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Es war an Kunigund, den dritten März, und ein Tag, so fein wie Seide, warm und sonnig. Über die Berge, die ganz ferne wie weiße Streifen die Ebene abgrenzten, war der Frühling gekommen und schritt über die braunen Moore die dunkeln Äcker her.
Der Schormayer trat unter die Tür und atmete mit vollen Zügen die Morgenluft ein.
Eine lange Nacht lag hinter ihm, in der er wenig geschlafen hatte. Zornige Gedanken, schlechte und gute Gedanken hatten ihn wach gehalten, und zuletzt hatte er doch den Weg gefunden, den er gehen mußte.
So viel er dagegen suchen mochte, stellte sich doch immer klarer die Mahnung vor ihn hin, daß es den ganzen Verdruß nicht gebraucht hätte, wenn er von Anfang beim Rechten geblieben wäre.
Alles hätte sich vernünftig und redlich schichten lassen. Und war der Fehler auch nicht gar zu groß gewesen, so wuchs er doch jetzt mächtig an und bedrohte sein Hauswesen und seine Ehrbarkeit mit großem Schaden.
Das war ja unmöglich, daß er alle Fäden zerschneiden sollte, die ihn an der Vergangenheit festhielten.
Die Erinnerung wurde in ihm lebendig, wie er die ersten Jahre mit seiner Bäuerin gehaust hatte, wie dann die Kinder kamen und als fröhliche Hoffnungen heranwuchsen, die Erinnerung an das Siechtum der armen Frau, an manchen Blick, der eine Bitte gewesen war, an den letzten Händedruck, der als treues Versprechen hatte gelten müssen. Und jetzt sollte er das alles wegwerfen und vergessen; und jetzt, wo er zu altern anfing, sollte er den Versuch machen, eine neue Zukunft zu gründen?
Das war ja dumm! Das konnte sich einer bloß im Zorn auf eine kleine Weile einbilden. In Ehrbarkeit die letzten Jahre leben und bei der alten Sitte bleiben, darin lag Vernunft; und bloß das konnte ihm Ruhe und Glück versprechen. Und wegen was sich Unrast auflegen und Feindseligkeit und Mißachtung?
Er dachte doch in seinem Herzen nicht daran, auf die Freite zu gehen; und nicht eine halte Stunde weit hätte ihn die Lust getrieben, sich ein Weibsbild daraufhin anzuschauen.
Selbst wenn er frei von allen Pflichten gewesen wäre, hätte er lieber als Wittiber fortgehaust, als wie in diese zweifelhafte Lotterie gesetzt. So was sagt man nur und tut es nicht. Und gar in seinen Umständen! Mit den erwachsenen Kindern uneins werden, ihre bitterste Feindschaft erregen, die ganze Verwandtschaft rundum in Bewegung setzen!
Und alles fürs Ungewisse?
Noch einmal: das war unnützes Zeug und war so schnell vergessen, wie es gesagt war. Aber noch ein paar Jahre neben dem Lenz hausen und dermaleinst einen vernünftigen Austrag machen und die müden Füße in Behagen ausstrecken und mit Zufriedenheit zurückschauen auf vergangene Mühsal, das war gescheit und war der Brauch.
Und so wollte er es machen.
Es war ihm völlig leicht zumut, wie er den Entschluß gefaßt hatte.
Teufel übereinander, er hatte lang genug gebraucht und wüstes Zeug geredet und gedacht, bis er so weit war.
Aber nun war's vergangen, und mit dem Lenz wollte er bald übereins kommen.
Der würde Augen machen nach dem gestrigen Verdruß!
Und wenn man's recht bedachte, war der Schaden nicht so groß für später, wenn der heftige Mensch gesehen hatte, daß der Alte auch noch auf seinen Füßen stand.
Freilich, daß der Bursch seine Ruhe so ganz verloren hatte und außer Rand und Band geraden war, das lag nicht bloß an ihm.
Und brauchte es gute Worte, um wieder ins alte Gleichmaß zu kommen, so wollte er sie suchen und finden.
Und hernach war es auch nicht übel, wenn er in Güte ihm das noch zusichern konnte, daß das Weibergeschwätz über ihn und die Zenzi schiech übertrieben war.
»Heda! Du!«
Er schrie dem Knecht, der einen Gaul aus dem Stall führte.
