. Dös sell is was Natürlich's.«
Der Schormayer schüttelte den Kopf.
»Daß er sie freut, dös sell nahm i eahm net übi; waar ja trauri, bal oana ohne Freud an Hof übernahm. Er braucht 's scho! Es is it all's schö, was kimmt. Aba dös sell hoaß i net wart'n, wann ma'r an Vata mit die Ellabog'n wegschiab'n möcht.«
»Dös wundert mi, bal dös da Lenz thuat.«
»Laß ma 's guat sei! Da Hauptpunkt is, daß i no it alt gnua bi zu'n Faullenz'n. Herrgott, i wer ja grad luschti bei da Arbet! Und da soll i umanand hocka und Weillang hamm!«
»Verschiab 's a Jahr, a zwoa!«
»Wern ma 's scho sehg'n; und jetzt zahl i, na fahr' ma wieda.«
Auf dem Heimweg war der Schormayer fröhlich und aufgeräumt. Es zog fest an, und am dunkeln Himmel flackerte ein Stern um den andern auf.
»Heuer trifft aba scho all's auf,« sagte der Bauer, »akk'rat, wia ma 's hamm will. De zwölf Nacht hamm dös beschte zoagt. Am Barbaratag hat 's Knosp'n g'habt, und d' Mett'n war hell. Paß auf, mir kriag'n a guat's Jahr.«
»Mir kunnten 's braucha.«
»Freili, Hansgirgl, und i moan allawei: was heuer wachst, wachst no für mi. Hoscht a guate Schmitz'n, na haust nachi!«
Er knallte mit der Peitsche den Fuhrmannsgruß.
»Es geht no it schlecht? Gel?«
»Na, i muaß di lob'n.«
»Öh, hott a wengl! Hott!«
Der Schormayer lief zu seinen Füchsen vor, weil ein Schlitten entgegenkam, und er ging dann eine Zeit allein. Der Weg führte durch Hochholz, und da war es noch stiller wie draußen auf der Freien.
Man hörte nur das Schnauben der Pferde und ihre klingelnden Schellen.
Über den Wald schob sich der Mond herauf, und etliche Baumgipfel standen dunkel und scharf gerändert gegen sein flüssiges Gold.
Der Schormayer summte vor sich hin und wartete wieder auf den Knecht.
»Da fallt mir a Liadl ei, dös kunnt schier gar für 'n Lenz pass'n.
Voda, wann gibst ma denn 's Hoamatl,
Voda, wann laßt ma 's denn schreib'n?
's Dirndl wachst auf wia'r a Groamatl,
Ledi will 's aa nimma bleib'n.
Hoscht dös scho amal g'hört, Hansgirgl?«
»Jo, und de ander Strupf'n woaß i aa.« Der Knecht sang mit dünner Stimme:
Da Voda, der gibt ma scho 's Hoamatl,
Da Voda, der laßt ma 's scho schreib'n,
Mei Dirndl werd g'maht wia'r a Groamatl,
Braucht koan alte Saudirn it bleib'n.
Da lachte der Schormayer herzhaft.
»Dös paßt wieda auf mi, und amal laß i 's scho schreib'n. Aba was dös Jahr wachst, wachst no für mi.«
*
Daheim wartete schon wieder allerhand Verdruß auf ihn. Sein bestes Roß, ein Schimmelwallach, mit dem der Lenz ins Holz gefahren war, hatte den Krampf in den Muskeln und legte sich, kaum daß es in den Stall zurückgekommen war, matt auf die Seite.
Der Hansgirgl, der sich auf die Sachen gut verstand, schüttelte bedenklich den Kopf und meinte, es könnte die schwarze Harnwinde sein. Er wollte gleich zum Tierarzt fahren, aber in der Nacht würde der haute kaum mehr kommen, und bis zum andern Tag könnte es lang zu spät sein.
Nun beratschlagte er mit dem Bauern, was für die nächste Zeit zu tun sei; und auch aus der Nachbarschaft kam der Deindl hinzu, ein Mann, der viel Erfahrung hatte, und der Schmied Finkenzeller, ein Meister im Hufbeschlag. Die Männer umstanden den Gaul, und der matte Schein der Stallaterne fiel auf recht besorgte Gesichter.