»Guat' Morg'n, Baua!«
»Is da Lenz no drin?«
»Wo drin?«
»Ob a im Stall is, frag i.«
»Na. Er is übahaupts it drin g'wen.«
Christl schaute den Schormayer lauernd an, in Hoffnung auf ein paar Hindeutungen.
Er hatte gestern wohl etwas von dem Lärm in der Stube gehört, aber leider zu wenig.
Aber er täuschte sich in seinen Erwartungen. Der Schormayer blieb gleichmütig und sagte:
»Na is a vielleicht in alla Fruah scho auf Arnbach umi, wia ma 's ausg'macht hamm.«
»Da hätt' i 'en do' sehg'n müass'n.«
»Du werscht aa it all's sehg'n, bal's d' schlafst; und jetzt roas' außi in Scharrerwinkl! I kimm glei nach mit 'n zwoat'n G'spann.«
»Mir kimmt 's a so für, als wann er gar it in sein Bett g'wen waar!«
»Herrgott! Kümmer di du um dei Bett, wann d' mit da Arbeit firti bischt! Auf geht 's, sag i, und a wengl g'schwind!«
Christl war noch nicht lange aus dem Hof, da hatte der Schormayer schon seine zwei Bräundl angeschirrt und fuhr mit dem Pflug weg. Einmal fest geschnalzt und noch einmal! Es war schon ein Staat, zum erstenmal wieder hinausziehen hinter dem klirrenden Eisen.
Eine Amsel flog zwitschernd durch die Stauden hinter einer andern her.
»So is recht! Treibt 's o fleißi! Es is nimma z' fruah!«
Beim letzten Haus überkam ihn der Gedanke an den Lenz.
Hätte er nicht warten sollen und gleich reden? A was! Soll er noch ein paar Stunden bocken! Vielleicht kam er aufs Feld hinaus; und da hätt man 's gleich am leichtesten, den ganzen Verdruß zu begraben.
*
Wie der Schormayer mit Roß und Pflug einen Hohlweg hinaufschepperte, trat aus des Zollbrechts Stadel der Lenz heraus und schaute ihm nach.
Und schaute aus hohlen Augen ihm lange nach.
Dann, wie einer plötzlichen Eingebung folgend, wandte er sich rasch um und lief heim zu.
Der Bursch sah schlecht aus, übernächtig, verstört; die Haare hingen ihm wirr und ungekämmt in die Stirne herein, und seine Stimme hatte einen heiseren Klang.
Im Hof blieb er öfter stehen, als hätte er was zu überlegen, und seine Blicke hefteten sich auf den Boden, wenn er zögernd weiterschritt. Er schlich sich in den Viehstall und suchte die Aushelferin, die erst seit etlichen Tagen eingestanden war.
Sie saß hinter einer Kuh und melkte, und er trat leise an sie heran.
»Liesi!«
Sie fuhr herum und wäre bei seinem Anblick schier noch mehr erschrocken.
»Bischt du krank?«
»Na; g'rad a weng hoaser bin i.«
»Und de Hoor san voll Heu.«
»Is ma's a Schüppl aufig'fall'n. Paß auf, du sollscht aufs Feld außigeh.«
»Wia kon i dös? I muaß do melka.«
»Dös macht scho d' Zenzi. Da Vata hat g'sogt, du muaßt glei außi zu eahm.«
»Bis an Scharrerwinkl hintri?«
»Er hat 's amal g'sagt, du muaßt unbedingt kemma.«
»Jetzt kenn i mi gar it aus. Was soll i denn da draußd thoa?«
»Vielleicht muaßt d' no wohi' geh. I woaß gar nix.«
»Ja, daß a ma 's it selm g'sogt hot?«
»Da frogscht mi umasinscht. Er hot ma g'schriean, wia'r a hint aufi is; und, sogt a, d' Liesi soll in halb'n Stund außikemma und soll bei'n Wirth a paar Flasch'n Bier mitnehma.«
»Vielleicht moant a d' Zenzi?«
»Na! Bal i dir 's amal sag. Er hot 's no ausdrückli g'sagt, d' Zenzi soll daweil aushelfa im Stall.«
»No ja, na geh'n i halt.«
Da sie gerade mit dem Melken fertig war, stellte sie den Stuhl auf die Seite und strich den Rock herunter.
»Dös woaß i gar it, was dös is.«
»Vielleicht hoscht dir eppas z'schuld'n kemma lass'n«, sagte Lenz und ging ein paar Schritte weg.
»Da müaßt i scho aa wos wiss'n, und dös kunnt ma'r oan' dahoam sog'n!«
»Thua, was d' mogscht! I ho da 's ausg'richt', und do hoscht 's Geld für 's Bier. Dös hot a ma no eigens geb'n.«
»Muaß i mitt'n vo da Arbet weg, und 's Bier hätt' da Chrischtl leicht gnua mitnehma kinna, und . . .«
»Wo san denn de Kaiblstrick?« fragte Lenz kurz.
»Hinta da Trucha, beim Fenschta.«
»Ah, da san s' ja; de kunnt ma'r aba bessa aufheb'n.«
»Brauchst as du?«
»Na, mi is g'rad ei'g'fall'n, wei' d' Kaibln erscht furtkemma san.«
Lenz hatte einen von den fettigen, dick gedrehten Stricken genommen und strich mit der Hand darüber hin.
Nach einigem Hin- und Herreden war Liesi so weit, daß sie gehen wollte.
»I muaß aba jetzt da Zenzi sag'n, daß d' Scheckin und d' Blaß no it g'molka san.«
»Dös sag scho i.«
»Aba mirk dir 's: d' Scheckin und d' Blaß.«
»I woaß scho; und jetz geh amal zua!«
Kopfschüttelnd ging die Taglöhnerin weg und drehte sich noch ein paarmal um.
Was einem alles angeschafft wird!
Lenz schaute ihr nach; und als sie durchs Tor verschwunden war, lief er mit langen Sprüngen dem Haus zu.
Zenzi spülte in der Küche Geschirr ab und verzog das Gesicht, als sie den Burschen sah. Sie hatte ihm die letzte Grobheit noch nicht vergessen.
Aber heute redete er freundlich; mit rauher Stimme, die ihm ein paarmal schier in der Kehle steckenblieb, aber recht freundlich.
»Du, Zenzi, da Vata hat g'sagt, du sollscht in Stall außi geh.«
»Wos that i denn im Stall?«
»Ja, woaßt d', wei' d' Liesi furt hat müass'n, solltst du aushelfa, und de Blaß is no it g'molka, und g'fuattert is aa no it . . .«
»Daß de vo da Arbeit weglafft?«
»Sie hot müass'n; bei ihr dahoam is was auskemma, und da Vata hot 's ihr verlaabt und hot g'sagt, du bischt scho so guat und machst heunt amal firti im Stall . . .«
»Daß sie nix sagt zu mir?»
»Vielleicht hot 's a so pressiert . . .«
»Hoscht denn du an Baua no g'sehg'n? Er hot di g'suacht.«
»I bin grad bei'n Hof eina, wia d' Liesi furt is und er aa; da hot a ma dös o'g'schafft.«
»Na wer i halt umi geh' müass'n.«
»Sie werd da nacha scho aa'r amal an G'fall'n thoa; und bal i dir a wengl helfa ko, hilf i dir gern.«
»Du?«
»Warum it? Im Roßstall is nix zu'n Arbet'n, und aufs Feld geh'n i erscht in an Stund.«
Der Zenzi kam die Freundlichkeit auffallend vor, aber sie dachte nicht viel darüber nach und band sich die Schürze ab und ging über den Hof.
Lenz ging einen Schritt hinter ihr drein.
Im Stall wollte Zenzi gleich die Blaß melken, aber wieder hatte der Bursche eine freundliche Bitte an sie.
»Geh, du kunnt'st in d' Tenn aufisteig'n und Heu obaschmeiß'n, na gib i de Küah vor, wann du melkst.«
Sie wandte den Kopf nach ihm; in einem halben Jahr hatte er nicht mit ihr geredet, und ganz gewiß nie ein gutes Wort. Aber Lenz hatte sich umgedreht und ging langsam den Barren entlang.
Wenn er freundlich war, konnte er schon einen Grund haben; und es tat ihr wohl, ihn auch einmal handsam zu finden.
»Is scho recht,« sagte sie, »i wer' glei drob'n sei.«
Sie ging zur Tür hinaus, die nach dem Heuboden führte, und stieg die Leiter hinauf.
Sowie Lenz allein war, griff er nach der Tasche. Das Seil war darin.
Mit ein paar Sprüngen war er an der Leiter und kletterte hastig nach.