»Schormoar, es steht it guat,« sagte der Schmied, »'s Roß is hartleibi und rüahrt si kalt o.«
»Kreuzteufi, daß ma dös g'schehg'n muaß! I ho da 's g'sagt, Lenz: laß ma'r an Schimmi koan Tag im Stall steh! Wann s' bei dera Kält'n außi kemman, is schnell was g'schehg'n. Jetz hamm ma 's.«
»Dös bescht waar, mi holet de alte Metzin«, sagte der Deindl.
»I waar der Meinigung, mi wickeln 's Roß recht warm ei und wasch'n 's mit 'n hoaß'n Wassa«, schlug der Hansgirgl vor.
»Dös is dös allererscht,« bestätigte der Schmied, »und bal's d' mir folgscht, Schormoar, nacha laßt d' an Baldriantee siad'n. I hätt' oan dahoam.«
»Den muaß d' Zenzi hol'n, und du, Lenz, gehst umi und sagst zu da Urschula, sie soll Wassa kocha, so viel as geht. Hansgirgl, hol amal d' Zenzi!«
Der Schormayer befahl alles bedächtig und griff selber fest an, wie sie das kranke Tier in Decken einhüllten.
»No was!« sagte der Schmied. »Laßt's an etla rupfane Säck' hoaß macha; de leg'n mir nach'n Wachen üba.«
»Dös bescht waar, mi that de alt Metzin hol'n«, ließ sich der Deindl wieder hören.
»Z'weg'n was denn?«
»Schormoar, dö ko'n a niade Kranket bered'n. I ho 's selm bei meina Kuah ausprobiert. Sie hat ihran Spruch tho, und an andern Tag is d' Kuah wieda frisch g'wen.«
Der Schormayer schaute den Schmied fragend an.
»Schad'n ko 's nia,« sagte der, »und bal mir sinscht nix vasamma, kinnan mir ja der Metzin ihran Spruch drei'geb'n.«
»Du werscht segh'n, dös hilft alloa.«
»Is na scho recht.«
Zenzi kam hinter dem Hansgirgl in den Stall. Ihr Gesicht war gerötet, und ihre Haare schienen in Unordnung zu sein; auch waren die Augen etwas geschwollen, wie vom Weinen. Aber darauf achtete jetzt niemand.
»Du gehst jetzt glei zum Schmied abi und sagst, sie soll'n da'r an Baldrianthee geb'n. Ko'scht da dös mirka?«
»Jo«, antwortete die Zenzi mit weinerlicher Stimme.
»Laff no, und den Thee gibscht da Ursula, daß s' 'n auf da Stell kocht!«
Zenzi schaute den Schormayer erschrocken an.
»Hoscht mi vastanna?«
»Jo«, sagte sie noch gedrückter.
»Na mach und steh it lang umanand!«
»Und de alte Metzin soll s' hol'n«, mahnte der Deindl.
»Ja so! Vom Schmied ummi gehst aa zu'n Metz und sagst, de Alt' soll glei kemma. Jetzt g'schwind a wengl! Schleun' di bessa!«
»Jo.«
Sie ging zögernd weg; und wenn der Bauer gesehen hätte, wie sie einen Schritt für den andern setzte und auch stehenblieb und aufschnupfte, hätte er ihren Eifer nicht gelobt.
Er sah es nicht und hatte einen anderen Grund zum Ärger.
»Wo bleibt denn der Lenz?«
»Do bin i.«
»Was is mit 'n Wassa? Und schaug, daß d' a paar Säck herbringscht; de soll d' Urschula hoaß macha.«
»D' Urschula is it do; i ko s' it find'n.«
»Brav! Dös mag i! Müass'n mir wart'n, bis sie mit 'n Ratsch'n firti is. Hansgirgl, schaut zu da Zollbrechtin umi; ganz g'wiß hockt s' wieda dort.«
Die Vermutung war richtig.
In der niedrigen, rauchgeschwärzten Küche der Nachbarin saß die Ursula beim Herd und erzählte der teilnehmenden Person ihr heutiges Abenteuer mit der scheusäligen Zenzi.
»Woaßt, am Dreikinitag hot da Vota an ihra Kammertür aa'r an Kaschpa, Melchior und Balthasar mit da g'weicht'n Kreid'n aufig'schrieb'n, und mi hat dös scho so vadross'n, daß i dir 's gar it sag'n ko.«
»Mi schreibt 's aba überall'n.«
»Dera g'hört 's it zua; und vo mir aus is da Brauch, was da will, i leid 's amal it; und heut a da Fruah bin i herganga und ho de Schrift mit an nass'n Hadern ausg'wischt, und sie kimmt grad dazua und fangt 's mamms'n o und hoaßt mi a boshaft's Luada; und hoscht scho amal so was g'hört, wia frech daß so oani waar? Woaßt, sag i zu ihr, du sündigscht auf dös, hab' i g'sagt, daß du a Hülf hoscht, aba du muaßt it moa'n, sag' i, daß i vielleicht auf dös aufpaß, oda mögst eppa gar, hab' i g'sagt, daß da'r i schö thua? A so waar 's ja recht, sag i, daß d' Tochta an sellan Schlamp' nachlaffa müaßt, hab' i g'sagt, und mi koscht du gnua vaklamperln, weil i auf dös gar it aufpaß, und nu hon i ihr den nass'n Hadern um 's Mäu uma g'haut.«
»Da hoscht amal recht g'habt«, lobte die Zollbrechtin.
»I hon ihr den Hadern schö' einig'haut, und net grad oamal, dös sell derfst ma glaab'n; und, sag' i, jetza stellst die wieda an 's Fenschta und jammerscht, daß da gar a so schlecht geht, und da hoscht no oani, hon i g'sagt, daß d' di auskennst, sag' i.«
»De hoscht d' amal schö' herg'richt'!«
»Dös glaab i, und 's letztmal is dös it g'wen, und a so geh i scho um mit dera, daß s' g'wiß koa Freud it hat.«
»Dera g'hört 's it anderst, und du derfst as scho scharf o'pack'n, sinscht bringst d' de it aus 'n Haus. Dös sell sag' da'r i.«
»Ah, de bring i scho außi!«
»Woaßt, Urschula, mi g'fallt de G'schicht gar it. Wia'r i 's selbigesmal beim Fenschta hibei g'sehg'n ho, is mir a Liacht aufganga; und bal's d' ma du aa it all's sagscht, desz'weg'n kenn i mi do aus, aba du derfst mir all's sag'n, weil i bei dir steh, vastehst; und vo mir derfragt neamd was.«
»Bal's d' ma d' Hand drauf gibscht, Zollbrechtin, daß d' nix weitasagst . . .!«
»Auf Ehr und Seligkeit it, und über dös brauchst da koan Kumma gar it z' macha, weil i dös überhaupts it mag, de Tratscherei . . .«
Die Zollbrechtin rückte ganz nahe zur Ursula hin, und in ihren Augen war eine lebhafte Freude zu lesen, daß ihr nun etwas Neues offenbar werden sollte; aber leider kam es nicht dazu, weil heftig an das Fenster geklopft wurde.
»Wer isch draußd?«
»I bin 's, da Hansgirgl.«
Die Zollbrechtin riegelte die Tür auf, und da bestellte der Knecht seine Botschaft, daß die Ursula auf der Stelle und geschwind heimkommen müsse.
»Was geit 's denn scho wieda?«
»An Schimmi feit was, und da muaßt Wassa hoaß macha, und vielleicht werst d' ins na was z' ess'n geb'n aa. Mir san grad hoam kemma.«
»I kimm scho.«
»Thua no a wengl g'schwind, da Vata is it gar z' guat aufg'legt.«
»Mi werd aa'r amal in Hoamgart'n geh derfa, bal mi an ganz'n Tag alloa g'wen is . . .«
»Es pressiert weg'n an Schimmi. Geh zua!«
Ursula band ihr Tuch um den Kopf und nahm Abschied von der Nachbarin, die um eine Hoffnung betrogen war.
»Pfüad di Good, und i kimm scho amal wieda.«
»Adjä! Und paß auf, Urschula, bal's du morg'n koa Zeit it hoscht, daß d' zu mir umakimmst, na geh'n i zu dir, und na vazählst ma dös sell . . .«
»Is scho recht.«
»Und du derfst g'wiß glaab'n, daß vo mir neamd nix dafragt, weil i dös scho gar it mag.«
»I glaab da 's scho, pfüat di . . .«
»Du, dös sagscht ma no g'schwind! Gel, es handelt si vo dem Mensch und dein Vata, und . . .?«
»Ja, ja, aba i muaß jetzt geh.«
»Siehgst d' as, i ho ma 's do glei denkt, und g'fall'n hat mi da gar nix, scho von O'fang it, weil d' Muatta no krank g'wen is . . .«
Ursula eilte weg und wurde daheim hart angelassen.