Dann kam ein gellender, markerschütternder Schrei, der über den Hof weg klang und einen Flug Tauben aufscheuchte.
Und ein paar gurgelnde Laute.
Und dann war es still.
Kurze Zeit später schlich Lenz aus dem Stall, horchte, sah sich um und horchte wieder.
Und dann lief er zum Brunnen und pumpte und wusch sich die Hände.
Und wusch sich in fieberiger Hast die Hände.
*
Am Scharrerwinkel hatte der Schormayer erst etlichemal gewendet; und wie er wieder auf der Höhe des ansteigenden Ackers angelangt war, mußte er sich verschnaufen, denn bei der ersten Arbeit wird einer gern kurzatmig.
Wohlgefällig sah er, wie in dem prallen Sonnenschein alle Ackerkrummen aufweichten, und wie sich förmlich sichtbar überall das neue Leben regte, während in einer schattigen Waldecke Schnee und Eis noch den Platz halten wollten. Er setzte sich auf einen Ranken und indes er den Hut abnahm, schaute er fröhlich gegen Kollbach hinunter auf die breiten Dächer seiner Scheunen und Ställe.
Da drunten sollte nun wieder nach dem faulen Winter der rührigste Fleiß obenauf kommen, und Ordnung.
Ja, Ordnung, die er heute schon in sich selber geschaffen hatte, und mit ihr auch wieder die Lustigkeit. Denn eigentlich war es doch ein jämmerliches Ding um das versteckte Streiten, wenn kein Gruß mehr galt und jedes Wort einen Widerhaken hatte.
Aber jetzt konnte es anders werden unter den grauen Schindeln, die sich in der Wärme zu strecken schienen.
»Hoppla! Was hamm denn de Taub'n?«
Er sah den Schwarm aufsteigen und über die Häuser wegflattern.
Als wenn eine Katze drein gesprungen wäre.
Ihre weißen Federn glitzerten in der Sonne, und sie strichen weit hinaus in die Felder und wollten lange nicht zur Ruhe kommen.
Jetzt sah er unten ein Weibsbild auf dem Feldweg mit eiligen Schritten gehen.
Sein rotes Kopftuch leuchtete wie Feuer.
Wahrscheinlich eine Magd aus dem Dorfe, die was zu bringen hatte. Und Leute gab es ja genug rundum auf allen Äckern; überall sah man Gespanne bergauf und bergab wandeln, und auf allen Seiten blitzten weiße Hemdärmel und flatterten im Frühlingswind.
Das war ein anheimelndes Bild vom Wiederaufwachen der Arbeit.
Jetzt kam die Weibsperson näher heran und winkte herauf. Ging ihn das an?
Doch wohl nicht; aber sie nahm den Weg gerade zu ihm her.
Der Schormayer stand auf und wollte den Pflug aus der Furche heben, da hörte er seinen Namen rufen.
Er hielt ein und schaute noch einmal schärfer hin, und dann ging er dem Frauenzimmer entgegen.
Die Liesi war's.
Schon auf zehn Schritte rief er sie an:
»Wos willscht ma denn du?«
»I will da nix, aba was willscht denn du?«
»Han?«
»Für wos mi du hol'n hoscht lass'n?«
Er schaute erstaunt in ihr gerötetes Gesicht.
»I hab di hol'n lass'n?«
»No freili! Da Lenz hot ma 's ausg'reicht', i soll auf da Stell zu dir außa kemma und soll a Bier mitbringa.«
Dabei langte sie ihm zwei Flaschen hin.
»Wos soll denn dös für a G'spaß sei, daß er di do außa sprengt?«
Liesi schaute nun auch hilflos ihren Bauern an.
»Hoscht eahm du dös it o'g'schafft?«
»Ah! I hon an Lenz heut no it g'sehg'n.«
»Jessas na! Jetz hot 's ma völli an Stich geb'n!«
»Daß der heunt zu sellane Dummheit'n aufg'legt is, hätt i net glaabt.«
»I woaß it, Schormoar, ob da a G'spaß dabei is; mir is scho den ganz'n Weg her it recht g'wen, weil a gar so schiach drei'g'schaugt hot.«
»Was soll 's denn sei?«
»I woaß wohl it.«
Der Schormayer wurde unruhig und ließ sich von der Liesi den ganzen Hergang erzählen. Und daß sie nicht einmal hatte ausmelken dürfen und auf der Stelle hatte fortgehen müssen.