»Du thuast da ganz leicht, du! Bal mir vo da Arbet hoam kemman, hockst du in da Nachbarschaft umanand! Hoscht du nix herz'richt'n für ins?«
»Ös habt's enka Sach noch allemal kriagt, und mi is do aa koa Hund, daß mi it von Haus wega geh' derf!«
»Halt 's Mäu und marsch di in d' Kuch'l und mach 's Wassa hoaß und warmst a paar Säck!«
»I geh scho, aba mi werd do it oiwei dahoam hocka müass'n.«
Der Schmied hatte unterweilen den Schimmel aufstellen lassen, und alle Mannsbilder halfen zusammen und stützten ihn.
Die alte Metzin war auch gekommen, und sie schaute mit ihrem scharfgeschnittenen, hagern Gesicht in dem Halbdunkel wie eine richtige Hexe aus. Der Deindl redete eifrig mit ihr.
»I ho 's an Schormoar g'sagt: bal wer helfa ko, bischt as du, und du woaßt no de alt'n Sprüch.«
»I woaß scho oan.«
»Da Schimmi werd de Harnwind'n hamm, sagt da Schmied; und hoscht du eppas für dös?«
»Freili hon i eppas.«
»Du, Schormoar, sie werd 's glei hamm«, schrie der Deindl eifrig. »Laß amal de Alt zuawi!«
»Dös kimt auf d' letzt; z'erscht müass'n mi an Gaul wasch'n. Zenzi, geh umi und hol 's Wassa!«
Die Magd zupfte den Bauern am Ärmel und winkte ihm.
»Was hoscht 'n scho wieda?«
Er wandte sich unwillig zu ihr.
»Geh, schick wen andern in d' Kuch'l, i trau ma'r it . . .«
»Herrgott . . . ah was! Jetzt vazählst ma nix! Hansgirgl, geh du! Dera is heunt it guat, und sie kunnt 's Schaffl it trag'n. Geh du in dein Stall, oda leg di in 's Bett!« fuhr er die Magd an. »Du gehst ins do im Weg um!«
Zenzi ließ den Kopf hängen und machte sich langsam davon.
Wie dann der Hansgirgl mit dem dampfenden Wasser ankam, wusch der Schmied den Gaul sorgfältig, und hinterher deckte er ihn mit heißen Säcken zu und sagte dem Lenz, er solle das noch einigemal tun. Wie er aber dem Schimmel heißen Baldriantee eingab und alles das ziemlich lange dauerte, sagte die Metzin, sie könne auch gehen, wenn man sie nicht brauche, und sie wäre nur dem Schormayer zu Gefallen gekommen und hätte wohl lieber geschlafen.
Da schaute der Deindl alle Anwesenden vorwurfsvoll an und meinte, man sollte die Leute nicht holen, wenn man ihre Hilfe nicht annehme, und es würde aber den Bauer noch lange reuen. Der Schormayer mußte der Alten gut zureden, bis sie sich dazu hergab, als letztes Mittel noch ihren Spruch zu geben.
Sie stellte sich neben den zitternden Gaul und lispelte mit ihrem zahnlosen Munde den Vers:
Jerusalem ist eine schöne Stadt,
Darinnen Jesus Christus gekreuzigt ward.
Er ward gekreuzigt mit Wasser und Blut,
Das ist für Würmbeißen und Darmgicht gut.«
Und dreimal wiederholte sie:
»Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!«
Dabei strich sie jedesmal mit der Hand über den Rücken des kranken Tieres.
Alle sahen voll Scheu zu, und indes sie die Hüte abnahmen, machten sie auf Stirn, Mund und Brust das Zeichen des Kreuzes.
»Amen!« sagte der Deindl mit tiefer Stimme. »Und jetzt feit nix mehr, Schormoar; werst d' as sehg'n.«
»Hoffatli. Und i dank da recht schö, Metzin, daß d' kemma bischt.«
Er zog seinen Geldbeutel aus der Tasche, aber die alte wehrte ernsthaft ab.
»Laß guat sei! I nimm nix für dös!«
»No, nacha schick i dir scho was abi, Schmalz und an Loab Brod.«
»Dös braucht 's it. Guat Nacht beinand!«
Sie humpelte aus dem Stall, und auch die andern richteten sich zum Gehen.
»Oana muaß halt Wacht halt'n,« sagte der Schmied, »und wenn's grad waar, daß a si schlechta herschaugt, na müaßt's mi halt aus 'n Bett außa hol'n. I kimm gern wieda.«
»Es werd it schlechta; jetzt is 's scho g'wunna«, versicherte der Deindl.
Sie gingen, und in der stillen Winternacht hörte man noch von weit her ihre Stimmen, indem der Deindl die tiefe Wissenschaft der Metzin lobte und der Schmied seine Ansicht über die Krankheit äußerte.
Der Schormayer schaffte noch an, daß sich der Lenz und der Hansgirgl bei der Nachtwache ablösen sollten, und wollte über den Hof ins Haus.
Da trat ihm die Zenzi in den Weg.
»I muaß da was sag'n, Baua.«
»Sag ma 's morg'n; jetzt is koa Zeit.«
Sie fing zu weinen an.
»Jetzt woaß i ma koa Hülf gar nimma; und mi is do koa Stück Viech, daß ma si umanand schlag'n lass'n muaß . . .«
»Wer hat di g'schlag'n?«
»D' Urschula, und an Hadern hot s' ma um 's Mäu uma g'haut, daß i no g'schwoll'n bi . . .«
»Habt's halt wieda streit'n müass'n, ös damischen Weibsbilda!«
»Wer hot g'stritt'n? Koa Wort hon i g'sagt, und g'rad desz'weg'n hot si mi g'schlag'n, weil's d' ma du die heilinga drei Kinni auf d' Kammathür aufi g'schrieb'n hoscht . . .«
»Z'weg'n nix andern?«
»Na, bal i d' as amal sag', und an nass'n Hadern haut s' ma'r um 's Mäu, daß ma's Feua vo de Aug'n wega ganga is . . .«
»Dös sagst d' ma all's morg'n!«
»Ja, morg'n! Ös fahrt's wieda mit 'n Holz, und i waar alloa mit ihr!«
»De werd di it fress'n!«
»I trau ma nimma z' bleib'n. I sag d' as, wia's is: de that ja mit mir, was s' gern möcht, und i laß all's lieg'n und steh' und laff davo.«
»De zwoa Wocha bis Liachtmeß werst d' as no aushalt'n.«
»I trau ma nimma, und i muaß da'r a so was sag'n.«
»Wos denn?«
Zenzi preßte beide Arme vors Gesicht und weinte und schluchzte jämmerlich.
»Ja, red halt!«
Da schnupfte die Magd auf und sagte zögernd und mit leiser Stimme:
»I glaab, i bi in da Hoffnung.«
»Wos? Wia dös?«
»Ja, woast as scho!«
»Himmisaggera! Du, paß auf, mach mi da koan Pflanz it vor!«
»Was brauch i dir denn vorz'macha! Dös sell werd si scho aufweis'n, und bal mi so beinand is, haut oan de ander wia'r a Stuck Viech!«
»Kreuzteufi! Wia ganga nacha dös, daß du . . .«
»Vata!«
Die Stimme der Ursula gellte vom Hause her, und aus der offenen Tür drang ein Lichtschein in den Hof.
»Geh zua! Sinscht siecht s' mi«, flüsterte Zenzi und huschte weg.
»Vata! D' Supp'n is firti!«
»Plärr' it a so, du Loas!« schrie der Schormayer zornig zurück und ging auf das Haus zu.
»I hon it g'wißt, daß du im Hof umanand stehst, sinscht hätt i wohl it so g'schrie'n,« sagte Ursula.
»I steh dir scho umanand, dir! Wo hoscht mei Ess'n?«
»In da Kuch'l halt.«
»Tragst d' as in d' Stub'n eini!«
»Warum nacha?«
»Weil i di net sehg'n will, du grob's Viech, du!«
Er schlug die Tür hinter sich zu.
»Hat s' scho wieda g'ratscht? Dös zahl a da hoam!« sagte Ursula vor sich hin, indes sie Schüssel und Teller in die Stube trug und einen Löffel klirrend daneben auf den Tisch warf.
Der Schormayer hörte sie nicht.
Er stand in seiner Kammer und schaute zum Fenster in die Nacht hinaus.
Der Mondschein lag voll auf den verschneiten Feldern, und sie glitzerten, als hätten alle Engel Diamanten darauf gestreut.
»I glaab, i bin in da Hoffnung.«
So is recht!