»Und d' Zenzi, hot a g'sagt, muaß dei Arbet firti macha?«
»Ja! De Blaß und d' Scheckin san no it g'molka g'wen, und dös macht scho d' Zenzi, hot a g'sagt, und du hoscht as ausdrückli o'g'schafft, sagt a . . .«
»Jetz g'fallt ma selm nix mehr«, sagte der Schormayer vor sich hin.
»I spann aus und geh mit dir hoam«, setzte er entschlossen bei, und gleich darauf schritt er mit den zwei Gäulen hinter der Magd her.
Daß er gerade die Zenzi zu der Arbeit hinstimmen wollte? Und nach dem Krach von gestern? Und daheim hatte er gar nicht geschlafen, wie der Christl meinte?
»Liesi!«
Die Taglöhnerin blieb stehen.
»Is dir wos auffallat g'wen? Wei's du sogscht, daß a so schiach drei'g'schaugt hat?«
»Freili bin i an eahm ganz vahofft g'wen. D' Hoor san eahm einig'hängt, und so bloach is a g'wen wia'r a Krank's, und auf'm G'wand und auf'n Kopf is eahm 's Heu g'hängt, als wann a in an Schober übanacht hätt, und d' Aug'n hot 's eahm ganz außa trieb'n . . .«
»Vielleicht is eahm grad a weng schlecht g'wen, und junge Leut übanacht'n oft auf g'spaßige Platz. Aba geh a weng g'schwinda!«
Nach einer Viertelstunde, die ihm recht lange vorkam, war der Schormayer daheim.
Der Hof lag still im tiefsten Frieden.
»Lenz!«
Es kam keine Antwort.
»Geh in Stall und hol d' Zenzi! I bring dawei d' Roß eini.«
Schnell hatte der Bauer die Pferde angebunden, den Kummet nahm er ihnen nicht ab. Und dann lief er wieder ins Freie.
Drüben kam die Liesi aus dem Stall.
»D' Zenzi is it do«, schrie sie.
»Ja, Herrgott!«
In starker Unruhe eilte er ins Haus und gleich in die Küche.
»Zenzi! Zenzi!«
Nichts rühre sich.
Der Schormayer stellte sich ins Hausflötz und schrie noch lauter.
»Zenzi!«
Niemand gab Antwort.
Aber da war es, als ob ein Brett droben knarrte. Und nun lief der Bauer die Stiege hinauf und nahm drei Stufen auf einmal.
Im Gang hinten, neben dem Fenster, lehnte in der Ecke, die Schultern zusammengezogen und mit Augen wie ein scheues Tier, der Lenz.
»Lenz, was is denn?«
Der sagte nichts und streifte den Vater nur mit einem Blick von unten herauf.
»Mensch, was thuast denn?«
Jetzt redete er endlich, mit zusammengepreßten Zähnen.
»Mei Sach Pack i.«
»Mach koana Dummheit'n, Lenz! Es is it so g'moant g'wen, und mir lass'n de G'schicht guat sei'!«
»Es wird nix mehr guat!«
»Warum denn it? Do hoscht d' mei Hand drauf!«
Der Lenz fuhr zurück.
»Na! Na! I gib da mei Hand it! I gib da s' it!«
»Geh, Lenz!«
»Bitt' di gar schö! Rühr mi net o!«
Dem Schormayer griff es ans Herz, den armen verstörten Menschen zu sehen, und er wollte ihm wieder zureden.
Da drang über den Hof ein langgezogener Schrei an sein Ohr.
Erschrocken horchte er.
Und wieder schrie es, unten an der Tür:
»Baua! Baua! D' Zenzi hot si aufg'hängt!«
In fürchterlichem Entsetzen warf der Schormayer einen Blick auf seinen Buben.
Der zog den Kopf zwischen die Schultern, und ein Zittern lief über ihn hin.
Da brachen dem Alten die Knie.
»Jesus, Maria und Josef!«
Das Anwesen des Sebastian Glas, zu Schormayer in Kollbach, ist im Herbst desselbigen Jahres zertrümmert worden, nachdem sein Sohn Lorenz zur schwersten Zuchthausstrafe verurteilt worden war.
Der Vater bewohnt in Dachau ein kleines Haus und ist durch starkes Trinken in seiner Gesundheit sehr zurückgekommen.